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Auf dieser Seite finden Sie die Lappenkeuler - Beiträge “Sinnloses Geländemonster” und “Tür”  aus dem Jahre 2006. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email „Sinnloses Geländemonster" vom 14.01.2006

Weite Grüße.

Nochmals vielen Dank für alle Weihnachts- und Neujahrs Grüße, die
von Ihnen zu mir gesandt wurden!

Ach ich weiß nicht, wir leben in einer eigenartigen Zeit. Auf der einen
Seite freut man sich, dass manches besser läuft als früher, auf der
anderen Seite gleitet einem vieles aus den Händen und man kann es
nicht mehr greifen und nichts dagegen tun. Jede Gegenmaßnahme
endet damit, dass sie rein gar nichts bewirkt. Zuweilen erhält man aber
auch manchmal im Leben von einer Seite Hilfe, von der man sie
niemals erwartet hätte, das ist mir im übertragenen Sinne auch schon
passiert. Daraus entstehen dann zuweilen Momente, in denen man
seine gesamten Ansichten über bestimmte Dinge und bestimmte
Menschen auf den Prüfstand stellt sowie in Sekundenbruchteilen sein
ganzes bisheriges Leben Revue passieren lässt und bei sich selbst
innerlich hinterfragt, ob man in diesem Lebensverlauf nicht in einem
entscheidenden Moment etwas hätte anders machen sollen, um alles
was danach folgte in andere Bahnen zu lenken. Aber da könnte man in
tiefe Daseinskonflikte und Lethargie verfallen und käme aus solchen
Gedanken so schnell nicht wieder raus, denn dann müsste man ja auch
alle Möglichkeiten durchspielen, die vor diesem veränderten
Hintergrund ab diesem, damaligen Moment im Leben sich völlig
anders entwickelt hätten. Eine Aufgabe, die nicht zu bewältigen ist,
weil man gar nicht alle Möglichkeiten und Zusammenhänge kennt, die
daraus dann entstanden wären.

Was unsere Sache mit den Mobilheimen und dem ganzen Drumherum
betrifft, so sieht es nun doch sehr schlecht für uns aus. Eine endgültige
Entscheidung ist zwar immer noch nicht gefallen, da die Gesellschaft
jetzt fühlbar auf Zeit spielt, jedoch sickert immer mehr durch, dass
sich nun plötzlich die Knilche in der Vorstandsetage mehr und mehr
anders besinnen und nicht mehr viel von einer Abschlagszahlung
wissen wollen. Man sieht das nun mehr pur aus deren Sicht. Die
haben, wie ich genauer erfuhr, derzeit in ihrem Pool insgesamt 83 leer
stehende Wohnungen. Die bringen denen nichts und es kostet die
praktisch nichts, wenn sie uns davon eine zur Verfügung stellen
würden. Diese Überlegung ist uns natürlich nicht neu, aber wir haben
denen ja vorgerechnet, dass die die Wohnung, die sie an uns für diese
Zeitspanne kostenlos abgeben, bei der Abschlagszahlungslösung ja an
andere Leute gewinnbringend vermieten könnten, wodurch sie in
diesen 9 Jahren dann in der Gesamtsumme höhere Einnahmen an
Miete erzielen würden, als wie sie uns an Abschlagszahlung nun
geben müssten. Aber die sehen es doch irgendwie anders, weil die nun
sagen, das es fraglich ist, diese jeweilige Wohnung kurzfristig an
andere vermietet zu bekommen und solange das nicht gelingt, klappt
die von uns aufgemachte Rechnung ohnehin nicht. Ich weiß nicht, ich
habe zudem den Eindruck, dass die sich keine richtige Mühe bei der
Vermietung ihrer leerstehenden Wohnungen machen. Ob dahinter nun
eine übergeordnete Geschäftspolitik steckt, die wir nicht
durchschauen, weiß ich nicht, aber die Vermutung drängt sich auf.
Kayla hatte diese Tage kurz mit dem Herrn Collmer gesprochen und
der sagte, er habe gehört, dass die Vorstandsetage nichts mehr von der
Abschlagszahlungs-Lösung wissen wolle. Was wir natürlich gar nicht
gut finden. Allerdings ist das nicht offiziell, denn offiziell ist die
Beratschlagung über ein neues Angebot zur Abschlagszahlung noch in
der Schwebe.

Nun gibt es in der Firma, in der Kayla ihren Gelegenheitsjob erledigt
einen sogenannten Kulturkreis. Der spendiert allen Beschäftigten 2
mal im Jahr Freikarten für verschiedene kulturelle Ereignisse. Das ist
eigentlich eine schöne Geste, die allerdings nun sehr zu allgemeiner
Erheiterung bei uns beitrug. Es gab Freikarten für ein Singspiel,
welches hier in einem kleinen Theater dargeboten wurde. Nun, völlig
kostenlos konnten wir am letzten Donnerstagabend dort hin. Ich sage
Ihnen, wir haben uns gekrümmt vor Lachen, obwohl das Singspiel
keineswegs lustig gedacht war, sondern eher zum Nachdenken
anregen sollte. Aber es ist schließlich immer eine Frage, wie das
Ensemble und der Regisseur das umsetzt. Es begann schon mit dem
eigenartigen Bühnenbild. Dort hatte man Kulissen gemalt, die in ein
Kurhaus um 1900 zurück versetzen sollten. Allerdings hatte der
Bühnenbildner dazu ganz komische Farbtöne gewählt, die sahen aus,
als hätte man alle Konturen nicht mit Farben gemalt, sondern mit
Eiern. Alles war ein verwaschenes Eigelb mit unklaren Konturen,
selbst Gebäudesäulen die dort einen Kursaal darstellen sollten, wurden
in diesem gematschten Eigelbton gemalt. Sehr komisch. Dann liefen
oben alle Konturen zusammen, so ähnlich, wie manche Künstler in
ihren Gemälden den Horizont oder entlose Weite darstellen wollen, in
dem sie sozusagen die Weite und die Krümmung des Raumes durch
gedachte Parallelen bzw. Parallelverschiebungen darstellen, in denen
alle Gegenstände, die sich weiter hinten befinden sollen zunehmend
kleiner und in dieser Parallelverschiebung etwas schräg versetzt
gemalt sind. So in dieser Art verliefen hier die Parallelen, allerdings
nicht nach hinten, sondern nach oben, was zu einem ganz seltsamen
Bildeindruck führt. Man glaubt fast, alle Räume wären eiförmig und
liefen oben oval zusammen. Das wiederum führt dazu, dass die auf
dieser Bühne agierenden Künstler aus dem Zuschauerraum betrachtet,
wo man ja etwas niedriger sitzt, unten breiter und dicker, aber kürzer
wirken, während man meint, sie würden im Oberkörperbereich
unverhältnismäßig größer, dafür aber deutlich  schmaler. Das artet
schon optisch in ein Zerrbild aus. Dann begann ein Sänger zusammen
mit einem Jugendchor ein altbekanntes Volkslied zu singen. Alles
völlig normal und getreu, so wie man es kennt. Das passte dann
wieder gar nicht zu dem Gesamtbild. Jeder erwartete, dass während
des Gesangs irgend etwas besonderes passieren würde, was aber nicht
der Fall war. Wissen Sie, wenn Sie in ein Bühnenbild gesetzt werden,
welches schon alles total verzerrt, in dem jede Bewegung irrational
wirkt, ja fast wie in einem wässrigen Traum aussieht, dann erwarten
Sie automatisch, dass die Darbietung selbst völlig ungewöhnlich sein
muss. Aber Fehlanzeige. Jedenfalls zunächst. Nach dem Lied folgte
eine Handlung, wo ein Kurgast ein junges Mädchen kennen lernt.
Natürlich erwartete jeder Zuschauer, dass sich zwischen beiden dann
eine Affäre oder so etwas ähnliches ergibt. Aber nein, kein Wort in
diese Richtung. Anstatt dessen unterhalten die sich 10 Minuten lang
völlig sachlich und geradezu staubtrocken über die Zusammensetzung
von Handseife. Eine Zeitansage am Telefon ist erotischer, als dieser
Vortrag über Handseife. Das widersprach natürlich sämtlichen
Erwartungen des Publikums und man sah, wie die Leute zusehends
die Orientierung verloren. Dann trat wieder der Sänger, jetzt
zusätzlich begleitet von einer wirklich bildhübschen Sängerin, die
zudem noch halbnackt war, auf und sang ein stinklangweiliges Lied
über Arbeiter in einem Steinbruch. In dieser Aufmachung erwartet
niemand, dass die Schöne ein Lied über Arbeiter in einem Steinbruch
singt. „...und sie klopfen die Steine, tageintagaus.... „ und so weiter
ging es mehrere Minuten lang. Mitten im Lied hörte die Schöne auf
und enteilte hinter die Dekoration. Verstohlen blickte der Sänger um
sich und lief dann seitwärts eilig von der Bühne. Dann trat ein sehr
dicker Mann auf die Bühne, der einen Vortrag über die Vorteile von
Kiefernbäumen hielt. Als dieser vielleicht 3 Minuten am Reden war,
kam an einem Seil ein anderer Mann wie an einer Liane aus
Tarzanfilmen herein geschwungen und trat dabei den Dicken
sozusagen im Fliegen in den Hintern so dass dieser umstürzte und
regelrecht auf die Bühne kullerte. Einige Leute brachen in Gelächter
aus, jedoch langsam begann auch ein Raunen im Publikum. Der Dicke
blieb am Boden liegen und zitierte dabei ein Gedicht, welches ich
schon früher mal irgendwo gehört habe, während der Seilschwinger
sich langsam vom Seil auf die Bühne abrutschen ließ. Noch während
der Dicke am Boden liegend sein Gedicht weiter aufsagte, brüllte der
Seilschwinger lautstark unverständliche Worte ins Publikum hinein.
Vermutlich waren das erfundene Worte oder aus irgend einer
Fremdsprache. Da reichte es einigen Leuten im Publikum, die standen
auf und gingen. Schließlich kam ein ganzer Trupp von als
Spielzeugfiguren verkleideten Leuten auf die Bühne, wissen Sie,
früher gab es für Kleinkinder zum Aufdrehen solche Donald-Duck-
Enten, die auf dem Kopf einen Propeller hatten und dann nach dem
Aufdrehen mit rotierendem Propeller quer durchs Zimmer fuhren,
weil unter den nachgebildeten Watschelfüßen kleine Rädchen waren,
die ebenfalls von dem Uhrwerk mit angetrieben wurden. Solche
Figuren hatte man da, natürlich in Menschengröße nachgebildet und
diese Leute, vielleicht 15 an der Zahl, sausten dann kreuz und quer
über die Bühne. Nun wollte es der Zufall, ich glaube, das war nicht so
beabsichtigt, dass dabei einer dem anderen auf die Schwanzflosse trat,
also auf das Ende der Verkleidung, dadurch stürzten zunächst 3 Leute
übereinander, dann konnten weitere nachfolgende nicht mehr zeitig
reagieren und so polterten etwa 7 dieser Gestalten auf der Bühne
übereinander und lagen dann da. Wir konnten nicht mehr anders und
platzten lauthals mit Lachen heraus. Wenn einer anfängt, dann wirkt
das oft wie eine Initialzündung und so breitete sich das Lachen im
Publikum aus. Das fand der Regisseur wohl gar nicht gut, weil es
nicht so gedacht war und er ließ den Vorhang fallen. Nach 2 Minuten
trat der selbst vor den verschlossenen Vorhang und entschuldigte sich
für „eine Panne" und dass es nun nochmals ab dem Beginn dieser
Szene weiter gehe. Es öffnete sich wieder der Vorhang und die gleiche
Szene wurde wiederholt, ohne dass die übereinander stolperten, was
ich schade fand, denn vorher gefiel sie mir besser. So ging deren Spiel
noch etwa 20 Minuten weiter und dann war Schluss. Man muss sagen,
dass diejenigen, die es im Publikum bis zuletzt ausgehalten hatten, alle
froh waren, wie dann endlich Schluss war. Jede Hoffnung, dass in
dem Stück noch eine Wendung eintritt oder das aus dem Stück noch
eine tiefere Erkenntnis hervor gehe, war vergebens. Also ich glaube,
niemand konnte auch nur irgend einen Inhalt, einen Sinn oder eine
Botschaft in diesem ganzen Unfug erkennen. Um es klar zu sagen,
abgesehen von der extrem belustigenden Szene, die ja ungewollt war,
war jede Minute zu schade, um sie dafür verstreichen zu lassen. Selbst
schlafen wäre in dieser Zeit sinnvoller gewesen. Ähnliche
Äußerungen hörte man beim Rausgehen zu Dutzenden im Flur,
immerhin war das Ensemble von sich überzeugt und der Meinung,
Großartiges geleistet zu haben. Ich sagte noch, das jeder Prügel
verdient habe, der für so etwas noch Geld ausgeben würde, zumindest
wenn er vorher weiß, was ihn erwartet.

