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Auf dieser Seite finden Sie die Lappenkeuler - Beiträge “Eisenbahnnostalgie” und “Wassermangel” aus dem Jahre 2006. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email „Eisenbahnnostalgie" vom 27.01.2006

Eiskalte, aber nicht erfrorene Grüße!

Ich schrieb Ihnen neulich von meiner Türgeschichte, diese Tür, die ich
im wahrsten Sinne des Wortes in einer Nacht- und Nebelaktion aus
einem leerstehenden Mobilheim ausgebaut und hier wieder eingebaut
habe. Jetzt im Nachhinein könnte man per Zufall fast schon von einer
glücklichen Fügung sprechen, denn am Dienstag rückten hier gegen
Mittag 2 Schwertransporter an, die zuerst 2 dieser leer stehenden
Mobilheime abholten und gegen 18 Uhr kamen die noch mal und
holten 2 weitere ab, darunter auch das, aus dem ich die Tür ausbaute.
Der Schrottverwerter, der die gekauft hat, hat die wohl abholen lassen.
Jetzt sieht es dadurch hier etwas kahl aus und wir haben nun freien
Blick auf eine sehr lange Wiese, wo dann ganz weit hinten erst die
nächsten belegten Parzellen folgen, auf denen allerdings Wohnmobile
stehen. Das heißt, im Gegensatz zu den Wohnwagen stehen die
Wohnmobile meist nur kurze Zeit dort, bestenfalls 3 Wochen, dann
sind die Eigentümer nebst ihrem Schneckenhaus wieder weg. Dadurch
erleben wir hier ein völlig neues Raumgefühl der Weite. Mir gefällt
das und von mir aus sollen die ruhig diese Plätze dazwischen frei
lassen. Es wirkt wohl ein wenig befremdlich, weil die Außenanlagen
der 4 nun verschwundenen Mobilheime ja noch existieren. Man sieht
wo frühere Besitzer mal ihren kleinen Vorgarten mit Randsteinen
angelegt hatten oder mit Rasengittersteinen eine Abstellfläche für ihr
Auto hatten, einen Weg zum Hauseingang, der nun an zwei Stufen
endet, die ins Nichts führen, sowie Stutzen wo bis dato die
Wasserleitungen und Abflüsse aus dem Boden in die Mobilheime
führten.

Die kalten Temperaturen der letzten Tage hatten hier schon unerwartet
für Probleme gesorgt. Im sogenannten Gemeinschaftshaus, in dem
auch das Büro der Campingplatzverwaltung ist, war eine draußen
gelegene Wasserleitung geplatzt, weil man vergessen hatte, die
abzustellen. Das ist so eine Zapfstelle, die benutzen sonst die Leute
von der Campingplatzverwaltung, um Gießkannen oder so was voll
laufen zu lassen. Das alleine wäre schon schlimm genug gewesen,
aber da der Wasserdruck hier sehr hoch ist, spritze das sehr weit in
einen Stromverteilkasten, der ungefähr 5 m entfernt steht. Dort gab es
durch das viele Wasser einen Kurzschluss, der die ganze
Campingplatzverwaltung außer Gefecht setzte, aber auch in allen
Wohnwagen, die ganz am westlichen Rand des Geländes liegen, war
kein Strom mehr. Der Ärger war groß, da diese Störung erst von einer
privaten Elektrofirma mit viel Aufwand nach über 6 Stunden ohne
Strom behoben werden konnte. Für diese Anlagen sind die
Campingplatzgesellschafter selbst verantwortlich, nicht die Stadt
Stuttgart. Wir hatten noch Glück, da wir zwar auch im südwestlichen
Teil des Platzes liegen, aber dann doch schon etwas mehr zur Mitte
hin und so von diesem Ausfall nicht betroffen waren.

