LPK-J2

Auf dieser Seite finden Sie den zweiten Teil des Beitrages “Nancy”, aus dem Jahre 2009.

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Forsetzung von der vorherigen Seite LKP - J1:

Teil 2 von: Lappenkeuler - Email / Brief „Nancy" vom 25.10.2009

.... Dann, vielleicht 50 - 70 km von
Nancy entfernt, trafen wir in Baccarat ein. Ein beschauliches
Städtchen mit vielen einheitlichen Häusern. Eine Ortsbesichtigung
stand dort aber nicht auf dem Programm, sondern es ging gleich zu
einer in der Nähe gelegenen Glasfabrik, wo außergewöhnlich schöne
Glaskunst hergestellt wird. Aber da hatten die Organisatoren einen
schweren Patzer gemacht. Die Fabrik war nämlich geschlossen. Dort
saß nur ein Pförtner am Eingangstor und erläuterte dem Pascal, dass
man aus Rationalisierungsgründen schon seit längerem immer nur
einige Monate arbeite, bis die Lagerhäuser an Ware wieder voll sind
und das vorrätige heisse Glas in der Glaswanne aufgebraucht sei.
Dann würde der Betrieb wieder für etwa 3 bis 4 Monate geschlossen,
ehe er dann wieder zur Fertigung von Nachschub neu angeheizt
würde. Im Moment hätten wir eben Pech, weil der Laden gerade seit 2
Wochen dicht sei. Er gab die Empfehlung, dass wir uns ein spezielles
Glasmuseum vor Ort ansehen sollten, wo man die Produkte der letzten
300 Jahre sogar bestaunen könne, nur leider nicht ihre Herstellung,
was mich ehrlich gesagt mehr interessiert hätte. Na ja. So ging es in
das schöne Museum, welches in mehreren alten Arbeiterhäusern
untergebracht ist, die dazu innen durch Mauerdurchbrüche zu einem
Großgebäude zusammengelegt wurden. Das war schon toll, keine
Frage, und man kam aus dem Staunen nicht heraus, wie die Leute
früher solche filigranen Muster und Farbzeichnungen oder Schliffe so
perfekt und auch so einheitlich ins Glas gebracht haben. Die hatten ja
kaum Maschinen und trotzdem sah ein Glas aus wie das andere,
obwohl alle Gläser dieser Serie einzeln von Hand gefertigt wurden. So
schön die Ausstellungsstücke auch waren, haben wir uns am Ausgang
nicht überreden lassen, von den heutigen Kollektionen z.B. an
künstlerisch gestalteten Trinkgläsern, welche zu kaufen. Schön waren
die zweifellos, aber hören Sie mal, 125 Euro für ein einzelnes
Trinkglas, da weiss ich andere Methoden das Geld zu verbrauchen, die
effektiver sind, von denen unsereins mehr hat. Nun war dieser
Museumsbesuch deutlich kürzer, als es der Aufenthalt in der
laufenden Glasfabrik gewesen wäre. Dadurch kam der Pascal mit
seinem abzuarbeitenden Programm ziemlich in Schwierigkeiten. Von
dort sollte die Reise nämlich nur 20 km weiter zu einer Wanderung
durch eine frühere Grube gehen, in der besonders viele Fossilien
gefunden wurden. Das war aber nur unter fachkundiger Führung
möglich, weil die Grube ein etwas eigenartiges Gemisch aus Tagebau
und Untertagebau ist, wo man nur mit geschultem Führungspersonal
rein darf. Da waren wir aber 2 Stunden zu früh und der bestellte
Führer noch nicht da. Diese Grube lag ziemlich abseits, nebenbei nur
ein kleines Dorf mit vielleicht 150 Einwohnern. So schlenderten
Kayla und ich etwas durch die Gegend, andere versuchten krampfhaft
in dem kleinen Ort eine Art Gaststube oder so was zu finden, weil sie
Hunger und Durst hatten. Damit hatten wir überhaupt kein Problem,
weil wir uns vom Hotel - Frühstück, was immer zu reichhaltig war,
etliches für unterwegs eingepackt hatten, ergänzt von solchen kleinen
erfrischenden Orange- oder Apfelsaftbeuteln waren wir damit gut
versorgt. Die meisten anderen hatten darauf vertraut, immer und
überall etwas zu essen und trinken zu bekommen. Aber in dem 150 -
Seelendorf war in dieser Beziehung, wie wahrscheinlich auch in jeder
anderer Beziehung, tote Hose. Da gab es rein gar nichts. Gut, schöne
ruhige Lage, fernab von jedem Verkehr, hat ja auch seinen Reiz und
seinen Wert, aber dort gabs kein einziges Geschäft, keine Wirtschaft,
kein Garnichts. Ich hatte manchmal sogar den Eindruck, dass es dort
noch nicht mal Einwohner gab, weil man sah niemanden auf der
Straße oder am Haus. Einige vorwiegend etwa 100 Jahre alte Häuser
in einer Art Bruchsteinbauweise, aber wieder völlig anders, als
Bruchsteinhäuser bei uns aussehen, die im Zustand vorwiegend alle
relativ marode wirkten und die sich entlang der Haupt - Dorfstraße
aufreihten sowie in 2 oder 3 kleinen Seitensträßchen verstreuten. Ein
solch totes Dorf habe ich zuvor noch nie gesehehn. Da ist selbst bei
uns zuhaus in der Siedlung noch mehr los, obwohl da ja sogar nur 5
Häuser und die Fabriksachen stehen. Das einzige lebende Objekt, was
sich dort bemerkbar machte, war ein einsames, weisses Huhn, welches
gackernd über die vereinsamte Straße stolzierte. So streiften wir etwas
in der Gegend herum, andere streiften in anderen Ecken der
Landschaft umher und zusehends ging die Koordination in der Gruppe
verloren. Die Zeit verstrich, irgendwann traf der Grubenführer ein und
es sollte im Programm weiter gehen, aber dafür fehlten dann rund 70
% aller Teilnehmer, die sich inzwischen unauffindbar in der weiteren
Umgebung verstreut hatten. Der Pascal wurde schnell nervös und
zappelig, weil alles nicht so lief, wie er sich das eigentlich vorgestellt
hatte. Der wurde regelrecht hysterisch, kann man sagen. Soweit das zu
Fuß machbar war, durchstreiften die schon vorhandenen Teilnehmer
noch mal die wenigen Straßen von dem Nest, um dort die verloren
gegangenen Mitreisenden aufzuspüren. Das brachte einen Teilerfolg,
aber am Ende fehlten immer noch 8 Leute. Unterdessen setzte der
Grubenführer dem Pascal ein Ultimatum, dass er wieder nach Hause
gehen würde, wenn nicht spätestens in einer halben Stunde alle da
wären. Als Option bot er an, die Führung wie geplant, aber dann nur
für die kleinere, unvollständige Gruppe durchzuführen. Eigentlich die
naheliegendste Möglichkeit, aber damit war, aus mir unbekannten
Gründen, der Pascal überhaupt nicht einverstanden. Kayla meinte, das
habe vielleicht versicherungstechnische Hintergründe, was gut
möglich ist. Die 8 Leute waren und blieben verschwunden und so fiel
die Führung ins Wasser. Der Grubenführer stritt sich noch eine Weile
mit dem Pascal in französisch, wobei der Pascal wild gestikulierend
sichtlich genervt herum zappelte. Dann setzte sich der Grubenführer in
einen betagten, rundum unten schon stark rostenden Peugeot -
Lieferwagen und fuhr davon. Der Pascal telefonierte per Handy
mehrmals herum und bekam von seinem Gesprächspartner am
anderen Ende wohl eine bestimmte Adresse in diesem tot wirkenden
Kaff genannt, wohin er sich wenden soll. Er fand das selbst komisch,
machte es aber. Er ging dann zum vierten oder fünften Haus in der
Hauptstraße von diesem Nest, ein leicht rötlich gestrichenes Haus,
dort klingelte er. Nach einiger Wartezeit trat eine sehr voluminöse
Frau heraus, die ihn dann zu uns hin begleitete. Sie werden sich sicher
fragen, warum ich den seltsamen Begriff „voluminös" verwende und
nicht einfach sage, dass sie dick war, aber das hat seinen Grund. Die
Dame war wirklich sehr voluminös und das Wort „dick" beschreibt
ihre Figur nicht. Wenn ich sage, jemand ist dick, dann bezieht sich das
in erster Linie auf den Bauchbereich und gewisse Speckanteile,
vielleicht am gesamten Körper, besonders meist an Oberarmen,
Beinen u.s.w., aber diese Frau war in alle Richtungen, die es gibt im
erheblichen Übermaß, wenn man so will. Sie war sehr groß,
schätzungsweise fast 2 Meter, sie war sehr breit, also in den Schultern
und überhaupt der ganze Körper war sehr breit, so wie man es bei
einem Mann als Kleiderschrank bezeichnen würde, und bei alle dem
war sie dann natürlich auch noch sehr dick, also der angesprochene
Bauchbereich und diese Dinge. Also alles, was an einem Menschen
dick und übergroß sein kann, war an dieser Frau auch übergroß,
jedenfalls soweit man das „von außen" sehen konnte. Entgegen ihrem
total schockierenden Äusseren im King - Size - Format, hatte sie eine
sehr schöne Stimme und wenn Sie nur deren Stimme gehört hätten,
würden Sie glauben, eine ganz extrem tolle und schöne Frau zu hören.
Ich schätzte sie um die 30 Jahre alt, aber so genau vermochte man das
bei dem trügerischen Gesamtbild nicht zu erkennen. Nun hieß es, dass
diese Kampfmaschine von einem Weib uns diese Grube genau so gut
zeigen könne, wie der entschwundene Grubenführer. Na gut, warum
auch nicht, dachten wir. Soweit kam es allerding erst gar nicht, weil
der Pascal nun wieder der entspannte und eher witzige Typ wurde und
hinter der voluminösen Frau im Watschelgang schaukelnd hinterher
schritt und dabei so ein wenig die Gangart nachahmte, wie die Sumo -
Ringer aus Japan vor dem Kampf schaukelnd aufeinander zu
watscheln, so wankend von einem Bein auf das andere stampfend. Das
war zwar als lustige Einlage gedacht, natürlich auf Kosten der Frau,
weil er sie damit ja in gewisser Weise verunglimpfte, zumal er dabei
noch bei jedem Schritt mit dem Mund so was wie „Bomm, bomm,
bomm" vor sich her brummte. Die Frau bekam das auch mit, trat den
Pascal vors Schienbein, was uns wiederum belustigte, ihn natürlich
nicht, drehte sich um und ging wieder nach Hause, wobei sie leise vor
sich her schimpfte. Damit war die Besichtigung der Grube endgültig
im Eimer, zumal es mittlerweile schon so spät geworden war, dass die
Reise weiter gehen musste. Das stieß auf neue Probleme, weil die 8
fehlenden Leute immer noch nicht da waren. Der Busfahrer dieser
Besichtigungsreise, der nichts mit dem Busfahrer des
Busunternehmers aus Stuttgart zu tun hatte, es war auch ein anderer
Bus eines örtlichen Unternehmers aus der Region, ein sehr kleiner,
hagerer Mann mit dickem Schnauzbart, bei dem man immer den
Eindruck hatte, dass er den Schnauzbart brauchte, um sich dahinter zu
verstecken, begann dann mit dem Reiseleiter Pascal zu diskutieren.
Eigentlich war es längst Zeit, zum nächsten Reiseziel dieser
Regionaltour aufzubrechen. Nun schien es jedoch dem Pascal
unmöglich zu sein, die 8 fehlenden Teilnehmer einfach zurück zu
lassen, was der Busfahrer nicht akzeptieren wollte. Wie Kayla aus der
Diskussion heraus verstehen konnte, wollte der Busfahrer darauf
bestehen, nun halt ohne die 8 Leute weiter zu fahren, da es deren
eigene Schuld sei, wenn sie sich so weit und unauffindbar von der
Gruppe entfernen würden. Dann sollten sie halt zusehen, wie sie auf
eigene Kappe wieder zurück kommen. Der Pascal meinte jedoch das
könne man keinesfalls machen, notfalls müsse eben das restliche
Reiseprogramm zusammen gestrichen werden. Sie können sich
vorstellen, dass den vorhandenen Reisenden das aber auch nicht so
recht gefiel, weil man sich schöneres vorstellen kann, als in dieser
eher langweiligen Ecke weitere Stunden auf die Entschwundenen zu
warten. Und wer weiss, ob die nicht längst einfach per Taxi zurück
nach Nancy gefahren sind und wir Idioten dort noch stundenlang ohne
Sinn und Zweck auf die warten. Der Busfahrer setzte dem Pascal ein
Ultimatum von 30 weiteren Minuten, dann würde er in jedem Fall mit
dem Bus wieder zurück nach Nancy fahren, weil er dort einige Zeit
später eine andere Bustour übernehmen müsse. Die 30 Minuten
verstrichen und so kam, was kommen musste. Der Busfahrer blies zur
Abfahrt und auch ein noch so schimpfender Pascal konnte ihn daran
nicht hindern, also sind alle notgedrungen in den Bus, auch der Pascal,
und die Rückreise dieser etwas mißlungenen Tour startete. Etwa 5 km
von dort zurück in Richtung Nancy wurden dann 7 der 8 fehlenden
Mitreisenden in einem etwas größeren Dorf am Ortseingang zufällig
aufgegabelt, wohin die zu Fuß gewandert waren. Nur einer blieb
verschollen. Der sei die ersten 20 Minuten noch mit diesen 7
mitgewandert, habe dann aber einen anderen Weg über abseitige
Feldwege eingeschlagen, während diese 7 einfach entlang der Straße
dorthin gewandert waren. Nun war auch der Pascal wieder mehr
beruhigt, fluchte aber ziemlich, dass die ganze Reise doch eher ein
Reinfall war. Wir ärgerten uns ehrlich gesagt auch etwas, weil wir
dadurch ja einen erheblichen Anteil an wertvoller Zeit verloren hatten.
Da wären wir lieber auf eigene Kappe durch Nancy und Umgebung
gestreift. Der Oberwitz kommt noch, denn als wir in Nancy
angekommen wieder ins Hotel gingen, begegneten wir gleich unten im
Hotelrestaurant dem fehlenden Mitreisenden, der saß zu dem
Zeitpunkt schon gemütlich am Tisch und verspeiste so einen
komischen Fischteller, der dort als Spezialität des Hauses ständig
angepriesen wurde. Dieser Fischteller konnte uns aber nicht
begeistern, im Gegenteil, wir fanden den eher eklig. Es stellte sich
heraus, dass dieser Abtrünnige gleich nach dem Verlassen der Gruppe
zwar kurz auf einem Feldweg gewandert war, dann aber tatsächlich an
einer Landstraße ein Taxi fand und sich davon zurück nach Nancy
kutschieren ließ. Doch genug zu diesem misslungenen Tagesausflug.
Wir nutzten den kargen Rest des Tages, um vorwiegend zu Fuß noch
etwas von Nancy zu erkunden. Übrigens, da fährt man rund 250 km
woanders hin, um dann erst dort erstaunt festzustellen, dass Nancy die
Partnerstadt von Karlsruhe ist, was wir vorher überhaupt nicht
wussten. Auf einem bunten Schild stand das dort. Ich habe mich dann
immer gewundert, dass man dort offensichtlich den Komponisten
Bach sehr verehrt, denn an allen möglichen Ecken fand man Bildnisse,
Symbole und Zeichnungen, die vermeintlich das Konterfei eines noch
relativ jungen Johann - Sebastian Bach zeigten. Wie sich uns erst am
letzten Tag eröffnete, war das gar kein Bildnis von Bach, sondern von
einem Stanislaus Lescynsky oder so ähnlich, der früher mal polnischer
König oder so was war und nach einem Krieg nicht mehr polnischer
König blieb, sondern irgendwie dafür die Gegend um Nancy als
Herzog, sozusagen zum Trost, zugesprochen bekam. Dort soll er aber
wohl einiges bewirkt haben, besonders auch Bauherr vieler
bedeutender Schlösser, Häuser, Plätze und Anlagen in und um Nancy
gewesen sein, so dass man ihn heute noch verehrt, obwohl das alles
schon 250 Jahre her ist. Also der muss dem Bach sehr geähnelt haben,
wenn man diese alten Karikaturen von selbigem mal so sieht. Zig
Straßen, Plätze und Wege, aber auch Häuser und öffentliche
Einrichtungen sind irgendwie nach diesem Stanislas benannt und
wenn man das nicht kennt, rennt man schnell in die Irre.

