LPK-H7

Auf dieser Seite finden Sie die Lappenkeuler - Beiträge “Rück-, Voraus- und Ausblicke” und “Kaufinteressenten und Piepmätze” aus dem Jahre 2007. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email „Rück-, Voraus- und Ausblicke" vom 17.07.2007

Zum neuen Gruße!

Und so geht es weiter. Eine weitere Nachlese zu der Wienreise möchte
ich hier und jetzt nicht betreiben, weil die zeitliche Distanz dazu doch
schon zu groß ist. Es hat sich auch genug an anderen Dingen
zugetragen, welches die Zeilen hier füllen wird.

Beginnen kann man da gleich mit einem außerordentlich erfreulichen
Ereignis. Ein umfangreiches amtliches Schreiben für Kayla lag vor
einigen Wochen im Briefkasten. Amtliche Schreiben verheißen
eigentlich alleine vom Prinzip her und insbesondere wegen
entsprechender Erfahrungen normalerweise nichts Gutes, aber dieses
Schreiben war durchaus gut. Kayla hatte ja eine befristete
Duldungsregelung für Deutschland, die bis September 2008 gültig
war. Nun war da noch zeitlich viel Luft, so dass wir von unserer Seite
noch nicht aktiv werden mussten. Besagtes Schreiben, welches mit
umfangreichen Erläuterungen und gesetzlichen Hinweisen verbunden
ist, bestätigt Kayla nun, dass sie ab sofort ein unbefristetes
Aufenthaltsrecht für Deutschland erhält. Das kann zwar theoretisch
widerrufen werden, sofern sie beispielsweise durch grobe kriminelle
Handlungen auffällig würde, die auch zu einer entsprechenden,
rechtsgültigen Verurteilung führen würden, wie es dort heißt. Es ist
ein bedeutender Meilenstein für ihre weitere Zukunft in Deutschland,
da sie mit kriminellen Handlungen nichts am Hut hat. Im Anhang
dieses Schreibens sind weitere umfangreiche Erläuterungen dabei, die
darauf hinweisen, dass ihr Einbürgerungsverfahren in einem positiven
Fortgang wäre und sie damit rechnen könne, voraussichtlich innerhalb
der nächsten beiden Jahre die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten.
Was uns am meisten verwundert ist, dass das alles völlig von alleine
kommt, ohne unser zutun. Normalerweise erwartet man positive
Ergebnisse doch erst dann, wenn man selbst tüchtig nachhakt und
Dampf macht, doch hier das ging alles von selbst. Wir hatten schon
die Vermutung, dass es vielleicht durch unseren Umzug hierher
beschleunigt wurde, weil hier ja eine andere Behörde mit Sitz in
Karlsruhe dafür zuständig ist.

Wie gefährlich Sport sein kann, bewies sich vor kurzem bei einer
Rundfahrt von Radsport - Amateuren. Es handelte sich um eine
Trainingsrundfahrt eines Radclubs hier in 30 km Umgebung. Die
waren so in ihrem Element, dass sie nach Stunden des Fahrens schon
gar nicht mehr so recht die Strecke wahrgenommen haben. Als einer
dann aus der Richtung geriet und anstatt auf der Straße auf einen
Gehweg geriet und dort weiter in voller Fahrt gegen einen Baum am
Straßenrand fuhr, folgten weitere 8 Fahrer, die es ihm gleich taten und
ebenfalls gegen den gleichen Baum prallten. 2 von denen wurden
dabei sehr schwer verletzt und mussten per Hubschrauber in eine
Unfallklinik geflogen werden. Der Radsport ist in letzter Zeit ja in
aller Munde, wegen der anhaltenden Dopingskandale, was ich
persönlich ein wenig schade finde. Ich bin zwar kein wirklicher Fan
dieser Sportart, aber man kann es vielleicht so ausdrücken, dass diese
Sportart mir von allen Sportarten, die ständig in den Medien
auftauchen, noch am besten gefällt. Ich glaube vor einigen Jahren
hatte ich Ihnen schon mal meine Ansichten über die ganzen
überbewerteten Sportberichte in den Medien geschrieben. Diesen
ganzen Fußballkäse kann man ja wirklich nicht mehr hören und sehen,
überall hirnrissiger Fußball, es kotzt einen an. Doch ich will dieses
Fass hier nicht erneut aufmachen, weil eigentlich jedes Wort, welches
man darüber verliert, zu schade ist. Aber den Radsport und seine
Berichte im Fernsehen konnte ich immer besser leiden, als die anderen
Sportberichte, weil man dabei auch als Betrachter etwas von der
oftmals schönen Landschaft mitbekommt. Wissen Sie, die
Sportergebnisse, welcher Radler dort welches Trikot geholt hat, waren
mir immer egal, aber das Miterleben der vorbeiziehenden Landschaft
und oft auch die schönen Luftaufnahmen dabei fand ich immer
sehenswert.

Viele Erkundungen standen jüngst wieder auf dem Programm. Vor
einiger Zeit hatte ich Ihnen, u.a. mit Fotos von den alten
unterirdischen Gängen mal berichtet, die von unserem Hauskeller
abgehen. Damals hatten wir uns ab einer bestimmten Stelle nicht mehr
weiter getraut. Sie ahnen sicher, dass uns das auf längere Sicht jedoch
keine Ruhe gelassen hat. Nach dem ersten langen Kellergang, der ja
noch auf unsere Kosten beleuchtbar ist, folgt eine Abzweigung, der
wir damals nach rechts folgten. Dieses mal haben wir die linke
Abzweigung gewählt, obwohl dort schon nach wenigen Metern
Wasser auf dem Fußboden stand. Der Weg hat sich gelohnt, denn
nach ein paar Metern endete das Wasser vorwiegend und es ging
größtenteils trocken weiter. Nach vielleicht geschätzten 50 bis 70
Metern folgte eine rostige Eisentür, die wir öffneten und die sich auch
erstaunlich leicht öffnen ließ. Da staunten wir wirklich nicht übel,
dahinter verbarg sich das, was Sie auf dem Bild fabrik-keller062
sehen.

 
Fabrik-keller062: eine Treppe nach oben und ein Schacht nach unten

Wir befanden uns da tatsächlich schon in einem Kellerraum, der sich
unter einer der vorderen alten Fabrikhallen befindet. Unser Staunen
nahm noch drastisch zu, als dort das Licht anging, nachdem ich mehr
aus Spaß auf einen alten, klapprigen Lichtschalter an der Wand
drückte. Also ist dort auch noch Strom vorhanden und das hoffentlich
nicht auf unsere Kosten. Letzteres konnten wir allerdings noch nicht
abklären. Was neben der Treppe aussieht, wie ein Keller -
Gitterverschlag ist nicht etwa ein abgetrennter Kellerraum, sondern
dahinter verbirgt sich eine Art Aufzugschacht, der noch weiter in die
Tiefe führt. Daneben befindet sich sogar ein kleiner Kasten mit 4
Druckknöpfen, von denen der oberste grün leuchtet und der unterste
rot. Also muss da ja auch noch etwas in Betrieb sein. Auf dem Boden
stand dort ein wenig Wasser, welches vermutlich aus einem
benachbarten Kellerraum rübergelaufen ist, wo ganz offensichtlich
einige Rohrleitungen geborsten sind. Weiterhin führt ein
abgebrochenes dickes Rohr durch diesen Kellerboden nach unten.
Geht man die Treppe nach oben, dann kommt man in der Halle aus,
die Sie auf dem Foto fabrik-innen628 sehen. Rechts unten im Bild
sieht man noch so gerade die Treppe von unten hochkommen. In
diesem Hallenteil waren wir noch nie und das verwirrte uns zunächst
etwas, da wir bis dahin fest im Glauben waren, mittlerweile schon
irgendwann wenigstens ein mal in jedem Hallenraum gewesen zu sein,
zumal dieser Hallenraum nicht übermäßig weit von unserem Haus
weg liegt.
 
Fabrik-innen628: eine Halle, in der wir bislang noch nie waren. Rechts kommt die Treppe aus dem Keller hoch, die Sie auch auf dem obigen Foto von unten sehen.

Beim weiteren Herumschlendern in diesem Hallenteil fanden wir dann
schnell heraus, dass wir uns in einem seitlichen Anbau der Haupthalle
befanden. Einige Räume weiter stießen wir auf eine Art ehemalige
Werkstatt, wo wohl früher mal irgendwelche Teile an langen
Werktischen repariert wurden. Recht rostig geht es dort heute zu und
es wirkt so, als hätten die Arbeiter vor rund 20 Jahren dort alles fallen
gelassen und wären nachhause gegangen. Dort liegen auf zahlreichen
Werkbänken noch etliche Apparate oder Maschinenteile aus dickem
Eisenguss, an denen wohl noch bis zum letzten Tag gearbeitet wurde.

Auch die Landschaft in unserer näheren Umgebung haben wir in den
letzten Wochen wieder verstärkt erkundet. U.a. waren wir wieder an
der weit westlich liegenden verfallenen Villa vorbei gewandert und
dann von dort aus weiter in südliche Richtung abgebogen, wo wir
bislang noch nie waren. Wie für diese Landschaft typisch, folgen
immer wieder kleine Waldhain - Abschnitte, die von meist etwas
längeren, leicht hügeligen Feld- und Wiesenflächen unterbrochen
werden. Im nach der Villa folgenden zweiten Waldhain entdeckten
wir dann erneut Überreste eines alten Gemäuers. Das sehen Sie auf
dem Foto mauerwerksreste3.
 