Herr Schürer, den ich vom Arzt her aus dem Wartezimmer etwas
kenne, hatte mir vor einigen Wochen 2 Fahrkarten für eine Nostalgie-
Eisenbahnfahrt vom Stuttgarter Hauptbahnhof bis nach Saverne in
Frankreich und zurück geschenkt. Er selbst ist totaler Eisenbahnnarr
und hatte die in einem Preisausschreiben von einem Verlag für
Eisenbahnbücher und Kalender gewonnen, wollte die Reise aber nicht
antreten, weil seine Frau derzeit sehr krank ist. So hat er uns die
Karten geschenkt. Nun kennen Sie meine recht große Abneigung
gegen Massenverkehrsmittel. Daher habe ich lange überlegt, ob wir
diese Reise überhaupt antreten sollten, weil mir ein wenig die Lust
dazu fehlte. Kayla war jedoch dafür, die Reise zu machen, weil sie so
was noch nie gesehen hat und auch weil sie es schade gefunden hätte,
die Karten verfallen zu lassen. Also sind wir am Sonntag sehr
frühzeitig zum Hauptbahnhof und schon um 7.25 Uhr saßen wir in
einem nostalgischen Wagon der ersten Klasse. Bequeme plüschige
Polster, ein etwas seltsamer Duft, eine Mischung aus Stickigkeit und
weltmännischer Extravaganz vergangener Epochen und eine zu stark
eingestellte Heizung, die sich nicht drosseln ließ, das waren die ersten
Eindrücke. Da wir Fensterplätze hatten, wo sich auch die Heizkörper
unterhalb des Fensters befanden, hatten wir stets Mühe, unsere Beine
in gebührendem Abstand in Schräglage weg von diesem Heizkörper
zu drehen, um sie sich nicht daran zu verbrühen. Um 7.32 Uhr sollte
die Fahrt beginnen, es wurde ein wenig später, aber um 7.45 Uhr ging
es los. Mit einem Gesichtsausdruck tiefer Trauer hastete ein junger
Mann in altmodischer Bahndienstkleidung von Abteil zu Abteil, um
fast den Tränen nahe, jedem mitzuteilen, dass leider der Zug nicht von
der versprochenen Dampflokomotive gezogen werden könne, sondern
nur von einer historischen Diesellokomotive, da die eingeplante
Dampflokomotive defekt war. Davon hatte ich noch gar nichts
bemerkt, wir fuhren ja auch schon und ich wusste gar nicht, dass
eigentlich eine Dampflokomotive den Zug hätte ziehen sollen. Einige
andere wussten das allerdings und schimpften darüber ziemlich heftig.
Ich weiß nicht, was die wollten, immerhin der Zug fuhr doch, mir
wäre es egal gewesen, selbst wenn vorne ein paar Elefanten den Zug
gezogen hätten, Hauptsache es ging weiter. Der Lokführer gab Gas
und so waren bis Karlsruhe die 13 Minuten Verspätung schon wieder
raus geholt. Von Karlsruhe ging es dann bis Wörth, was sich trotz der
geringen Entfernung zeitlich hinzog, weil dort etliche Bauarbeiter an
den Gleisen arbeiteten. Baustellen gibt's nicht nur auf der Autobahn.
Ab dort ging es im Schneckentempo bis Kandel und von dort zum
ersten französischen Ort Wissembourg. In Wissembourg blieb der Zug
längere Zeit in einer Art altem kleinen Güterbahnhof stehen. Dann
kam eine viel kleinere französische Diesellokomotive angerasselt, die
nun am Ende des Zuges angehangen wurde und den ganzen Zug in
völlig entgegengesetzter Richtung wegzog. Wir waren etwas verwirrt.
Einige ortskundige Eisenbahnfreunde erklärten uns aber, das sei
normal, erstens weil der dortige Bahnhof keine durchgehenden Gleise
oder so etwas habe, sondern alle Züge den Bahnhof wieder in die
gleiche Richtung verlassen müssten, aus der sie auch gekommen
wären und zweitens mit der anderen Lokomotive, weil die
mitgebrachte alte deutsche Diesellokomotive auf französischen
Gleisen nicht als Zugmaschine zugelassen sei, sondern dort nur
geschleppt werden dürfe. Die französische Diesellokomotive war
erheblich kleiner und auch schon sehr betagt. In der
Qualmentwicklung stand sie einer Dampflokomotive nicht viel nach,
nur dass ihr Qualm rabenschwarz war und nach altem Heizöl und
Petroleum stank. Diese Lok hatte Mühe, den Zug auf schätzungsweise
20-30 km/h zu kriegen. So zockelten wir gemächlich weiter. Die
tieferen Eisenbahnfreunde hingen wie Kletten an den Fenstern und
drückten sich die Nasen platt. Andere öffneten trotz schlechten
Wetters die Fenster und sorgten dadurch für Streit mit
zahlreichen anderen Leuten, denen das nicht gefiel, weil es eiskalt ins
Innere blies. Auf einem kleinen altmodische Güterbahnhof bei einem
komischen Dorf blieb unser Zug an einem uralten Güterschuppen
stehen. Wir dachten schon, die Fahrt wäre hier zu ende. Einige der
Eisenbahnfreunde wurden nervös und rätselten, ob etwas entzwei
gegangen sei, da laut einem speziellen Fahrplanheft, welches nur diese
Eisenbahner hatten, hier gar kein Halt vorgesehen war, schon gar nicht
auf einem vergessenen Gleis an einem alten Güterschuppen. Die
Bahnfans stiegen aus und diskutierten neben den Schienen wild
gestikulierend mit einigen echten Fachleuten von der Bahn. Es gab
sprachliche Probleme, da die echten Bahnleute nur französisch
sprachen. Ich spreche keine Fremdsprachen, aber Kayla konnte einige
Brocken aufschnappen und sagte, wenn sie es recht verstanden habe,
wäre die Strecke im nächsten Bahnhof gesperrt. Das klang etwas
seltsam. Nach einer halben Stunde kam aus der gleichen Richtung, aus
der wir gekommen waren, ein hochmoderner gelber Triebwagen mit
Bauarbeitern oder ähnlichen Leuten in orangefarbenen Uniformen der
an uns vorbei weiter fuhr. Also vermutlich mussten die im weiteren
Verlauf der Strecke etwas richten. Aus dem Bahnhofsgebäude von
diesem Dorf kam nach einer Stunde ein extrem dicker, kugelrunder
Mann mit einer Bahnkappe auf dem Kopf, der vor lauter Fettleibigkeit
schon Mühe hatte zu gehen. Er ging zu unserem Lokführer und gab
dem ein Blatt, ein Handfunkgerät und ein Zeichen, dass er langsam
weiter fahren solle. So ging es endlich weiter, jetzt aber noch
wesentlich langsamer als zuvor schon. Nach meiner Schätzung reisten
wir mit höchstens 10 km/h, da stellenweise ein Fahrradweg vorbei
führte, wo selbst Kinder auf ihren kleinen Rädern schneller als wir
fuhren. Dann folgten ein paar Dorfbahnhöfe, wobei einer im
Verhältnis zum daneben liegenden Dorf recht große Ausmaße zeigte.
In einem Dorfbahnhof blieben wir erneut längere Zeit stehen. Man
konnte noch viele alte Gleisanlagen sehen, die aber sehr ungepflegt
und wie im Dornröschenschlaf wirkten. Bei dem Aufenthalt kam ein
Eisenbahnspezialist, der über Lautsprecher während der Wartezeit
einen Vortrag hielt, dass dort früher 2 einsame Nebenstrecken
abzweigten, wovon eine zu einer geheimen Rüstungsfabrik in einem
total abgelegenen Waldstück weiterführte, wohin es früher keine
anderen Verbindungen gab, noch nicht einmal Feldwege. Teile dieser
Strecken lägen heute noch und wären aber schon seit 20 Jahren nicht
mehr befahren worden. Irgend so ein Eisenbahnverein plane, eine
Sondergenehmigung zu bekommen, diese noch bestehenden Reste im
Sommer mal befahren zu dürfen. Uns wurde langsam langweilig, weil
dieses ganze Eisenbahnfachwissen vielleicht die eingefleischten
Eisenbahnfreunde erfreute, uns jedoch nicht wirklich interessierte.
Diese Sachen mit den Strecken waren ja noch wissenswert, aber als
der Kerl dann endlose Vorträge über bestimmte Wagontypen hielt, die
dort früher genutzt wurden und die, oh welch glückliche Fügung des
Schicksals, in zahlreichen Details fast baugleich mit den Wagons
unseres Zuges waren, wobei selbstverständlich alle abweichenden
Details einzeln aufgezählt wurden, da fanden wir's dann doch
übertrieben. Als ich dann scherzhaft bemerkte, dass alle Wagons wohl
Räder hätten, Seitenwände aus Blech und ein Dach oben drüber, nahm