Am gleichen Abend war ein großes, kostenloses Abendessen im Hotel
angesagt. Das heisst, kostenlos war es eigentlich nicht, sondern im
Reisepreis enthalten. Dabei muss man aber sagen, dass es eben nur im
normalen Reisepreis enthalten war, der vom Hauptveranstalter für
seine Gäste bezahlt wurde, wozu wir ja genau betrachtet nicht zählten.
Offensichtlich war das der Hotelführung nicht bekannt oder egal, ich
vermute ersteres, jedenfalls rechnete man uns so dazu, als wären wir
ganz normale Mitglieder dieser Reisegesellschaft und somit erhielten
auch wir eine persönliche Einladungskarte aufs Zimmer zu diesem
kostenlosen Abendessen. Sie kennen uns inzwischen so gut, dass es
auf der Hand liegt, dass wir da nicht nein sagten. Das große Fressen,
wie ich die Veranstaltung scherzhaft nannte, ging um 18.30 Uhr los.
Wir gingen runter ins Hotelrestaurant, welches über 3 unterschiedliche
Speisesäle verfügt, einen großen Hauptsaal, der sich u-förmig um die
Hauptküche über einen großen Teil des Erdgeschoßes erstreckt. Das
ist ein schier riesiger und völlig unüberschaubarer Raum, mit endlosen
Tischreihen und ebenfalls reichhaltig altmodischer
Glühbirnenbeleuchtung, die einen gefühlsmässig ein wenig ins Jahr
1950 versetzt. Energiesparer würden sich dort gewiss nicht heimisch
fühlen. Zurück zu den Tischreihen, davon sind viele so lang
aneinander gestellt, dass dadurch zusammenhängende Tischeineiten
von locker 40 Metern entstehen, eigentlich eine ungemütliche
Saalatmosphäre, wenn da nicht die recht altbacken - vornehme
Jugendstil - Ausgestaltung wäre. 2 weitere kleinere Speisesäle
schließen sich im Bereich hinter der Küche an, wovon einer auch noch
recht groß ist und für besondere geschlossene Veranstaltungen
gemietet werden kann, während der kleinere ständig geöffnet ist, aber
nur für Wohlbetuchte, die dort gegen entsprechend höhere Preise
einen noch besseren Service erhalten. Das soll keineswegs heissen,
dass der Service hier in unserem Bereich zu wünschen übrig ließ, das
war schon in einer Kategorie, die uns persönlich mindestens 5
Nummern zu nobel erscheint. Wissen Sie, nobel und edel ist ja
zuweilen ganz schön, aber ich fühle mich in solchem Ambiente nicht
wirklich wohl. Da komme ich mir vor wie ein Fremdkörper und ich
finde das unbehaglich und hohl. Viele Leute machen ein Gehabe um
sich und ihre Lebensart und alles zum reinen Selbstzweck, sie
projezieren in sich selbst eine Bedeutung hinein, die sie nicht haben
und wahrscheinlich auch nie erlangen werden. Ich hasse eigentlich
solche Hohlfiguren, wie ich die immer nenne, aber habe
normalerweise trotzdem kein Problem damit, weil ich Leuten solchen
Schlages im normalen Leben immer problemlos aus dem Weg gehen
kann und die nicht (be)achte und nicht würdige. In diesem speziellen
Fall hier ging das aber verständlicher Weise nicht so ohne weiteres.
Kayla tut sich mit solchen Situationen wesentlich leichter als ich, sie
ist da deutlich wandlungsfähiger. Man könnte überspitzt sagen, sie ist
das Chamäleon in unserer Gemeinschaft und das macht sie ganz
geschickt. Ich meine das keineswegs abwertend, im Gegenteil, ich
sehe darin eine besondere Fähigkeit, die mir selbst völlig abgeht. Sie
perfektioniert das zuweilen so, dass man glauben könnte, dass sie sich
zeitlebens nie in anderer Gesellschaft aufgehalten hätte. Ich finde das
durchaus gut, denn dadurch erleichtert sie in solchen Situationen die
notwendige Kommunikation und alles drum herum. An den endlos
langen Tischreihen waren immer Tischgrüppchen vom Veranstalter
zusammengestellt worden, wo man dann Namenskarten aufgestellt
hatte, so dass man alsbald seinen Tisch, bzw. seine Sitzecke fand. An
jedem Platz waren in greifbarer Nähe schon zahlreiche
Menübestandteile aufgebaut und es duftete herrlich nach den edelsten
Speisen. Das war schon gekonnt gemacht. Man wollte, soweit wie
möglich, den Leuten eine reichhaltige und vor allem
abwechslungsreiche, stark unterschiedliche Auswahl bieten, ohne dass
da ständig irgendwelche Kellner herumflitzten und jedem Gast sein
persönliches Menü nachtragen mussten. Es war also eine Art warmes
Büffet, nur ohne Büffet, bzw. wo die zu wählenden Menübestandteile
gleich vor einem in jedem Tischgrüppchen standen. Probleme hätte es
höchstens dann geben können, wenn alle Gäste in der Tischgruppe das
gleiche Menü zusammengestellt hätten. Aber so war das schon toll.
Egal ob Backwaren, Nudeln, Reis, Kartoffeln, mindestens 20
Gemüsesorten, 30 verschiedene Frischsalate, Fleisch in allen
erdenklichen Varianten, besonders immer wieder hevorzuheben
unzählige Fischgerichte, Meeresfrüchte, labberige Muscheln,
Hummerzeugs, Pilzgerichte, äusserst einfallsreiche Desserts und
Speiseeis und auch an Getränken blieb kaum ein Wunsch offen. Kayla
meinte schon unter vorgehaltener Hand zu mir, dass dieses
Abendessen für die ganze Reisegesellschaft zusammengerechnet
mindestens 5.000 Euro, eher das Doppelte, kosten würde. Aber noch
war ja Anfang. Wir nahmen Platz wo unsere Namensschildchen
standen und waren gleich sehr erfreut darüber, dass wir 2 rare
Eckplätze am Ende der Tischreihe erwischt hatten und die Anordnung
so war, dass Kayla mir direkt gegenüber saß. Somit hatten wir beide
einen Eckplatz, wo man immer gut weg kommt, wenn man genug hat
oder mal aufs Klo muss und wo man vor allem beim Essen nicht
irgendwelchen Fremden gegenüber sitzt. Ich hasse es, beim Essen
wildfremden Leuten gegenüber zu sitzen und mir von denen beim
Essen zuschauen zu lassen. Etwa 5 Plätze weiter in Richtung
Tischgruppenmitte fiel mir gleich auf, dass an einem Platz ein
Suppenteller weniger stand, als an allen anderen Plätzen. Die Gäste
für diese Plätze waren aber noch nicht gekommen, dort war noch alles
frei. Wir saßen so da, langsam füllte sich der Saal. Einige pikfein
gekleidete Kellner mit Jackettwesten, die rubinrot - seidig
schimmerten, also eine tolle Arbeitskleidung, hasteten eiligen
Schrittes zwischen den Tischreihen her und ergänzten die
büffetartigen Menüs. Eine Art Oberkellner, der die unter seinen
Fittichen hatte, schritt alle Reihen mit kritischem Blick ab und
entdeckte dabei alsbald den fehlenden Suppenteller. Mit energischem
Blick rief er einen ganz bestimmten Keller dort hin. Der kam dann
auch, ich verstehe ja kein Französisch, aber laut Kayla, beteuerte
dieser Kellner, dass er 100 %ig auch dort einen Suppenteller
hingestellt habe. Irgend jemand müsse den an sich genommen haben,
war seine Schlußfolgerung. Der Chefkellner befand dies als den
Versuch einer Ausrede, wogegen sich der dadurch gedemütigte
Kellner aber sofort entschieden und erstaunlich lautstark wehrte. Er
beschwor fast schon brüllend, dass er überall komplette
Tischeindeckungen aufgebaut habe. Dann kam ein anderer Kellner
hinzu, der beteuerte, dass er selbst gesehen habe, dass sein Kollege
alle Teller ordnungsgemäss platziert habe und dass er sich sicher sei,
dass der fehlende Suppenteller vor einer halben Stunde noch dort
stand. Durch diese Bestätigung bekam der Oberkellner wohl gewisse
Zweifel an einem möglichen Fehlverhalten seines Untergebenen und
empfand es als ungeheuerlich, dass jetzt schon Gäste dort die Teller
stehlen würden. So etwas habe es in der 150jährigen Geschichte des
Hauses noch nie gegeben und es zeige, mit welchem Abschaum man
sich heute herum schlagen müsse. Das wiederum hörte ein leitender
Angestellter des Hotels, der wohl davon ausging, dass viele der
Reisenden auch Französisch verstehen würden und dass solche
Auseinandersetzungen vor den Gästen einfach nicht stattfinden
dürften. Daraufhin schimpfte der Chefkellner, wo man denn hier wäre,
dass nun schon Teller gestohlen würden und morgen kämen vielleicht
noch Serviettenschnorrer angekrochen, nur um eine kostenlose Papier
- Serviette zu erbetteln oder gar die Krumen vom Fußboden zu
fressen. Der leitende Angestellte wies den Chefkellner dann aber
barsch in die Schranken und verordnete ihm sofortige Ruhe und keine
weiteren Worte vor den Gästen. Ein gepflegt wirkender Herr aus
unserm Bus hatte das auch alles verstanden, ergriff den leitenden
Angestellten beim Arm und sagte lächelnd zu ihm, das sei ja wohl
alles nicht so schlimm. Daraufhin meckerte der einfache Kellner
wieder irgendwas, Kayla meinte, er habe so etwas gesagt wie, ja
vielleicht hat dieser Herr ja den Teller mitgenommen, wobei er auf
den gepflegten Herrn zeigte. Dann ging aber eine lautstarke
Diskussion zwischen diesen allen los, so etwas haben Sie noch nie
erlebt. Ich dachte fast schon, dass dieser vorher so gepflegt und
freundlich wirkende Herr mit einer Gabel auf den Kellner los gehen
wollte, weil er damit heftig in der Luft herumstocherte. Der leitende
Angestellte war fast den Tränen nahe und mühte sich redlich den
Streit zu schlichten. Es entstand schon ein richtiger Tumult, in den
sich noch weitere Leute, teils aus unserer Reisegruppe, aber auch
andere sowie weitere Hotelbedienstete einmischten. Also so ein
Riesentheater wegen eines einzelnen verschwundenen, blöden
Suppentellers und das wo die doch bestimmt 50.000 solcher Teller
haben, das verstehe ich nicht. Jeder normale Oberkellner hätte gesagt,
dann holen wir halt einen neuen und ergänzen den, fertig. Was soll so
ein blöder Teller schon wert sein? Also ich fand die Teller von denen
nicht irgendwie besonders wertvoll, gemessen an der sonstigen
Ausstattung des Hotels sogar eher sehr schlicht. Wenn so ein Ding
vielleicht 3 oder höchstens 4 Euro wert ist, dann ist es viel, aber dafür
solch einen Zirkus zu veranstalten, das war schon eigenartig. Die
Diskussionen um den verschollenen Teller dauerten noch eine Weile
an, währenddessen wir uns schon mal über das wirklich gute Essen
hermachten. Die so genannte Meeresfrüchteplatte war überhaupt nicht
mein Fall, so habe ich dieses glibberige Zeug gemieden. Das war kein
Problem, man musste ja nichts essen, was man nicht wollte, dafür gab
es reichhaltig genug andere Sachen, die man sich frei auswählen
konnte. Einen grandiosen Bäcker hatten die. Ich weiss, es wird
normalerweise kaum einer die tollen Brotsachen erwähnen, wenn er in
einer Art Feinschmeckerlokal isst, aber ich muss das einfach tun, weil
diese Brotbeilagen so unverschämt gut waren. Also ohne Quatsch, ich
hätte mich alleine an den tollen Broten satt essen können, obwohl die
eigentlich mehr nur zur Abrundung und zur Geschmacksneutralisation
zwischen verschiednen Sachen gedacht waren. Kayla war unterdessen
von überbratenen Hähnchenfilets sehr angetan. Die sahen überhaupt
nicht nach Hähnchen aus, sondern mehr wie ein glasiert-panniertes
Schnitzel, aber die waren so raffiniert gewürzt und gebraten, toll!
Zwischendurch tauchte dann eine sehr elegant gekleidete Dame auf,
deren Kleidung nicht nur elegant, sondern auch sehr extravagant war.
Ein Kleid, welches hinten mit einer Art hochstehenden hauchdünnen
Federn besetzt war und dazu einen passenden Hut mit ähnlichen
Federn, Kayla bezeichnete diese Dame auf Anhieb treffend als Pfau.
Kaum betrat die Dame den Raum, verstummten sofort die nach wie
vor noch heftigen Diskussionen um den blöden Suppenteller. Wie sich
heraus stellte, war diese Dame die Haupt - Chefin von dem ganzen
Hotel, oder wohl sogar die Eigentümerin. Mit dezenten, aber
offensichtlich bestimmenden Worten mahnte sie die Kellner und
besonders den Oberkellner. Man kann nicht sagen, dass sie die zur
Sau gemacht hat, das lief alles auf die feine, sanfte, aber nicht minder
heftige Tour ab. Man sah förmlich, wie die Beschäftigten in ihrer
Gesellschaft zu bedeutungslosen Zwergen zusammen schrumpften,
genau dieser Eindruck drängte sich mir bei dem Anblick auf. Die
Suppenteller - Diskussion war schlagartig vergessen, ein junger
Bursche eilte aus der Küche herbei und ergänzte den fehlenden
Suppenteller wort- und gestenlos, so mehr im Vorbeigehen und damit
war die Sache plötzlich gut und ausgestanden. Doch zurück zu den
gekonnten Menüs. Also jetzt können wir nur bestätigen, wenn man
den Franzosen nachsagt, dass sie etwas von gutem, feinen Essen
verstehen, dann trifft das den Nagel auf den Kopf. Also diese
Geschmacklichkeit, einfach umwerfend. Ich bin gewiss kein Kenner
auf dem Gebiet, kein Feinschmecker, wie man so sagt, und würde
mich noch nicht mal als Hobbykoch bezeichnen, wenngleich ich auf
uns bezogen sagen kann, dass mir das, was ich koche, auch meistens
gelingt und wir damit geschmacklich voll zufrieden sind. Kayla ist,
nach meiner Meinung, eine absolute Meisterin in der Zubereitung von
Gemüsen aller Art, mit Fleischgerichten tut sie sich hingegen schwer,
da kann ich dann eher helfend eingreifen, aber wie schon gesagt,
trotzdem würden wir uns noch nicht mal als Hobbyköche bezeichnen,
weil man damit immer bestimmte Ambitionen verbindet, die wir nicht
haben. Aber was dort geboten wurde, sprengte unsere Vorstellungkraft
von dem, was wir bis dahin unter schmackhaft oder wohlschmeckend
verstanden haben. Ich würde mir erst gar nicht zutrauen, solche
Gerichte mit dem gleichen Ergebnis nach zu kochen, deshalb lasse ich
es auch. Sei es drum. Die geschmackliche Vielfalt war schon so, dass
sie zugleich unsere Neugierde auf eben diese Vielfalt weckte und so
haben wir uns bei der Veranstaltung wirklich ordentlich die Bäuche
voll geschlagen. Man mag uns deshalb vielleicht schräg ansehen und
für Schnorrer oder Vielfraße halten, aber das war uns in dem Moment
auf deutsch gesagt scheißegal. Wann hat unsereins schon noch mal die
Gelegenheit, solch eine Vielfalt an Wohlgeschmäckern zu erleben?
Wahrscheinlich im ganzen Leben nicht mehr. Wie schon weiter oben
erwähnt, nur der Meeresfrüchte - Kram blieb von uns unangetastet,
aber sonst haben wir so ziemlich alles durchprobiert, was dort geboten
wurde. Natürlich rächt sich solch ein Verhalten. Bei mir noch mehr,
als bei Kayla, die auf Grund ihres jüngeren Alters und ihrer
gesundheitlichen Zähigkeit mehr wegstecken kann, als ich alter
Zausel. Um es klar zu sagen, nachts wurde mir so schlecht von der
ganzen Fresserei, dass ich einiges davon wieder ausgespeit habe,
wenn Sie wissen was ich meine. Das ist mir schon lange nicht mehr
passiert und sollte mir eigentlich auch nicht passieren, aber die
Verlockung war einfach zu groß. Kayla haderte zwar auch etwas mit
ihrer Befindlichkeit, aber so weit kam es bei ihr dann doch nicht. Zum
Glück war im Nachbargebäude eine Apotheke, die sogar bis 1 Uhr
nachts geöffnet hatte und dort beschaffte Kayla sagenhaft gut
wirkende Tabletten gegen diese Magenbeschwerden. Die bekam man
dort auch völlig ohne Rezept und für nur 2,50 Euro die 20iger
Packung. Ich vermute, dass die Apotheke dieses Magenmittel sehr
häufig verkauft, weil das dort durch die vielen gebotenen Leckereien
entsprechend oft vorkommt, dass sich die Leute überfressen. Das
Mittel half wirklich hervorragend, etwa 30 Minuten nach der
Einnahme war ich sämtliche Beschwerden los. Rund eine Stunde
später war dann noch mal ein dicker Toilettengang angesagt, bei dem
man sich der angefressenen Mengen auf normale Weise entledigen
musste. Auch Kayla hat zur Sicherheit dann eine genommen und
fühlte sich kurz danach wieder wie neu geboren. Allerdings man sagt
das so. Durch diese Entwicklung gab es in der Nacht nur wenig Schlaf
und deshalb waren wir am nächsten Morgen ziemlich kaputt und
schläfrig. Eigentlich hatten wir vor, an diesem schon letzten Tag ein
Auto zu mieten und in Eigenregie das Umland zu erkunden. Aber ich
sage es ehrlich wie es war, ich war so müde, das ich mich dafür nicht
fit genug fühlte. Kayla erging es ähnlich, wenngleich sie fitter war, als
ich. So verzichteten wir darauf im Sinne der Verkehrssicherheit. Von
der Firma, die die gesamte Reise eigentlich bestellt hatte, wurde eine
Rundreise durch etliche Kaufhäuser und ähnliche Kaufparadiese
angeboten, was uns aber ehrlich gesagt nicht die Bohne interessierte.
Wissen Sie, da wurden solche Fassadentempel für eingebildete Leute
abgeklappert und da wir ohnehin nicht viel Geld ausgeben wollten,
bot es sich mehrfach an, dabei nicht mit zu machen. So blieben wir
zunächst mal bis kurz nach 10 Uhr im Hotel. Dann wurde kurioser
Weise das Wetter schlechter und unsere Befindlichkeit zugleich noch
mal deutlich besser. Die Nachwirkungen des Überfraßes in der
vergangenen Nacht verschwanden mit Einzug des Regens nahezu