Im Stadtteil Gaisburg hat diese Tage ein Gemüseladen pleite gemacht.
Am letzten Tag sollte es alle Reste umsonst geben. So sind wir mal
hingefahren. Kayla hat dann tatsächlich ungefähr 2 Kisten diverser
Gemüse und Kräuter sowie noch einen ganzen 10 kg - Sack Kartoffeln
aus den Mengen gezogen. Die Sachen, die sie mit viel Gespür
hervorgewühlt hat, sind alle noch frisch und keineswegs so am
Zeitlimit, dass man sie sofort zubereiten müsste. Natürlich schmecken
die meisten Gemüse nur frisch wirklich richtig gut, aber Kayla hat da
so ihre eigenen Methoden, um frisches Gemüse durchaus einige Tage
nahezu unbeeinträchtigt zu lagern. So besprüht sie Salatköpfe mit so
einer Feinzerstäuber-Handflasche mit Wasser und legt diese dann in
einen kalten, dunklen Kasten unter dem Mobilheim. Selbst nach 4
Tagen sind die Salatköpfe noch wie neu und schmecken auch so. Das
klappt allerdings im Sommer nicht. Überhaupt scheint die
Geschäftswelt wieder von einer Pleitewelle überrollt zu werden. So
hat ein Restpostenverwerter in der Nähe des sogenannten Prag -
Friedhofes ungefähr im November selbst zu gemacht, während er
zuvor an den Pleiten anderer verdient hat. Dort waren wir öfters
stöbern gegangen und daher ist es schade, dass der nicht mehr
existiert. Ich glaube, der besondere Reiz an diesem Laden war, neben
den teils günstigen Preisen, dass er wie eine größere Wundertüte
wirkte. Vor dem Betreten wusste man nie, was einen konkret
erwartete, weil man konnte nicht im Voraus sagen, heute kaufe ich
dies oder das dort, weil das Warenangebot fast wöchentlich wechselte.
Mal waren es Schreibwaren von einem pleite gegangenen
Schreibwaren-Großhandel in Heilbronn, dann gab es mal Süßigkeiten
aller Art, Möbel, Textilsachen, Spiegel und Badzubehör, Fotozubehör
und sogar Werkzeuge oder Fernseher gab es dort schon. Es war selbst
dann interessant, wenn man nichts dort kaufte, nur um gespannt zu
sehen, was es diesmal wieder billig gibt. Kayla hatte am letzten
Betriebstag im November dort noch einen ganzen Stapel Frottee -
Hand- und Badetücher für nur 2 Euro gekauft. Normalerweise halte
ich die Bestände an Textilien immer relativ gering, vielleicht 2 Stücke
mehr, als man bei regelmäßigem Wechsel innerhalb von knapp 3
Wochen wirklich braucht, um dann wieder mit den frisch
gewaschenen Sachen von vorne beginnen zu können. Damit kommen
alle Textilien regelmäßig in Gebrauch, werden gleichmäßig
verschlissen und können kontrolliert gelegentlich in geringen, leicht
bezahlbaren Mengen nachgekauft werden, wenn dann einzelne Stücke
verschlissen sind und zu Putzlappen umfunktioniert werden. Auch
vermeidet man damit, dass man mit Klamotten herumläuft, wie sie vor
20 Jahren mal modern waren, obwohl modische Aspekte uns beide
nun wirklich nicht interessieren. Der für mich schönste Effekt dabei
ist aber, dass man mit einem kleinen Kleiderschrank auskommt und
nicht sinnlos haufenweise Textilien hortet, die zwar viel Platz
wegnehmen, aber dann doch nie oder so gut wie nie benutzt werden.
Aber Handtücher hatte ich bei meinem Konzept etwas aus den Augen
verloren und vernachlässigt, so kam dieses Angebot gerade recht.

Protestkundgebungen scheinen langsam immer mehr Schule zu
machen, jetzt sogar von Berufsgruppen, von denen man das bislang
nicht erwartet hat. So hatte sich diese Tage am Österreich-Platz eine
Hand voll Steuerberater zum Protest gegen die Politik der neuen
Bundesregierung versammelt. Da sollen wohl irgendwelche
Absetzbarkeiten von Steuerberaterkosten wegfallen, wodurch diese
bald Arbeitslosigkeit befürchten, da normale Arbeitnehmer dann kaum
noch einen Steuerberater in Anspruch nehmen würden. Das waren
nach meinem Eindruck vorwiegend Vertreter von solch kleinen
Steuerberater-Kanzleien, die als Ein- oder höchstens Zweimannbetrieb
in irgendwelchen normalen Wohnungen ihre Kanzlei aufrecht halten.
Einer von denen drückte mir ein buntes Flugblatt in die Hand, auf dem
oben quer in großen Lettern „Weggespart - Totgespart" stand.