mir das ein Eisenbahnfreund, der mit in unserem Abteil saß, sehr übel.
Seit dem betrachtete er mich immer von oben herab, wie ein hoher
Herr seinen hoffnungslos untergebenen Knecht betrachtet. Was uns
jedoch eher amüsierte. Unsere Mägen knurrten inzwischen, aber wir
hatten nichts zuessen mitgenommen. Im Zug bestand zwar die
Möglichkeit, Getränke und Knabberzeugs zu kaufen, das war uns aber
viel zu teuer. Die hatten unverschämte Preise. Endlich setzte sich der
Zug wieder in Bewegung. Jetzt fuhr die Lok auch wieder schneller.
Die Fahrt führte endlos durch einen irrsinnig langen Wald und das
schnurstracks. Eine solch gerade Eisenbahnstrecke wie eine mit dem
Lineal durch den Wald gezogene Schneise über sicherlich 20 km.
Weit und breit keine Besiedlung, nur Wald. Kurz hinter dem schier
endlosen Wald folgte ein etwas größeres Städtchen Hagenau. Hier am
Bahnhof wurde etwas rangiert und über Lautsprecher kam die
Anweisung im Zug zu bleiben, da man nicht genau sagen könne, wann
es weitergeht, aber es gehe zum frühest möglichen Zeitpunkt weiter
und der könne ebenso in 5 Minuten schon sein, als wie auch in 30
Minuten. Schade, wir wären bei einem längeren Aufenthalt gerne dort
etwas essen gegangen. Der Bahnhof dort war deutlich größer. Dann
kam wieder eine Ansage, dass man das endlose Glück habe, so gerade
grünes Licht vom Betriebschef bekommen zu haben, eine hier
abzweigende Abkürzungs-Schleifenbahn über Pfaffenhofen zu
befahren, die offiziell seit vielen Jahren stillgelegt ist, die aber noch
befahrbar wäre. Gleich nach dieser Ansage ging es weiter. Nach dem
abgewandelten James-Bond-Motto waren wir nicht gerührt, sondern
geschüttelt und gerüttelt, denn die Strecke war spürbar schlecht. Es
holperte, klapperte und ruckte fürchterlich, man befürchtete schon,
dass jeden Moment der Zug neben den Gleisen weiter fahren wird.
Selbst die Eisenbahnfreunde hatten nicht lange Lust, die Fenster zu
öffnen, weil dann der Widerhall des lauten Quietschens der Räder
überlaut in den Wagen schallte. Gepäck stürzte trotz der langsamen
Fahrt von oben aus dem Netz zu Boden und im Seitengang sprang in
der Decke eine Klappe auf, die dann herumbaumelte und später von
einem der Betreuer wieder mit einem Schlüssel zugemacht wurde. Das
war schon eine echte Abenteuerfahrt. An einem Unterwegsbahnhof,
der wohl schon Ewigkeiten keinen Zug mehr gesehen hatte, streckten
an jedem Fenster die Bewohner lang ihre Hälse heraus und ihre Augen
liefen über. Sie konnten offensichtlich nicht glauben, was sie da
sahen. Ein anderer Bahnhof war eingestürzt oder halb abgebrannt und
unbewohnt, ein anderer sah so aus, als wäre gerade gestern noch
regelmäßiger Zugverkehr gewesen. Alles in sehr unterschiedlichem
Zustand. In Pfaffenhofen zweigten dann wieder einige Gleise an
einem etwas imposanteren Bahnhof ab. Ab hier fuhren sogar wieder
regulär Züge. Hier blieb die kleine uralte französische Diesellok
zurück und es wurde eine moderne große französische Diesellok
davor gehangen. Nun ging alles recht schnell. Vorbei an teils
hübschen Städtchen ging es südwärts bis wir auf eine andere Strecke
trafen, wo es dann westwärts weiter ging. Hier kannten wir uns
plötzlich sogar etwas aus, denn es war die Gegend am sogenannten
Rhein - Marne - Kanal, wo wir ein Stück bei der Spanienrückreise
längs gekommen waren. Nach ungefähr weiteren 15 Minuten Fahrzeit
wurde dann das Ziel Saverne erreicht. Eisenbahnfreunde rührten die
Werbetrommel für die Teilnahme an einer örtlichen Führung in die
Eisenbahngeschichte dieses Ortes. Diese Führungen haben wir aber
links liegen gelassen. Es hieß, der Aufenthalt dauert fast 3 Stunden
und so war Zeit genug, endlich etwas essen zu gehen. Gleich vorne am
schönen Bahnhof von Saverne war ein gut und preiswert wirkendes
Restaurant. Da unser Magen, im übertragenen Sinne gesprochen,
mittlerweile auf der Straße schleifte, wollten wir nicht lange suchen
und sind gleich in diese Lokalität rein gegangen. Ich spreche kein
Wort französisch, daher hat Kayla die ganze Konversation
übernommen. Die endete jedoch schnell, weil das gesamte Lokal
ausgerechnet an diesem Tag von einer Jubiläumsgesellschaft
vorbestellt war und daher essensmäßig keine außenstehenden Gäste
bedient wurden. Man hätte an einer Theke etwas trinken können, aber
nur trinken wollten wir ja nicht. Es gab zwar in Bahnhofsnähe weitere
Restaurants, die waren aber entweder sichtlich zu teuer für unsere
Verhältnisse, zu sehr aufs Trinken ausgerichtet oder um diese Zeit
noch geschlossen, weil es wohl Nachtlokale oder so was ähnliches
waren. So wanderten wir doch noch etwas durch den Ort und gingen
dann zurück zum Bahnhof. Dort gibt es eine Verkaufsstelle für
Zeitungen, die auch Knabbergebäck und solche Sachen anbietet, also
eine Art Kiosk, aber doch etwas anders und größer. Da der Hunger so
groß war, beschlossen wir, uns einfach mit diversem Knabberzeugs
und einer Dose Coca-Cola zu sättigen. Dosencola kriegt man dort
überall noch problemlos und ohne Pfand, die hatten ja auch keinen
Dosenminister Trittin. Na ja, wir in Deutschland jetzt zum Glück auch
nicht mehr. Wir kauften solche ähnlichen Dinger wie Kartoffelchips,
die sehen aber etwas anders aus, als bei uns. Es sind aber auch
Kartoffelchips, die aber nicht so gewölbt, sondern fast ganz gerade
und an der Oberfläche geriffelt sind, auch sind die etwas dicker als
unsere Kartoffelchips. Eine große Tüte davon plus eine Art gekürztes
Baguette-Brötchen mit Streichkäse wurden verzehrt und beides
schmeckte uns wirklich sehr gut, obwohl es ja kein richtiges Essen im
üblichen Sinne war. Inzwischen näherte sich schon wieder die Zeit der
Rückfahrt, da lohnte es sich nicht mehr, nochmals zurück in den Ort
zu gehen, um diesen näher zu erkunden, obwohl wir das gerne
gemacht hätten. So gingen wir zu dem Bahnsteig zurück, wo unser
Zug gestanden hatte. Hier war jedoch gähnende Leere, der Zug war
nicht mehr da. Wir waren uns doch sicher, dass man gesagt hatte, 3
Stunden Aufenthalt und wir waren demnach noch 40 Minuten zu früh,
also konnte der doch nicht weg sein! Von den anderen Mitreisenden
war weit und breit keine Spur, aber vielleicht waren wir wirklich viel
zu früh und der Zug weg vom Bahnhof zu einem Abstellgleis gefahren
und die anderen alle noch nicht hier. Nun, um es abzukürzen, die Zeit
verstrich bis zum Abfahrtzeitpunkt, aber unser Zug kam nicht, ebenso
wenig die anderen Reisenden, die sich einer geplanten Besichtigung
angeschlossen hatten, die wir nicht mitmachten. Das einzige was
einfuhr war ein kleiner orange - weiß lackierter Triebwagen, in dem
aber keine Leute saßen und auch niemand einstieg. Wir warteten eine
weitere halbe Stunde, aber nichts tat sich. Dann gingen wir zu einem
Bahnbediensteten, der im Bahnhof in einem Raum saß und Kayla
fragte den nach unserem Sonderzug. Der wusste aber nichts und sagte
wohl so was wie dass er erst gerade seinen Dienst begonnen habe.
Sein Kollege in einem abgesetzten Stellwerk müsste es aber wissen,
da der schon seit 5 Stunden Dienst habe. Der freundliche Bahnmann
rief per Telefon in diesem Stellwerk an. Dort gab es die Auskunft,
dass der Zug nebst Reisegesellschaft bereits über 1 Stunde früher als
geplant wieder die Heimfahrt angetreten habe, weil eine Besichtigung
von Bahnanlagen einer hier beginnenden Museumsbahn kürzer
ausgefallen war, als ursprünglich angedacht. Wo gibt es denn so was?