schlagartig. Komisch, ob das Wetter da wirklich einen Einfluß auf
solche Unpäßlichkeiten hat und dann noch in umgekehrter Wirkung,
also gutes Befinden bei schlechtem Wetter? Wahrscheinlich war es
nur Zufall, weil vielleicht bis zu diesem Zeitpunkt auch die restlichen
Nahrungsmittel der Vornacht, die man noch nicht ausgetreten hatte,
größtenteils durchverdaut waren und ihre belastende Wirkung
verloren hatten. Bis zum Start der Heimreise in Richtung Karlsruhe
waren noch etliche Stunden, denn die sollte um 18 Uhr starten. Also
zu schade, um die Restzeit einfach im Hotel rum zu hängen. Eine gut
deutsch sprechende kleine Dame an der Rezeption des Hotels gab uns
einige Tipps und etliche Broschüren dazu, speziell über Dinge, die
man alle sogar zu Fuß im Umkreis des Hotels innerhalb von etwa
einer Stunde erreichen kann. Gut, das große Museum der
zeitgenössischen Kunst kannten wir ja schon; da gab es im näheren
Umkreis auch noch weitere 3 Museen, aber wir hatten keine rechte
Lust, diese verbleibenden Stunden drinnen in Museen zu verbringen,
obwohl es bei dem inzwischen verfestigten Regenwetter auch keine
schlechte Idee gewesen wäre. Eine Broschüre wies auf ein so
genanntes Überraschungs - Kaufhaus hin, welches ständig etwas
eigenartige Ideen in Kauflandschaften umwandeln würde. Da das
nicht sehr weit war, entschieden wir uns dafür, allerdings gleich mit
der Einschränkung, dort nach Möglichkeit nichts zu kaufen, um die
Gesamtkosten der Reise niedrig zu halten. So verrückt dieser Laden
auch war, wir haben es keine Sekunde bereut da rein gegangen zu
sein. Man muss bedenken, es war Ende September, aber schon gleich
hinter dem Eingang schritt man in ein riesiges Weihnachtsparadies.
Eine sehr eigenartige künstliche Landschaft, ein dunkelblauer
Dachhimmel, ausgekleidet mit abertausenden Sternen die weisslich,
bläulich, goldig und teils auch rötlich glimmten. Ich vermute, dass da
solche kleinen LED - Lämpchen drin waren. Man dachte an nichts
schlimmes, da schwebte auf einmal von der Decke eine Art
Engelsfigur über einem herein, die unter einer Fanfare aus
Weihnachtsklängen die Kunden begrüsste. Ich sagte schon zu Kayla,
dass mir das mehr eine Art Weihnachtskirmes zu sein scheint. So in
Weihnachtsstimmung eingelullt folgte dann aber der Bruch, der
Weihnachsengel ließ die Hüllen fallen und entpuppte sich als junge
hübsche Badenixe im Bikini. Das Licht änderte sich und aus der
Weihnachstlandschaft wurde binnen weniger Minuten durch
geschickte Ausleuchtung, Projektionen in einen halbrunden Raum und
eine drehbare Präsentationsbühne eine absolut toll ausgestaltete
Strandlandschaft mit Palmen und ähnlichem Zeugs, wie in Hawaii
oder sonstwo in der Südsee. Erst jetzt begriff ich das Konzept, denn
alle Dinge, die man dann dort sah, konnte man kaufen, natürlich nicht
die Badenixe - vormals Engel, aber solch ein Bikini oder auch die
ganzen Ausgestaltungsgegenstände. Man mag es zunächst vielleicht
als Kitsch abtun, aber das war so gekonnt umgesetzt, dass es schon
eine Sonderform von Kunst war, würde ich sagen. Überhaupt scheint
man in Nancy einen Hang zu Projektionen aller Art zu haben. Wie ich
viel weiter oben schon erwähnte, die Geschichtsshow in Form von
Projektionen auf die Rathauswände am Abend und dann das hier, oder
es werden auch an anderen Stellen oft Projektionen verwendet, zB. als
Informationssystem. Auf mehreren Etagen, die nach Artikelgruppen
unterteilt waren, wurden so in diesem absolut ungewöhnlichen
Kaufhaus alle möglichen Sachen feilgeboten. Gekauft haben wir dort
wirklich nichts, weil ganz offensichtlich die aufwändige Show mit auf
die Preise geschlagen wurde. So kostete beispielsweise eine einfache
500er - Packung Kopierpapier, wie man sie auch gerne für den
heimischen Drucker verwendet, gleich 8,95 Euro, also rund 9 Euro.
Die bekommt man in Karlsruhe im Normalfall schon für 3,90 Euro
nachgeworfen. Nun wird natürlich keiner nach Frankreich fahren, um
sich dort Kopierpapier zu kaufen oder sich ausgerechnet so was als
Reisemitbringsel zuzulegen, ich sage das nur so als Beispiel, weil es
gerade mal ein Artikel ist, den man gut vergleichen kann. Trotzdem ist
dieses Kaufhaus sehr zu empfehlen, aber nur zum gucken. So waren
dort auch schnell 2 Stunden verflossen und eigentlich wurde es Zeit,
etwas zu essen. Aber durch die Eß - Strapazen der vergangenen Nacht
war das bestenfalls etwas, um uns das Gruseln beizubringen. Durst
hatten wir unterdessen wohl, so haben wir draußen eine etwas
eigenwillige Traubenzucker - Limonade getrunken, die einerseits
herrlich erfrischend schmeckte, aber andererseits für noch mehr Durst
sorgte, als man vorher hatte. So kamen wir nicht umhin, gleich danach
ein Mineralwasser nachzuschütten, was übrigens unverschämt teuer
war, das hatten wir aber zu spät bemerkt. Man muss sich das einmal
vorstellen, an einer Art Büdchen, in Deutschland würde man es Kiosk
nennen, es war aber etwas größer, eher wie ein kleiner Laden mit
Außentheke, wurden da 10 verschiedene Sorten von Sprudelwasser
angeboten, von ein paar Cent pro Glas bis hin zu einem Zeug von 7
Euro pro Glas. Nur wir Dummen hatten das natürlich nicht erwartet
und einfach nur 2 Gläser Mineralwasser ohne genauere Bezeichnung
verlangt und daraufhin ein mittelteures für 3,80 Euro pro Glas
ausgeschenkt bekommen. Na ja, der eingefleischte Optimist hätte das
dann sicher positiv gesehen und gesagt, wir sollten uns doch freuen,
dass man uns dann nicht gleich das Zeug für 7 Euro pro Glas serviert
hätte. Sei es drum, ich bin denen auch nicht mehr wirklich böse
deswegen, es zeigt nur, dass man heute wirklich überall aufpassen
muss wie ein Schloßhund, sonst wird man abgezockt und über den
Tisch gezogen wo es nur geht. Danach verblieben uns noch knapp 4
Stunden bis zur Abreise. 4 Stunden sind nicht wirklich viel, um etwas
zu unternehmen, aber andererseits zu schade, um nichts zu
unternehmen, wo man doch einmal da ist und wahrscheinlich so bald
nicht wieder dort hin kommt. Dann passierte etwas Lustiges. Kayla
musste plötzlich dringend zur Toilette. An einem großen Gebäude war
eine Seitentür, die mit „wc" beschriftet war, so wie ich es hier
schreibe, mit kleinen Buchstaben. Nun denkt man, wc ist eine
internationale Abkürzung für eine Toilette, also Kayla dort rein. Da
mir auch inzwischen ein gewisser Drang entstand, bin ich mit
gegangen und dachte, da ja keine Unterteilung zwischen Mann und
Frau an dieser Tür stand, dass diese Aufteilung wahrscheinlich hinter
der Tür erfolgt. Was aber hinter der Tür folgte, war ein sehr langer
Flur zwischen mit kostbaren Marmorplatten getäfelten Wänden, der
auf eine schön gestaltete matte Glastür zulief. Wir also diesem Flur
nach, in der Hoffnung an dieser Glastür auf das ersehnte Örtchen zu
treffen. Doch weit gefehlt, wir öffneten die Glastür und standen mitten
in einem riesigen Schalterraum einer noblen Bank, also ein
Geldinstitut für Wohlbetuchte. So wie die da rumliefen, schätze ich,
dass sich da normalerweise keiner verläuft, der nicht mindestens eine
halbe Million Euro schwer ist. Es ist klar, dass wir mit unserem
simplen Outfit dort gleich als Fremdkörper jedem ins Auge sprangen.
Ein fein gekleideter junger Mann, schmal und riesengroß, kam relativ
freundlich auf uns zu und frage etwas auf Französich, was ich
natürlich nicht verstand. Kayla verstand es und fragte dann in ihrem
etwas hakeligen Französisch zurück, wo denn hier die Kundentoiletten
wären, sie müsse mal ganz dringend. Etwas verunsichert stutzte der
Mann, grinste dann aber über alle zur Verfügung stehenden
Gesichtswinkel und zeigte ihr eine Nebentür, hinter der sie dann das
heiss ersehnte Örtchen fand. Da die Dringlichkeit meines Bedürfnisses
sich noch in überschaubaren Grenzen hielt, zog ich es vor, nicht auch
noch Gebrauch von dem Finanzörtchen zu machen. Kayla berichtete
mir, dass die meisten Menschen wohl nicht so ein nobles
Wohnzimmer hätten, wie dort die Klos ausgestattet waren. Diese „wc"
- Tür war wohl eine Art Nebeneingang oder Notausgang und hatte
tatsächlich überhaupt nichts mit einem Hinweis auf eine Toilette zu
tun. Von dort war es nicht besonders weit zu unserem Hotel und so
zog ich es vor, dort schnell rein zu springen, um mein Geschäft zu
erledigen. Danach waren noch knapp 3 Stunden übrig. Da wir ohnehin
Leute sind, die immer wenn es geht einen zeitlichen Sicherheitsfaktor
einbauen, wollten wir die letzte Stunde komplett im Hotelzimmer
verbringen und unser geringes Gepäck zusammenstellen, um dann
zeitig zum Reisebus zu gehen. Unter dieser Betrachtungsweise blieben
also noch höchstens 2 Stunden übrig. Da das Wetter sich inzwischen
wieder gebessert hatte, beschlossen wir dann noch mal über den
wunderschönen Place Stanislas zu schlendern. Das ist der große Platz
mit dem alten Rathaus u.s.w., den ich eingangs schon erwähnte, wo
auch das von uns besuchte Museum neben liegt. Vom Hotel aus war
dieser Platz schnell zu erreichen und dank seiner Größe und der
einmalig schönen Gestaltung bietet er viel Abwechslung, wo man 2
Stunden im Fluge verbringen kann, zumindest bei schönem Wetter.
Ein knotteriger Herr aus dem Hotel empfahl uns zuvor noch, dass wir
auch unbedingt einen anderen, kleinen Platz der Allianz besuchen
sollten, was aber in der kurzen Zeit nicht mehr ging. Das hat aber
wohl nichts mit der gleichnamigen deutschen Versicherung zu tun.
Überhaupt gibt's in Nancy schöne Plätze und historische Orte wie
Sand am Meer. Da weiss man gar nicht, was man sich zuerst ansehen
soll. 3 Tage sind für Nancy effektiv zu kurz, eine Woche ist das
Minimun, würde ich sagen, was man braucht, um halbwegs die
wichtigsten Sehenswürdigkeiten kurz zu besuchen. Die Stadt hat eine
bestimmte, völlig eigenständige Wirkung auf uns als Besucher gehabt,
die man so mit keiner anderen Stadt vergleichen kann. Ich weiss nicht,
wie ich es besser ausdrücken soll. Es gibt viele Städte, die sind in
wesentlichen Teilen untereinander fast austauschbar, Nancy gehört
mit Sicherheit nicht dazu, ist in jeder Beziehung völlig eigenständig
und irgendwie auf eine sanft - freundliche Art beeindruckend. Nach
nunmehr über 12 Stunden ohne Essen, Sie entsinnen sich, wegen dem
strapazierten Magen vom Vorabend, meldete sich dann doch langsam
der Hunger wieder. Das erschien auch sinnvoll, denn jetzt war noch
Zeit etwas zu essen, wenn man erst mal im Bus sitzt, hört das auf. Ich
meine, in dem Bus konnte man durchaus auch Kekse und Getränke in
solchen Tetrapackbeuteln kaufen, aber ich krümele bei der Fahrt nicht
gerne im Bus herum. Bei richtig langen Fahrten, wie seinerzeit nach
Wien, da geht das manchmal nicht anders, aber auf einer rund
dreistündigen  Fahrt kann man getrost aufs Essen verzichten.
Vielleicht ein kleines Getränk und einige Halsbonbons, aber mehr
auch nicht. So war aber vorher noch genug Zeit. Wir entdeckten etwas
versetzt in einer Nebenstraße von dem Platz ein kleines
Schnellrestaurant, wo man sowohl drinnen als wie auch draußen essen
und trinken konnte. Da zu dem Zeitpunkt wieder der herrlichste
Sonnenschein war, gab es natürlich nur eine Lösung: draußen. Eine
winzig kleine Kellnerin kam und bediente uns. Kayla ist ja schon nicht
sehr groß, aber diese Kellnerin war schon extrem klein, ich hatte die
deswegen zuerst gar nicht als solche wahrgenommen und dachte
wirklich, das ist ein Kind was da rumläuft, vielleicht von einem der
Beschäftigten. Es war kein Kind, sondern tatsächlich die Bedienung,
bei näherer Betrachtung sah man dann auch am Gesicht, dass sie
eindeutig kein Kind mehr war, ich schätzte sie vom Gesicht her so um
die 35 bís 40 Jahre. Ich vermute, dass man sie zu der Gruppe der
Kleinwüchsigen zählen kann, die man früher auch gerne als
Liliputanerin bezeichnet hätte. Von der Größe her kam das hin, nur
bei den Liliputanern ist der Kopf meist im Verhältnis zur
Gesamtkörperhöhe viel zu groß und die Körperdicke ist bei denen
meist dem Alter entsprechend normal, nur dass die Höhe zu gering ist
und die Beine zu kurz sind, wenn man so will. Das war hier bei der
kleinen Bedienung nicht so, die war insgesamt viel kleiner, also die
Hamonie zwischen den einzelnen Körperpartien stimmte. Da wir von
den gebotenen Speisen keine wirkliche Ahnung hatten, wir aber in
jedem Fall nur etwas kleines, ganz leicht verdauliches essen wollten,
hat Kayla der kleinen Frau das so gesagt. Daraufhin empfahl sie ein
kleines Kalbsmedaillion mit Gebäckkartoffeln und frischem
Mischsalat. Das haben wir dann bestellt. Besonders die
Gebäckkartoffeln interessierten mich, das hatte ich zuvor noch nie
gehört, geschweige denn gegessen. Weniger als 5 Minuten nach der
Bestellung kam für uns beide das fertige Menü schon und wir staunten
nicht schlecht. Das Kalbsmedaillion war wirklich ausgesprochen
klein, wodurch wir uns keine Sorgen um eine erneute
Magenüberfüllung machen brauchten. Kayla machte schon Scherze
darüber, so in der Art, ob denn gleich auch noch das Mikroskop zum
Auffinden des Fleisches nachgereicht werde. Der Mischsalat war
einfach super lecker frisch, herrlich, so mag man Salat und für so
einen gekonnten, leichten Salat lasse ich sogar zur Not das schönste
Fleischstück stehen. Das war hier wegen der überschaubaren Mengen
aber nicht notwendig.  Absolut einzigartig fand ich die
Gebäckkartoffeln. Die Dinger sahen wirklich aus, wie gekochte
Salzkartoffeln am Stück. Ihre wahre Substanz entpuppte sich erst beim
zerteilen, denn innen sahen die aus wie so ein Zitronenkuchen oder
wie das Helle von einem Marmorkuchen, also so ein wenig
bisquitartig. Die schmeckten aber wirklich sehr gut und gar nicht nach
Kuchen, wie man nun auf Grund der inneren Optik erwartet hätte,
sondern etwas undefinierbar, vielleicht etwas vergleichbar mit dem
Geschmack von leicht gewürzten Semmelknödeln. Aber lecker und
wirklich sehr luftig leicht, bestens für Leute mit Problemen im
Verdauungstrakt. Im Gegensatz zum Reinfall mit dem teuren
Sprudelwasser einige Stunden zuvor, haben wir bei diesem Imbiss für
beide Menüs einschließlich einem Glas Cola für jeden zusammen
12,30 Euro löhnen dürfen, was gemessen an dem wirklich
ausgesprochen leckeren Essen als äusserst billig zu bezeichnen ist.
Danach noch mal kurz über den Platz vom alten Stanislaus zum Hotel
und das wars dann eigentlich schon mit dem Aufenthalt in Nancy. Der
Reisebus kam überpünktlich. Als wir in den Bus einstiegen, setzten
wir uns auf 2 Plätze im Bereich der hinteren Tür, eigentlich ohne diese
Plätze gezielt ausgesucht zu haben, es ergab sich so, dann kam aber
nach 10 Minuten ein älterer Herr der schon von weitem schimpfte,
dass er und seine Gattin auf der Hinreise vor einigen Tagen dort
gesessen hätten und das wäre ihr Platz. Es gab im Bus aber keine
Platzreservierung. Da ich keine Lust hatte, mich mit dem alten Zausel
zu zanken, ich meine ich bin selbst nicht mehr der Jüngste, aber der
war sicher weit über 80, bot ich ihm an, dass wir uns halt andere
Plätze aussuchen und er mit seiner Gemahlin seinen alten Platz wieder
haben kann. Es waren noch genug Plätze frei, da die meisten
Mitreisenden nur sehr zögerlich eintrudelten. Das gefiel ihm aber auch
nicht, er wollte sich streiten, was so aber nicht gelang. Er meckerte
uns weiter blöd an, dass er schließlich da schon gesessen habe und
dass es eine bodenlose Unverschämtheit von uns wäre u.s.w. Ich habe
dann gar nicht mehr auf ihn reagiert und wir haben uns umgesetzt,
fertig. Er stand dann aber noch eine ganze Weile maulend und
gestikulierend im Gang herum, bis seine Alte sich dann auch gesetzt
hatte und ihn zu sich herüber zerrte. So startete die Heimfahrt.
Eigentlich viel zu früh, denn wie schon angedeutet, 3 Tage für Nancy
sind viel zu wenig. Andererseits waren wir auch wieder froh in unser
eigenes Haus zu kommen. Ich finde, es ist doch etwas anderes, wenn
man von einer Reise in ein eigenes Heim zurück kehrt, als wie wenn
man in eine Mietwohnung zurück kehrt. Also beim Eigentum ist die
Wiedersehensfreude deutlich größer und man ist bei längerer
Abwesenheit deutlich unruhiger, weil man immer an das Haus denkt
und überlegt, wie mag es dort jetzt wohl sein. Auch deshalb legen wir
auf länger andauernde Reisen momentan überhaupt keinen Wert,
natürlich auch wegen der Kosten, die man meiden will.