Mauerwerksreste3: Ruine eines sehr alten Gemäuers, vermutlich einer ehemaligen Kirche

Kayla meinte gleich, dass es vermutlich die Reste einer alten Kirche
oder eines ähnlichen Bauwerks sein dürften. Dicht umwachsen von
kräftigen Laubbäumen und direkt hinter dem Gebäuderest geht es
etwa 20 m schluchtartig in die Tiefe, wo dann unten ein kleiner,
idyllisch schöner Wildbach im dunklen Wald daher fließt. Rund 150
m vor dieser Ruine befindet sich links ein wohl früher mal künstlich
angelegter Weiher, den Sie auf dem Bild weiher1 sehen.
 
Weiher1: ein sehr lang gezogener künstlich angelegter Weiher

Dieser recht stattliche Weiher wird von alten, stabilen
Sandsteinmauern umfasst, die teils schon selbst bewachsen sind, aber
eine längs neben dem Weiher befindliche Rasenfläche wird wohl
heute noch gepflegt, denn die war eindeutig frisch gemäht, was man
auch auf dem Bild bei genauer Betrachtung grob erkennt. Dieser
Weiher ist schätzungsweise 20 m breit und 200 m lang. In welchem
Zusammenhang der Weiher und die Ruine stehen, weiß ich nicht, aber
einen Zusammenhang muss es wohl geben. Da hinter der Ruine
wegen der Schlucht kein Fortkommen mehr war, änderten wir unsere
Wanderrichtung wieder von südlich mehr in westlich um, und
gelangten dann entlang des Weihers vielleicht in einem knappen
Kilometer Entfernung auf eine hübsche kleine Landstraße, die Sie auf
dem Foto Landstraße6 sehen. Es wurde jedoch relativ schnell sehr
schwül an dem Tag und Kayla meinte, dass sich offensichtlich heftige
Gewitter zusammenbrauen würden.
 
Landstraße6: eine idyllische kleine Straße, die sich zwischen den
einzelnen Waldhain-Gruppen von Dorf zu Dorf schlängelt.

Ich glaubte das zunächst nicht, weil man weit und breit kein einziges
Wölkchen am Himmel sehen konnte. Allerdings hatte das
Himmelblau irgendwie eine etwas andere Tönung als sonst. So
bestand die Überlegung darin, ob wir es riskieren sollten, entlang
dieser hübschen Landstraße weiter bis zum nächsten Dorf zu wandern,
dessen erste Häuser man schon hinter einem weiteren Waldhain aus
der Ferne erblicken konnte, oder ob es sinnvoller sei, auf dem
kürzesten Weg nach Hause zu wandern, um vor einem eventuellen
Gewitter wieder daheim zu sein. Nun muss man dazu anmerken, dass
wir an dieser Stelle sicherlich schon 7 bis 10 km von zuhause entfernt
waren, also ein Rückmarsch auch nicht in ein paar Minuten zu
bewältigen war. Ich plädierte für weiter in Richtung des Dorfes zu
wandern, alleine schon aus Neugierde, um festzustellen, um welches
Dorf es sich dabei überhaupt handelt, denn wir hatten da überhaupt
keinen blassen Schimmer und ehrlich gesagt ein wenig die
Orientierung verloren, weil man mal westlich, dann südlich, dann
wieder westlich und dann wieder südwestlich gewandert war und das
alles ohne Plan. Den gleichen Rückweg hätten wir aber problemlos
wieder hinbekommen, so ist es nicht, weil wir dann immer markanten
Punkten folgen, die wir uns beim aktuellen Wandern selbst einprägen.
Kayla hielt vom Weiterwandern rein gar nichts, eben wegen der von
ihr vermuteten drastischen Gewittergefahr. So einigten wir uns ohne
lange Diskussion darauf, den gleichen Weg, in nun relativ eiligem
Schritt, zurück zu wandern. Das lief auch soweit alles ganz gut, aber
als wir ungefähr bis in Höhe der alten verfallenen Villa gekommen
waren, von der ich Ihnen damals schon mal Fotos beisteuerte, wurde
es plötzlich sehr dunkel und windig. Ein Blick gen Himmel ließ nichts
Gutes erahnen, denn jetzt türmten sich dort erdrückende
schwarzgraublaue Gewitterwolken in endloser Anzahl. Man hörte
auch schon aus der Ferne leise das Donnergrollen. So verstärkten wir
unsere Schrittzahl, denn von der Villa sind es immer noch ein paar
Kilometer bis zu unserem Haus. Ungefähr bis in Höhe der
Regenwasserbehälterfirma sind wir dann auch noch trockenen Fußes
gekommen, von dort sind es vielleicht noch, im Vergleich zur
Gesamtstrecke, lächerliche 700 m bis zu unserem Haus, aber Sie
glauben nicht, wie lang einem 700 m vorkommen können. Schlagartig
goss es wie aus Kübeln und Badewannen zugleich, ein regelrecht
warmer Regen strömte auf uns herab. Ganze Schwimmbecken
schienen sich über unseren Köpfen zu entleeren und ein Gewitter fegte
umher, wo man wirklich schon fast Furcht bekommen musste, bald
vom Blitz durch Verdampfung eliminiert zu werden. Wäre es nur der
Starkregen alleine gewesen, dann wären wir ab diesem Moment
gemütlich, ja fast schon fröhlich weiter nach Hause geschlendert, denn
klatschnass bis auf die Haut waren wir schon und nasser als nass kann
man ja wohl nicht werden. Durch die enorme Schwüle tat das Wasser
sogar irgendwie richtig gut, aber im Gewitter ist mit so etwas nicht zu
spaßen und man wünscht sich bei einem solchen Gewitter schon die
schützende Sicherheit eines Hauses. So rannten wir, was das Zeug
hielt. Einmal abgesehen von der totalen Nässe schafften wir es dann
doch noch problemlos nachhause. Das heißt ein Problem zeigte sich
erst später. Wir hatten ja beide unsere Digitalkameras mit auf den
Spaziergang genommen. Bei dem Regen war es völlig unmöglich, die
trocken zu halten und ehrlich, wir haben bei dem Wetter auch keinen
Gedanken an die Kameras verschwendet, sondern der einzige
Gedanke hieß nur noch: nach Haus! So waren beide Kameras auch
tüchtig nass geworden. Kaylas teurer Minolta hat das aber rein gar
nichts ausgemacht. Meine Billigkamera hingegen macht seither
wieder nur noch Schwarzweiß - Fotos. Ich habe mich schon ziemlich
darüber geärgert, weil sie ansonsten in der letzten Zeit doch wieder
recht gut funktioniert hatte.
So sehen Sie, dass die Erkundungen der Umgebung hier längst noch
nicht alle durch sind. Man mag denken, dass wir doch inzwischen
jeden Stein hier in der Gegend kennen müssten, aber das ist
keineswegs so. Wir kennen nun schon viel, aber ich würde mal
schätzen, dass es noch nicht einmal die Hälfte aller interessanten
Sachen ist, die es hier im Umkreis von vielleicht 15 km gibt. Hinzu
gesellt sich die Frage, ob es nicht für den Anfang sinnvoller wäre, die
meisten Erkundungen per Fahrrad zu unternehmen, weil man damit
mit beinahe gleicher Anschaulichkeit in kürzerer Zeit größere
Strecken und Gebiete besuchen kann. Natürlich haben wir so auch
vieles mit dem Fahrrad erkundet, aber es gibt hier viele Feld- und
Waldwege sowie Bereiche zu erkunden, die sozusagen halb
zugewachsen sind, weil kaum noch Leute dort hin kommen, und da
kommt man zu Fuß doch deutlich besser durch. Zudem gibt's immer
wieder mal verlassene Gebäude oder Anlagen, die wir auch gerne von
innen erkunden und dann müsste man die Fahrräder draußen
unbeobachtet irgendwo abstellen, was uns zu riskant ist. Man kann
sagen, wir splitten das inzwischen aber auf, das heißt, die reinen
flächigeren Landschaftserkundungen machen wir größtenteils per
Fahrrad und die, wo wir schon erwarten, dass es über kleine
verwucherte Wege geht oder wo wir sehenswerte alte Anlagen und
Gebäude vermuten, die werden zu Fuß in Angriff genommen.
Allerdings gerade bei solchen Erkundungen entdeckt man zu Fuß
immer noch am meisten, oftmals Dinge, die man vom Fahrrad aus so
gar nicht wahrgenommen hätte.