Foto: Sonderzug mit Diesellok in Frankreich

Eine Frechheit sonders gleichen! Können die denn fahren, wie sie
wollen? So blieb uns keine andere Wahl, als mit einem regulären Zug
zuerst mal wieder in Richtung Deutschland zu fahren. Jedoch jetzt
begannen die Probleme erst richtig! Eine direkte Fahrt in den
grenznahen Ort Hagenau oder Haguenau oder auch Marxenhausen,
wie die sagen, also 3 Namen für ein und denselben Ort, war von hier
gar nicht möglich, weil der Sonderzug eine Sondergenehmigung hatte,
wie ich weiter vor berichtete, um einen ansonsten stillgelegten
Abschnitt zu befahren. So mussten wir erst in ein Städtchen Brumath
und von dort konnte man dann wieder über einen Umweg nach
Hagenau und Wissembourg fahren oder es wurde uns als günstiger
empfohlen von Brumath in südliche Richtung nach Straßburg zu
fahren und dann ab dort wieder nach Deutschland, weil es schneller
gehe und mehr Anschlussverbindungen dort existieren. Das kostete
natürlich alles extra. Aber es kam noch schlimmer. Irgendwie haben
wir in diesem Ärger die Übersicht verloren und von diesem Saverne
zweigen noch andere Strecken ab. Es herrschte zwar kein
nennenswerter Betrieb um diese Zeit in dem Bahnhof, aber wir stiegen
in einen Triebwagenzug ein, der nach unserer festen Überzeugung in
Richtung Brumath und von dort weiter nach Straßburg fuhr. Kaum
waren wir in dem etwas komischen und verschlissen wirkenden Zug
eingestiegen, fuhr der sofort ab. Mit gemächlichem Tempo rumpelte
der Zug vorbei an etlichen kleinen Bahnhöfen. Nach über dreiviertel
Stunde veränderte sich die Landschaft immer mehr und wir kamen auf
den Trichter, dass wir wohl irgendwie in die falsche Richtung
unterwegs sind. Dann kamen etliche Seen, die teils mit ulkigen
Brücken überquert wurden. So konnte es nicht weiter gehen. Da in
dem Wagonteil des Triebwagens kein Personal war, welches Kayla
hätte befragen können, entschlossen wir uns, am nächsten Bahnhof
auszusteigen und schnell vorne zum Lokomotivführer zu rennen und
den zu fragen. Ich vergesse den Namen so schnell nicht wieder, an
einem Bahnhof, mit fast etwas bayrisch klingendem Namen Nébing-
Molring stiegen wir schnell aus und rannten in Richtung vorderem
Triebwagenteil, wo der Lokomotivführer saß. Doch bevor wir diesen
vorderen Teil erreichten zischte es, die Türen gingen zu und der Zug
fuhr ab! Auch winken und Rufen half nichts, der fuhr weiter. Nun
hingen wir hier in einem Nest fest, wo wir noch nicht einmal wussten,
wo es sich befand. Waren wir jetzt schon relativ weit im
Landesinneren von Frankreich oder doch näher an der deutschen
Grenze, als geglaubt, da der Ortsname irgendwie deutschstämmig
klang? Der Bahnhof lag weit ab von jeder Bebauung, es hing aber vor
dem Bahnhofsgebäude eine Landkarte auf der wir uns versuchten
kundig zu machen. Langsam begann schon die Dämmerung
einzusetzen. Leider war die Karte recht eng gefasst und auf die nahe
Region spezialisiert. Man konnte erkennen, dass ein Ort Nébing
ungefähr 3 km nördlich vom Bahnhof lag und ein Ort Molring etwa 5
km südöstlich. Vergeblich suchten wir in dem Bahnhofsgebäude einen
Bahnbediensteten, den man hätte fragen können. Ein hübsch
hergerichteter Warteraum war zwar hell beleuchtet, darin sogar eine
altmodische Schalterluke, wie man sie früher kannte, auch in dem
Bahnraum hinter der Luke war alles Licht an, aber keine Person zu
finden. Eine logische und eigentlich die naheliegendste Idee kam uns
erst jetzt, einem Eisenbahnfreund wäre die sicher zuerst gekommen,
wieder zurück auf den sparsamen Bahnsteig zu gehen und am dortigen
Fahrplan zu gucken, welche Orte im weiteren Verlauf der Strecke in
beide Richtungen so folgen, um daraus vielleicht nähere Rückschlüsse
auf unseren genauen Aufenthaltsort zu ziehen. Das schaffte ein wenig
Klarheit und je klarer das wurde, um so entrüsteter waren wir. Wir
befanden uns nämlich auf dem besten Weg nach Nancy oder nach
Metz. Der Fahrplan verwirrte uns nämlich auch, denn offensichtlich
gab es hier an der gleichen Strecke Züge, die durch nach Nancy liefen,
aber auch welche, sogar die Mehrzahl, die nicht nach Nancy liefen,
sondern nach Metz. Den zu zählenden Zwischenstationen nach war
beides aber auch noch recht weit weg. Also verfolgten wir den
Fahrplan in die entgegengesetzte Richtung, aus der wir gekommen
waren. Hier ergab sich ein noch mehr verwirrendes Bild, aber es
stellte sich immerhin heraus, dass das wohl die richtige Richtung für
uns nach Hause sein mochte. Dort gab es Züge, die bis Sarrebourg
fuhren, was ich zuerst mit Saarburg in Deutschland verwechselte und
deshalb glaubte, wir wären sehr nahe an der Grenze zum Saarland.
Dieses Sarrebourg liegt aber nicht in Deutschland. Manche Züge nach
Sarrebourg fuhren demnach wohl auch weiter über Saverne, wo wir ja
herkamen, andere fuhren aber auch scheinbar einen anderen Weg über
ein Dorf Réding nach Saverne. Wieder andere fuhren über dieses
Sarrebourg nach Epinal, was wohl weit südlich liegt, andere fuhren
gar nicht bis Sarrebourg, sondern nur bis Berthelming-Bettborn,
wieder andere über dieses Dorf nach Sarralbe, was wohl ein Städtchen
weiter oben im Norden ist. Die Verwirrung war komplett. Aber eines
schien uns klar, alle Züge die über Saverne ausgeführt waren, mussten
für uns schon mal richtig sein. Sie können mir glauben, wir waren fix
und fertig, zumal hier kaum ein Zug in diese Richtung durchkam, der
auch in dem Nest anhielt. Wir sahen uns im Geiste schon in diesem
hübschen Warteraum im Bahnhof von Nébing übernachten. Es war
inzwischen bereits fast 17 Uhr und ziemlich dunkel. Ab und zu fegten
Schnellzüge durch, die gar nicht hier hielten. Dann kam ein etwas
größerer moderner Triebwagen, ein Bahnmensch, der beim Halt dort
ausstieg wurde von Kayla befragt und der sagte, dass dieser Zug über
Rèding nach Saverne fahren würde. Diesen Bahnmann hätte ich sogar
befragen können, denn der sprach ausgezeichnet deutsch. So setzten
wir uns in diesen Zug, der kaum hörbar über die Gleise glitt. Nach
ungefähr 30 Minuten Fahrzeit kam im Dunkel die erleuchtete
Silhouette von Sarrebourg in Sicht, dessen Innenstadt aber gar nicht
angesteuert wurde, da es am Stadtrand in einem Bogen nach diesem
Réding schwenkte, was wohl ein Vorort von Sarrebourg ist. Dort
wurde für vielleicht 10 Minuten gehalten, bis ein Anschlusszug kam,
dann ging es aber schnell weiter, unter anderem durch einen sehr
langen Tunnel bis Saverne. Noch während der Fahrt befragte Kayla
den Bahnmann, ob und wie man von Saverne wieder nach
Deutschland komme. Da hatten wir dann aber Glück, denn der sagte,
dass dieser Zug, in dem wir bereits saßen, nach einem viertelstündigen
Aufenthalt in Saverne weiter bis Brumath fahre. Dort habe man dann
sofort Anschluss nach Straßburg und man käme bis 23 Uhr noch in
Züge nach Deutschland. So sind wir dann auch gefahren. Gegen 20.30
Uhr waren wir im imposanten Hauptbahnhof von Straßburg, was die
ja Strassbourg schreiben. Gegen 21.10 Uhr ging ein Zug über die
Grenze, über Appenweiher, Rastatt und Karlsruhe nach Stuttgart.
Kurz vor 0 Uhr waren wir in Stuttgart und so fertig wie schon lange
nicht mehr. Diese Heim-Irrfahrt hat uns insgesamt 110 Euro gekostet
und ich werde versuchen, das von den Veranstaltern der Sonderfahrt
einzufordern, da die einfach erheblich früher abgefahren waren. Dann
hätten die wenigstens vorher darauf hinweisen müssen, dass es auch
sein könne, dass wesentlich früher abgefahren wird, wenn die
Eisenbahnfreunde ihr Programm früher fertig haben. Wenn wir das
gewusst hätten, dann wären wir mit Sicherheit erst gar nicht in der
Stadt auf Restaurantsuche gegangen und hätten gleich nur diesen
Imbiss am Bahnhof gekauft. Es bestätigt sich wieder meine
Abneigung gegen öffentliche Verkehrsmittel, obwohl die Hinfahrt
durchaus in Ordnung war und ich über die nicht klagen möchte und
die Gründe für den Misserfolg hier sicher außergewöhnlich anders
gelagert sind. Im Nachhinein ist man immer klüger und man wäre froh
gewesen, wenn ich gleich meiner Abneigung gefolgt wäre und wir
hätten trotz der Freikarten die Sache ungenutzt sausen lassen.
Andererseits haben wir wieder eine neue Gegend in Frankreich
kennen gelernt, die für sich betrachtet durchaus sehenswert ist. Das
wäre mir allerdings keine 110 Euro wert gewesen, wenn man das
vorher gewusst hätte, zumal das Wetter grau in grau und teils sogar
neblig war.

Ein Bekannter redet sich den Mund fusselig, weil er mich überreden
möchte, gegen Bezahlung als Helfer für Hilfsgüterlieferungen in den
Kosovo mitzuwirken. Er ist bei einer Hilfsorganisation beschäftigt, die
solches organisiert und da der Mangel an Freiwilligen so groß ist, dass
schon Hilfsgüter zurück bleiben mussten, beschreitet man jetzt den
Weg, gezielt Leute anzusprechen, die in ihrer Zeitgestaltung so frei
sind, dass sie gegen eine geringe Bezahlung dort helfen könnten, z.B.
bei der Auslieferung der Güter in den Kosovo. Die sollen weiterhin
dann vor Ort bei der Entladung und Verteilung helfen. Diese
Mitfahrten in teils schon etwas ältlichen LKW dauern meist über eine
Woche, also bis dass man wieder zurück ist, und werden mit einer
Pauschale von 150 Euro pro Fahrt entlohnt plus freier Verpflegung für
unterwegs. Möchte ich verrückt sein, um für 150 Euro über eine
Woche dort unterwegs zu sein, wer weiß, was einem dort geschieht
und man kriegt für seine Hilfe noch den Hals abgeschnitten. Man hört
von dort ja einiges, allerdings nichts Gutes. Mein Bekannter
beschwichtigt und sagt, das wäre absoluter Blödsinn und im
Gegenteil, die Leute dort wären alle sehr nett und dann pries er noch
die unbeschreibliche Freundlichkeit an. Ich weiß nichts, aber ich kann
mich bremsen und werde da ganz sicher nicht tätig werden.

Diese Tage kam ich in einen komischen Laden in der Parlerstraße.
Das sollte so ein Gemisch aus Gemüsemarkt und Aldi sein, natürlich
nicht von Aldi, sondern von einem kleinen privaten Betreiber. Also
nein, alle Leute dort im Laden machten einen ausgemergelten, ja
geradezu ausgelaugten Eindruck. Egal ob Beschäftigte oder Kunden,
das war gleich bedrückend. Ich weiß nicht, kennen sie es, wie oft
Leute aussehen, die seit vielen Jahren drogenabhängig sind? Genauso
sahen die aus, graue Gesichtsfarbe, abgemagert, zerrüttet, große leere
Augen mit einem Blick aus Gleichgültigkeit, Verwahrlosung und
Elend. Dann wird einem anders, wenn man in einen Laden kommt und
dort sehen alle so aus. Das bedrückt und man hat ein ungutes Gefühl,
so als müsse man damit rechnen, gleich von einem der Gestalten
angefallen zu werden. Ich bin durch den Laden gerast, habe nichts
gekauft und war froh, als ich wieder draußen war. So etwas habe ich
noch nie erlebt und ich denke, dass ich gewiss nicht empfindlich bin.
Sehen Sie, wenn ich schon mal in diese günstige Tafelgaststätte gehe,
da laufen wahrhaftig viele kaputte Typen herum und auch manche
Drogenabhängige sind wohl darunter, aber das macht mir nichts, weil
in diesem Gemisch aus Leuten keine beängstigende Stimmung
aufkommt, das war in dem Laden aber völlig anders. Es hätte mich
nicht gewundert, wenn dort jemand über normale Kunden herfällt und
diese dann in einen Hinterraum zerrt, um sie auszurauben, um auf
diese Weise wieder an Geld für neue Drogen zu kommen. Na ja, die
Welt hat wahrhaftig nicht nur gute oder schöne Seiten, das ist uns
allen gewiss nicht neu und ich bin bestimmt schon mit einigem von
der schlechten Seite gut vertraut. Um so mehr wundere ich mich selbst
darüber, dass auch ich noch auf Situationen treffe, die mich ängstigen
oder abstoßen. Doch wollen wir uns keinen Kopf machen über Dinge,
die uns zum Glück nicht betreffen, da es kaum an uns liegen kann,
diese Dinge zu ändern.
Für heute möchte ich nun enden, gleich muss ich noch fort, Kayla ist
nicht hier, sie ist mit unserem Wagen nach Tumlingen unterwegs, das
südwestlich liegt ungefähr bei Nagold und Horb, aber etwas
westlicher. Dazu vielleicht beim nächsten Mal mehr.