Wie ich Ihnen schon vor kurzem andeutete, sieht unsere Finanzlage
derzeit nicht mehr ganz so rosig aus, wie noch vor einem Jahr. Die
laufenden Kosten für den Unterhalt des Hauses sind doch in der
Jahressumme deutlich höher, als erwartet. Das liegt zum Teil auch an
erst kürzlich drastisch gestiegenen Preisen für Abfall- und
Abwasserentsorgung sowie an hohen Strompreisen. Ich weiss nicht,
die grünlichen Umweltpolitiker glauben, mit der angeblichen
Verbesserung des Entsorgungsaufwandes Meilensteine zu setzen und
viel zu erreichen, aber Fakt ist, dass sie mit den dadurch ständig
steigenden Entsorgungskosten vielen Menschen mit eher geringem
Einkommen das eigene Häuschen zerstören, weil es für die nicht
weiter im Unterhalt zu finanzieren ist. Daran sollten die Leute beim
Wählen auch mal denken. Ich kann in der Öffentlichkeit immer schön
Liebkind mit den erzielten Umwelterrungenschaften machen und mich
selbst dadurch als Umweltengelchen oder Retter der Welt aufspielen,
wenn ich es auf Kosten anderer tue, und die tun das immer auf Kosten
anderer. Das alles trägt natürlich nicht alleine die Schuld an den
Gesamtkosten, aber es ist ein wesentlicher Bestandteil davon. Das ist
für uns auch kein Grund, sich wirklich graue Haare wachsen zu
lassen, bei mir sowieso nicht, weil da inzwischen viel freie Fläche ist,
wo selbst graue Haare keine Chance mehr hätten. Man kann finanziell
angespannte Lagen bekanntlich durch mehrere verschiedene
Maßnahmen erleichtern. Früher in Stuttgart wäre man vielleicht noch
kurz auf die Idee gekommen, darüber nachzudenken, das Auto
abzuschaffen, da es, neben den Heizkosten, der größte Kostenfaktor
im heutigen Leben ist. Daran braucht man hier überhaupt keinen
Gedanken zu verschwenden. Erstens möchte ich nicht wieder, wie
früher, viele Jahre, aufs Auto verzichten, zweitens kann man hier in
der ländlichen Lage auch nicht wirklich darauf verzichten, ohne sich
damit zugleich einen Wust von unzähligen Unannehmlichkeiten
aufzubürden. Wir fahren ja schon ein sehr preisgünstiges Auto und ich
denke, soviel muss wenigstens noch möglich sein. Wie Sie wissen, ich
erwähnte es vor längerer Zeit schon, hier in der Siedlung fahren keine
öffentlichen Verkehrsmittel. Eine Idee, die Ende 2008 mal aufkam,
hier einen Kleinbus einzuführen, der zur nahen Regenwasser -
Behälterfabrik zumindest werktags einen regelmässigen Verkehr
sicher stellt, hat man mit Verschärfung der Finanzkrise schnell wieder
zu den Akten gelegt. Es ist auch logisch, denn so groß diese Firma für
hiesige Verhältnisse auch ist, so hat sie trotz der Größe nur recht
wenige Arbeiter und wenn man es dort wirklich schaffen würde, von
den inzwischen vielleicht 30 Beschäftigten 2 Leute zur Nutzung des
Busverkehrs zu bewegen, dann würde sich dieser Busverkehr davon
nicht tragen können. Die gelegentlichen Fahrgäste aus den 4 Häusern
brauche ich erst gar nicht zu erwähnen. Doch zurück zu uns. Wie ich
schon neulich andeutete, werden wir einen anderen Weg zur
finanziellen Entlastung beschreiten. Wir werden wieder, ohne uns zu
verausgaben, öfters Kurzzeit - Aushilfsjobs annehmen. Damit ist es
sicher möglich den einen oder anderen Hunderter pro Monat dazu zu
verdienen und zugleich hat man etwas zusätzliche Abwechslung im
Leben, was ja auch nicht schlecht ist. Alleine schon wegen der
Abwechslung habe ich früher solche Kurzzeitjobs eigentlich relativ
gerne gemacht, so lange sie über mein selbst gesetztes Maß von einem
Tag pro Woche nicht hinaus gingen.