Für einen Tag stand ein Ausflug in unsere alte Heimatstadt Stuttgart
auf dem Programm. Ich will nicht sagen, dass es in einer Anwandlung
von Melancholie oder Vergangenheitsbewältigung geschah, es war
mehr ein spontaner Einfall oder eine fixe Idee. Wir haben dabei noch
mal gezielt einige Anlaufpunkte unserer gemeinsamen Stuttgarter Zeit
angesteuert. Zuerst das große Mietshaus, in dem ich bereits vor Kaylas
Zeit lange gewohnt hatte, wo wir dann aber auch schon eine zeitlang
gemeinsam wohnten. Die Schweizer Gesellschaft, die das dann
gekauft hatte, hat mittlerweile dort soviel umgestalten lassen, dass
man Mühe hat, alles wieder zu erkennen. Die große Rasenfläche
hinter dem Häuserblock, die ich zeitweise als Hilfshausmeister zu
mähen hatte, ist jetzt total umgestaltet worden. In einem Bereich
davon hat man einen eigenwilligen Neubau hochgezogen, der unten
einige Garagen beinhaltet und darüber dehnen sich 2 relativ flache
Stockwerke in Stahl-Leichtbauweise aus, in denen insgesamt weitere
12 sehr kleine Wohnungen geschaffen wurden. Wie zu erfahren war,
werden die vorwiegend an Studenten vermietet. Diese sehr kleinen
Wohnungen sollen je eine Gesamtwohnfläche von unter 20 m² haben,
was man sich gar nicht richtig vorstellen kann. Einen einzigen der
alten Mieter traf ich am Haus noch wieder. Mit dem habe ich mich
dann etwas unterhalten. Er sagte, dass dort überhaupt nichts mehr so
sei, wie früher. Die Häuser sind auch von außen etwas umgestaltet
worden, sehen jetzt piksauber aus, aber die größten Umgestaltungen
waren innen. Alle Wohnungen wurden total umgeändert, drastisch
modernisiert und dieser Mieter wohnt zwar heute noch in dem Haus,
aber nicht mehr in der gleichen Wohnung, in der er früher schon 17
Jahre gewohnt hatte. Da sich seine frühere Wohnung gut zur
Zusammenlegung mit der Nachbarwohnung eignete, wurde die für ihn
danach viel zu teuer. Man hatte ihm dann das Angebot gemacht, in
eine andere Wohnung im 2 Stock zu übersiedeln, was er dann auch
angenommen hatte. Diese Wohnung ist wirklich hochmodern, aber
das täuscht nicht darüber hinweg, dass sie kleiner und viel teurer ist.
Er sagte mir, dass er das Angebot nur deshalb angenommen habe, weil
er zu bequem war, sich anderswo eine neue Wohnung zu suchen und
weil er unbedingt in der Gegend bleiben wollte. Er hatte früher eine
Wohnung mit immerhin rund 60 m² Wohnfläche, jetzt begnügt er sich
mit 42 m² und zahlt an Miete etwa 50 % mehr, als früher. Kayla und
ich, wir hatten dort ja früher jeder eine Wohnung mit nur rund 35 m²,
da wären sicher keine Verkleinerungen mehr möglich gewesen. Im
Gegenteil, alle kleinen Wohnungen in diesem Stockwerk hat man mit
ihrer jeweiligen Nachbarwohnung zu einer größeren Wohnung mit
dann rund 70 m² zusammengelegt. Ich sage es ehrlich, dort möchte ich
heute keinesfalls mehr wohnen, obwohl ich zurückbetrachtet in
diesem Haus am liebsten gewohnt hatte, jedenfalls in meiner
Stuttgarter Zeit. Der heutige Zustand und die heutigen Umstände dort
haben rein gar nichts mehr damit gemeinsam, wie das noch vor knapp
2 Jahren war. Mir schoss immer wieder nur ein Gedanke durch den
Kopf, nämlich der daran, wie schnelllebig unsere Zeit heute doch
geworden ist.
Danach folgte ein Abstecher zu dem früheren Campingplatzgelände.
Sie werden lachen, aber ich bin daran mindestens 2 mal vorbei
gefahren ohne es gefunden zu haben, weil es dort heute so total anders
aussieht. Nicht nur das Gelände selbst sieht total anders aus, weil es
vorne bereits neu bebaut ist, vorwiegend mit Gebäuden im Rohbau,
die wir noch gar nicht kannten und noch nie gesehen hatten, auch die
ganzen Zufahrten hat man geändert. Früher war das eine ruhige
Sackgasse, jetzt hingegen hat man daraus eine richtige
Durchgangsstraße gemacht, die quasi quer über das ehemalige
Campingplatzgelände führt und 2 zuvor voneinander getrennte
Stadtbereiche miteinander verbindet. Neben dieser neuen Straße reiht
sich eine Großbaustelle an die andere. An exakt der Stelle, wo noch
vor relativ kurzer Zeit unsere Mobilheime standen, befinden sich jetzt
schon die Fundamente eines größeren Hauses mit Tiefgarage. Die
Zustände dort sind einfach unerträglich, man würde dort heute
wahnsinnig. Aber ich habe dort auch auf den anderen ehemaligen
Campingplatzparzellen keinen einzigen Wohnwagen mehr entdeckt.
Man findet überhaupt keine Relikte mehr, die daran erinnern, dass
dort vor einem Jahr noch ein Campingplatz war. Selbst das frühere,
fest gemauerte, bungalowähnliche Haus der Campingplatzverwaltung
wurde inzwischen doch abgebaggert und dort befindet sich eine offene
Baugrube, und das obwohl bis zuletzt immer gesagt wurde, dass
dieses Häuslein bereits an einen Privatmann verkauft worden sei. Es
hieß damals, das würde nicht abgerissen, sondern mit einer Mauer
vom Rest des Geländes getrennt und der neue Eigentümer baue es
dann als reines Einfamilienhaus zum Wohnen um. Wie gesagt, alles
weg, alles schon Geschichte. Danach folgte dann ein Abstecher zu
dem Haus, wo wir zuletzt gewohnt hatten, Sie erinnern sich, das
aufwändige Haus mit der schrägen Innenraumaufteilung und der
Tiefgarage unter dem unterkellerten  Rasengarten hinter dem Haus.
Darin wohnt jetzt kein einziger mehr, denn dort stehen nur Fahrzeuge
einer Baufirma. Derzeit wird das ganze Haus entkernt, wie man so
sagt, alle schönen schrägen Zwischenwände wurden rausgerissen,
ebenso alle Fenster und Türen, obwohl diese ganzen Sachen ja erst ein
paar Jahre alt waren, vielleicht 3 oder allerhöchstens 5 Jahre. Wir
würden sagen, Verschwendung pur, aber solche Leute denken und
rechnen da völlig anders. Wenn man das alles so betrachtet, dann tut
es richtig gut, man kann sich beruhigt in den Sessel der Geschichte
zurücklehnen und froh sein, dass wir eigentlich mit der heutigen
Situation das große Los gezogen haben. Das sage ich so, weil es im
Vergleich zu den Möglichkeiten des Verbleibs an den früheren
Wirkungsstätten wirklich so ist, keineswegs mit der Absicht
anzugeben, obwohl es vielleicht ein wenig den Anschein erweckt. Es
gibt nichts besseres, als im eigenen Haus zu leben, dort gibt es nur
dann Änderungen, wenn man sie selbst will und nicht, wenn
irgendwelche Gesellschaftsfuzzis oder sonstige Hirnakrobaten auf
geistreiche Ideen kommen. Was die stark gefürchtete Kostenseite
betrifft, so kann ich nur sagen, dass die laufenden Kosten für unser im
Vergleich immens großes Haus in ihrer Summe bislang um etwa 25 %
niedriger liegen, als die Kosten in der Mietwohnung. Nein, wir haben
Glück gehabt in dieser Sache, das kann man nicht anders sagen. Dazu
trägt natürlich auch bei, dass wir uns das zuvor absolut richtig überlegt
hatten, in dem wir in eine solch „billige" und eher unbekannte Gegend
gezogen sind. Der Begriff „unbekannt" erhält dadurch eine völlig
neue, rein positive Bedeutung, während er sonst eher negativ besetzt
ist. Ich glaube, dass uns ein vergleichbares Anwesen im Raum
Stuttgart finanziell das Genick gebrochen hätte, eben weil das dort
erheblich teurer ist. So war dieser Besuch an den alten
Wirkungsstätten in gewisser Weise eine Art Balsam für unsere Seelen,
weil er uns bestätigte, alles richtig gemacht zu haben und dass wir auf
diese Weise vielem Ungemach aus dem Wege gegangen sind. Gewiss
wird mancher sagen, dass wir uns dadurch aber einen Haufen an
Arbeit aufgelastet haben und dass wir in dieser Zeit in Stuttgart in
einer Mietwohnung uns hätten einen langen Bart wachsen lassen und
entspannen können, jedoch wenn man diese Arbeit für sich selbst
macht, ist das schon etwas ganz anderes und man empfindet das gar
nicht so.