Mein Autobekannter und seine Griechengattin sind nun aus ihrem
Kanada-Urlaub zurück. Die waren von der endlosen Weite und Größe
des Landes sichtlich angetan. Der meinte, was man sich hier praktisch
gar nicht vorstellen könne, sei dort völlig normal, dass man z.B. ein
Gebiet von der Größe des ganzen Schwarzwaldes durchfahren könne
und innerhalb dieses Gebietes bestenfalls auf 2 winzige Dörfer mit je
100 Einwohnern treffe. Es gibt dort wohl viele Dörfer, die nur aus ein
paar riesigen Bauern- oder Forsthöfen bestehen. Gut, das gab es hier
früher auch, aber nicht, dass dann erst mal locker 300 km folgen, in
denen außer Wäldern, Äckern oder Wiesen gar nichts, kein weiterer
Ort, keine Ansiedlung folgt. Das hat zweifellos seinen ganz eigenen
Reiz, aber auch seine eigenen Gefahren. Wenn man dort eine
plötzliche Krankheit oder einen Unfall erleidet, dann ist die
Wahrscheinlichkeit groß, dass man daran stirbt, weil man einfach
nicht rechtzeitig in eine Klinik eingeliefert werden kann, weil die
Wege zu weit sind. Es gibt zwar in fast jedem kleinen Dorf eine
Flugpiste und Rettungsflugzeuge oder auch wie hier
Rettungshubschrauber, aber wenn einem zwischen den Dörfern etwas
passiert, z.B. im Wald, dann sieht es schon schlecht aus. Aber 100 %
Sicherheit gibt es ja nirgends und hier in Deutschland wird seit Jahren
auch am Gesundheitswesen gebastelt und zwar immer zum Nachteil
der Patienten. Das sehe ich schon bei meinen regelmäßigen
Nachuntersuchungen. Eine Folge davon ist, dass für bestimmte
Krankheiten die Anzahl der Fachzentren einfach mal so halbiert
wurde. Hier in Stuttgart das ist zum Glück erhalten geblieben, wenn
auch die Ärzte teils gewechselt haben, aber dadurch ist es dort jetzt
stets so voll, dass man gar keine Lust mehr hat, hin zu gehen. Noch
vor knapp 2 Jahren meldete man sich an, man erhielt einen Termin
und wenn man zu diesem Termin dort war, dann kam man spätestens
nach 15 Minuten Wartezeit dran. Heute ist es ähnlich, nur dass man
fast immer über 2 Stunden, trotz konkreten Termins, dort in einem
überfüllten Wartezimmer herumhängt, bevor man dann dran kommt.
Die Ärztin oder der Arzt ist darüber hinaus auch noch gestresster als
damals und hat vor allem im Sinn, einen möglichst schnell
abzufertigen, damit die anderen im Wartezimmer auch heute noch
dran kommen. Wenn man vor 2 Jahren zu dem Termin hin kam, saßen
zeitgleich höchstens 3 andere Leute noch im Wartezimmer, wie
gesagt, heute läuft es über und es hocken sicher 45 Leute aufeinander
und sogar in den Fluren stehen oft noch Wartende. Da wünsche ich
nur, dass diese Aachener Printe von Gesundheitsministerin selbst mal
in die Lage kommt, die Auswirkungen ihrer Gesundheitsreform am
eigenen Leib in endlosen Warteschlangen und überfüllten
Wartezimmern erleben zu müssen, die werden jedoch selbst bevorzugt
behandelt und leiden garantiert nicht unter ihren eigenen Beschlüssen.
Aber zurück zu den Kanadareisenden. Auch Handynetze funktionieren
in Kanada mal locker einige hundert km lang gar nicht, weil man in
den Weiten wo keiner wohnt natürlich keine Zwischenstationen
aufbaut, die für eine lückenlose Versorgung nötig wären, da diese dort
zu selten gebraucht würden. Die Griechin selbst machte sich auf eine
gewisse Weise lustig über die Kanadier, man wäre dort sehr prüde,
fast wie in Amerika, nicht ganz so, aber sie hätten eine Art Bußgeld
dafür bezahlen müssen, weil sie in einem gemieteten Auto unterwegs
im Wald Sex betrieben hätten und dabei von einem Ranger beobachtet
worden wären. Das sei ja die Höhe, auch noch Spanner bezahlen zu
müssen, meinte sie. Sie sagte, die Leute in den kleineren Orten dort
wären zwar größtenteils relativ nett, aber sexuell total verklemmt. Nun
weiß ich nicht, ob das in einem solchen Urlaub überhaupt zum Tragen
kommt, wenn man zusammen in Urlaub fährt, hat man ja seine
Partnerin bzw. seinen Partner ohnehin dabei und ist nicht auf die
sexuellen Eigenheiten von anderen angewiesen. Ich hatte Ihnen ja
schon über die endlosen Gelüste dieser Frau mal geschrieben, aber ich
kann mir gut vorstellen, dass die Beiden dort froh waren, scheinbar
ungestört im gemieteten Auto endlich wieder loslegen zu können und
dann so was. Aber ansonsten hat ihnen der Urlaub dort sehr gut
gefallen. Mir wäre das unterdessen viel zu teuer. Die erwähnten so
beiläufig, dass dieser Kanada-Urlaub sie zwischen 7.500 und 8.000
Euro gekostet hat. Jetzt stellen Sie sich vor, in ungefähr 2 Wochen
7.500 Euro weg, wovon nichts, aber auch rein gar nichts zurück bleibt,
außer vielleicht einer schönen Erinnerung. Dazu habe ich kein
Verhältnis und schon gar kein Verlangen. Wissen Sie, wenn das für
750 Euro ginge, wäre es etwas anders, aber so nicht! Die Rückkehr
von den Beiden wird dann noch von einem Kuriosum begleitet. Als
mein Autobekannter 2 Tage nach seiner Rückkehr wieder seine
Autowerkstatt öffnete, die in einem Hinterhof liegt, fiel ihm auf, dass
während seines Urlaubs aus diesem Hinterhof, wo er auch einige
Gebrauchtwagen zum Verkauf und auch ein paar Schrottautos stehen
hat, ein 16 Jahre alter Opel - Corsa gestohlen worden war. Das
Kuriose daran ist, dass viel wertvollere Autos, die direkt daneben
standen, nicht angerührt wurden, aber der uralte Corsa, der schon seit
Ewigkeiten keinen TÜV mehr hat und der auch schon 260.000 km
gelaufen war und noch bestenfalls 350 Euro wert war, wohl aber noch
recht ordentlich fuhr, der wurde entwendet. Ihm blieb nichts anderes
übrig, die Polizei wurde gerufen und nahm sich der Sache an. Einer
der Polizisten meinte schon, dass da vermutlich sogenannte Crash-
Kids am Werk waren, die die Karre nur geklaut haben, weil sie sich
vermutlich am leichtesten klauen ließ, weil noch ohne Wegfahrsperre
oder ähnliches Zeugs, und um sie dann anschließend aus Spaß an der
Freud zu Schrott zu fahren. Daher glaubten die, dass man innerhalb
weniger Tage den Wagen im Umkreis von höchstenfalls 50 km
irgendwo zerschellt abgestellt wiederfinden wird. Mein
Autobekannter wusste auch, dass in dem Corsa kaum noch Benzin
drin war. Um wesentlich weiter als 50 km zu fahren, hätten die
nachtanken müssen, was solche Diebe sicher nicht tun. Trotzdem
hörte er bis heute nichts mehr davon.

Es gibt in der Internetwelt ja zahlreiche Eigenheiten, wie Sie
sicherlich wissen. Neulich habe ich seit langem noch mal ein wenig
im Internet gesurft, und zwar ohne Plan und Ziel, einfach nur so, dabei
macht man ja die eigentlich interessantesten Entdeckungen. Wenn Sie
gezielt nach etwas suchen, dann suchen Sie meist unter zig hundert
unübersichtlichen Einträgen vergeblich, aber die Zufallsfunde sind
das, was surfen wirklich interessant macht. So stieß ich auf eine Seite,
die wollte partout nicht vernünftig funktionieren, dann folgte immer
ein Aufruf, dass diese Seite zur einwandfreien Funktion unbedingt den
Browser Firefox ab Version 1.5 oder höher benötigen würde, den man
sich zuvor irgendwo kostenlos runterladen und installieren soll, bevor
man wieder kommt.
Bei diesem Runterladen frage ich mich, ob davon wirklich so viele
Leute gebrauch machen, denn ich hatte das einmal probiert, aber als
nach 35 Minuten immer noch nicht alles durchgeladen war und laut
Anzeige erst 24 % der Gesamtmenge geladen waren, habe ich diesen
Unfug abgebrochen. Da entstehen ja Gebühren, da wäre es billiger
sich ein solches Programm im Laden auf CD zu kaufen. Natürlich
schreibt man immer über die DSL - Sachen, die ja viel schneller sein
sollen, aber ob das wirklich soviel schneller ist, kann ich nicht richtig
glauben.

Sie erinnern sich vielleicht, dass ich mir vor einiger Zeit beim
Wechsel auf Winterreifen selbst in der Werkstatt meines
Autobekannten eine Beule in den VW geholt hatte, durch meine
Fehlbedienung seiner Hebebühne. Nun hat mein Autobekannter
zufällig einen Unfallwagen VW-Golf gekauft, den er nur zum
Ausschlachten von Ersatzteilen benutzen will. Ihm geht es dabei
vorwiegend um den Motor und paar andere Sachen. Doppelt schöne
Zufälle ergeben sich nun, weil dort der entsprechende Kotflügel ohne
jede Beule ist und zudem ist der noch in der gleichen Farbe lackiert,
wie meiner. So hat der sich gleich bei mir gemeldet und angeboten,
dass er für einen Festpreis unter Bekannten von nur 50 Euro mir
dessen Kotflügel montieren würde. Neulackieren ist dabei überflüssig,
weil er ja sogar die gleiche Farbe hat. Man wird vielleicht einige
kleine Lackkratzer ausarbeiten müssen, die bei der Montage entstehen,
mehr aber nicht. Diese Lackkratzer muss ich bei diesem Preis
natürlich selbst ausbügeln, das ist klar. Da habe ich natürlich nicht
lange überlegt, das ist mir die 50 Euro wert.