 

Erst vor wenigen Tagen hatte ich einen solchen Kurzzeitjob
absolviert. Eigentlich fast schon eine eher traurige Angelegenheit,
aber heute auch wieder alltäglich: ein Supermarkt am Stadtrand von
Karlsruhe hatte dicht gemacht. Am ersten Tag nach der Schließung
musste der gesamte noch vorhandene Warenbestand in einer Art
Inventur erfaßt werden und zugleich die schon erfassten Waren in
besondere Gitterboxen eingelagert werden, die auf solchen Lager -
Fahrwägelchen standen. Damit aber nicht genug, zudem sollten in
einem Aufwasch alle Produkte, die ein Haltbarkeitsdatum aufweisen,
daraufhin überprüft werden. Alle Sachen, deren Datum innerhalb der
darauf folgenden 2 Wochen ablief, mussten in gesonderte Kisten
eingelagert werden, weil man sich mit denen nicht mehr die Mühe
machen wollte, sie in anderen Filialen, die noch weiter bestehen,
wieder einzuräumen. Der Leiter der Aktion, ein Herr Gwinner, zeigte
sich ausgesprochen großzügig, denn bestimmte Lebensmittel, die
unter diese 2 - Wochen - Ablaufzeit fielen, durften sich die hier tätigen
Leute einfach mitnehmen. Er erläuterte, dass diese Lösung billiger sei,
als diese Sachen noch an Sonderpostenmärkte abzugeben. Etliche
Kunststoffkästen voller bald abgelaufener Lebensmittel wurden auch
für so genannte Tafeln bereit gestellt, die sie dort mit einem
Kühlwagen selbst abholen kamen. Das sind diese Sammelstellen, die
für sozial schwache und arme Leute Lebensmittel billig oder kostenlos
abgeben, die sie meist als Restbestände von Geschäften umsonst
bekommen. Ich kann Ihnen sagen, so ein Tohuwabohu, wie dort
entstand, habe ich nur selten gesehen. Nach Abschluß dieser Arbeit
hätte ich Sie ausserdem mit Harzer und Mainzer Käse totwerfen
können, weil ich u.a. davon riesige Bestände zu prüfen hatte und alle
Käseröllchen, die unter die obige Ablauffrist fielen, konnte ich mir mit
nach Hause nehmen. Ich mag diesen Magerkäse eigentlich sehr gerne
und war damit der einzige aus der Truppe, der das Zeug mochte. Auch
für die Tafeln die Leute nahmen diese Harzer und Mainzer nicht mit,
weil deren „Kunden" das angeblich nicht mögen und immer liegen
lassen und dann fängt das an fürchterlich zu stinken. Mir war es aber
zu schade, davon größere Mengen weg zu werfen, wie schon der
Gwinner anleiern wollte. So habe ich alle diese Mainzer -
Käseröllchen, auf die das bald ablaufende Haltbarkeitsdatum zutraf,
mit genommen. Das waren am Schluß sicherlich über 50 Stück, die
dann unseren Kühlschrank überfüllten. Auch noch Unmengen anderer
Käsesorten hatte ich mit geholt, weil ich die Kontrolle der ganzen
Käseecke nebst Käsetheke und Käseregal mit fertig abgepackten
Käsen übertragen bekommen hatte. Diese Mengen waren aber nicht
ganz so groß, wie die der Harzer und Mainzer, weil ich da gut mit
anderen tauschen konnte, die vielleicht Wurst, Schokolade, Gebäck
oder anderes Zeug zu kontrollieren hatten. Wir haben heute noch den
Kühlschrank zum Bersten voll und bei uns im Keller steht noch eine
alte Kühltheke aus dem Laden, die auch noch reichlich mit Käse und
eingetauschtem Zeug befüllt ist. Diese Kühltheke ist so ein
beleuchtetes Kühl - Verkaufsregal für Käse und weil das Teil schon
etwas älter war, vielleicht 15 Jahre, wollten die das weg werfen,
obwohl die noch einwandfrei funktionierte. Die sagten, da lohnt sich
der Transport nicht mehr, weil man diese alten Modelle in einem
neuen Laden ohnehin nicht mehr einsetzen kann. Da es mir um das
Ding irgendwie leid tat und wir gelegentlich etwas mehr
Kühlmöglichkeiten für Vorräte gebrauchen können, habe ich dem
Fahrer der Abtransportkolonne 10 Euro spendiert und dafür hat der
mir das Ding, was eigentlich auf einen Entsorgungsplatz bei
Pforzheim gefahren werden sollte, zu uns nach Hause gebracht, wo
wir es im Keller aufgestellt haben. Das lag ja fast auf dem Weg dahin,
mit einem kleinen Abstecher. Wissen Sie, diese abgepackten Käse
sind in aller Regel selbst 2 Wochen nach dem Verfallsdatum noch
sehr gut und lecker, weil die Verpackungen ab Werk so gut und dicht
sind, dass da so schnell nichts dran kommt. Kritischer ist es natürlich
bei offenen Käsen, die sozusagen im Laden vorportioniert worden
sind, bei Schimmelkäse und ähnlichen Sorten oder bei solchen Harzer
Käsen. Letzere werden dann auch nicht gleich schlecht, aber die
werden immer weicher und zerfließen dann regelrecht, auch kippt der
Geschmack dann ins Scharfe um und die Dinger stinken dann
bestialisch. Der Geschmack erinnert dann ein wenig an überchlortes
Wasser oder wie chlorhaltige Reinigungsmittel riechen, so schmeckt
das. Also ich sage Ihnen, ich habe in der ersten Woche nach diesem
Job hier die ganze Siedlung mit Käse versorgt und meinem
Autobekannten nach Stuttgart haben wir auch noch eine große Tasche
voller Käse gebracht. Aber zurück zu dem Job. Durch ein großes
Plakat war ich auf diesen Job überhaupt erst aufmerksam geworden,
das hing am Parkplatz des Ladens, wo wir öfters mit dem Auto vorbei
kommen. Morgens punkt 7 Uhr ging es los. Jeder Helfer bekam einen
bestimmten Bereich zugewiesen, ich also die Käseecke, und dann eine
etwa 15-minütige Einweisung, was man wie alles zu machen hatte.
Das war nicht kompliziert, wenn mans einmal drin hatte, lief das
automatisch. Vorgedruckte Listen ausfüllen, manchmal auch nur
ankreuzen, meist aber die abgezählten Stückzahlen eintragen, dann
aufs Datum achten und in die entsprechenden Gitterboxen räumen.
Alle 2 Stunden gab es eine viertel Stunde Pause und gegen Mittag eine
halbe Stunde. Um 14 Uhr war ich mit der Käseecke durch und
meldete das dem Gwinner. Der zeigte sich mit meiner Leistung sehr
zufrieden und beorderte mich daraufhin zu den Leuten, die sich mit
dem Tiefkühl - Gefriergut befassten, weil sich dort im Laden sowie in
einem angrenzenden Kühlraum Unmengen von dem Zeug befanden.
In erster Linie handelte es sich um Gefriergemüse, diese Packungen
von Iglo u.ä. Firmen, die man zu Hause nur noch in der Mikrowelle
fertig machen muss. Aber auch Fisch, Fleisch und Speiseeis sowie
unzählige Gefrier - Kuchen befanden sich darunter. Also diese Leute,
die daran gesteckt worden waren, verzweifelten beinahe, weil davon
solche unüberschaubaren Mengen vorhanden waren, die darüber
hinaus auch noch an mehreren verschiedenen Stellen einsortiert
waren. Dort half ich ab dann weiter, damit es bei denen schneller ging.
Der Gwinner machte etwas Dampf, weil er die Aktion bis 18 Uhr
durchziehen wollte. Das klappte nicht ganz. Es wurde schließlich rund
20 Uhr und ich muss sagen, wir waren alle so fertig nach diesem einen
Arbeitstag, dass uns in der letzten halben Stunde schon im Laden von
selbst die Augen zu fielen. Kein Wunder, von 7 bis 20 Uhr, das ist
auch schon was. Aber was solls? Die Bezahlung war gemessen daran
mit 280 Euro gut und dann noch Lebensmittel im Wert von locker 200
Euro abgestaubt, gut, sie waren nur stark begrenzt noch haltbar und
für 10 Euro eine Kühltheke, also quasi einen großen Kühlschrank
abgestaubt, das hat sich doch rentiert. Andererseits möchte ich solchen
Streß wirklich nicht jeden Tag haben.
Erst gestern hörte ich, dass in diesem nun leeren Laden
Zwischenwände gezogen werden und er in 2 separate Läden aufgeteilt
wird. In einen Teil soll ein so genannter Schuh - Discounter, der also
billige Schuhe anbietet und in den anderen Teil will ein Augenoptiker
mit seinem Brillenladen einziehen.
Ich finde in der Hinsicht die momentane Zeit ohnehin etwas komisch.
Wenn man sich mal in den mittleren und größeren Städten umsieht,
dann stellt man einerseits fest, dass selten so viele Geschäfte dicht
gemacht haben, wie im letzten Jahr, aber zugleich sind auch selten so
viele neue aufgemacht worden, wie in dieser Zeit. Natürlich ersetzt
sich das nicht 1 : 1, denn es ist schon auffällig, dass bestimmte Ketten,
die inzwischen als Discounter für Fachartikel fungieren, eben wie
beispielsweise die Schuhkette, immer mehr Läden neu aufmachen,
wogegen jetzt die normalen Einfachsupermärkte, über deren
Erscheinen man sich Ende der 70iger und in den 80iger Jahren so
freute, und die normalen Fachgeschäfte stark auf dem Rückzug sind.
Diese Entwicklung findet aber in den kleineren Orten auf dem Land
praktisch nicht oder kaum statt, dort haben damals die Tante Emma -
Läden zu gemacht und da kommt auch heute nichts neues hin, es
bleibt einkaufspolitische Öde.