Vor vielleicht einem Monat hatte ich Ihnen geschrieben, dass ein
Umweltbeauftragter per Zufall hier den Militärauto - Schrottplatz
entdeckt hatte, als er wegen einer anderen Sache hier weilte. Nun hat
dieser Ökowurm wohl seine Maschinerie in Gang gesetzt, denn vor
etwa einer Woche kam eigens eine Experten - Kommission hierher
und begutachtete akribisch das gesamte Areal. Wir haben die ein
wenig beobachtet und je mehr die davon sahen, um so mehr
schüttelten die ihre Köpfe. Die schienen wohl selbst recht ungläubig
zu registrieren, dass es da in unserer heutigen Zeit der scharfen 
Umweltverordnungen doch tatsächlich einer geschafft hat, einen
solchen riesigen Berg an alten Autos und sonstigen Fahrzeugen
draußen im Freien anzuhäufen und das über mindestens 15 Jahre lang,
ohne dass es bislang irgend einer Umweltbehörde oder „grünen
Naturfreunden" aufgefallen ist. Diese Experten notierten auf
Vordrucken mit Skizzen jedes einzelne Auto, sogar jedes Einzelteil,
was da irgendwie und irgendwo steht oder liegt. Dann wird jedes Teil
aus jeder Perspektive fotografiert. Diese Umweltexperten sind
vorwiegend junge Schnösel, um mal diesen etwas abgetragenen
Begriff zu malträtieren, und machten auf mich keinen sonderlich
glaubwürdigen und schon gleich gar keinen wirklich kompetenten
Eindruck. Das wirkt mehr, wie eine aufgewühlte Arbeitsgemeinschaft
von etwas groß geratenen Schülern. Ich halte die mehr für Freunde des
blinden Aktionismus, die sich wichtig vorkommen, wenn sie
irgendwas machen, egal was. Wir haben ein wenig mit denen geredet
und der Leiter dieser etwas fragwürdigen Expertengruppe war sehr
auskunftsfreudig, zumal er sich selbst dadurch im Gegenzug auch
weitere Fakten, die er noch nicht kannte, von uns erhoffte. Dadurch
erfuhren wir dann auch ein wenig über den Besitzer und damaligen
Sammler dieser Autos. Der soll also wirklich das ganze Areal, worauf
früher eine kleine Kalimine stand, die schon zuvor abgerissen wurde,
zunächst für einen Spottpreis erworben haben. Dann begann der die
Fahrzeuge dort anzuhäufen, teils um eine eigene Sammlung daraus
aufzubauen, teils aber auch, um ein wenig Handel damit zu betreiben.
Das muss alles so ungefähr 1992 gewesen sein, vielleicht auch schon
etwas früher. Gewohnt haben soll der Mann übrigens damals in
Bretten, was ja auch nicht übermäßig weit weg von hier ist, vielleicht
15 km. Wegen einer Geschichte, die mit diesen
Fahrzeugangelegenheiten und diesem Grundstück aber überhaupt
nichts zu tun hat, sei er dann ungefähr 1995 verhaftet worden. Es
folgte wohl eine Verurteilung zu ein paar Jahren Gefängnis, worum es
dabei aber ging, das wurde im Geheimen gelassen. In den vielleicht 4
Jahren im Gefängnis habe er sich aber total verändert. Danach sei ihm
wohl alles egal gewesen und er hat sich um nichts mehr gekümmert,
auch nicht mehr um diesen Militärauto - Schrottplatz, der nach wie
vor offiziell ihm gehören soll. Er sei dann irgendwo hin ins Ausland
gezogen, es wurde gesagt wahrscheinlich nach Frankreich oder
Belgien, und dann habe man nichts mehr von ihm gehört. Nun bin ich
der Meinung, dass der für das riesige Gelände, welches sicherlich
mehr als 20.000 m² Fläche umfasst, vermutlich doch auch Steuern
zahlen muss. Wenn er sich um gar nichts kümmert und es würden
keine Steuern gezahlt, was passiert dann? Ich weiß nicht, ob bei
entsprechend hoher Steuerschuld durch jahrelange Versäumnisse der
Zahlung, solch ein Grundstück einfach enteignet werden kann oder
wie das dann läuft, aber die Gemeindeverwaltung wird doch
vermutlich nicht über Jahre untätig zusehen, wenn ihre Forderungen
nicht beglichen werden. Selbstverständlich weiß ich nicht, wie der
verschwundene Eigentümer das gelöst hat, vielleicht werden diese
Abgaben ja auch automatisch weiter von einem Konto abgebucht,
welches nach wie vor gedeckt ist und so hat die Gemeinde keinen
Grund einzuschreiten, aber sehr komisch ist das alles schon, wenn
man sagt, der war schon mindestens 15 Jahre lang nicht mehr hier,
aber trotzdem gehört das dem noch, jedoch keiner weiß, wo der
abgeblieben ist. Wenn doch einer gar kein Interesse mehr an einer
Sache hat und sich um nichts mehr kümmert, dann wird er doch nicht
trotzdem noch Steuern oder sonstige Gebühren über Jahre hinaus
dafür bezahlen, das wäre doch unlogisch. Wie dem auch sei, die
„Experten" haben in dem Areal eine neue verantwortungsvolle
Aufgabe entdeckt, vor allem um ihr eigenes Image aufzupolieren und
kamen gleich an 4 aufeinander folgenden Tagen wieder, um alles zu
erfassen und große Pläne zu schmieden. Wirklich geändert hat sich
bislang jedoch nichts, außer dass die Unkrautüberwucherungen durch
die massenhaft einfallenden Experten - Rudel inzwischen größtenteils
platt getreten sind, das fällt gleich von weitem auf. Bislang wucherte
dort alles ziel- und planlos in die Höhe und da springt einem gleich ins
Auge, wenn das von zig Leuten tagelang plattgelaufen wurde. Der
Stand der Dinge ist nun wohl der, dass alle Fahrzeuge und Teile
abtransportiert werden sollen. Dann soll der Boden geprüft werden, ob
und wie stark er verseucht ist, insbesondere von auslaufenden Ölen
und Kraftstoffen und bei Bedarf mit einer entsprechenden Sanierung
begonnen werden. Das alles kostet viel Geld und so sind die Experten
immerhin auf die Idee gekommen, so viel wie möglich der Unkosten
dadurch zu decken, dass man die alten Fahrzeuge vielleicht noch
gewinnbringend verkauft oder wenigstens den zu finden, der den
besten Schrottpreis dafür zahlt. So mühen die sich also jetzt erst
einmal ab, einen möglichst ertragreichen Verkauf der Sachen
einzuleiten, was aber wohl schon auf rechtliche Probleme stößt, denn
die können normalerweise nicht einfach Fahrzeuge verkaufen, die
ihnen gar nicht gehören, wo kämen wir da hin? Jedenfalls sollen
Gemeindevertreter schon davor gewarnt haben, diese Sachen ohne
einen rechtlichen Beschluss anzutasten und dass sie dabei keinesfalls
ihre Zustimmung geben würden. Das bedeutet aber, dass wohl
irgendwie zunächst ein Gericht entscheiden muss, ob die Entsorgung
der Altautos überhaupt erfolgen darf. Nur das wird wieder schwierig,
weil man dazu den rechtmäßigen Eigentümer erst mal zu fassen
kriegen müsste, da er an einer solchen Verhandlung teilnehmen muss.
Mit anderen Worten, die „Experten" brennen nun vor Tatendrang,
können diesen aber nicht ausleben. Deren Leiter sagte mir schon, dass
man jedoch nicht tatenlos zusehen werde, wie sich möglicherweise ein
Gerichtsverfahren über Jahre hinziehe und solange weiter die Umwelt
in Gefahr sei. Da müsse aus umweltpolitischer Sicht eben eine Art
Räumungsverfügung her, eine Möglichkeit, die es auch gibt und die
bei schlimmen Gefahren für die Umwelt binnen 2 Tagen zu
beschaffen sei. Der Unterschied dabei sei aber wohl, dass die
Fahrzeuge dann nicht einfach entsorgt oder verkauft werden könnten,
sondern quasi irgendwo eine gewisse Zeit lang fachgerecht eingelagert
werden müssten, bis man mit dem wahren Eigentümer geklärt habe,
wie mit seinem Eigentum weiter zu verfahren sei. Die ganzen
Unkosten davon würde man dann dem Eigentümer in Rechnung
stellen, da er mit der unsachgemäßen Abstellung der Wagen die
Ursache für dieses Vorgehen verschuldet habe. Nur da schließt sich
wieder der Kreis, denn dazu müsste man den Mann erst ein mal
finden. Nun will ich hier für keinen direkt Partei ergreifen, weil ich
den wahren Eigentümer selbst nicht kenne, aber diese Ökobeamten
das sind die Schlimmsten. Die würden am liebsten die ganze Welt mit
einem dichten Netz von Ökospionen überziehen, quasi einer Art Öko-
Stasi und derart viele Bestimmungen erfinden, dass deren schriftliche
Darlegung soviel Platz verschlingen würde, dass man zu deren
Unterbringung das gesamte U- Bahnnetz von Berlin mit Aktenordnern
voll laden müsste. Jeder Mist müsste extra beantragt werden und
zuvor auf seine Umweltverträglichkeit überprüft werden. Das letzte
menschliche Leben auf diesem Planeten würde bald erstarren, weil es
im Sumpf der Ökobestimmungen ersticken würde. Kayla und ich, wir
hatten schon die Befürchtung, dass diese Öko-Amtsschimmel sich bei
der Gelegenheit auch hier an der alten brachliegenden Fabrik stören
werden und für deren baldigen Abriss sorgen, nur damit dort auch
noch Lebensraum für ein paar blöde Würmer und scheiß Insekten
entsteht, von denen wir ohnehin schon viel zu viele haben. So wie es
aussieht, haben die sich aber zum Glück bislang an der Fabrik nicht
gestört. Ich meine, ich habe dem Leiter von denen, mit dem ich ja
schon öfters gesprochen habe, nie gesagt, was ich wirklich von denen
und ihrem Ökowahn halte, sonst würde der mit mir kein Wort mehr
wechseln und wir würden nicht mehr erfahren, was dort nun genau vor
sich geht. Der Rentner hatte neulich bei einem Plausch schon zu mir
gesagt, dass er diese „Öko - Experten" teils für verrückte Leute hält,
die einen Sprung in der Schüssel hätten. Diese Erkenntnis hatte er
gewonnen, als 2 von denen ihn aufsuchten, um ihn über den
Militärauto - Schrottplatz auszufragen.