Angenehme Wochenendgrüße, Ihr

Egbert Lappenkeuler


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email „Wassermangel" vom 03.02.2006

Erfrischte und erfrischende Grüße.

Weiter geht es.

Scherze und Streiche aller Art gibt es und das weissgott nicht nur von
Kindern und unerzogenen Jugendlichen. Eine völlig neue Art des
streitbedingten Streichs gab es neulich in der beliebten Rubrik
Nachbarschaftsstreitigkeiten hier in der Nähe. In einer vorwiegend
von Arbeitern und Rentnern bewohnten Nebenstraße ungefähr 600 m
von hier entfernt, war voriges Jahr ein Einfamilienhaus verkauft
worden. Die neuen Eigentümer frönten des Heizens mit Holz in Öfen,
während die Vorbesitzer ausschließlich auf die Heizungsanlage des
Hauses setzten. Sie wissen es, Heizen mit Holz erzeugt stinkigen
Qualm, besonders beim Anheizen, aber auch im Dauerbetrieb stinkt
und raucht das immer deutlich mehr, als eine halbwegs moderne
Heizungsanlage. Nun zog der Rauch aus ihrem Kamin fast immer dem
direkten Nachbarn ins Wohnzimmer, wenn der gerade lüften wollte.
Das besagte Einfamilienhaus ist nicht sonderlich hoch gebaut,
wodurch der Kamin fast auf Höhe der Fenster im ersten Stockwerk
des Nachbarhauses liegt, was dazu führt, das der eklige Holzqualm auf
direktem Weg zu denen in die Bude zieht. Das kann man vielleicht
einmal die Woche hinnehmen, aber nicht täglich rund um die Uhr. Sie
mögen sich vorstellen, jetzt im Winter heizen die dauernd mit dem
Holzzeugs und dementsprechend ist auch die Qualmentwicklung
dauernd präsent. So entstand daraus einer der beliebten
Nachbarschaftsstreits. Der beeinträchtigte Nachbar hatte es zunächst
mehrmals im Guten versucht und den Qualmerzeuger auf die Misere
hingewiesen. Der war aber wohl gleich beleidigt und hat geschimpft,
dass er heizen könne wann immer und womit immer er wolle und sich
da von ihm gar nichts sagen lasse. So heizte der weiter und, wie Leute
berichteten, ab diesem Tag sogar noch intensiver und rauchender,
wahrscheinlich verbrannte er auch Abfälle mit im Ofen. Der Streit
eskalierte dann vor wenigen Tagen auf eine für Außenstehende lustige
Art. Der rauchgeschädigte Nachbar arbeitet im Straßenbau und so
hatte er sich von seinem Arbeitgeber Asphaltblöcke mitgebracht. Die
hat er dann in einem alten Kessel weich gekocht und in einer Nacht-
und Nebelaktion per Leiter dem Qualmnachbarn den flüssigen Asphalt
von oben in den Kamin geschüttet. Der hat das am nächsten Tag
bemerkt, als der meiste Qualm nach innen im Ofen raus kam und als
er dann noch mehr heizte, im Glauben, dass gehe dann weg, schmolz
der Asphalt im Kamin wieder und es stank noch mehr als sonst, aber
vor allem in seinem Haus kam überall der Qualm raus, weil der nicht
mehr richtig aus dem Kamin oben rausziehen konnte. Natürlich
wussten die zu Anfang nicht, was das war, aber es wurde dann ein
Schornsteinfeger hinzugeholt und der hat dann im Kamin den Asphalt
entdeckt, der die ganzen Kamininnenwände belegt. Nun, der
Schornsteinfeger hat sofort jeden Weiterbetrieb des Kamins auch
wegen Brandgefahr und wegen Umweltbelastung untersagt. Eine
Sanierung des Kamins ist wohl nur sehr schwer möglich, da auch
keine Nirostarohre eingezogen werden können, da die beim Betrieb
mit einem normalen Ofen zu heiß werden, wodurch der Restasphalt
zwischen Nirostakamin und echtem Kaminzug auch wieder heiß
würde. Beim Betrieb einer modernen Heizung an diesem Kamin wäre
es mit einem Nirosta- oder Kunststoffkamin kein Problem, weil deren
Abgase nicht mehr sehr heiß werden. Vom Kaminbesitzer droht dem
Asphaltcowboy jetzt eine saftige Klage, was die Stimmung in der
Nachbarschaft sicher nicht verbessert. Jeder hat so seine
Betrachtungsweise, aber ich finde, die Holzheizerei nimmt überhand
und es ist inzwischen in bestimmten Gegenden unerträglich geworden.
Das fällt an kalten Tagen natürlich ganz besonders auf. Angeblich
schwafelt man immer soviel von Umwelt und dergleichen, aber ich
verstehe nicht, dass dagegen nicht endlich etwas unternommen wird.
Den Autofahrern klopft man bei den geringsten Abgasverstößen auf
die Finger, jedoch auf diesem Auge ist man blind. Sogar das Gegenteil
ist eher der Fall, weil unerfahrene grüne Spinner wieder mehr das
Heizen mit Holz empfehlen, mit der Begründung des nachwachsenden
Rohstoffs. Ich sage, Rohstoff, der nicht verbrannt wird, macht auch
keinen Qualm, egal ob er nachwächst oder nicht und Gas erzeugt im
Vergleich überhaupt keine schädlichen Abgase!