Kayla hatte auch ganz kurz einen Stundenjob, kann man sagen. Bei
einem Subunternehmen, welches für einen weltbekannten
Pharmakonzern aus Karlsruhe Routine - Büroarbeiten erledigt, hatte
sie für ganze 2 Stunden ausgeholfen. Diese pharmazeutische Fabrik in
Karlsruhe stellt diverse Medikamente, aber auch Chemikalien her und
vertreibt diese weltweit. Trotz moderner Datentechnologie werden die
Papierberge an Akten in den Unternehmen nicht kleiner, eher ist das
Gegenteil der Fall. Und die haben dort in manchen Büros wohl solche
fremdorganisierten Ablagesysteme, wo dann Kräfte kommen und
bestimmte Aktenordner, deren Inhalte ein gewisses Alter oder einen
erledigten Status erreicht haben, aussortieren in fahrbare Container
packen, die dann ihrerseits wieder in Möbel - Lastwagen gepackt
werden und in ein zentrales Aktenlager nach Berlin verfrachtet
werden. Kayla hatte die Aufgabe, solche vorsortierten Aktenordner
nach einem bestimmten Schema in diese fahrbaren Container zu
packen. Also eine richtige Hilfsarbeiter - Tätigkeit, wenn man so will.
So was ist natürlich langweilig, aber wenn die Knete stimmt und dann
nur für kurze Zeit, was solls. Vor allem fand Kayla sehr seltsam, dass
der Subunternehmer strenge Regeln vorgab, die besagten, dass sein
Personal, also auch Kayla, keine Gespräche mit den Beschäftigten des
Pharmakonzerns führen durften, sonst gab es heftige Ermahnungen
und auch Rauswurf. Auch wurde ihnen untersagt, dort in den Pausen
die Betriebskantine zu besuchen. Immerhin durften sie wenigstens die
Toiletten benutzen. Ihre Aufgabe hatte Kayla nach knapp 2 Stunden
erfüllt und konnte dann immerhin mit 79 Euro mehr in der Tasche
wieder nach Hause fahren. Dieses Subunternehmen scheint mir
überhaupt sehr seltsame Personalkalkulationen zu betreiben. Die
haben vom gesamten Personalbedarf vielleicht allerhöchstens 5 % fest
angestellt, die ganzen restlichen 95 % an Personal werden tagesaktuell
je nach Auftragslage nur so sprunghaft eingestellt und sofort nach
Erledigung der Arbeit wieder frei gesetzt.

Ich will da nicht meckern, denn gerade das sind ja die Jobs, wie sie
unsereins gebrauchen kann. Was nützt mir der schönste Job, wo man
aber von mir erwartet, dass ich jeden Tag dort antanze? So was ist
nichts für uns. Dann lieber mal einen Tag pro Woche oder noch
seltener, richtig ranklotzen und den Rest der Woche wieder Ruhe.
Wissen Sie, mit diesem Konzept habe ich die letzten 20 Jahre oder
eher noch mehr, gut überstanden und für mich gibt's nichts besseres,
ausser wenn man gar nicht arbeiten gehen muss und nur noch sein
eigenes Ding machen kann. Eigentlich bin ich ja in dem Alter, wo ich
das machen kann, aber wie oben erwähnt, die finanziellen
Gegebenheiten sind im Moment eben so, dass man zusehen muss, dass
die Kasse etwas aufgebessert wird. Ich bin da jedoch zuversichtlich
und gehe davon aus, dass es nur vorübergehend notwendig ist,
vielleicht ein halbes oder höchstenfalls ein ganzes Jahr.
Kayla hat übrigens für nächste Woche sogar gleich für 2 Tage einen
Job in Aussicht. Dafür muss sie sogar etwas weiter weg, nämlich nach
Schwetzingen, das liegt rauf in Richtung Mannheim und Heidelberg,
aber nicht ganz so weit. Ich schätze, es werden ungefähr 45 km
Entfernung sein. Sie soll dann bei einem Zulieferbetrieb für
Fahrzeugteile aushelfen, die Kupplungen herstellen und überholen.
Den Firmennamen hat man früher in den 50iger- und 60iger Jahren
öfters mal gehört, weil die damals wohl Motoren für Mopeds,
Vergaser für Autos und so was mal herstellten, Fichtel & Sachs,
heissen die. Heute machen die wohl nur noch Kupplungen und so was.