Am letzten Dienstag kam hier ein relativ teurer Mercedes vorgefahren,
ein größeres neues Modell, von der Sorte, die preislich schon sicher in
die Nähe von 80.000 Euro kommt. Der fuhr zuerst in die Einfahrt der
Fabrik, wo aber ja kein Weiterkommen ist, da die Einfahrtstore fest
verschlossen sind. Dann wendete er und parkte einfach unsere
Einfahrt zu. Ein vielleicht 50jähriger Mann stieg aus und ich dachte
zuerst, dass er zu uns klingeln kommt, aber er wanderte dann in
südwestlicher Richtung immer an der Fabrikmauer entlang, stets mit
einem kritischen Blick in Richtung Fabrik gewandt. Solch ein Idiot,
hier ist doch wirklich überall breit und satt Platz genug, um am
Straßenrand so zu parken, dass man keinen zuparkt, aber ausgerechnet
bei uns in der Einfahrt muss dieser Schwachkopf seinen motorisierten
Tresor abstellen. Während ich noch überlegte, ob ich dem Bescheid
geben soll, dass er woanders parkt, hatte Kayla schon die Türklinke in
der Hand und eilte raus, um dem nachzurufen, dass er seinen Wagen
woanders parken soll, da wir sonst mit unserem Wagen nicht
rausfahren könnten. Mit missmutigem Gesicht kam er dann träge
zurück geschlendert und meinte, dass er davon ausgegangen sei, dass
in unserem Haus keiner mehr wohne und dass es zur leerstehenden
Fabrik gehöre. Nun ja, solch einen Irrtum kann man eigentlich
verzeihen, aber der muss schon ganz schön blind (oder blöd) gewesen
sein, wenn er nicht bemerkt haben will, dass hier aktiv noch jemand
wohnt, da ja besonders vorne zur Straße hin nun doch alles relativ
gepflegt aussieht und auch sonst alles den Anschein erweckt, dass es
bewohnt ist. Ich gesellte mich hinzu und er fragte uns dann, ob wir
nicht wüssten, wo es vielleicht eine offene Einfahrt auf das
Fabrikgelände geben würde. Wir meinten darauf nur einhellig, dass es
keine offene Einfahrt gibt und schoben die Frage nach, was er denn
dort wolle. Dann schaute er uns kritisch an und meinte, darüber könne
er nicht reden. Er setzte sich in sein teures Auto, startete es und setze
den Wagen dann weiter rüber, mitten in die Einfahrt zur Fabrik. Wenn
dort einer hätte reinfahren wollen, hätte das nicht gegangen, aber nun
muss man damit hier sicher nicht rechnen, aber theoretisch könnte es
ja sein. Also wenn ich irgendwo parke, dann schaue ich immer, dass
ich möglichst keinen behindere und schon gleich gar keine Einfahrt
zuparke, insbesondere dann nicht, wenn genügend andere
Möglichkeiten bestehen, aber dieser Kerl schien wohl ein Spezialist
fürs Zuparken von Einfahrten zu sein. Wahrscheinlich einer von den
Typen mit der Lebenseinstellung: Hoppla, jetzt komm ich! Von dort
kam er dann aber wieder träge zurück zu uns geschlendert, packte ein
Metalletui aus, welches aus mehreren verbundenen Metallröhrchen
bestand, zog davon eine Kappe ab und bot uns daraus Zigarren zum
Rauchen an, mit den Worten: „Na stecken wir uns erst mal ne gute
Zigarre an! Da! Bedienen Sie sich ruhig, echte Menhuras aus Cuba
oder so ähnlich, das Stück zu 8 Euro! Natürlich für Sie kostenlos!"
Wir winkten beide kurz und bündig mit dem Wort „Nichtraucher!" ab.
Dann zuckte er nur milde mit den Schulten, steckte sich selbst eine
solche Zigarre in den Mund und meinte: „Na dann eben nicht, sie
wissen gar nicht, was sie verpassen!" Mit einem eigenartigen
Spezialfeuerzeug zündete er sich den Bengel von Zigarre an. Wissen
Sie, ich bin ja eingefleischter Nichtraucher, nicht von der militanten
Sorte, ich kann Raucher gut dulden, solange sie mir nicht die Bude
voll qualmen oder mir ihren Mief ins Gesicht blasen, aber
Zigarrenrauch in geringen Mengen, den Geruch den mag ich durchaus
gerne, nicht als Raucher, sondern nur so zum Riechen in der Luft. Das
riecht irgendwie feierlich, sage ich immer. Vielleicht liegt das aber
auch nur an Erinnerungen aus der Kindheit, denn früher in meiner
Kindheit kam immer Sonntags oder an Feiertagen ein Opa zu einem
Plausch zu Besuch, der sich eine wohlriechende Zigarre ansteckte,
aber das ist sicher schon über 50 Jahre her, es war auch kein richtiger
Opa mit verwandtschaftlichem Grad, aber wir nannten den immer so.
Doch zurück zu dem plötzlich spendablen Mercedes-Fahrer hier. Der
wollte dann von uns wissen, ob diese Fabrik hier nicht vielleicht zum
Verkauf stünde. Ich zuckte nur die Schultern und meinte, dass ich es
nicht wisse. „Ah kommen sie, als wenn sie nicht wüssten, was hier los
ist, sie wohnen doch hier....", murrte er dann mit angehobener Stimme
etwas abweisend und hochnäsig zugleich. Ich fragte ihn dann, aus
welchem Grund ich ihm da etwas Falsches erzählen sollte, aber ich
wisse halt nicht, ob das zum Verkauf steht oder nicht. Er grinste dann
etwas blöde, winkte nur mit dem Zeigefinger der rechten Hand, so wie
wenn man jemanden ermahnt, sagte fast schon gähnend „Jaja!" und
setzte sich dabei zugleich in seinen teuren Schlitten und fuhr davon.
Das erschien uns alles etwas seltsam, denn wie ein wirklicher
möglicher Kaufinteressent kam uns der Heini nicht vor. Kayla meinte
schon, ob das nicht vielleicht der wirkliche Eigentümer des
Fabrikareals war, der uns nur testen wollte, ob wir einen geheimen
Eingang dorthin kennen. Sie fand, dass er ja wohl reich genug dafür
sein könne, um als Eigentümer von so was herzuhalten. Das glaube
ich allerdings nicht. Zudem sind gerade unter den Fahrern solch teurer
Schlitten die wenigsten Leute wirklich reich. Diese Erkenntnis ist
nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern mein Autobekannter sagte
nämlich mal, dass gerade diese Luxusschlitten zu weit über 80 % gar
nicht den Fahrern gehören würden, sondern über Kredite finanziert
sind oder es sind Leasing - Fahrzeuge, Firmenfahrzeuge oder
Kombinationen daraus und der muss es ja wissen. Er meinte sogar
mal, dass die meisten Leute, die wirklich relativ reich sind, oft ein
stinknormales Auto fahren würden, weil die es gar nicht nötig haben,
nur um vor anderen zu protzen einen dicken Luxusschlitten zu fahren,
die stehen gewissermaßen über solchen inhaltslosen Blähfassaden.
Also gehören diese teuren Wagen oft diesen Leuten gar nicht, die sich
damit künstlich aufblasen und wichtig machen, alles Luftnummern,
hohle Luftnummern, die genau betrachtet ihre Profilneurose auf
Kosten anderer damit ausbügeln. Deren Wagen gehören vielleicht
sogar mehr mir, als denen selbst, sofern ich ein Kunde mit positiven
Einlagen bei der gleichen Bank bin, wo der den Karren finanziert hat.
So enttarnt wirken solche Menschen dann gleich wie nackige Läuse,
nein, gerade wie ein lächerlicher Gartenzwerg. Aber was soll's, wir
leben halt in einer Zeit der Luftnummern und der aufgebauschten
Fassaden sowie von Hohlfiguren, Muster ohne Wert, wenn man so
will.