Großen Ärger hat jetzt der Herr Schultheiß hier vom
Campingplatzgelände, Sie wissen, dieser Ex-Bundeswehroffizier. Der
hatte sich im September oder Oktober einen fabrikneuen japanischen
Geländewagen gekauft. Die japanischen Autos sind ja eigentlich für
wenig Mängel bekannt. Trotzdem hat der mit seinem Geländewagen
wohl in den Müllhaufen gegriffen, denn laufend treten Fehler auf. So
ein Geländewagen hat ja sogar Allradantrieb auf alle 4 Räder, den
man auch irgendwie abschalten kann oder wenn man ihn braucht
zuschalten kann. Dann gibt es wohl bei diesem modernen Gerät auch
die Möglichkeit, dass der Wagen selbst erkennt, wann ein
Allradantrieb sinnvoller wäre und den dann automatisch selbst
zuschaltet, wenn vielleicht die Bodenhaftung an einigen Rädern
nachlässt oder so. Genau diese automatische Zuschaltung spielt
dauernd verrückt, mitten in der Fahrt, auch bei hohen
Geschwindigkeiten auf der Autobahn, schaltet diese Automatik
laufend den Allradantrieb zu, dann mal wieder für paar Minuten ab
u.s.w.. Dadurch ruckelt und knirscht es laufend, das Getriebe heult auf
und der Spritverbrauch steigt dadurch auf noch höhere Werte, als
dieses Säuferle sich ohnehin schon genehmigt. Damit aber nicht
genug. Manchmal geht während der Fahrt ohne jede Vorwarnung der
Motor aus und er lässt sich dann erst wieder starten, wenn man den
Wagen ganz bis zum Stillstand bringt, den Zündschlüssel
herausnimmt und dann neu einsteckt und startet. Darüber hinaus
leuchten unvermittelt diverse Warnleuchten im Armaturenbrett, die
laut Betriebsanleitung das sofortige Aufsuchen einer Werkstatt
verlangen. Des weiteren hat er ein teures Navigationssystem drin,
welches noch nie richtig funktioniert hat. Die Leute von seinem
Vertragshändler werden wohl schon wahnsinnig, wenn die den nur auf
dem Hof vorfahren sehen und verkriechen sich in den letzten Winkel
der Werkstatt. Insgesamt 15 mal war der schon wegen dieser Fehler
innerhalb von nur knapp 3 Monaten dort und die kriegen das nicht in
den Griff. Tobend hat er hier schon gesagt, dass es einfacher wäre, den
Wagen gleich dauernd in der Werkstatt zu parken, anstatt ihn
überhaupt noch abzuholen. Irgendwann war dann seine Stimmung so
am Boden, dass er im Streit den Firmeninhaber mit diversen Titeln
beleidigt hat und der ihn deswegen anzeigte. Dadurch entsteht jetzt so
ein Spannungsfeld zwischen ihm und seiner ursprünglichen Kauf-
Werkstatt, dass er mit all den Mängeln zu einer anderen Vertrags-
Werkstatt dieser Marke gegangen ist. Die wiederum sind restlos
begeistert, weil sie zwar nichts am Neukauf des Wagens verdient
haben, aber nun die ganzen Mängel beseitigen sollen, was denen aber
ganz offensichtlich auch nicht gelingt. Ich finde solche Dinge
wahrhaftig nicht schön, aber Sie können sich vorstellen, dass ich, weil
es gerade diesen blöden Schultheiß betrifft, meine Schadenfreude
nicht verhehlen kann. Da hat es völlig den Richtigen getroffen, der hat
so was verdient!
Ich fahre unterdessen frohen Mutes und gut gelaunt mit meinem VW -
Golf ohne die geringsten Mängel, natürlich in der Hoffnung, dass das
auch so bleibt. Der einzige Mangel, der auftrat, den habe ich selbst
verursacht, damit meine ich die oben erwähnte Beule. Auch in Sachen
Verbrauch kann ich nach wie vor den VW-Golf TDI nur empfehlen,
da ich bei meiner Fahrweise in jüngster Zeit eigentlich nie über 6,5
Liter auf 100 km hinaus komme, meist fahre ich sogar zwischen 5,5
und 6 Litern Verbrauch. Zum Vergleich, der Schultheiß benötigt mit
seinem nagelneuen Geländemonster nach eigenen Angaben 14 Liter
auf 100 km, wenn er halbwegs normal läuft, wenn die genannten
Mängel auftreten, sind gar fette 20 Liter drin! Und ich möchte sagen,
ohne zu prahlen, dass der trotz dieses hohen Verbrauchs nicht
schneller läuft, als mein im Vergleich schon betagter Golf und in
Kurven taugt der Geländewagen ohnehin überhaupt nichts, die kann
man mit dem Golf sicherer und zügiger durchfahren. Wie gesagt, falls
Sie sich mal wieder für einen Wagen interessieren sollten, so könnte
ich Ihnen den VW-Golf TDI unbedingt und ohne jede Reue
empfehlen.

Was ist Kunst? Da schaut man ganz schön dumm aus der Wäsche,
wenn man diesen Begriff plötzlich erklären soll. Am Mittwoch gingen
wir, oder man muss eher sagen humpelten wir, weil Kayla noch relativ
arge Schwierigkeiten mit einem geraden Gang hat, über den
Schlossplatz. Dabei wurden neben anderen Leuten auch wir von einer
Reporterin des SWR genau danach befragt, was denn Kunst sei, ob
wir den Begriff erklären könnten. Kayla zuckte nur mit den Schultern
und mir fiel eigentlich dazu so direkt befragt überhaupt nichts ein. Das
einzige, was mir spontan durch den Kopf schoss, war eine Gegenfrage
und genau die stellte ich der Reporterin dann. Ich fragte sie, was ist
Wetter und ob sie mir spontan den Begriff Wetter erklären könne.
Eine zwar völlig anders gelagerte Sache, die aber mindestens genau so
schwer zu erklären ist. Zuerst gefiel der Reporterin nicht, dass ich mit
einer Gegenfrage reagierte, aber dann sah sie den Sinn in dieser
Gegenfrage und meinte, das wäre gar nicht so falsch als Beispiel für
die Schwierigkeit, einen Begriff wirklich fundamental erklären zu
wollen ohne sich dabei des Begriffs selbst oder seiner Abkömmlinge
zu bedienen. Die Frau hatte es dann aber plötzlich ganz eilig und
packte gemeinsam mit einer Helferin alles ein und verschwand fast
schlagartig vom Schlossplatz. Selbstverständlich ohne eine Antwort
auf meine Gegenfrage zu geben.

Soweit hiermit damit, mit sonnig-herrlichen Grüßen aus Stuttgart,

Ihr

Egbert Lappenkeuler
 


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email „Tür" vom 20.01.2006

Neuartige Grüße.

Die Zeit geht weiter, unbeirrt von den tatsächlichen Ereignissen, die
drum herum oder in dieser Zeit geschehen. Manchmal frage ich mich,
ob die Zeit nicht in Wahrheit etwas unrealistisches ist, was es gar
nicht gibt, sondern was nur irgendwann mal vom Menschen erfunden
wurde, um einen messbaren Begriff für die Alterung zur Verfügung zu
haben. Eine Erfindung, auf die mancher gerne verzichten würde. Je
mehr man über die Zeit nachdenkt, um so schneller zerrinnt sie einem
zwischen den Fingern. Also lassen wir das, obwohl mir dazu noch so
einige eher wenig amüsante Gedanken im Kopf herum schwirren.