Am vergangenen Wochenende war es ja sehr kalt, aber schön sonnig.
So sind Kayla und ich ausgiebig im Kräherwald spaziert, der liegt
ungefähr unweit in der Nähe, wo unser früherer Wohnsitz in dem
Mietshaus war. Wissen Sie, es ist komisch, aber je länger ich von
meinem früheren Wohnsitz weg bin, um so mehr sehne ich mich nach
dieser Gegend zurück, obwohl es ja rein nominal gesehen nur
ungefähr 3 km vom heutigen Wohnsitz entfernt liegt. Aber ich komme
immer mehr zu der Überzeugung, dass jeder Mensch für ein
bestimmtes Wohnumfeld geschaffen ist, und das passte im früheren
Bereich irgendwie besser zu mir. So ertappe ich mich immer häufiger
dabei, wie ich von einer inneren Automatik gesteuert in meinen alten
Wohnbereich fahre und dort durch die Straßen spaziere. Trotzdem will
ich nicht klagen, es nicht so, dass ich dabei in Lethargie oder Tränen
ausbreche, wir fühlen uns in den Mobilheimen auf dem landschaftlich
zweifellos deutlich schöner gelegenen Campingplatz wohl. So kamen
wir am Sonntag von dem ausgedehnten Spaziergang gegen 14 Uhr
zurück und wollten uns dann das Mittagessen zubereiten. Kochen tun
wir meist gemeinsam in Kaylas Mobilheim. Wie Sie wissen, benötigt
man zum Kochen Wasser. So drehten wir den Wasserhahn auf, aber es
kam nichts, außer einigen müden Tropfen und zischender Luft. Noch
am Morgen, als wir gegen 9 Uhr aus dem Haus gegangen waren, hatte
alles einwandfrei funktioniert. So bin ich vorne zur Platzverwaltung
gegangen und habe die gefragt. Dort war ja neulich ein Rohr vom
Frost geplatzt, was sich damals aber auf unsere Wasserversorgung
nicht auswirkte. Die Verwalterin wusste aber nichts. Der frühere
Mann für alle Fälle, der hier solche Sachen immer reparierte und
überprüfte, ist nicht mehr hier, der hatte Anfang Dezember gekündigt.
Das hatte viele Gründe. Die Folge davon ist, dass sich jetzt im Prinzip
keiner mehr auf dem Campingplatz befindet, der sich wirklich mit
diesen ganzen Installations- und Platzmeister - Sachen auskennt. Die
Verwalterin kennt zwar alle Kosten und Verwaltungsabläufe, aber die
kann Ihnen noch nicht mal sagen, wo man welches Wasser absperrt
oder wie man den Strom für bestimmte Wohnmobile, Mobilheime
oder Wohnwagen abschaltet. Früher hat die sich dann immer auf
besagtem Fachmann abgestützt, aber der ist nun ja nicht mehr da. Jetzt
wird immer gleich eine Fachfirma aus der Stadt beauftragt, aber die
muss sich auch erst einmal schlau machen, weil die die ganzen
Verzweigungen und Besonderheiten von dem Platz nicht kennt. Zur
Sicherheit suchten wir dann erst noch einmal selbst in unserem
Bereich, ob wir einen Grund für das fehlende Wasser finden würden.
In meinem Mobilheim und in unserem Keller-Ersatzheim floss
ebenfalls kein Wasser. Die meisten anderen Wohnwagen und
Mobilheime hier in unserem näheren Umfeld waren zu dieser Zeit
leer, so dass wir dort auch keinen befragen konnten, wie es bei denen
aussieht. Eine Frau, die in einem Wohnwagen wohnt, der ungefähr
150 m von hier weg steht, die kam zufällig vorbei und die hatte laut
ihrer Auskunft noch Wasser. Alles suchen half nichts. Die Verwalterin
rief dann einen Kundendienst herbei, der auch sonntags arbeitet. Dann
kam so ein kleiner Renault-Kastenwagen von einer Firma aus dem
Stadtteil Gablenberg, die hatte wohl hier auch schon mal gearbeitet.
Der junge Mann vom Kundendienst kam zuerst zu uns in Kaylas
Mobilheim, ein unrasierter, etwas ungepflegt wirkender Lulatsch mit
dünnem Körper und dickem Kopf. Ja, der sah wirklich etwas seltsam
aus, wie einer, den man aus mehreren Bausatzteilen unterschiedlicher
Bausätze zusammengesteckt hat. Wir erläuterten ihm kurz das
scheinbar simple Problem: kein Wasser. Dann kroch er zu den
Haupthähnen, die sich in einem ungefähr 2 m tiefen Schacht unterhalb
meines Mobilheimes befinden. Dazu muss man zuerst einen dicken
Eisendeckel entfernen, was ihm einige Mühe bereitete, da der schon
lange nicht mehr geöffnet worden war. Die Hähne standen aber alle
auf volle Pulle und so konnte es daran nicht liegen. Dann hat er noch
einen Kontrollhahn geöffnet, der sich in dem Schacht neben den
Abstellhähnen befindet, um zu sehen, ob dort Wasser ankommt, aber
schon dort kam nichts. Ab jetzt stand er vor einem Rätsel, da er den
weiteren genauen Verlauf der Rohre hier unter dem Gelände nicht
kannte. So wollte er bei der Verwalterin Pläne holen, aber die hatte
keine. Dass sei alles ohne Pläne gemacht worden und noch lange vor
ihrer Zeit, vor vielleicht 20 Jahren. Dann gibt es an dem
Verwaltungshäuschen einen Versorgungskeller, der unterkellert dieses
Verwaltungshäuschen, ist aber deutlich größer, als das
Verwaltungshäuschen selbst, das heißt, der unterkellert so gesehen
auch noch einen Teil der daneben befindlichen Wiese. Dort kommen
alle Hauptleitungen an und es gehen wohl auch die wichtigsten Rohre
in Richtung Campingplatz dort wieder ab. Dort prüfte er dann, ob eine
Wasseruhr besonders schnell raste, denn wenn ein Rohr vom Frost
unter der Erde geplatzt sei, dann müsse ja ein enormer Wasserverlust
entstehen, der für eine rasende Wasseruhr sorgt. Aber es gab keine
rasende Wasseruhr. Einige Uhren liefen mal mehr und mal weniger,
aber man konnte nachvollziehen, dass sich das auf normale
Verbräuche aus den wenigen jetzt bewohnten Wohnwagen und
Mobilheimen bezieht. Nach längerem Ratespiel verlor der junge Mann
die Lust und jede Übersicht, das heißt, letztere hatte er von Anbeginn
an nicht, und sagte, dass ihre Firma solche Anlagen normalerweise
ohnehin nicht betreue, da solle man sich an eine Firma für
Rohrleitungsbau aus Vaihingen wenden. In Windeseile packte er sein
spärliches Werkzeug in den Renault - Kastenwagen und entschwand
schneller, als er gekommen war. Etwas entrüstet rief die Verwalterin
bei dessen Firma an, dort meldete sich aber nur ein Anrufbeantworter,
denn schließlich war Sonntag. Nun saßen wir blöd da, ohne Wasser
und ohne Aussicht darauf, dass sich das an diesem Sonntag noch
ändern würde. Die Verwalterin rief dann noch einige andere Firmen
an, die auch Notdienst anbieten, aber als die hörten, um welche Art
von Anlage mit Erdrohren u.s.w. es sich handelte, lehnten die eine
Übernahme des Auftrages ab. Sie meinte nur, dann müssten wir halt
bis Montag warten. Wie ein Blitz schoss Kayla die Idee in den Kopf,
dass es vielleicht auch mit den neulich vom Karlsruher Schrotthändler
abgebauten Mobilheimen etwas zu tun haben könnte. Die Verwalterin
gestattete, dass wir uns in diesen Bereichen mal auf eigene Faust
näher umsehen, zuckte aber ansonsten nur mit den Schultern und
meinte, dass es damit ja nichts zu tun haben könnte, da wir ja nach
dem Abbau vor ungefähr einer Woche noch Wasser gehabt hätten. So
sind wir dort hin und haben alles inspiziert. Dabei stießen wir auch auf
2 weitere Schächte in der Art, wie sich einer unter meinem Mobilheim
befindet. Bei einem davon fehlte die eiserne Abdeckplatte ganz und
bei dem anderen hatte man einfach ein morsches Holzbrett als Ersatz
draufgelegt. Ich vermute, dass der Schrotthändler die Eisenplatten
auch mitgenommen hatte, weil die ja einen Schrottwert haben. Schon
der erste Blick ließ einige Befürchtungen wahr werden. Aus einem
relativ dicken Rohr sprudelte mit hohem Druck Wasser, aber das fiel
von oben nicht auf, weil in dem Schacht ein eigenständiger
Abflussanschluss ist, in den das frische Wasser gleich
Hektoliterweise ungenutzt abfloss. Hier durfte wohl auch der Fehler
liegen. Wir selbst hätten den aber nicht beseitigen können. Also rief
die Verwalterin mit dieser Information noch mal den schon da
gewesenen Kundendienst an. Der aber weigerte sich, noch mal zu
kommen. Dann telefonierte sie noch etliche andere Firmen an, die sich
aber größtenteils nicht meldeten oder auch nicht kommen wollten. Am
Schluss hat sie in ihrer Verzweiflung dann den oben erwähnten
früheren Platzmeister angerufen. Der ist dann sogar gekommen und
wusste auf Anhieb auch wo und wie diese ganzen Rohre hier
verlaufen. Diese Hauptzuleitung hätte man auch gar nicht in dem
Keller des Verwaltungshäuschens abstellen können, sondern wieder in
einem anderen Schacht, der sich ungefähr 30 m hinter der
Campingplatzeinfahrt befindet, von dessen Existenz die Verwalterin
gar nichts wusste. Der hatte dann binnen 30 Minuten den Fehler
behoben, da zum Glück kein Rohr geplatzt war, sondern vom Frost
hatte sich ein Absperrschieber in dem offenen Schacht zerlegt. Solch
einen Absperrhahn-Schieber hatte der sogar in seinem Werkzeugkram
und hat den dann erneuert. Dann musste der Schacht aber mit etwas
abgedeckt werden, sonst wäre das ja wieder kaputtgefroren, was er mit
einigen Brettern und Styroporplatten provisorisch machte. Wie ich
hörte, erhielt er 1.000 Euro, damit er sich überhaupt zum Kommen
überreden ließ, sonst hätte er keinen Fuß mehr auf diesen
Campingplatz gesetzt, sagte er mir.
So hatten wir dann doch noch gegen 18 Uhr wieder Wasser und der
Vorfall beweist, wie wichtig gutes Fachpersonal ist, welches mit der
Materie vertraut ist. Das heißt natürlich nicht, dass der jetzt wieder
zum Personal des Campingplatzes zählt, er sagte mir, das sei eine
einmalige Angelegenheit, um den Leuten aus der Not zu helfen und
auch weil man ihm das exorbitant gut bezahlt hat. Ansonsten zieht den
nichts mehr her, dafür hätte man ihm zu sehr auf der Seele
herumgetrampelt und seinen Ruf in den Dreck gezogen. Heute hilft er
bei einer Firma im Neckarhafen als Universalkraft bei der Reparatur
von Binnenschiffen aus. Wie er sagt, verdient er dort fast das
Doppelte wie seinerzeit hier auf dem Campingplatz. Die machen dort
oft während des Löschens der Ladung gleichzeitig Reparaturen an den
Schiffen, damit denen möglichst wenig Zeit verloren geht.