Es ist doch immer mal wieder interessant zu sehen, wie sich im Laufe
der letzten 50 Jahre die Preise für verschiedene Dinge verändert
haben. Bei den ersten Vorbereitungen für spätere
Renovierungsarbeiten auf dem Dachboden unseres Hauses, haben wir
dort in einer Nische eine Art in der Mauer eingelassenen
Aktenschrank entdeckt. Das sieht von außen ungefähr so aus, wie eine
zu kurz geratene Zimmertür, die in einen Nachbarraum führen könnte.
Wie gesagt, in Wirklichkeit verbirgt sich hinter dieser halb hohen Tür
ein in die Wand eingelassener Aktenschrank, der vermutlich von den
früheren Nutzern des Hauses völlig vergessen wurde, denn er ist
randvoll gefüllt mit alten Aktenordnern. Diese beinhalten vornehmlich
Rechnungen aus den Jahren von 1949 bis 1966. Dazu muss man
wissen, dass das Haus ja früher mal zur Fabrik gehörte und darin Teile
der Verwaltungsbüros sowie später eine Betriebsleiterwohnung
untergebracht waren, aber ich glaube, das hatte ich schon mal
erwähnt. Die arg verstaubten Ordner, die wahrscheinlich vor über 40
Jahren zum letzten mal jemand in der Hand gehalten hat, bilden heute
eine aufschlussreiche Vergleichsmöglichkeit für die Entwicklung von
Preisen, teils aber auch von Gehältern. Rund 80 % der Ordner
beinhalten alte Rechnungen für Sachen, Rohstoffe, aber auch für
Geräte, Maschinen und Handwerkerleistungen von Fremdfirmen und
es sind sogar Ordner darunter, die die Einkäufe der alten
Kantinenküche protokollieren. Da sieht man dann u.a. an
Lebensmitteln auch deren Preisentwicklung, was ja für einen
Normalbürger ein besonders interessanter, weil nachvollziehbarer
Vergleich ist. Ein paar Ordner enthalten alte Gehaltsabrechnungen,
ganz offensichtlich von damaligen Mitarbeitern der Firma. Es
scheinen aber nur Abrechnungen von einer ganz speziellen
Beschäftigtengruppe zu sein. Wir hatten leider noch nicht genug Zeit,
das alles genau zu studieren, das ist auch mehr eine Tätigkeit für lange
Winterabende, aber einige Stichproben brachten schon
Hochinteressantes zutage. Kayla hatte sogar schon den Vorschlag
gemacht, dass wir diese alten Rechnungen teils in den Computer
einscannen sollten und dann vielleicht sogar im Internet
veröffentlichen könnten, so etwas interessiert sicher auch andere
Leute. Mal sehen. Jedenfalls kann ich Ihnen da stellvertretend nur
einige vielleicht teils auch lustige Beispiele anführen. In den
Kantinenbüchern sind u.a. Brötchen vermerkt, die von einer Bäckerei
aus Weingarten bezogen wurden. Bei einer Abnahme von 180
Brötchen pro Werktag wurde das Einzelbrötchen 1951 mit 3
Pfennigen angegeben. Ein belegtes Brötchen mit Käse wurde an der
Kantinentheke im gleichen Jahr für 32 Pfennige verkauft. Welch ein
heute unvorstellbarer Preis. Auch kannte man offensichtlich früher
den Hang zu 9er - Preisen noch nicht, also wären die Brötchen
ansonsten heute noch ähnlich billig, dann würde man die heute doch
nicht für 32 Pfennige, sondern für 39 Pfennige verkaufen. Eine warme
Mittagsmalzeit mit Vorsuppe, wie dort angegeben als Beispiel
„Salzkartoffeln mit weißer Soße, Spinat und Spiegelei" sowie als
Vorsuppe ein Tasse „Ochsenschwanzsuppe", wurde 1954 bei denen
mit einem Verkaufspreis von 1,10 DM angegeben. Heute
unvorstellbar, selbst für eine preisgünstige Kantine, denn es
entspräche ja ungefähr 0,55 Euro für solch ein komplettes Essen. Bei
der Gelegenheit ist mir übrigens aufgefallen, dass ich den Namen
Ochsenschwanzsuppe schon sicherlich seit über 25 Jahren nicht mehr
gehört habe. Früher war die ja immer sehr weit verbreitet, aber
irgendwie scheint die wohl im Verlauf der Geschichte untergegangen
oder aus der Mode gekommen zu sein. Aber auch andere Sachen
zeigen dann wieder einen genau umgekehrten Preisverlauf. So gibt's
eine Rechnung über einen Bosch - Kühlschrank aus dem Jahre 1957,
der immerhin beachtliche 826 DM kostete. Dafür musste man damals
verflucht lange arbeiten, denn die Gehälter lagen ja auch wesentlich
niedriger. Oder auch ein Grundig - Radio für das Büro eines
Ingenieurs mit dem seltsamen Namen Fritz Heiland wird im Jahre
1956 verbucht mit immerhin beachtlichen 487 DM, wobei noch
ausdrücklich auf der Rechnung eines Elektro- und Radiohändlers aus
Karlsruhe vermerkt ist, dass es sich um ein Radio mit UKW und 3D-
Klang handelt, wobei „mit UKW" noch zweimal unterstrichen ist. Des
weiteren ein sehr schönes Beispiel, bei dem sich heutigen
Handwerkern die Fußnägel aufrollen würden, wenn sie das hörten. Es
ist eine Rechnung aus dem Jahre 1960 dabei, womit eine Firma für
Sanitärinstallationen namens Busch aus Karlsruhe die Kosten für den
Austausch eines Abwasserrohres an einem Waschbecken in einer
Betriebshalle veranschlagt. Dazu wurden 2,5 m altes defektes
Abwasserrohr entfernt und die gleiche Menge neu installiert und das
mit 2 Arbeitsstunden Aufwand. Die Gesamtrechnung für
Arbeitsentgelt plus Material beläuft sich auf 21,80 DM. Heute würde
man die gleiche Arbeit für das Zehnfache sicher nicht mehr
bekommen. Wenn man dann sieht, dass z.B. 1958 ein
„Maschinenbediener" Johann Schopf bei 48 Wochenstunden einen
jeweils freitags auszuzahlenden Wochenlohn von 68,61 DM erhielt,
was ungefähr einem Monatslohn von 300 DM entsprechen würde,
dann wird einem erst bewusst, wie lange die Leute damals für solch
eine technische Errungenschaft wie einen Kühlschrank oder ein Radio
arbeiten mussten. Und damals war es in der Regel noch üblich,
wirklich für diese Sachen zu arbeiten und zu sparen, bis man das Geld
dafür zusammen hatte, da die Seuche mit der Kreditaufnahme für
solche Anschaffungen erst später um sich griff. So haben wir mit dem
alten Aktenmaterial interessante Zeitzeugen gefunden, die wir in
jedem Fall in Ehren halten werden.

In der Nähe von dem Abwassersee, von dem ich Ihnen vor einiger
Zeit mal schrieb, haben sich seit knapp 2 Wochen Zigeuner mit 4
Wohnwagen niedergelassen. Heute nennt man die offiziell zwar nicht
mehr einfach Zigeuner, sondern Sinti oder Roma, aber ich weiß ja
nicht, welcher dieser Zugehörigkeitsgruppen die angehören und beim
Begriff Zigeuner weiß jeder, was gemeint ist. Die haben offensichtlich
ein gutes Näschen für ruhige Plätze. Ich fand es schon abenteuerlich,
wie die teils mit ihren großen PKW und den Wohnwagen dran diesen
holperigen Feldweg zu dem See befuhren. Ich hätte da Angst gehabt,
dass das Gespann stecken bleibt oder dass der Wohnwagen in den
mächtigen Schlaglöchern umkippt. Das sind 2 PKW plus Wohnwagen
sowie 2 Mercedes - Sprinter - Kleinbusse plus Wohnwagen. Am
zweiten Tag schickten die schon eine bildhübsche junge Frau vorbei,
die bei uns freundlich fragte, ob wir ihr 20 Liter Trinkwasser in einen
Plastikkanister füllen könnten. Wissen Sie, so einer netten Frau konnte
man eh nichts ausschlagen, das wussten die ja genau, und ich habe der
auch den Kanister voll gemacht, den sie dann mit einem kleinen
gummibereiften Handwägelchen abtransportierte. Wir haben der dann
noch einen Tipp gegeben, wir wissen nämlich noch einen Wasserhahn
außen an der Fabrikmauer, der zwar etwas versteckt und zugewachsen
hinter Gebüsch liegt, wo man aber problemlos noch Frischwasser
zapfen kann. Das vernahm die Frau natürlich begeistert und sie
bedankte sich sehr für den guten Tipp. In den darauffolgenden Tagen
sind die dann immer dort Frischwasser holen gegangen. Wissen Sie,
ich hab nichts gegen die Leute, auch wenn man oft da die tollsten
Räubergeschichten hört, aber solange die bei uns nichts negatives
machen und so freundlich sind, warum soll man da gleich Terz
machen oder denen ablehnend gegenüber treten? Nach einigen Tagen
tauchte dann wohl einer von der Gemeindeverwaltung bei denen auf
und etwas danach ein Polizeiwagen. Ich dachte schon, dass die danach
dort verschwinden müssten, aber anscheinend hat man sich irgendwie
einigen können, denn die sind heute noch da und es hat sich auch
später keiner mehr von der Verwaltung oder der Polizei blicken
lassen. Der Rentner hier aus der Siedlung meinte, dass es eine
gesetzliche Bestimmung geben würde, die besagt, dass die im Prinzip
das Recht dazu haben, an jedem Ort maximal 2 Wochen zu bleiben,
sofern geeignete Plätze vorhanden sind. Meist scheitert es natürlich
schon daran, dass eben keine geeigneten Plätze vorhanden sind, denn
auf Privatgelände dürfen die ja nicht einfach ihren Kram abstellen und
auf anderweitig genutztem Gemeindegelände sicher auch nicht. Wie
sich das nun hier an dem Abwassersee verhält, weiß ich nicht. Stören
dürften sie dort ohnehin keinen und wem dieser Bereich gehört, ob das
nun Gemeindeland ist oder ob es noch irgend einem Privateigner
gehört, wer weiß?

In den letzten Tagen kam die sogenannte Jahres - Stromabrechnung
und durch die entdeckten Abzweigströme in die unterirdischen Gänge
und Anbauten hatten wir da schon schlimme Erwartungen bezüglich
horrender Nachzahlungen. Doch wir waren sehr angenehm überrascht,
denn wir erhalten eine Gutschrift von rund 200 Euro, weil der
tatsächliche Stromverbrauch geringer ausgefallen ist, als der vom
Energieversorger vorausberechnete Mittelwert. Vielleicht liegt es auch
daran, weil wir diese verschwindenden Ströme unter Mithilfe des
Elektrikers entdeckt und abgeklemmt haben, so dass die alte
Berechnung noch deren ständigen Verbrauch mit zugrunde legte,
wogegen der ja in den letzten Monaten weggefallen ist.

Wie Sie wissen, neige ich dazu, immer mal wieder in einem
Zwischenbericht unsere aktuelle Situation zu bewerten, so eine Art
wirtschaftlicher Halbjahresbericht. Sah es insbesondere zu
Weihnachten 2006 und zum Jahreswechsel noch recht düster aus, vor
allem wegen Kaylas fragwürdigem Gesundheitszustand, so kann man
jetzt sagen, dass der momentane Istzustand von mir aus so für die
nächsten Jahre festgeschrieben werden sollte. Kaylas damalige
Erkrankung hat sich zum Glück nicht wieder gemeldet und weder die
Ärzte noch Kayla selbst wissen, woran dieser Schwächeanfall gelegen
hatte, man müsste sicher eher schon von einer Schwächephase
sprechen, da es sich ja über 1 bis 2 Wochen hinzog. Rein
wirtschaftlich geht es uns nach wie vor so gut, wie schon seit über 10,
eher 15  Jahren nicht mehr, zumindest wenn ich für mich sprechen
kann. Bei Kayla selbst ist es aber wirtschaftlich ebenso, denn ihr ging
es früher, vor unserer gemeinsamen Zeit, wirtschaftlich immer nur
schlechter als heute. Wie soll man sagen? Die wirtschaftlichen
Konstellationen, die sich in unserem gemeinsamen Leben ergeben
haben und die Art, wie wir diese Konstellationen genutzt haben,
führen dazu, dass wir nun eigentlich recht sorglos leben können. Nicht
im Reichtum, das gewiss nicht, aber in einem wirtschaftlichen
Standard, der uns beiden völlig ausreicht. Mehr an wirtschaftlichem
Reichtum erwarten wir ganz gewiss nicht vom Leben und wenn dann
noch die Gesundheit auf dem Level erhalten bleibt, der momentan
besteht, dann kann man sehr zufrieden sein. Was will man mehr vom
Leben? So ergeben sich auch daraus durchaus interessante
Denkansätze, die mir so ab und zu mal durch den Schädel schwirren,
wie z.B. die Frage, ob ich wirklich glücklicher wäre, wenn ich
zusätzlich zum jetzt erreichten Stand vielleicht noch 5 Millionen Euro
auf dem Konto hätte, wenn ich, anstatt eines kleinen Opel - Corsa
einen dicken Rolls Royce oder wenigstens einen Mercedes fahren
würde und wenn wir, anstatt eines Altbauhauses neben einer
brachliegenden Fabrik, ein neues hochglänzendes Villengebäude mit
Swimmingpool und allem Schnickschnack hätten? Mein
Denkergebnis dabei lautet immer, dass ich dann mit Sicherheit nicht
glücklicher wäre, als jetzt auch. Diese ganzen Statussymbole geben
mir nichts, ich lege keinen Wert darauf, solange ich in einem
Mindeststandard leben kann, dessen Grundvoraussetzungen und
Grenzwerte ich selbst festgelegt habe. Ab einer gewissen Grenze
macht mehr an Reichtum oder Eigentum einfach keinen zusätzlichen
Spaß mehr, so sehe ich das. Diese Grenze mag sicher bei jedem
Menschen anders liegen, bei mir liegt sie halt relativ niedrig, um einen
Punkt zu erreichen, der keine nennenswerte Steigerung der inneren
Zufriedenheit mehr zulässt. Andererseits bin ich auch nicht so
weltfremd, dass ich weiß, dass diese doch recht positive Zeit
irgendwann ein Ende hat. Das gibt es im Menschenleben einfach
nicht, dass gute Zeitphasen dauernd anhalten; wenn ich im Leben
eines gelernt habe, dann das. Es mag makaber klingen, aber so
weiterleben wie jetzt, bis ans Ende meiner Tage und dann am Schluss
von einer Sekunde auf die nächste tot umfallen, das wär's doch, was
kann man sich für die längerfristige Zukunft mehr wünschen?