Keine Frage, Thema Nummer 1 ist dieses Mal noch immer die leidige
Angelegenheit mit unseren Mobilheimen und der Abschlagszahlung,
allerdings hat sich nun in den letzten Tagen extrem viel verändert, und
das auf eine Weise, mit der keiner gerechnet hätte. Schlicht muss man
sagen, es gibt keine Abschlagszahlung, diese Sache können wir in den
Kamin schreiben und so zerbrechen alle damit verbundenen
Hoffnungen und Pläne bezüglich eines eigenen, einfachen Häuschens
zum Beispiel an der Mosel. Ganz anders als erwartet ist es aber zu
diesem vorläufigen Ergebnis gekommen. Doch der Reihe nach.
Bereits am Montag hatten alle Dauerbewohner hier auf dem
Campingplatz einen grell orange leuchtenden dicken Zettel an der
Türe hängen, auf dem wir zu einer wichtigen Besprechung am
Dienstag um 18.30 Uhr im Gemeinschaftsraum gebeten wurden. Wir
dachten alle schon, jetzt wird es ernst und man kriegt gesagt, wann die
große Horde von Baggern anrückt und wir endgültig raus müssen.
Doch alles kam anders, völlig anders. Bei besagter Besprechung am
Dienstag hatte man den Herrn Collmer als Frontmann vorgeschickt,
der die für viele eher frohe Botschaft verkünden durfte. Alle dürfen
bleiben, da alle Baupläne zunächst einmal kurzfristig auf Eis gelegt
worden sind. Wie Sie sich vielleicht erinnern mögen, hatte man bei
ersten Probeaushebungen gewaltige unterirdische Restanlagen
ehemaliger Fabrikbauten entdeckt. Deren fachgerechte Entsorgung
wäre aber so kostenaufwändig, dass die Entwicklungsgesellschaft
damit ihre Chance schwinden sieht, die Gesamtbaukosten jemals
durch spätere Mieten wieder herein zu bekommen. Ohne fachgerechte
Entsorgung läuft aber heute gar nichts mehr, mit einfach abbaggern
und auf eine Deponie vor den Toren der Stadt kippen, das geht heute
nicht mehr. Unter vorgehaltener Hand wurde aber auch gemunkelt,
dass die Entwicklungsgesellschaft unabhängig davon kurz vor der
Pleite stünde. Ob das stimmt weiß ich nicht, aber wundern würde es
mich nicht, denn wenn man sieht, wie schlecht oder eigentlich gar
nicht die ihre 83 leer stehenden Wohnungen vermarkten, dann bleibt
eine finanzielle Schieflage sicher nicht aus. Wie die dann überhaupt
solche Pläne schmieden konnten, ein derartig teures Bauvorhaben auf
die Beine stellen zu wollen, wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Sie
können sich vorstellen, welch ein Aufatmen hier durch die Reihen
ging, als die ganzen Protestler ihre Plakate einpacken konnten und nun
hier bleiben können. So ergibt sich ein Kuriosum am Rande. Der Herr
Becht ist jetzt der einzige Profiteur unter den Bewohnern, denn der
hatte ja gleich die erste ihm angebotene Ersatzwohnung binnen
weniger Tage angenommen und bezogen. Der wohnt inzwischen fast
2 Monate nicht mehr hier, sondern schon in der schönen neuen
Ersatzwohnung, die ihm auch keiner mehr nimmt. So besonders
freudig war der blöde Schultheiß jedoch gar nicht über diese
Nachricht, obwohl er zu den Gegnern zählt, denn damit war ein
erneutes Mal sein ganzer Aktionismus für die Katz, obwohl er sich
schon so auf weitere Aktionen unter seiner Federführung gefreut hatte.
Der Herr Collmer sagte, dass die Angelegenheit damit aber noch nicht
zu 100 % vom Tisch sei, aber in diesem Jahr sei wohl nicht mehr mit
weiteren Vorstößen in diese Richtung zu rechnen. Vor versammelter
Mannschaft meinte er noch, dass möglicherweise im Jahr 2007 dann
mit dem Bau begonnen würde, vielleicht aber auch nicht. Bei einer
späteren persönlichen Unterredung mit dem, flüsterte er uns aber zu,
dass man eher davon ausgehen müsse, dass diese Bebauungssache
endgültig gestorben sei, zumindest für die Entwicklungsgesellschaft.
Er erwähnte, dass mehrere Faktoren dafür verantwortlich wären, aber
vor allem diese teure Entsorgungsgeschichte der Bauten-Altlasten.
Man habe das durchkalkuliert und eine ordnungsgemäße
Nachentsorgung würde mindestens 18 Millionen Euro kosten, da die
entdeckte Restanlage dermaßen umfangreich wäre, dass man über 70
% des Campingplatzes bis zu einer Tiefe von über 20 m ausheben
müsse und erst dann könne man diese alten Gebäudereste niederreißen
oder sprengen, sortieren und entsorgen. Da das ganze Areal aber noch
gar nicht im Besitz der Entwicklungsgesellschaft ist, haben die schnell
die unterschriftsreifen Verträge fallen gelassen und von der Sache
Abstand genommen. Die Verträge und damit das enorme
Bauvorhaben hätten nur noch dann eine Chance auf Verwirklichung,
wenn die heutige alte Besitzergemeinschaft diese ganze Entsorgung
auf ihre Kosten durchführen lässt und danach das lupenreine Gelände
zum heute vorgesehenen Preis an die Entwicklungsgesellschaft
verkauft. Nun, die werden sich hüten und gar nichts machen. Dann
bleibt eben alles beim Alten. Der Campingplatz bleibt Campingplatz.
Jetzt hatte schon einer befürchtet, dass man den heutigen Eigentümern
aus Umweltschutzgründen oder ähnlichem die Entsorgung trotzdem
behördlicherseits aufzwingen will. Einer der Miteigentümer ist ja
mein früherer Vermieter und ich hatte mit dem vorgestern gesprochen.
Da meinte der, dass daraus aber nichts würde, da diese
Eigentümergemeinschaft das Areal damals von der Stadt Stuttgart
erworben habe und zwar vertraglich zugesichert altlastenfrei! Das
heißt, die Behörden der Stadt Stuttgart würden sich bei einem solchen
Ansinnen selbst den schwarzen Peter zuschieben, wenn auch über den
Umweg der Eigentümergemeinschaft. Dann käme es wohl zu einem
langdauernden Rechtsstreit und danach müsste die Stadt auf eigene
Rechnung diese Entsorgung vornehmen.
Wie dem auch sei, durch die ganzen, teils verrückten Ereignisse der
letzten Monate muss ich sagen, hat sich unser Stand hier auf dem
Campingplatz deutlich verschlechtert. Mehrere der anderen
Dauerbewohner sind da sehr nachtragend oder sagen wir mal
eigensinnig. Die kreiden es uns übel an, dass wir nicht bei ihrer
Protestaktion mitgemacht haben. Zugleich kommen sich einige davon
nun so vor, als hätten sie mit ihrem Protest etwas erreicht, obwohl der
Baustopp ja überhaupt nichts mit ihren Protesten zu tun hat. Das
gereicht uns jetzt ein wenig zum Nachteil und viele davon grüßen seit
Wochen nicht mehr und behandeln uns wie Luft. Die stellen es dann
noch so dar, als ob wir nun von den Früchten ihres Protestes mit
partizipieren würden. Einige wenige lassen sich davon aber nicht
beeindrucken, und verhalten sich uns gegenüber völlig normal. Aber
eben nur einige wenige. Ich finde, es gibt nichts, was die uns wirklich
ankreiden könnten, denn wir haben ja nichts gegen die unternommen,
das einzige war, dass wir bei dem Protest nicht mitgemacht haben. Na
ja, vielleicht gibt sich das im Laufe der nächsten Wochen auch wieder.
Nicht deswegen, jedoch bei gründlicher Überlegung der
Gesamtsituation und auf längere Sicht, sind wir trotzdem zu dem
Entschluss gekommen, vielleicht in absehbarer Zeit doch wieder hier
weg und in ein richtiges Haus zu ziehen, wenn es ohne
Kostennachteile möglich wäre. Die Mobilheime selbst sind nicht
schlecht und auch nicht der Grund, aber dauernd auf dem
Campingplatz leben, das ist doch irgendwie anders, als in einem
richtigen Haus. Es hat aber alles keine Eile und man muss das alles
gründlich überdenken.
Immerhin haben durch die jetzt klare Entwicklung unsere
Spekulationen auf eine Abschlagszahlung und die damit verbundenen
Planungen, aber auch die damit verbundenen Unwägbarkeiten ein
Ende gefunden. Das ist schön und schade zugleich. Sie kennen unsere
Hoffnung, vielleicht an der Mosel ein altes Winzerhäuslein kaufen zu
können, auch dieser Traum ist damit in Nichts zerfallen, aber jetzt
wissen wir, dass daraus nichts wird. Zuvor die unkalkulierbare
Situation ist auf Dauer auch nicht wirklich erbaulich.
Übrigens, schon einen Tag nach der Informationsveranstaltung
wurden von der Entwicklungsgesellschaft sämtliche Bagger und LKW
abgezogen, die bis dahin noch an den Probeaushebungen schafften.
Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger hier.

Es bringt aber nichts, die verlorene Abschlagszahlung oder die damit
untergegangenen Wünsche und Träume als Anlass zur Verzweiflung,
Verbitterung oder gar zu längerfristigem Ärger zu nehmen. Dazu war
die Sache auch noch nicht ausgegoren genug. Gut, diese Sache ist
damit vom Tisch, aber soll ich mich deswegen beklagen? Wissen Sie,
ich muss doch meine Gesamtsituation sehen und betrachte ich die mit
einem fairen Maßstab, dann kann ich nur sagen, gemessen an meinem
gesamten Lebenslauf geht es mir doch im Moment prächtig. Dazu
trägt vor allem Kayla bei, aber auch die sonstigen Lebensumstände
sind, so wie sie jetzt sind, also auch ohne die Abschlagszahlung, so
gut, wie ich sie selten in den zurückliegenden 15 Jahren hatte. Nein,
so will ich mich gar nicht beklagen und sollen die Querköpfe von der
Entwicklungsgesellschaft auf ihrem blöden Geld sitzen bleiben, wir
sind auch so glücklich. Wenden wir uns wieder anderen Dingen zu.