Ansonsten gibt es hier auf dem Campingplatz sogar wieder einen
Zuwachs an Dauerbewohnern, das heißt eigentlich ist es nur eine
Person mehr. Während man noch vor 2 Wochen das Ende des
gesamten Platzes vor Augen hatte, belebt es sich jetzt wieder. Ein
Herr Schiffer, der eigentlich mehr aus Ihrer Gegend stammt, nämlich
aus Köln, hat sich eines der wenigen noch übrig gebliebenen leeren
Mobilheime gekauft. Der ist von Beruf LKW-Fahrer und hatte in Köln
wohl einige harte Schicksalsschläge hinzunehmen. Um diese besser zu
verdauen und zu vergessen ist er hier her gezogen. Stuttgart kannte er
schon etwas und er meinte, aufs Land wolle er nicht ziehen, weil er
doch irgendwie das Stadtleben brauche und Stuttgart habe ihm immer
schon recht gut gefallen und erfülle die wichtigsten seiner
Grundbedingungen. Es ist eine Großstadt, ihm gefällt es hier gut, es ist
von Köln weit genug weg und keiner wird in Köln vermuten, dass er
ausgerechnet nach Stuttgart gezogen ist. Das klingt komisch, aber er
möchte sich damit zugleich vor vielen alten Bekannten und
Verwandten in Sicherheit bringen, mit denen er in Köln laufend Zoff
hatte. So hätte es natürlich viele Städte gegeben, aber aus seinem
Leben als LKW-Fahrer kannte er Stuttgart schon sehr gut, manch
andere Stadt zwar auch, aber hier hat es ihm von den Städten, die er
kannte, am besten gefallen. Er meinte München wäre nichts gewesen,
weil dort der Lebensunterhalt viel zu teuer sei und weil dort viele
eingebildete Fatzken rumliefen. Frankfurt hätte ihm zwar auch
gefallen, wäre ihm jedoch schon wieder zu nahe an Köln gewesen,
ebenso alle Städte im Ruhrgebiet, Berlin sei nicht so sein Fall, zu
ungeordnet, sagte er. Die Städte im Osten wären alle überhaupt nicht
sein Fall. In die persönliche Endausscheidung wären am Schluss die 3
Städte Hamburg, Nürnberg und Stuttgart gekommen. Hamburg sei
von diesen 3 verbliebenen Orten als erstes rausgeflogen, weil
ebenfalls zu teuer zum wohnen, die Endausscheidung zwischen
Nürnberg und Stuttgart habe Stuttgart dann wegen der
abwechslungsreicheren Lage und wegen der größeren Vielfalt von
Möglichkeiten für sich entschieden, zumal er da per Zufall von der
billigen Möglichkeit erfahren habe, hier ein solches Mobilheim zu
kaufen und dann keinerlei Miete zahlen zu müssen. Das heißt, er zahlt
ja dann auch nur diese Nebenkosten und einen Grundsteueranteil für
die Standfläche und das von ihm genutzte Landstück hier auf dem
Campingplatz. Wie ich erfuhr musste er allerdings sogar 3.200 Euro
Restwert für sein Mobilheim bezahlen. Na ja, wir hatten ja damals
durch unseren Ex-Vermieter Sonderkonditionen erhalten. Er hat auch
keinerlei zugesicherte Vertragslaufzeit wie wir mit unseren damals 10,
heute noch 9 Jahren. Das Mobilheim gehört ihm natürlich jetzt, aber
wenn man den Standplatzvertrag auflöst, dann muss er binnen 3
Monaten zusehen, wie er mit seinem Mobilheim woanders
unterkommt. Ich hatte schon damit gerechnet, dass, nachdem neulich
die 4 Mobilheime vom Schrotthändler aus Karlsruhe geholt wurden,
auch die anderen, die noch leer stehen alsbald weg kommen. In Köln
war er von seinem früheren Arbeitgeber, einer Spedition, 2001 dazu
gedrängt worden, seinen Lastzug günstig abzukaufen und dann als
Einmann-Firma nur noch für diese Spedition zu fahren. Dann haben
die aber die Konditionen immer mehr verschlechtert, so dass er später
fast zu den reinen Betriebskosten fahren musste. Dagegen hat er
gemotzt und dann hat er gar keine Aufträge von denen mehr
bekommen, musste aber noch seinen Kaufpreis von dem gebrauchten
LKW teils abzahlen. So geriet er schnell in einen Schuldenberg. Auch
familiär krachte es dann ziemlich und das Ende vom Lied ist, dass er
sich jetzt mit einem kläglichen Rest von Erspartem, von dem keiner
etwas wusste, hier nach Stuttgart gerettet hat. Sein LKW ist
inzwischen aber schuldenfrei und er fährt jetzt vorwiegend Aufträge
von einer Stuttgarter Firma in die Schweiz, ist dadurch selten länger
als 2 Tage auf Tour. Oft sind die ja die ganze Woche auf Tour, aber so
nicht. Vom Aussehen her ist das auch so der typische LKW-Fahrertyp,
ein Schrank von Mensch, groß und breit, stets im Holzfällerhemd
unterwegs. Er hat wenig Haare auf dem Kopf und er erzählte, dieses
Problem habe er schon im Alter von 25 Jahren gehabt, heute ist er 46,
damals habe ihn das sehr gestört und er hätte im Alter von ungefähr
30 Jahren ein kleines Vermögen für diverse Therapien zur Förderung
des Haarwuchses ausgegeben. Später habe er das aber aufgegeben und
heute sei es ihm völlig egal. Er meinte, inzwischen hätten ihn auch
viele der Bekannten, die damals über ihn deswegen gelästert hatten,
überholt, da sein Rest-Haarkranz immerhin beständig geblieben ist,
während deren Haarausfall zwar spät begann, aber inzwischen zur
Fast-Glatze führte. Sein Verhältnis zu Frauen scheint sehr locker zu
sein, da er häufig mit verschiedenen Damen hier angeschleppt kommt.
Aber eine ist häufiger dabei, als die anderen. Das scheint auch keine
Deutsche zu sein, dem Aussehen nach würde ich auf Portugiesin
tippen. Warum werden Sie vielleicht fragen? Nun, südländisches
Aussehen, aber trotzdem eine stille, ruhige Ausstrahlung, große runde
Kulleraugen, runde Stupsnase, o-förmiger Mund, besonders runde
Backen, normalschlank bis mittelschlank und dabei sehr klein
gewachsen, so sehen eigentlich nur Portugiesinnen aus. Das muss
natürlich nicht immer zutreffen, scheint mir aber sehr wahrscheinlich
zu sein. Ich weiß wovon ich rede, denn lange bevor ich Kayla kannte,
hatte ich mal ein Gelegenheitsverhältnis mit einer Portugiesin gehabt.
Das war eigentlich kein richtiges Verhältnis, aber ich würde mal
sagen, so gerade an der Grenze zwischen Verhältnis und lockerer
Bekanntschaft. Das ging auch nicht lange, vielleicht ein knappes
viertel Jahr, weil die ziemlich stark auf eine Ehe drängte, was ich
damals keinesfalls wollte. Als die das begriff, hat sie dann auch sehr
schnell mit mir Schluss gemacht. Bis zu diesem Zeitpunkt war die
schon ganz schön toll und eine sehr wilde Liebhaberin, allerdings nie
nach außen, nur im engsten intimen Kreis, da explodierte die
regelrecht. Nach außen hin in der Öffentlichkeit war stets gesittetes
und fast scheues Nebeneinander angesagt, aber darum geht es hier
jetzt nicht. Die hatte auch noch 3 Schwestern und wiederum viele
Bekannte und Verwandte, die auch alle hier im Umkreis wohnten und
diese ganzen portugiesischen Frauen, die ich dadurch aus deren
Umfeld kennen lernte, sahen irgendwie alle so aus, wie ich es oben
beschrieben habe. Also dieser LKW-Fahrer scheint aber dann auch
wieder vom Pech verfolgt zu sein, denn seinen LKW stellt er meist
auf einem Seitenstreifen in der Zufahrtsstraße hier zum Campingplatz,
etwa in 200 m Entfernung zur Einfahrt ab. Als er dann am
vergangenen Montag morgens in der Früh losfahren wollte, war sein
Tank leer, weil Ganoven ihm übers Wochenende den Dieseltank
leergesaugt hatten. Er erzählte, da wären zuvor noch über 300 Liter
drin gewesen. Die Polizei wurde gerufen und nahm eine Anzeige auf.
Der Polizist meinte, dass alleine über dieses betreffende Wochenende
ihnen im Umkreis 21 weitere Fälle von ähnlichem Diesel-Diebstahl
gemeldet worden waren. Da scheint einer mit einem großen Öltank
unterwegs zu sein und wenn das mit den Spritpreisen so weiter geht,
dann lohnt für die Ganoven sich der Klau von Benzin und Diesel bald
mehr, als ein Banküberfall.