Neulich hatte ich beim Fahrrad fahren etwas Pech. Kurz vor der
Siedlung hier gibt's auf der schmalen Zufahrtsstraße, die oben von der
Bundesstraße abzweigt, ein kräftiges Gefälle. Wenn man zurück nach
Hause kommt ist das natürlich angenehm, weil man da nicht in die
Pedale treten braucht. In umgekehrter Richtung ist es aber dafür jedes
mal echt ein Kampf, weil es sich dann ja als lang gezogene Steigung
darstellt. Es war aber bei der Rückfahrt, also mit Gefälle. Wenn man
nicht bremst, was ich aber keinem empfehlen würde, dann ist es mit
dem Fahrrad überhaupt kein Problem, in dem Gefälle über 50 km/h
drauf zu kriegen. Ich habe mir angewöhnt, dort immer so zu bremsen,
dass das Fahrrad nicht wesentlich über ca. 30 km/h hinaus kommt, das
ist so ein Wert, wo ich den Eindruck habe, dass man das Rad da noch
beherrschen kann. Es war ein sehr schöner, milder Tag. Ich ließ das
Rad rollen und wie gewohnt, setzte ich beide Bremsen am Rad, also
vorne und hinten, behutsam ein, um die Geschwindigkeit bei 30 km/h
zu halten. Plötzlich knackte es am Vorderrad und diese
zangenähnliche Halterung der Backenbremse brach ab. Dabei verzog
sich das u-förmige Teil, auf dem die beiden Bremsbeläge sitzen, so
ungünstig, dass es sich zwischen Reifen und Schutzblech verklemmte
und schlagartig das Vorderrad blockierte. Das alles geschah in
Bruchteilen von Sekunden, trotzdem sehe ich es noch heute wie ein
Zeitlupenfilm vor mir. Blockierendes Vorderrad bei einem Zweirad
kennen Sie sicher, normalerweise macht man dann gleich einen Satz
über den Lenker und fliegt auf die Schnauze. Es wurde zwar sehr
unangenehm, aber ich hatte trotzdem noch Glück, weil das an einer
Stelle passierte, wo die Straße leicht mit feuchtem Laub bedeckt war.
Dadurch wirkte das blockierende Vorderrad nicht gleich wie ein
Katapult, sondern glitschte schmierig und ohne rechte Spurhaltung
weiter. Da ich zugleich die Rücktrittbremse getreten hatte, wurde das
Rad dann doch trotz allen Geflatters deutlich langsamer, bevor ich
dann unvermeidlich mit dem Drahtesel zur Seite in den Straßengraben
stürzte. Genau in nasses Laub, was den Vorteil hatte, dass der Sturz
abgemildert wurde. Zugleich hatte es den Nachteil, dass ich danach
aussah wie ein Schwein, welches gerade im Schlamm gesuhlt hat. Na
ja, besser ein Loch in der Hose und selbige dreckig, als ein Bein
gebrochen oder noch schlimmeres. Zudem war ich froh, dass in dem
Bereich gerade keine anderen Leute oder Autos kamen, einerseits
wegen der zusätzlichen Gefahren, aber auch, weil die sich dann über
mich totgelacht hätten, denn ich kann mir gut vorstellen, dass meine
Bauchlandung im Straßengraben für Unbeteiligte recht lustig
ausgesehen hat. Ich weiss, so etwas klingt banal, aber für den Rest des
Tages war ich total fertig mit mir und dem Rest der Welt. In den
darauf folgenden 5 Tagen habe ich mich nicht mehr aufs Fahrrad
getraut, obwohl ich den Bremsschaden gleich am Tag danach repariert
habe. Wie gefährlich diese Gefällstrecke wirklich sein kann, entpuppte
sich nur wenige Tage später bei einigen übermütigen Jugendlichen,
doch das lesen Sie weiter unten, da möchte ich jetzt nicht vorgreifen.

Der Rentner - Nachbar sagte diese Tage, dass die ehrgeizigen Pläne,
die ein Unternehmer mit Teilen des Areals und der alten Fabrik hier
hatte, das gezielt umzubauen, in Einzelflächen aufzuteilen, zu
modernisieren, auch Teile dazwischen abzureißen, die nicht in sein
Konzept passten und dann den modernisierten Kram sozusagen wie
Kuchenstückchen in kleineren Portionen zu verkaufen, derzeit vom
Tisch wären. Auch hier muss man sagen, der Finanzkrise sei Dank.
Dieser Investor wollte auch nicht pur auf Risiko bauen und hatte
heftig anderswo die Werbetrommel gerührt, um diese späteren
Aufteilungsstücke zu verkaufen. Er dachte sich, auf diese Weise
könne er zumindest zu einem Teil diese Sachen schon verkaufen,
bevor sie überhaupt umgebaut sind und dann mit dem so vorzeitig
eingenommenen Geld den Umbau finanieren. Das war aber wohl ein
Schuß in den Ofen, weil wegen der Finanzkrise so ziemlich alle
Interessenten vorzeitig abgesprungen waren und sich auch keine
neuen mehr fanden.
Wie ich Ihnen schon vor längerem berichtete, gab es für die rund 2 km
entfernten Mühlen wieder einen neuen Besitzer, nach dem der
Computerheini gescheitert war. Der Neue wollte sich vorerst nur
riesige Wohnräume für sich darin einrichten und sich später
überlegen, was er genau mit dem riesigen Rest macht. Der hat dann
auch mal mit einem etwa 4 Mann starken Bautrupp dort angefangen
ungefähr 2 Monate heftig zu schuften, die LKW von dieser Baufirma
kamen täglich mehrfach hier vorbei, aber seit ungefähr 2 - 3 Monaten
scheint dort wieder alles eingeschlafen zu sein. Man sieht nichts,
keiner macht was und wenn man dorthin spaziert scheint auch nie
einer da zu sein, es sieht schon richtig etwas trostlos aus. Unkraut
beginnt schon wieder den Eingangsbereich zu überwuchern. Ob der
nun auch von der Finanzkrise erwischt wurde oder ob das andere
Gründe hat, weiss ich noch nicht.

Man merkt aber auch immer mehr, dass man alt wird. Im normalen
Alltag will ich mich da aber noch gar nicht beklagen, da läuft so
ziemlich alles noch frisch. An einer etwas ungewöhnlichen, anderen
Sache bemerkte ich es vor wenigen Wochen. Wir hatten einen
Abstecher nach Pforzheim gemacht. In einem Stadtteil war dort
gerade eine Art Oktoberfest oder so was ähnliches wie der
Cannstadter Wasen, natürlich etliche Nummern bescheidener, aber
auch schon ganz ansehnlich. Wir schlenderten da so gemütlich in der
Abenddämmerung über den Platz, da kam Kayla auf die Idee, dass sie
mal mit so einem Fahrgeschäft mit fahren möchte. Das war so ein
Ding, wie eine verkleinerte Mischung aus Riesenrad, Raupe, Karussell
und Octopus. Man könnte vereinfacht sagen, ein Riesenrad, welches
schräg lief. Beim Einsteigen standen die Zweier - Gondeln und der
ganze Kreis an dem die hingen waagerecht, wie bei einem normalen
Karussell, beim Lauf hob sich das Ding dann, so dass dann die
Anordnung der Gondeln zu dem mittleren Aufhängungkreis ähnlich
wie bei einem Riesenrad war, nur nicht ganz senkrecht gerade,
sondern schräg. Als das dann so eine Zeit lang lief, zerteilte sich
während der Fahrt der Aufhängungskreis in einzelne Segmente, die in
unterschiedlicher Länge ausgefahren wurden und die dabei noch auf
und ab wippten, also so ähnlich wie bei so einem Octopus - Gerät.
Deren Bewegung wippte schließlich nach einer Weile synchron
wellenförmig im Wechsel mit allen anderen Gondeln auf und ab, so
ähnlich wie man den Effekt bei so einer Raupenbahn hat. Also man
kann sagen ein Alles-in-Einem-Gerät. Fehlt nur noch, dass man noch
irgendwie eine Autoscooter - Funktion eingebaut hätte, was aber bei
so einer Konstruktion wohl nicht möglich wäre. Also ich sage Ihnen,
früher in meiner Jugend, da hätte ich stundenlang mit solchen
Apparaturen rund sausen können, ohne dass es mir im Geringsten
etwas ausgemacht hätte, aber heute absolut nicht mehr. Für mich war
danach Sense. Kayla musste den Wagen nachhause fahren, ich hätte
das nicht mehr gekonnt. Ein permanent bedröhntes Gefühl bekam ich
2 Tage lang nicht mehr aus dem Kopf. So richtig beschreiben kann
man das nicht, wie eine Mischung aus Seegang, Rotation, Flauheit,
Schummerigkeit, Trägheit und Fluggefühl. Wenn ich die Augen
schloß, sah ich nur noch rotierende bunte Kreise oder eine Art
leuchtenden Sternschnuppenregen. Fazit ist für mich, dass ich
inzwischen zu alt für so was bin, da spielt mein Kreislauf und meine
Rübe nicht mehr mit. Da kann man sagen, dass dies wohl das aller
letzte Mal war, wo ich in meinem Leben mit so einem Ding gefahren
bin.

Es gibt ja manche Leute, die von bestimmten Sportarten extrem
überzeugt sind und sogar versuchen, andere mit zu reissen und für
diesen Sport zu begeistern. Wie Sie wissen, bin ich ein total
unsportlicher Mensch. Ich habe zeitlebens nie nennenswert Sport
betrieben, außer früher mal etwas schwimmen und Radfahren, aber
letzteres schon mehr im Sinne von Spazierenfahren, wobei wir ja auch
heute noch oft ausgiebig Radfahren. Trotz der Verschmähung von
Sport im Allgemeinen würde ich mich selbst nicht als kraftlosen und
muskellosen Schwächling bezeichnen, denn durch gewisse
Tätigkeiten, denen ich regelmässig nachgehe, erfährt der Körper ja
auch ein Mindestmaß an Betätigung und Trainig, wenn man so will.
Allerdings ein Kraftprotz bin und war ich nie und hätte auch im
ganzen Leben bislang keiner sein wollen. Das hat aber alles nichts mit
Sport zu tun. Noch weniger als für den Sport selbst interessiere ich
mich für Sportergebnisse. Also wer wann wo welchen Rekord
aufgestellt oder in einer Sportart welches Ergebnis erzielt hat, das ist
mir absolut völlig gleichgültig. So gleichgültig, wie einem nur
irgendwas gleichgültig sein kann. Genau so verhält es sich auch mit
Fußballergebnissen und ähnlichem Zeug. Was habe ich davon, ob die
Mannschaft XY 3:2 gegen die Mannschaft ABC gewonnen oder
verloren hat? Mir bringt das gar nichts, ich habe keinen Cent mehr in
der Tasche, wenn der eine oder andere gewinnt, ich fühle mich dann
auch nicht besser, wozu auch? Was habe ich damit zu tun, wenn die
gewinnen? Das ist doch deren Bier, die haben sich den Sport
ausgesucht und wenn sie halt verlieren, dann ist es deren Pech und mir
ebenso egal. Wenn das denen nicht gefällt, dann sollen sie diesen
Sport eben an den Nagel hängen und sind damit das Problem los, es
zwingt sie ja keiner dazu. Zeitlebens habe ich nie Leute verstanden,
die sich beispielsweise tagelang darüber grämen, wenn ihr
Lieblingsfußballverein verloren hatte. So was kann ich bestenfalls mit
Schulterzucken und einem desinteressierten : „Na und?"
kommentieren. Sie kennen meine Einstellung zu solchen Dingen, weil
ich das vor längerer Zeit schon mal erläutert hatte. Worauf ich aber
hinaus will ist etwas anderes. Hier im benachbarten Ort ist einer, der
macht immer solche Volksläufe und ähnlich sinnfreien Quatsch mit,
was mir natürlich auch egal ist. Ich habe nichts dagegen, wenn es ihm
Freude bereitet, kann der von mir aus rund um die Uhr tageintagaus
laufen bis er tot umfällt. Nun dient in letzter Zeit hier bei uns vorbei
der Weg zu den Mühlen oft als seine Trainingsstrecke. Früher kam der
vielleicht einmal im Monat hier vorbei gelaufen und nach einer Stunde
wieder zurück oder manchmal auch nicht, weil er einen anderen
Nebenweg gewählt hat. In jüngster Zeit kommt der bestimmt jeden
zweiten Tag hier vorbei, manchmal sogar zweimal am Tag. Nun blieb
er öfters hier stehen und versucht mich oder Kayla zu überreden, auch
mit diesem Laufsport zu beginnen. Das gäbe einem angeblich eine
neue innere Freiheit und einen klaren Kopf, wenn man das
regelmässig machen würde. Nun ist er auch nicht mehr der Jüngste,
ich schätze, er wird vielleicht 5 Jahre jünger sein, als ich, und er
erzählte, dass man da ganz bequem und langsam - schonend mit
anfangen könnte. Er meinte, dass er früher mal Berufssoldat war, was
oftmals eine gewisse körperliche Fitness voraus setzt, die sich solche
Leute dann in regelmässigem Training holen. Von da her war der
Draht dazu für ihn schon vorgegeben. Trotz seiner guten Werbung für
den Laufsport gelang es ihm nicht, mich zu überreden, auch damit
anzufangen. Ich finde es wirklich obskur, da plagen die sich das ganze
Jahr ab und es ist für die das Größte, wenn sie dann an etlichen Groß -
Laufveranstaltungen teilnehmen, wo hunderte Läuferinnen und Läufer
gleichzeitig irgend eine Strecke in einer möglichst guten Zeit ablaufen
müssen. Damit nicht genug, die geben sogar noch viel Geld dafür aus,
weil diese Laufveranstaltungen oftmals so weit entfernt statt finden,
dass alleine An- und Abreise mehrere hundert Euro kostet. Dann
müssen die ja auch noch dort übernachten, also ein Hotelzimmer
mieten usw., also ich weiss nicht und alles nur um am Ende sagen zu
können: „Ich war dabei." Tut mir leid, ich kann so etwas nicht
nachvollziehen, weder das Interesse daran als solches, noch die
Begeisterung dafür, dort im Rudel zu laufen. Ich weiss nicht, ich
finde, die Menschen werden immer eigenartiger. Das merkt man
natürlich nicht nur an solchen Dingen, sondern an allen möglichen
Sachen. Sind wir mal ehrlich, denken wir mal ungefähr 5 Jahrzehnte
zurück. Stellen Sie sich doch mal vor, damals hätte einer gesagt, dass
er zuerst 800 km fährt, um dann dort in einem Haufen Laufverrückter
mit zu laufen. Da hätten Ihnen damals nahezu alle Leute einen Vogel
gezeigt und Sie für total verrückt erklärt. Die hätten gefragt, ob man
nichts besseres zu tun hätte und gezwungen sei, auf diese sinnlose
Weise die Zeit tot zu schlagen. Gewiss gab es damals auch Sport und
auch Laufveranstaltungen, aber dass große Massen von Leuten das auf
eine derartige Weise betrieben hätten, das wäre damals völlig
undenkbar gewesen. Das ist meines Erachtes auch eine dieser vielen
Sinnlosigkeiten unserer heutigen Zeit.