Manchmal bekommt man einen richtigen Schock, wenn man nach
langer Zeit Bekannte wieder trifft und dann sieht, wie es denen heute
geht. Leute, die noch vor vielleicht knapp 5 Jahren das blühende
Leben waren und die, wie man so sagt, topp da standen, heute am
Boden zerstört, von der allgemeinen Entwicklung aufgefressen, nur
noch ein Häufchen Elend. So traf ich diese Tage unten in Kaltental an
der Burgstraße einen Jörn wieder, den ich zuletzt 1998 oder 1999
gesehen hatte. Der heißt eigentlich gar nicht Jörn, aber alle nannten
den immer nur Jörn, ich glaube in Wahrheit heißt der Walter Stehli.
Wie der an den Namen Jörn gekommen ist, weiß ich nicht. Früher war
es so, wo der war, dort war generell immer etwas los und wenn nicht,
dann hat er dafür gesorgt, dass dort etwas los war. Nun war ich nie ein
wirklicher Kumpel von dem, wie man so sagt. Ich kannte den nur
etwas, weil sich seit frühester Jugend immer unsere Wege kreuzten.
Man sprach ein paar Worte miteinander, das war's dann auch schon.
Wissen Sie, da ich zu der Zeit finanziell schon ziemlich weit unten
war und damals mit argen Gesundheitsproblemen kämpfte, wegen
meiner schweren Erkrankung, wäre ich ohnehin nie ein passendes
Mitglied in dessen Umfeld gewesen, wollte aber auch nie eines sein.
Diese Fetenkultur und das Schickimickigehabe habe ich nie leiden
können. An seinen organisierten Sausen und Feten habe ich nie
mitgemacht, das war nie mein Ding. Aber rein von Mensch zu
Mensch habe ich mit dem damals so manchen Plausch über Gott und
die Welt geführt, das konnte man gut mit dem, wenn er nicht gerade in
seinem Gelage-Umfeld und nüchtern war. Man muss anmerken, dass
der früher, um 1985 herum im Stadtteil Zuffenhausen eine ansehnliche
Diskothek betrieb. Anfang der 90iger Jahre hieß es dann, er habe die
Diskothek verkauft und gehe wohl anderen sehr gewinnbringenden
Geschäften nach. Wie gesagt, wo der war, war immer etwas los. Dann
habe ich lange nichts mehr von dem gehört. Bei meiner jetzigen
Begegnung im Stadtteil Kaltental, musste ich erst lange überlegen, ob
er das überhaupt ist. Er ist jetzt als Vagabund unterwegs, ohne festen
Wohnsitz. Der sah aus, wie sein eigener Urgroßvater nach einem Sturz
in den Neckar. Ich habe dann mit ihm einige Zeit geplaudert. Mit
seinen Geschäften war schon lange Schluss, das lief alles nicht mehr
oder man hatte ihn über den Tisch gezogen. Alleine die Idee, dass man
ihn über den Tisch gezogen haben könnte, wäre früher so etwas von
entrückt und undenkbar gewesen, damals war er selbst derjenige, der
andere ständig über den Tisch zog; aber so kann der Lebenslauf
gehen. Dann kam die allgemeine Zeitentwicklung hinzu, die sein einst
ansehnliches Vermögen nicht nur schrumpfen ließ, sondern er
verschuldete sich sogar hoch. Er meinte, sogar heute habe er noch
über 700.000 Euro Schulden, aber seine Gläubiger hätten wohl diesen
Betrag auch schon endgültig abgeschrieben. Da werden die Gläubiger
auch keine Chance haben, von einem, der als Vagabund lebt, jemals
700.000 Euro wieder zu bekommen. Aber heute geht es ihm wirklich
so richtig mies. Der Abstieg ging rasant und wie ich erfuhr, lebt er
schon seit 2002 auf der Straße, wobei die Zwischenstationen nach
unten alle nur von kurzer Dauer waren. Von einer ehemals eigenen,
prächtigen Wohnvilla mit 5.000 Quadratmetern Parkgrundstück und 2
festen Hausangestellten im Stadtteil Bad Cannstatt führten seine
Stationen dabei über eine Eigentumswohnung in Fellbach, dann mit
jedem Schritt kleiner werdende Mietwohnungen in Ostheim,
Möhringen und Dürrlewang bis er seit 2002 ohne jeden festen
Wohnsitz auf der Straße landete. Vorwiegend ist er im Bereich des
kleinen Stadtteils Kaltental, der etwas oberhalb von Vaihingen liegt.
Kaltental deshalb, weil er dort meist in einem Kellergewölbe einer
Burgruine lebt, von dessen Existenz kaum einer etwas weiß. Von
außen sieht man nur ein paar klägliche Ruinenreste der Burg, selbst
die übersieht man meist noch, wenn sie im Sommer von Pflanzen
überwuchert sind, aber unter dieser Ruine erstrecken sich wohl gut
erhaltene endlos große Kellergewölbe der ehemaligen Burg. Der
Zugang dorthin ist so unscheinbar und gut getarnt, dass selbst
Vagabundenkollegen den bislang noch nicht entdeckt haben, und die
haben für so was eigentlich eine gute Nase. Über Tag zieht er durch
die Stadt, erbettelt hier und da was, im Sommer dehnt er sein Gebiet
auf Stuttgart und einen Umkreis von etwa 30 km aus. Weiter nicht,
weil er immer bemüht ist, und das ist für Vagabunden sicher
untypisch, nachts wieder in seinem Burgkeller zu übernachten. Er
fand es in unserem kurzen Gespräch komisch, dass ich heute besser da
stehe, als er, wobei er mich im Bezug auf die früheren Jahre doch
immer als den typischen „Looser" angesehen hat, der auf Ewigkeiten
dazu verdammt ist, auf keinen grünen Zweig zu kommen und dem
alles was er anpackt schief geht. Diese Einstellung hat er mich auch
früher manchmal spüren lassen, aber nicht ernsthaft, mehr verbunden
mit einer Art Einsicht, dass ich mir diese damals niedere Position ja
nicht selbst ausgesucht habe und er das manchmal schon fast aus
einem Blickwinkel des Mitleids betrachtete. Ich war ja auch nie auf
den angewiesen, ich hätte mich damals ja rumdrehen und gehen
können, was ich auch manchmal gemacht hatte, nämlich immer dann,
wenn er anfing, sich unter seinen Genossen über mich lustig zu
machen. Aber wie gesagt, er hat mich damals nie ernsthaft oder gar
boshaft mit meiner Lage aufgezogen, mehr nur im Scherz, weil die
Situation sich gerade aufdrängte. Wissen Sie, ich hätte natürlich jetzt
die Nase hoch tragen können und mich über ihm erhaben, ja geradezu
paradierend und triumphierend darstellen können, so ein wenig auf die
Rachetour, ha jetzt bin ich der Größte! - Aber so etwas das liegt mir
nicht und es wäre mir auch zu dumm gewesen. Ich denke, seine
heutige Position hat der selbst längst begriffen und da brauche ich
nicht auch noch zusätzlich schäbig auf seiner Seele herumzutrampeln.
Es ist schon seltsam. Eigentlich könnte man anhand seiner
Erzählungen seinen Weg nach unten gut nach verfolgen und dabei
entdecke ich für mich, sozusagen als Analogie des Schicksals - oder
als reiner Zufall - das genau in der Zeit, wo er nach unten sank und
seinen Abstieg absolvierte, ich meinen, wenn auch bescheidenen,
Aufstieg durchmachte. Man könnte fast meinen, dass wir beiden je ein
Tellerchen der gleichen Waage wären, er das rechte und ich das linke,
oder umgekehrt, und dass das Gewicht der positiven Ereignisse,
welches bei ihm verloren ging, auf meiner Seite hinzu kam. Er fand
die Entwicklung ungerecht, aber er habe sich inzwischen daran
gewöhnt, im alten Burgkeller zu leben. Nur im Winter wäre er
manchmal verzweifelt, wenn es doch sehr kalt würde. Andererseits
hasst er solche Anlaufstellen für Obdachlose, da die meist Versuche
unternehmen, ihn wieder auf eine Weise in die sogenannte normale
Gesellschaft einzugliedern, wie sie sie für richtig halten, was ihm aber
nicht gefällt. Er sagte, in ein bürgerliches Leben wolle er nur zurück,
wenn er in Wohlstand leben könne, aber dieser Weg sei ihm wegen
seiner hohen Schulden völlig unmöglich. Sobald er offiziell wieder
auch nur zu einem Hauch von Einkommen, geschweige denn
Vermögen käme, stünden gleich seine Gläubiger auf der Matte und
würden im das Erreichte wieder abspenstig machen. So haust er lieber
weiter unbekümmert im Burgkeller. Nun war er schon immer jemand,
der jede Situation für sich auszunutzen wusste, eigentlich, denn
irgendwann hat das ja, wie man an seinem Schicksal auch sieht, nicht
mehr geklappt. Kurz nach dem Beginn unserer Unterredung, man
kann sagen, als er mitbekommen hatte, dass ich sozusagen in den
eigenen 4 Wänden wohne, wollte er mich überreden, dass er
wenigstens ab und zu bei mir im geheizten Zimmer übernachten
könne. Wissen Sie, ich bin nicht verrückt genug, um so etwas
mitzumachen. Wenn man derartiges solchen Leuten ein einziges Mal
zulässt, dann wird man die nie wieder los und die zerstören einem
dann das eigene Familienleben, wenn man mein Leben mit Kayla mal
so bezeichnen möchte. Als ich das ablehnte, versuchte er mich
zunächst noch eine Weile lang zu überreden es doch zu tun, es blieb
aber von meiner Seite aus bei einer generellen Ablehnung. Dann
meinte er noch, er könne mir mit seinem Wissen ganz tolle Tipps
geben, wie man gemeinsam wieder etwas aufziehen könnte, womit
sich sehr viel Geld verdienen ließe, was er aber alleine nicht könne,
eben wegen seiner Gläubiger, die dann den ganzen Gewinn
einstreichen würden. Das mag im Ansatz vielleicht sogar stimmen,
aber ich möchte mich und mein Privatleben nicht dazu hergeben, um
dem wieder auf die Beine zu helfen. Denn wie ich Leute seines
Schlages kenne, ginge ich darüber baden und er würde am Schluss als
Einziger den Profit dabei machen. So lehnte ich erneut ab. Da fuhr er
aber auch tobend aus der Haut und beschimpfte mich als ewigen
Versager, was natürlich in dieser Gesamtsituation äußerst paradox
war, denn nicht ich liege als Versager in der Gosse, sondern er.
Nachdem unsere Wiederbegegnung plötzlich in solch ein Fahrwasser
geriet, zog ich es vor, sie sofort zu beenden und habe ihm das auch
gesagt und bin gegangen. Er rief mir dann noch nach: „Geh doch, du
alter Versager und ewiger Looser." Sie mögen es nicht glauben, aber
genau diese Worte habe ich in diesem Moment aus seinem Mund
genossen, weil ich ja weiß, wie es wirklich aussieht und er wusste das
auch, da kann er mir nichts vormachen.