So, dann wollen wir uns mal wieder weiter der Gestaltung unserer
Zukunft widmen und ich ende für heute hier und jetzt. Das Wetter hat
sich ja in den letzten Tagen drastisch um besonnen, wobei der Begriff
„besonnen" bei der Hitze eine besondere Bedeutung erhält. Bis zum
nächsten Mal wünschen wir Ihnen einen schönen Verlauf des weiteren
Sommers, Ihr

Egbert Lappenkeuler.


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email „Kaufinteressenten und Piepmätze" vom 01.08.2007

Viele frohgemute Grüße.

Es tut sich wieder manches, so dass es mir lohnend erschien,
eigentlich ungeplant hier noch auf die Schnelle von einigen Dingen zu
berichten oder zu anderen Dingen einige Anmerkungen zu machen.

Wie zu vernehmen war, soll es inzwischen weitere Kaufinteressenten
für einen Teilbereich der alten Fabrik hier geben. Allerdings betrifft es
in dem Fall nur einen sehr kleinen Bereich mit einer recht kleinen
alten Halle und einem anderen kleinen Gebäude darauf, der sich quasi
gleich ans Areal der neuen Regenwasserbehälter - Firma anschließt.
Das würde uns also dann auch gar nicht tangieren, da die dann ebenso
die neue Zufahrtsstraße von der Regenwasserbehälter - Firma
mitbenutzen würden. Ich vermute sogar, dass der Inhaber der
Regenwasserbehälter - Firma selbst unter seines Gleichen mit dafür
gesorgt hat, dass dieser neue Interessent hier überhaupt auf den Plan
gerufen wurde, denn je mehr Firmen sich in seinem direkten Umfeld
neu ansiedeln, um auf so mehr Schultern verteilen sich dann auch die
Anliegerkosten für das neue Straßenstück. Über das Betätigungsfeld
dieser möglicherweise zukünftigen Mit-Anlieger-Firma kursieren hier
derzeit die unterschiedlichsten Gerüchte. Jemand will gehört haben,
dass die in kleinem Rahmen stark ätzende Chemikalien für
Sonderanwendungen herstellen, die sogar so ätzend sind, dass sie ein
10 mm dickes Stahlblech innerhalb von weniger als 5 Sekunden
vollkommen durchfressen und das dann noch unter Absonderung von
absolut giftigen Dämpfen. Der Rentner hier hingegen sagte, es sei eine
Firma, die sogar mit der Regenwasserbehälter-Fabrik Hand in Hand
arbeiten würde und u.a. für die irgendwelche Formwerkzeuge zur
Herstellung der Erdtanks produzieren, also eine Art Werkzeugfabrik,
wenn man so will, die Spezialwerkzeuge in kleinen Stückzahlen für
eine Hand voll Industrieabnehmer herstellt. Was nun wirklich stimmt,
oder ob das überhaupt stimmt, dass sich auf diese Weise eine weitere
Firma hier ansiedeln will, ist noch unklar. Nur Sie wissen ja auch wie
das so ist, zuerst ist es nur ein nebliges Gerücht, sehr vage und mit
einem kaum erkennbaren Wahrscheinlichkeitsgrad ausgestattet; der
Nächste der es weitererzählt, für den ist es schon ziemlich sicher,
wieder eine Stufe später steht es schon so gut wie fest und spätestens
eine Erzählerrunde weiter heißt es, dass die schon dort arbeiten
würden. Nur wenn man dann hinkommt, sieht man noch gar nichts.
Wie dem auch sei, durch solche Gerüchte angespornt haben wir in
dem infrage kommenden Bereich vor einigen Tagen einen kleinen
Sonder - Erkundungsrundgang gemacht und es gibt tatsächlich
Anzeichen dafür, dass sich in 2 weiteren alten Hallen dort etwas tut.
Neben einer äußerlich relativ gut erhaltenen, kleinen Halle, in der wir
noch nie drinnen waren, weil die auch immer noch ordnungsgemäß
verschlossen war, standen auch einige Fahrzeuge. Darunter neben
Autos, die vermutlich von Handwerkern stammten, auch ein Traktor.
Von drinnen drangen Geräusche von Bohrarbeiten im Mauerwerk
nach außen. Ob da nun ein Landwirt diese Halle gekauft hat oder ob
man diesen Traktor zu anderen Zwecken, vielleicht zum Ziehen
schwerer Lasten oder so was benötigt, weiß ich nicht. Sie sehen das
auch auf dem Foto firmenhalle1.

 
firmenhalle1: kommt auch dieses alte Gemäuer in neue Verwendung? -
alles sieht derzeit danach aus.

Weiter kamen wir bei dieser Erkundung jedoch nicht, da schlagartig
ein heftiger Regenschauer einsetzte, der uns schnell wieder nach
Hause trieb. Überhaupt regnete es dann an diesem Tag noch
stundenlang intensiv, sogar so intensiv dass ein kleiner Bach in
Richtung des Abwassersees in diesem Bereich weiter östlich von hier
einige Grasweiden unter Wasser setzte. Dann am nächsten Tag
herrschte schönstes Sommerwetter und wir setzten den Rundgang an
der Stelle fort, wo wir am Tag zuvor eiligst abgebrochen hatten. Dabei
fiel uns auf, dass ein Stück weiter auch an einer anderen noch deutlich
kleineren Halle etliche Mauerwerksschäden beseitigt und Steine neu
ausgefugt worden waren. Das Gebäude sehen Sie auf firmenhalle2.

 
firmenhalle2: Auch an dieser eher etwas unscheinbaren Kleinhalle
tut sich etwas. Die Ziegelsteine wurden teils gereinigt und neu ausgefugt.