Manche Namen laden zu Verwechslungen ein. Daran dürften die
Träger dieser Namen eigentlich gewöhnt sein, aber es gibt da Leute,
die doch sehr empfindlich reagieren und stets glauben, von anderen
auf den Arm genommen zu werden. So habe ich es mir dann auch
gleich mit einem Herrn Waldemar verscherzt, der mit dem
Nachnamen Waldemar heißt, ich war aber im Glauben, es sei sein
Vorname. Wie Sie wissen, fahre ich meist donnerstags morgens
Fußmedizinartikel zu verschiedenen Apotheken, vorwiegend im
Bereich ungefähr 20 bis 50 km nordwestlich und nördlich von
Stuttgart. Nun wurde im Städtchen Asperg, welches eigentlich
verwaltungsmäßig zu Ludwigsburg zählt, eine Apotheke, die ich
schon seit Anbeginn meines Jobs anfahre, von einem neuen
Eigentümer übernommen. Der begrüßte mich sogar per Handschlag an
meinem ersten Anlieferungstag, wo ich den antraf und ich dachte mir,
ei ist der freundlich, als er mir, wohlgemerkt nach meiner Meinung, 
gleich sozusagen das Du anbot, weil er beim Handschlag nur sagte:
„Waldemar". So dachte ich mir spontan, wenn der so direkt nur seinen
Vornamen anbietet, ist das wie ein kollegiales Du gemeint und dann
mache ich das aus Freundlichkeit auch, obwohl ich sonst nie mit den
Leuten gleich per Du bin. So erwiderte ich: " Freut mich, ich bin der
Egbert." Im gleichen Moment durchfuhr es ihn wie ein Blitzschlag, er
zuckte zusammen, zog seine grüßende Hand zurück, zugleich kicherte
hinten zwischen den Rollregalen eine Apothekenhelferin, die das
mitbekommen hatte und die meinen Namen von früheren Lieferungen
kennt, da das restliche Personal dort gleich geblieben ist. „Nein mein
Lieber, ich wüsste nicht, dass wir gemeinsam die Schulbank gedrückt
hätten!", raunzte er missmutig. Ich wusste gar nicht, was will der denn
jetzt? Zuerst kommt er mir in Duzform, dann regt er sich darüber auf,
dass ich genau das akzeptiere und mitmache. Er trug auch nicht zur
Klärung dieses Missverständnisses bei, sondern wandte sich leise
schimpfend und kopfschüttelnd von mir ab. Die Apothekenhelferin
klärte mich dann auf, dass der mit Nachnamen Waldemar heißt. Dann
rief ich ihm meine Entschuldigung nach und erklärte ihm, wie ich zu
diesem Missverständnis kam. Er hingegen wollte das wohl nicht
begreifen, ja er zeigte sich regelrecht begriffsstutzig und maulte nur:"
Jaja, aber ihren Spaß den haben Sie gehabt, und das auf meine
Kosten!" Ich wiederholte, dass ich im Glauben war, Waldemar sei
sein Vorname gewesen. Er entfernte sich dann aber weiter in Richtung
Lagerraum und rief dann noch von hinten herüber: „Jaja, kosten sie es
nur weiter aus und machen sich weiter über mich lustig, das ist doch
unerhört!" Die Apothekenhelferin winkte mir nur ab, dass ich nicht
noch weiter mit Argumenten versuchen soll, ihm mein
Missverständnis darzulegen, das habe keinen Zweck. Aber das wäre
ohnehin nicht gegangen, weil der inzwischen in diesem Lagerraum
verschwunden war.

Ein etwas ulkiger Einbruch wurde jüngst hier in der Gegend verübt.
Einbrecher hatten sich ausgerechnet ein privates Bordell als
Einbruchsziel ausgesucht. In einer Straße, die ansonsten eine total
unauffällige und ruhige Wohnstraße ist, gibt es ein privates Bordell in
einem völlig normal aussehendem Wohnhaus. Von außen sieht man
gar nicht, was dort abgeht. Es besticht sogar eher dadurch, dass es, im
Vergleich zu den meisten anderen Häusern in der Straße einen äußerst
gepflegten und gar aufgeräumten Eindruck macht. Alles piksauber
und nur die edelsten Materialien, wie einen dunklen Marmor - Weg
vom Bürgersteig zur Eingangstüre, es hängen auch außen nirgendwo
Schilder, die auf den tatsächlichen Betrieb dort hindeuten. Manche
solcher Privatbordelle haben ja wenigstens ein leuchtendes Herzchen
oder so was im Fenster oder irgendwo an der Tür angebracht, aber
dort sieht alles nicht danach aus. Natürlich fühlen sich Einbrecher von
solch einem geradezu nobel wirkenden Äußeren angezogen und
denken sich, dass dort ordentlich etwas zu holen sein muss. So hatten
die Einbrecher am frühen Morgen des vergangenen Mittwochs ihr
Werk begonnen und es gelang ihnen auch, durch einen ungesicherten
Lichtschacht in das Haus einzudringen. Wie berichtet wurde, brachte
der Lichtschacht sie aber direkt in einen großen Saunaraum im Keller.
Der muss wohl für sich wieder verschlossen gewesen sein. Beim
dessen Aufbrechen haben die dann soviel Krach gemacht, dass der
Eigentümer des Bordells, ein 46jähriger ehemaliger Kampfsport-Heini
sowie 2 Damen der Belegschaft, die noch im Hause waren, davon
wach wurden. Da die im Heimvorteil waren, weil sie jeden Winkel
des Hauses kannten, haben die die Einbrecher gewissermaßen
eingekreist und der Kampfsport-Heini hat einen von denen
krankenhausreif geschlagen, worauf der andere entwischen und
weglaufen konnte. Die Polizei hat den dann aber doch noch gekriegt,
weil der immer mit dem anderen, der nun im Krankenhaus lag,
zusammen auf Diebestour ging und bei den Polizisten kein
Unbekannter war. Jetzt heißt es wohl, dass auch gegen den Betreiber
des Bordells, also den Kampfsport-Heini ein Verfahren drohe, weil er
den Ganoven, der jetzt im Krankenhaus liegt, nicht so sehr hätte
verprügeln müssen, als er erkannte, dass der ihm unterlegen war. Zu
dem Bordellbetrieb selbst ist wohl zu sagen, dass der ordnungsgemäß
genehmigt ist, was zuvor von vielen bezweifelt wurde, da immer
gesagt wurde, das gehe dort illegal zu. Aber mit solch einem illegalen
Image lässt sich heute oft besser die Kundschaft anlocken, als wie
wenn man sagen würde, dort geht alles mit rechten Dingen zu und es
wird nur saubere Hausmannskost geboten.

Weitere Verrücktheiten gibt es ebenfalls hier aus der Gegend zu
berichten. Vor einem halben Jahr hatte man einen Mann aus der
Abelsbergstraße mit akuten Magenbeschwerden ins Krankenhaus
eingeliefert. Dort stellte sich heraus, der Mann hatte das komplette
Innere eines Pritt-Klebestiftes verzehrt. Sicher kennen Sie diese
Klebestifte, mit denen man vor allem Papier aneinander kleben kann,
in dem man, ähnlich wie mit einem Lippenstift, die Klebemasse auf
den Papierrand aufträgt. Nun hatte dieser Idiot diese eigentliche
Klebemasse, die ja in der Mitte auf einem Gewindedorn aufgebracht
ist, herausgepult und gegessen, weil sie nach seiner Meinung sehr
schmackhaft war. Man hatte ihm im Krankenhaus wohl den Magen
ausgepumpt und nach ein paar Tagen konnte er wieder nach Hause.
Aber nun hatte er die Firma Henkel, die wohl in Düsseldorf ansässig
ist und diesen Stift hergestellt hat, auf Schmerzensgeld und
Schadensersatz verklagt, weil auf dem Stift nicht steht, dass man ihn
nicht essen darf. Eher im Gegenteil, weil auf dem Stift ausdrücklich
noch dick gedruckt stünde, ohne Lösungsmittel, sei er davon
ausgegangen, dass man ihn auch bedenkenlos verzehren könne, zumal
er sehr gut schmecken würde. Wie hier weiter berichtet wurde, sei
aber seine Klage, die er wohl in Düsseldorf bei einem Gericht
einreichen musste, bereits im Vorfeld abgelehnt worden. Wenn das
Schule machen würde, ich meine, die Idee ist ja schon irrsinnig, einen
Klebestift gerade so zu essen, als wäre es ein Stück Schokolade, dann
käme bald eine Klageflut auf alle Firmen zu. Der eine hätte dann
probiert, seinen Pullover zu essen, andere würde sich Persil aufs
Butterbrot schmieren, weil es so frisch duftet, der nächste würde
vielleicht seine Autoreifen anknabbern, weil sie wie
Zartbitterschokolade aussehen und alles nur, weil an diesen Dingen
auch nicht dran steht, dass man sie nicht essen kann.

Damit genug für diese Woche, herzlichst Ihr

Egbert Lappenkeuler