Verrücktheiten in der Preisgestaltung und man weiß nicht, was man
davon halten soll. Nun ist ja klar, dass wir wohl noch einige Zeit in
den Mobilheimen verbleiben werden, wogegen ich im Prinzip auch
nichts habe, daher bedeutet das auch, dass man diese auch weiter in
Schuss halten muss. Nun habe ich in meinem Mobilheim einen
Schaden an einer Zwischentüre, die zum Schlafzimmer führt. Die ist
total verzogen, allerdings nicht diese Zarge, sondern nur das Türblatt
ist schräg verzogen. Von oben rechts nach unten links, also diagonal,
wobei die obere rechte Kante des Türblatts mehr nach außen steht und
die untere linke Kante mehr nach innen. Das führt dazu, dass die
geschlossene Tür ab und zu von selbst, wie von Geisterhand
aufspringt. Besonders gerne passiert das bei Luftdruckschwankungen,
wie sie etwa von einem tief fliegenden Flugzeug oder einem lauten
Knall erzeugt werden können. Aber zuweilen passiert das auch gerne
nachts, ohne jeden erkennbaren Anlass. Das ist deshalb besonders
lästig, weil man davon dann jedes Mal wach wird und sich erschrickt,
weil es auch ein seltsames Klapperrassel - Geräusch erzeugt. Sie
können sich denken, da lag der Gedanke nahe, ein Türblatt aus
unserem Mobilheim Nummer 3, welches als Keller-Ersatz dient,
auszubauen und anstatt dessen zu verwenden. In diesem Mobilheim
könnte dann das verzogene Türblatt ja ruhig nach Herzenslust auf-
und zuspringen ohne dass es jemanden stört, während ich das intakte
Türblatt dafür in mein Wohnungs- Mobilheim gebaut hätte. So machte
ich mir die Mühe und habe über 3 Stunden geschraubt, ehe ich das
intakte Türblatt aus dem Mobilheim 3 ausgebaut hatte, weil sich daran
solch eigenartige Spezialscharniere befinden, die man nicht so ohne
weiteres ausheben kann. Ähnlich schwierig verlief der Ausbau des
defekten Türblatts in meinem Mobilheim, da dort die gleiche Bauart
verwendet wird. Um so größer war dann meine Enttäuschung, als ich
damit begann, dass ausgebaute Ersatz-Türblatt in meinem Mobilheim
einzubauen. Erst jetzt stellte ich entrüstet fest, dass es 16 mm weniger
an Breite aufweist. Wenn sie die Türen von Größe und Material her
nebeneinander sehen, würden Sie garantiert, genauso wie ich, sagen,
die sind absolut gleichartig und können gegeneinander ausgetauscht
werden, aber nein, das wäre ja auch zu einfach gewesen. 16 mm sind
prinzipiell nicht viel, aber wenn sie bei einem Türblatt an
Gesamtbreite fehlen, nützt ihnen das alles nichts und man kriegt den
Betrag auch nicht durch Tricks ausgeglichen, denn dafür sind 16 mm
dann doch zu viel. 1 bis 5 mm könnte man mit einigen Tricks
vielleicht so gerade noch ausgleichen, aber keine 16 mm. So war die
ganze Mühe vergebens. Ich konnte das vermeintliche Ersatz-Türblatt
wieder an seinen vorherigen Originalplatz in Mobilheim 3 einbauen.
Das defekte Türblatt habe ich aber in meinem Mobilheim draußen
gelassen und mir exakt die Maße notiert. Da ich im Glauben war, so
etwas heute in jedem gut sortierten Baumarkt für kleines Geld zu
bekommen, bin ich also mit diesen Daten gleich zu einem großen,
angesehenen Baumarkt in Zuffenhausen gefahren, der eigentlich
immer alles hat. Die hätten mich mit Türblättern tot werfen können,
aber glauben Sie jetzt nicht, es wäre eine Größe darunter gewesen, die
gepasst hätte. Nichts, rein gar nichts. Türen in 86 cm, in 1 m, in 76
cm, in 96 cm und sogar in Übermaßen von 1,10 m bis 1,25 m Breite,
alles da, aber keine einzige mit nur 70 cm. So bin ich an die Holz-
Informationstheke, die dafür mit zuständig ist und habe dem
fachkundigen Verkäufer mein Problem vorgetragen. Der hat dann 
gleich gesagt, dass sie diese Größe nicht führen. Er hat dann in einem
Lieferantenkatalog nachgesehen, ob man sie vielleicht bestellen
könne. Konnte man aber nicht, weil keiner der Lieferanten solche
Türblätter im Programm hat. Er stellte zwar fest, dass diese Größe
früher, so um 1970 herum, durchaus mal eine relativ gängige Größe
für Nebenraum- oder Spindtüren und ähnliches gewesen ist, aber
heute nicht mehr verlangt und somit auch nicht mehr angeboten
würde. Mehr konnte der dann auch nicht sagen. Ungefähr 2 km von
dort gibt es noch einen etwas kleineren Baumarkt, auch dort
Fehlanzeige. So klapperte ich in verschiedenen Stadtteilen im Verlauf
der nächsten beiden Tage sicherlich insgesamt 10 Baumärkte ab, alles
vollkommen erfolglos. Beim letzten Baumarkt, den ich aufsuchte,
einem kleinen Betrieb in Fellbach, gab ein älterer Verkäufer mit
offensichtlich hoher Sachkompetenz mir den Rat, es doch in einem
Baubedarfshandel oder einer größeren Zimmerei anstatt in einem
Baumarkt zu versuchen. Er gab mir dann unter der Hand gleich 4
Adressen mit auf den Weg. Schon beim ersten Baubedarfshandel
wurde ich fündig. Der wollte mich als Privatperson aber nicht
beliefern, weil er ausschließlich an eingetragene Baufirmen liefert.
Solche Korinthenkacker! So wurde der zweite auf dieser Liste
aufgesucht, der hatte diese Sorte aber wieder nicht. Als nächstes stand
eine Zimmerei am Stadtrand auf der Liste. Die hätten mich gerne
beliefert, auch im richtigen Maß, allerdings hätten die das Türblatt
dann nach meinen Maßgaben selbst erst angefertigt. Sie können sich
vorstellen, was das dann kostet und es hätte etwa 2 Wochen gedauert,
bis ich das fertige Türblatt hätte abholen können. So nicht. Also ging
es zum letzten Baubedarfshandel auf der Liste. Dort ein endloses
Warenangebot, aber kaum etwas zum Aussuchen. Alle Kunden
kommen vorne nach Fachbereichen gegliedert an spezielle Theken,
bestellen dort was sie brauchen und fahren dann mit ihrem Auto oder
meist gleich mit ihrem Lastwagen mittels eines Abholscheines
nebenan in schier endlose Lagerhäuser, Hallen oder auf das riesige
Freigelände, wo sie die Sachen dann von einem Lademeister
ausgehändigt kriegen. So kam ich mit meinem Türwunsch zu dem
Mann an der Holz-Verkaufstheke. Der rief dann aber eine sehr junge
Verkäuferin herbei, die sei für Türen zuständig. Der mochte ich
zunächst keine rechte Erfahrung zutrauen, da ich sie bestenfalls für
17-18 Jahre alt hielt und da vermutet man, dass in diesem jungen Alter
sich noch keine Kompetenz aufgebaut haben kann. Trotzdem sagte die
auf Anhieb: „Hemmer da! In welcher Holzart hättns desch gern?"
Dann legte sie mir ein Auswahlblatt mit vielleicht 15 verschiedenen
Holzmusterfotos hin von diversen Braunhölzern bis zum
schneeweißen Eschen-Lackholz. Natürlich wollte ich das, was zur
vorhandenen Zarge passt, das kam auf deren Holzmusterfotos der
Ausführung Buche-gedämpft gleich, also bestellte ich das. Ein
Computer druckte meinen Abholschein aus, den mir die junge Frau in
die Hand drückte und dann beschrieb sie, in welcher Halle an welcher
Stelle ich dieses Teil damit ausgehändigt bekäme. Ich bedankte mich
und eilte schon zu meinem Wagen, um damit in die Halle zu fahren.
Erst an der Drehtür des Verkaufsraumes fiel mir ein, dass ich
Dummkopf völlig vergessen hatte, nach dem Preis zu fragen. Ich war
innerlich von solchen Baumarktspreisen für Türblätter in der
Größenordnung zwischen 25 und 90 Euro ausgegangen, was ja schon
eine große Spanne ist. So drehte ich in der Drehtür, wie passend, und
eilte zurück zur Verkaufs-Spezialtheke für diese Holzsachen und
fragte die Frau nach dem Preis. Der stand auch auf dem Abholschein
nicht drauf, denn nach dem Abholen hätte ich von dem Kollegen im
Lager einen anderen Schein bekommen, mit dem ich dann zur
Zentralkasse zum Bezahlen gemusst hätte. Die junge Frau suchte sich
im Computer diesen Vorgang wieder heraus und meinte dann lapidar,
dass das Türblatt 558 Euro kosten würde! Ich hielt das für eine
Verwechslung und hakte nach, in dem ich meinte, dass sie da wohl die
Kommastelle übersehen habe und dass dieses Türblatt 55,80 Euro
kosten würde, was ja ein für mich plausibler Preis gewesen wäre. Sie
verneinte, bestand weiter auf 558 Euro und fügte hinzu, dass es sich
schließlich hier um eine original HGM - Türe handeln würde. Schön,
meinte ich, aber von mir aus könne es auch eine Türe von original
XYZ sein, die von George Dabbelyou Busch eigenhändig geschliffen
worden sei, aber nicht zu diesem Preis. Dann erklärte mir die junge
Frau ausschweifend, dass die Firma HGM die Premiumklasse und so
etwas wie der Mercedes unter den Türenherstellern für den
Innenbereich wäre und dass man da auch etwas Vernünftiges und kein
Pappzeugs habe. Hinzu käme noch, dass es sich ja um eine
Sondergröße handle, die rund 80 Euro teurer sei, als eine ansonsten
gleichartige Türe der Standardgrößen. Ich bitte Sie, ein Türblatt, ein
einzelnes, lächerliches Türblatt, gewiss schön anzusehen, weil
zweifellos gut verarbeitet, für 558 Euro?! Das kann es doch nicht
geben. Hätte die mit ihren Begründungen von wegen Mercedes unter
den Türenfabriken und so weiter 150 oder gar 200 Euro verlangt, hätte
ich das ja noch verstehen können und selbst dann hätte ich dieses
Türblatt schon nicht gekauft, aber gleich 558 Euro?  So stornierte ich
die Bestellung umgehend, was der jungen Frau natürlich nicht
sonderlich gefiel. Dann fragte ich nach, ob sie nicht vom VW unter
den Türherstellern oder von einer anderen Marke im betreffenden Maß
ein Türblatt zu einem normalen Preis hätten. Etwas belustigt verneinte