Ob jetzt diese beiden Gebäude von der gleichen Firma genutzt und
bearbeitet werden, ist uns noch nicht bekannt. Es wäre auch denkbar,
dass die von 2 völlig unterschiedlichen Firmen oder Leuten
übernommen wurden, die vielleicht gar nichts miteinander zu tun
haben. Für diese letztgenannte Variante spräche die räumliche
Trennung, denn zwischen der oben abgebildeten Halle 1 und dieser
Halle 2 hier, liegen etwa 150 m Distanz, wodurch die Arbeitswege
innerhalb eines Betriebes doch teils etwas umständlich würden.
Andererseits dafür spräche, wenn die oder der Käufer nur strikt
danach gegangen sind, welche Gebäude sich in diesem weiteren
Bereich in einem besonders guten Zustand befinden, wo man wenig
renovieren muss und wo die Gebäude halt eben diese eher kompakte
und überschaubare Größe aufweisen. Im Bereich vor der Firmenhalle2
liegen übrigens auch noch einige alte, verrostete Eisenbahngleise, wo
also innerbetrieblich früher sogar mal Güterwagons verkehrten, die
von der stillgelegten Eisenbahnstrecke hinter dem Fabrikgelände aufs
Werksgelände abgezweigt wurden. Es liegen zwischen diesen beiden
Gebäuden auch noch Fragmente alter größerer Gebäude. Wenn die
beiden Hallen zu einem Betrieb gehören, dann müssen die
Beschäftigten jedenfalls immer etwas umständliche Wege in Kauf
nehmen. Auch sind die Zuwegungen zu der zweiten Halle alle noch
ziemlich mit Unkraut und Gras überwuchert, weil dorthin schon
Ewigkeiten keiner mehr gefahren ist. Ähnlich wie bei der ersten Halle,
sind wir bislang in der zweiten Halle noch nie drin gewesen, weil auch
die stets noch verschlossen war und auch weil sie so ein wenig
unscheinbar eingebettet zwischen den größeren Teilen der Fabrik und
dem dichten Bewuchs liegt, dass die umliegenden Gebäude zunächst
mal mehr das Interesse des „Forschenden" wecken. Die erste Halle
oben verfügt bereits über sehr gute Zuwegungen, da man den
Abzweig zur Regenwasserbehälterfabrik mit einer Art kleinem
Stichweg bis dorthin verlängert hat. Das war wohl auch keine große
Aktion, da man hier eine bereits bestehende innerbetriebliche Straße
von früher nur etwas ausbessern musste und die dann mit einem etwa
20 Meter langen neuen Verbindungsstück mit der neuen
Abzweigstraße zusammenführen musste. Aber das sieht dort alles
bereits sehr gepflegt aus, fast schon so sauber und adrett, dass es gar
nicht mehr so richtig zum Rest der alten Anlagen hier passen möchte.
Ich weiß nicht, ob diese Bereiche dann so offen bleiben, oder ob man
dort auch, ähnlich wie bei der Regenwasserbehälter-Fabrik, später
einen stabilen Abtrennzaun gegenüber dem Rest des alten
Firmengeländes errichtet. Aus Sicherheitsgründen wäre es sicher
ratsam, einen Zaun zu errichten, damit nicht jeder Idiot einfach auf
das Firmengelände marschieren kann, insbesondere zum Schutz vor
Dieben, aber es wäre auch vielleicht sinnvoll, um die verbleibenden
Reste der alten Fabrik leichter wieder an andere Interessenten
vermarkten zu können. Da fiele die Unterteilung leichter. Natürlich
sind wir jetzt besonders gespannt, was sich dort weiterhin wirklich tut
und was diese neuen Eigentümer dort machen oder herstellen werden.
Wie schon oben gesagt, wissen wir darüber noch gar nichts. Kayla
meinte schon mehr aus Spaß, ob in der Halle wo der Traktor neben
stand, ein Bauer vielleicht die Halle zu einem Schweinestall umbauen
will. Selbstverständlich ist das nur Unfug, denn das ganze restliche
Umfeld ist für eine landwirtschaftliche Nutzung ungeeignet und auch
die Art in der das alles hergerichtet wird, lässt auf eine industrielle
oder handwerkliche Nutzung schließen. Das Vorhandensein eines
Traktors ist ja nicht immer zwingend an Landwirtschaft gebunden und
vielleicht gehört dieser Traktor ja auch nur zu einer Firma, die dort bei
den Umbaumaßnahmen hilft und den möglicherweise dazu einsetzt,
um schwere alte Anlagen, die sich noch im Inneren der Halle befinden
herauszureißen oder abzutransportieren.

Es ist immer wieder erstaunlich, welche speziellen Nischen als Hobby
sich heute manche Leute aneignen. In letzter Zeit fuhr hier an dem
Mühlenweg morgens pünktlich um 8 Uhr öfters ein Toyota - Kombi -
PKW vor und parkte dort halbseitig auf dem Straßenrandstreifen, ein
vielleicht 40 jähriger Mann in grüner Tarnkleidung, ähnlich wie
manche Förster sie tragen, stieg aus und wanderte in den wild
wuchernden Waldhain, neben dem sich der Militär - Autoschrottplatz
befindet. Erst am späten Nachmittag, etwa gegen 18.30 Uhr kehrte er
zu seinem Wagen zurück und fuhr wieder weg. Meistens hatte er noch
diverse Taschen um den Hals hängen, ich vermutete schon, dass es
u.a. Kamerataschen sein könnten. Zuerst dachte ich schon, das wäre
einer, der vielleicht die Situation auf dem Militär - Autoschrottplatz
fotografiert oder der hinten herum irgendwie von dort sich auf das
Fabrikgelände schleicht, um dort zu knipsen. Vor wenigen Tagen, als
wir hier auf dem Mühlenweg etwas spazieren gingen, begegnete er
uns weiter unten im Verlauf des Weges und wir kamen kurz ins
Gespräch. Es stellte sich heraus, dass sein Hobby die intensive
Beschäftigung mit Nachtigallen ist, also dieser Vogelart Nachtigall. Er
sagte, dass im Bereich dieses Waldhains, wo an vielen Stellen auch
noch heckenartige Gewächse wild wuchern, unzählige Nachtigallen
ihre Nester haben. Die Hecken sollen teils noch aus der Zeit stammen,
als dort die kleine Kalimine war, nur damals wurden die wohl als
Sichtschutz gepflegt, damit nicht jeder gleich freien Blick auf das
Firmengelände hatte, aber seit dem Verschwinden dieser Firma
wuchert das wild, wird immer höher und vor allem breiter und
unförmiger. Auch die meisten Bäume in diesem Bereich haben sich
wohl erst nachher selbst gepflanzt und sind heute schon haushoch.
Daran sieht man, wie lange die Zeit der Kalimine dort schon vorbei
ist. Dieser Mann verbringt nun ganze Tage damit, dort aus getarnter
Position mit Kamera und Teleobjektiv diese Nachtigallen zu
beobachten und zu fotografieren. Ich könnte Ihnen noch nicht einmal
sagen, wie eine Nachtigall aussieht, würde sie wahrscheinlich gar
nicht speziell als solche erkennen, es wäre ein Vogel unter vielen,
selbst wenn er direkt vor meiner Nase daher flöge. Dieser Herr
hingegen steigerte sich in dem Gespräch in eine regelrechte Euphorie
über Nachtigallen hinein, dass es angeblich so sehr viele davon in
Deutschland gar nicht mehr geben soll, vor allem wären die Plätze rar,
an denen in geballter Form so viele davon zu beobachten sind, wie
hier. Aber dann schlug seine Euphorie schnell in Zorn um und er
verfluchte die Regenwasser - Behälterfirma. Angeblich sollen
ausgerechnet in dem Bereich, den die für ihre neue Zufahrtsstraße
und ihren Parkplatz großflächig abgeholzt haben ebenfalls unzählige
Nachtigallen ihr Domizil gehabt haben. Er habe das leider viel zu spät
entdeckt, erst kürzlich, weil er schon über ein Jahr nicht mehr hier
gewesen sei. Er hätte dann zwar Beschwerde bei irgendwelchen
Behörden und besonders bei dieser Firma eingelegt, aber das ändert
im Nachhinein ja nichts mehr an der Tatsache, dass dort alle
Nachtigallen nun weg sind. Ich als Unwissender in Sachen Nachtigall
sagte dann mehr als kleiner Trost zu ihm, um ihn wieder auf eine
halbwegs normale Stimmungslage zurück zu holen, dass die dort
vertriebenen Nachtigallen dafür nun sicher in dem Gehölz in dem
Waldhain neben dem Militär - Autoschrottplatz eine neue Heimat
gefunden hätten. Da ist der Mann bald explodiert. Es war beinahe, als
hätte ich ihn als Dummkopf oder Arschloch beschimpft, er geriet noch
deutlich mehr in Rage und schrie mich regelrecht an, ob ich ihm hier
Märchen von der heilen Welt erzählen wolle und noch diese
Mistschweine unterstützen würde, die die letzten Reste an Artenschutz
und Natur auch noch niedermachen wollen, nur um noch mehr
Flächen für ihre Profitgier verheizen zu können. Er tobte sichtlich,
nannte mich eine Flasche und schrie des weiteren, dass Nachtigallen
in einem solchen Fall nicht so einfach umziehen könnten, wie
vielleicht ein Mieter von einem Haus ins nächste zieht. Die Vögel
wären sehr empfindlich und oftmals würden die gleich nach einer
Wegnahme ihres bisherigen Lebensraums kläglich eingehen. Das
hinge wohl auch sehr vom Zeitpunkt ab, wann sie sozusagen
„wohnungslos" werden. So angegrunzt zu werden, dass lasse ich mir
aber zumindest in diesem Ausmaß auch nicht bieten und erklärte ihm
nun ebenfalls lautstark, dass ich schließlich von solchem Getier keine
Ahnung hätte, es könne sich ja nicht jeder mit diesem Thema
beschäftigen. Dann wurde er wieder etwas gefasster und versuchte mir
mit einem langen Vortrag zu erläutern, warum Nachtigallen sehr mit
ihrem ursprünglichen Nest verwurzelt sind und nicht einfach so mal
umziehen können. Da mich das ganze Gefasel aber nicht interessierte,
habe ich mir seine detailreichen Äußerungen nicht weiter gemerkt.
Jedenfalls plant er nun, sogar den Betreiber der Regenwasserbehälter-
Firma anzuzeigen, weil der sich nicht um Belange der Natur und des
Artenschutzes gekümmert habe, als er einfach alles in dem Bereich
abholzen ließ. Wissen Sie, ich fand das schon reichlich übertrieben,
wie der sich da rein steigerte und ich glaube kaum, dass diese
Nachtigallen wirklich so sehr vom Aussterben bedroht sind, dass man
da solch ein Theater drum macht und deswegen sogar im schlimmsten
Fall vielleicht die Ansiedlung der Firma untersagt hätte. Das ist doch
lächerlich, wie es den Menschen geht, spielt keine Rolle, die brauchen
keinen Arbeitsplatz um zu überleben, Hauptsache ein paar Piepmätzen
geht es gut, haha, man darf nicht darüber nachdenken, wie geistig
verschroben manche Leute heute sind. Wissen Sie, nach anfänglichen
Spuren von Sympathie für den Mann, hätte ich dem am Schluss, wo
der so ausrastete, am liebsten das Teleobjektiv seiner Kamera in die
Fresse geschoben. Dass oftmals Leute, die solch ein Hobby dieser Art
haben, dann gleich in eine Art Extremismus umschlagen müssen, das
ist mir unbegreiflich. Die haben doch einen gewaltigen Sprung in der
Schüssel und denen geht es zu gut! Die haben wahrscheinlich in ihrem
ganzen Leben noch nie echte Probleme gehabt, so dass sie solche 
Kinkerlitzchen zu einer Riesensache von weltwichtiger Tragweite
aufblasen müssen.

Egbert Lappenkeuler.