sie das dann aber. Sie sagte, dass diese Größe nur von der Marke
HGM lieferbar wäre. Da kriege ich für 2 Türblätter ja gleich ein
ganzes gebrauchtes Mobilheim, bin ich denn verrückt? Entzürnt bin
ich dann ohne Türblatt nach Hause gefahren. 2 Tage Suche vertan,
vergebens, für nichts. Halsabschneider, Wucherer, unverschämtes
Pack, solche Beträge für ein einzelnes Türblatt zu verlangen. Nun
habe ich lange überlegt, wie ich an ein passendes Türblatt zu
niedrigem Preis kommen könnte. Dabei kam mir der Gedanke, dass
hier auf dem Platz ja noch weitere ungefähr 8 - 10 unbewohnte
Mobilheime der gleichen Sorte stehen und ob darin nicht zufällig ein
passendes Türblatt vorhanden ist, welches man ausbauen könnte. Das
ist natürlich nur eine Vermutung, denn wie man an unserem
Mobilheim 3 sieht, passt dessen Türe ja auch um 16 mm nicht. Es
könnte ja sein, dass in einem der anderen eine passende Türe drin ist.
So erhob sich die Frage, wem gehören diese seit langem leer
stehenden Mobilheime? Soweit mir bekannt ist, sollen die größtenteils 
entfernt werden, auch wenn hier nicht neu gebaut wird, das war vorher
schon geplant. Mein früherer Vermieter, von dem wir hier unsere 3
Domizile ja abgekauft hatten, besaß noch mindestens 5 weitere der
Heime, also habe ich den mal angerufen. Der sagte leider, dass er die
inzwischen alle im Paket an einen Herrn Rebstein aus Karlsruhe
verkauft habe. Freundlicherweise hat er mir dann noch dessen
Telefonnummer gegeben. So habe ich dort angerufen. Es meldete sich
eine Frau mit Schrottverwertung Rebstein. Also wird der Aufkäufer
sie quasi nur zur Verschrottung angekauft haben. Ich entschuldigte
mich bei der Frau am Telefon, ich hätte mich verwählt. Ich wusste
genug und dachte mir, es macht wenig Sinn, mit einem Schrotthändler
über ein einzelnes Türblatt zu verhandeln, denn dann wittern solche
Leute einen großen Gewinn und tun so, als wäre ihre Tür aus Platin
und wollen einen unverschämten Preis. Da die betreffenden
Mobilheime mit Sicherheit seit über einem viertel Jahr nicht mehr von
einer Person betreten wurden und inzwischen immer mehr
verwahrlosen, war auch klar dass sich dort ohne spezielle Nachfrage
keiner mehr um ein lächerliches Türblatt kümmern wird. Außerdem
wird es dem Schrotthändler um das Metall der Mobilheime gehen, vor
allem die Außenhaut und der Unterrahmen enthalten ja viel Metall,
aber nicht um ein einzelnes Türblatt, welches ja nur aus etwas Holz,
Pappfüllung und Kunststoffbeschichtung besteht. So fasste ich den
kühnen und für mich untypischen Entschluss, etwas zu riskieren. An
die meisten der leer stehenden Mobilheime komme ich nachts gut
unbeobachtet von der Wiesenseite heran, weil die nächsten bewohnten
Parzellen in anderer Richtung liegen und die, deren Fenster diesen
Mobilheimen zugewandt sind, sind so weit weg und liegen nachts
total im Dunkeln, so dass die nichts davon mitbekämen, wenn ich
versuche, dort mal nachts einen Besuch zu machen. Sie werden sicher
den Kopf schütteln, aber unter der Summe der genannten Vorzeichen
füge ich damit niemandem einen wirklichen Schaden zu und das
Risiko, welches ich dabei eingehe, ist kalkulierbar. In der Nacht von
letztem Mittwoch auf Donnerstag war es dann um halb 2 Uhr so weit.
Die alten Schlösser der Mobilheime waren ganz primitive Dinger und
davon hatte ich ja auch  Schlüssel, von den ursprünglichen Schlössern,
die in unseren 3 Mobilheimen anfangs drin waren. Gleich am ersten
Mobilheim, an dem ich mich im Dunkel der Nacht mit klopfendem
Herzen versuchte, hatte ich Glück. Der ehemalige Schlüssel von
Kaylas Mobilheim passte auf Anhieb. Bewaffnet mit einer winzigen
LED - Taschenlampe und einem Zollstock durchschritt ich das leere
Gemach. Erstaunt stellte ich fest, dass die dortige Raumaufteilung
wieder total anders ist, als in unseren Mobilheimen, obwohl es außen
identisch aussieht. Es gibt dort 5 kleine Räume, was den Vorteil hat,
dass es auch 5 Türen gibt. Leider waren die dortigen Türen alle 76 cm
breit, also für meinen Zweck unbrauchbar. Leise verschloss ich das
Mobilheim wieder ordnungsgemäß und schlich zum nächsten
Mobilheim, welches zwar einerseits noch etwas weiter von den
unseren entfernt liegt, aber andererseits noch weniger von anderen
einsehbar ist, weil es sich schon nur zwischen leer stehenden
Mobilheimen befindet, die es seitlich verdecken. Mit etwas Gebastele
bekam ich knarrend und mit den alten Schlüsseln vom Mobilheim 3
auch dessen Türe auf. Ich sage Ihnen, das war ja ein Ding. In dem
ganzen Mobilheim lagen auf dem Boden verstreut zig Tausend
Pornohefte der harten Sorte, ohne Unsinn, das müssen mindestens
5.000 Hefte gewesen sein. Der Vorbewohner muss wohl ein absolut
Pornosüchtiger gewesen sein. Verwunderlich nur, dass der die alle so
dort hat liegen lassen, denn solche Leute hängen doch meist an diesen
„Schätzchen" und verstecken sie eher. Aber die Hefte sollten mir
gleichgültig sein. In diesem Mobilheim entsprach die Raumaufteilung
absolut der in meinem. Und man glaubt es fast schon nicht mehr,
tatsächlich hier war sie, Schlafzimmertür mit exakt 70 cm Breite! Da
ich hier nicht 3 Stunden mit dem komplizierten Ausbau verbringen
wollte, denn es war inzwischen schon 3 Uhr am Morgen, gab es 2
Möglichkeiten: in der nächsten Nacht mit viel Werkzeug wieder
kommen und erst dann zeitraubend ausbauen oder hier das Türblatt
mit Gewalt einschließlich der kompletten Zargenscharniere
auszuhebeln. Ich entschied mich für letztere Möglichkeit, was auch
erstaunlich gut klappte ohne das eigentliche Türblatt zu beschädigen.
Das krachte zwar 2 mal recht laut, aber da mit Ausnahme von unseren
das nächste bewohnte Mobilheim über 150 m entfernt liegt und weil
alle Fenster verschlossen waren, dürfte selbst bei stiller Nacht, der
Schall dort nicht mehr ankommen. Natürlich sieht diese Stelle jetzt im
Innenraum auf Anhieb etwas derangiert aus, aber ich denke, den
neuen Eigentümer wird es nicht sehr stören, wenn er das beim
Zerlegen sieht. Etwas mehr Herzjagen bereitete mir dann noch der
Transport des „für einen guten Zweck enteigneten" Türblatts in mein
Mobilheim. Mit einem solchen klobigen Stück unter dem Arm kann
man sich halt nicht so gekonnt entlang von Schutz bietenden Wänden,
Bäumen und Hügeln in Tarnung entlang hangeln. Mein Herz rutschte
fast in die Hose, als ich in ungefähr 100 m Entfernung
Autoscheinwerfer hier auf den Zwischenwegen langsam auf mich
zukommen sah. Normalerweise fährt um diese Zeit hier keiner herum.
Ab spätestens 1 Uhr ist hier sonst alles tot wie ein Friedhof. Vor allem
aber sind mit einer solchen Last unter dem Arm solche Scheinwerfer
sehr störend, da sie das Dunkel plötzlich punktuell erhellen und man
dann schnell mit einem solch großen und auch noch relativ hell
gefärbtem Teil auffällt. So schmiss ich gleich das Türblatt auf den
Boden, in den Rasen der Wiese, damit es aus dem Lichtkegel der
Scheinwerfer verschwand. Ich weiß nicht mehr, was ich in diesem
Moment alles gedacht habe, ich sah mich im Geiste schon hinter
Gittern sitzen, wenn ich nun auffalle. Aber das Auto fuhr langsam,
fast im Standgas, weiter den Weg entlang, der oder die Insassen hatten
mich zum Glück sicherlich doch nicht gesehen. Nach 2 Minuten
verschwand es hinter einer Kuppe hier im Gelände, die in Richtung
der Grillplätze liegt, wo auch neulich die Probe-Baggerarbeiten
stattfanden. Sicherlich, auf eine Distanz von etwa 100 m kann man bei
Nacht nicht unbedingt alles sehen, vor allem hängt es auch davon ab,
ob der Fahrer gerade in dem ersten, entscheidenden Moment in die
Richtung geblickt hat, in der ich mich mit dem Türblatt gerade
bewegte. Da ich ja gleich das Türblatt auf die Wiese warf, war diese
instinkthafte Handlung sicher meine Rettung und das Türblatt und ich
lagen sicher schon am Boden, als der Fahrer seinen eigenen Blick in
meine Richtung lenkte. Aber glauben Sie mir, in solchen Momenten
kann einem schon anders werden und ich stellte fest, dass ich ganz
gewiss nicht zum Einbrecher geboren bin. Kayla, die die ganze Aktion
aus sicherer Entfernung bei Nacht mit einem Fernglas beobachtet
hatte, war auch schon wegen des Autos sehr aufgebracht und hatte
schon überlegt, wie sie mich hätte aus der Situation retten können,
wenn der Autofahrer angehalten hätte und rüber gekommen wäre. Sie
hatte schon einige große Steine aufgehoben, die sie dann in eine
andere Richtung werfen wollte, um den abzulenken. So kam ich durch
ein ungewohntes Nacht-Abenteuer letztendlich doch noch zu einer
vernünftigen, passenden Gebraucht-Tür und das zum Nulltarif. Sie
passt wirklich hervorragend und wenn man das jetzt sieht, meint man,
es wäre nie anders gewesen. Die originale Tür, also das verzogene
Türblatt, habe ich anschließend mit einer Decke umwickelt und in
meinen VW-Golf-Variant geladen, so dass hier keiner sehen konnte,
was sich darin befindet. Dann bin ich mit dieser Ladung vor die Tore
Stuttgarts gefahren und habe sie drunten südöstlich von Scharnhausen
auf einem unübersichtlichen Feld mit Benzin verbrannt. So existiert
hier nur eine Tür, selbstverständlich die, die hier rein gehört, falls mal
einer dumm fragen sollte, was ich aber eigentlich nicht glaube.

Soviel zu den Abenteuern aus Stuttgart, viele Grüße

Ihr

Egbert Lappenkeuler