Es ist schon komisch, dass Heizungen immer in der kalten Jahreszeit
kaputt gehen müssen, aber das scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu
sein. Das war schon früher in den Mietshäusern so, in denen ich
überall damals mal gewohnt habe und heute bei uns im eigenen Haus
ist es nicht anders. Nur mit dem blöden Unterschied, dass wir die
Kosten für entsprechende Reparaturen jetzt selbst bezahlen müssen
und keinem Vermieter aufs Auge drücken können, wie das früher
üblich war. Es begann eigentlich harmlos und ich bin mir auch nicht
sicher, ob das eine mit dem anderen überhaupt etwas zu tun hat,
wahrscheinlich ist es nur Zufall, dass die beiden Fehler fast zeitgleich
auftraten. Eines Nachts vor einigen Wochen wurden wir vor Hitze
wach. Es war brütend heiss im Schlafzimmer, weil der Heizkörper
volles Rohr heizte, obwohl wir das Dreh - Thermostat daran im
Schlafzimmer immer nur auf einer kleinen Stufe eingestellt haben, so
dass es dort normalerweise nie wärmer als 16 Grad wird. Aber da
waren es 27 Grad und an normales Schlafen nicht mehr zu denken. Es
stellte sich wie erwartet heraus, dass das aufgeschraubte Dreh -
Thermostat defekt war und durch ein neues ersetzt werden musste.
Das kann man normalerweise selbst machen, sofern man eines
bekommt, welches das gleiche Montagegewinde hat. Im Baumarkt,
die haben meist nur 1 oder 2 sehr gängige Größen, bei uns das war
natürlich, wie sollte es auch anders sein, in einer nicht gängigen
Größe. So war mehrfaches Hin- und Herfahren zu etlichen Spezial -
Sanitärfritzen nötig, um an das passende Teil zu einem völlig
überzogenen Preis von 43 Euro zu kommen. Die normalen Größen im
Baumarkt kosten meist zwischen 9 und 15 Euro. Manchen
Sanitärfritzen genügt das Absahnen mit stolzen 43 Euro aber noch bei
weitem nicht, die verkaufen einem das Ding nicht als Ersatzteil,
sondern verlangen, dass man es auch von ihnen montieren lässt, weil
angeblich sonst ein fachgerechter Anbau dieses Teils nicht möglich
wäre. Dann werden aus 43 Euro schnell 150 Euro. Die behaupten,
dass ein Laie die Spezial - Madenschraube in der Halterung nicht
korrekt zuschrauben könne. Fakt ist, das dort eine winzige
Imbusschraube drin sitzt, die noch eine Spezialeinlage hat, die beim
letzten festen zuschrauben den Kopf der Imbusschraube unbrauchbar
macht, so dass nachher nur noch ein Santitärfritze mit einem
Spezialwerkzeug das Ding wieder austauschen kann. Das ist also vom
Hersteller so als verkaufsfördernde Maßnahme für Sanitärbetriebe
absichtlich eingebaut. Eigentlich für mich gleich ein Grund, die
Produkte dieses Herstellers künftig zu meiden, was aber hierbei nicht
so ohne weiteres geht, weil man dazu das ganze Heizungsventil
austauschen müsste, was natürlich kaum jemand machen wird, weil
man dazu die gesamte Heizungsanlage abschalten und leer laufen
lassen müsste, das Ventil wechseln, dann wieder alles auf Druck voll
laufen lassen, den Kessel und alle Heizkörper im Haus entlüften etc,
daraus würde dann also eine Arbeit für mindestens 2 Tage. Dort ist
nämlich ein Heizungsventil eingebaut, auf welches die normalen
Thermostat - Drehkköpfe erst gar nicht passen, sondern nur diese
blöden speziellen Mistdinger von diesem einem Hersteller. Sei es
drum, also für 43 Euro bekam ich dann einen einzelnen Thermostat -
Drehknopf bei einem diese Sanitärheinis und habe es eingebaut und
die Heizung lässt sich in dem Schlafzimmer wieder perfekt regeln.
Aber das war erst der erste Teil der Serie an Heizungspannen.
Vielleicht eine Woche später, es war ein sehr kalter Tag, wir saßen im
behaglich geheizten Arbeitszimmer, wie ich den großen Raum im
ersten Stock nenne, als es plötzlich zusehends kälter wurde und mit
der behaglichen Wärme aus war. In allen anderen Räumen wurde es
auch kalt. So bin ich in den Heizungskeller und dort flackerte schon
eine Warn - Kontrollleuchte vom Brenner, dass da eine Störung dran
wäre. Sie wissen, was man dann zuerst prüft, ob noch genug Heizöl
im Tank ist und ob das Öl beim Brenner ankommt u.s.w., aber das
schien noch alles zu funktionieren, nur der Brenner selbst wollte nicht
mehr. Man kann bei diesem Modell den Brenner an einem
rückseitigen Knopf auch von Hand zünden, also ohne diese eingebaute
Automatik - Elektronik, die die Temperatur ermittelt und dann nur bei
Bedarf automatisch zündet. Wenn ich auf den besagten Knopf drückte
zischte es heftig im Brenner, mehr aber auch nicht, er blieb aus. Wir
schauten noch, ob irgendwo am aufgeklappten Brenner zu starke
Verrußungen oder Verstopfungen erkennbar sind, viel mehr kann man
als Laie auch nicht mehr tun. So blieb uns nichts anderes übrig, als
einen Fachbetrieb anzurufen. Der Rentner hier aus der Siedlung hatte
uns einen Heizungspezialisten aus Karlsruhe empfohlen, der sei
kompetent und preiswert zugleich. Den riefen wir an und schon nach
weniger als einer Stunde stand der hier auf der Matte. Der
Handwerker schaute sich alles an, sah den Brenner und meinte, dass
diese Sorte von Brenner heute gar nicht mehr zulässig sei. Natürlich
gibt's Bestandsschutz, wo das Ding noch läuft darf es bis zu seinem
bitteren Ende weiter laufen, sofern gewisse Abgaswerte nicht
überschritten werden, aber bei einem Austauschbedarf muss ein ganz
anderer Typ eingebaut werden. Er stellte auch fest, dass der Brenner
von Baujahr 1987 ist, was wir persönlich beim Kauf des Hauses noch
als einigermaßen modern empfanden, aber heute ticken die Uhren da
anders. Baujahr 1987 gilt in Heizungskreisen heute schon als
Methusalem. Ist doch so, wenn man vielleicht 1975 ein Haus hatte, wo
eine Heizungsanlage von 1950 drin war, die noch funktionierte, dann
fand man das toll und schon fortschrittlich, was sind schon 25 Jahre
für so eine aufwändige Sache, wie eine Heizung, zumal wenn sie noch
funktioniert? Aber heute wird anders gerechnet. Der Heizungsexperte
erläuterte, dass heute alle Heizungen, die älter als 12 Jahre sind, als
hoffnungslos veraltet gelten, weil zu diesem Zeitpunkt wohl
entscheidende Veränderungen eingeführt wurden. Da nützt es auch
nichts, wenn die noch funktioniert, bei einer Gebäudebewertung
würden solche alten Schätzchen mit 0 angesetzt, auch wenn sie die
Wohnung noch behaglich wärmen. Nun wurde bei uns ja nichts mehr
gewärmt, sonst hätten wir den ja gar nicht angerufen. Wir fragten den,
ob man den alten Brenner denn nicht preiswert reparieren könne, da
wir auch nicht zu viel Geld für so was ausgeben können. Er prüfte
dann noch einiges, kam aber leider zu dem Schluß, dass das Ding
endgültig über die Wupper sei und eine Reparatur nicht mehr möglich
ist, zumindest nicht mehr aus wirtschaftlicher Sicht. Er meinte, wer
wird schon für eine krampfhafte Reparatur mit ungewisser Haltbarkeit
vielleicht 1800 Euro ausgeben, wenn ein ganz neuer Brenner mit 3
Jahren Garantie 2400 Euro kostet? Na ich sage Ihnen, da kriege ich
die Krise. Wie schon weiter oben erwähnt, befinden wir uns gerade
jetzt nicht in einer Phase des Überflusses, wo man mal eben so 2400
Euro aus dem Ärmel schüttelt. Solche Zusatzkosten passen uns derzeit
überhaupt nicht ins Konzept. Das habe ich dem Heizungsfachmann
dann auch gesagt. Der verzog nur etwas die Miene und meinte, dass er
da überhaupt keine anderen Alternativen sehen würde, ausser
vielleicht, dass man die Heizung abschalte und sich ins Kalte setzt.
Das ist natürlich auch kein Zustand. Wie dem auch sei, dieser
Heizungsmensch kassierte 117 Euro für seine bisherigen
Bemühungen, also die Fehlersuche und zog ohne Beseitigung der
Schäden von dannen. Darüber sprach ich dann mit dem Rentner, der
mir diesen Knilch ja empfohlen hatte. Er meinte, ja so sind die heute
und da ist das normal, alles gleich neu einzubauen, aber ansonsten
würde der gut und preiswert arbeiten. Das nützte uns in dem
speziellen Fall aber gar nichts. Dann kam mir, der zugegeben etwas
gewagte Einfall, dass doch in den alten Fabrikhallen bestimmt auch
irgendwo noch Heizungsbrenner installiert sind, die vielleicht auf
unsere Heizung passen könnten. Der Rentner hielt von der Idee schon
gleich gar nichts, erstens weil die ja mit Sicherheit noch viel älter sind,
als der kaputte Brenner in unserem Keller, zweitens weil die nach so
langer Standzeit von weit über 20 Jahren Stillstand nicht mehr
funktionieren dürften, drittens weil ich als Laie auf dem Gebiet das
wohl nicht selbst aus- und einbauen könne und man auch keinen
echten Fachmann finden wird, der das für einen macht und viertens,
weil spätestens bei der nächsten Kontrolle und Einmessung der
Heizungsanlage durch den Schornsteinfeger Ärger droht, weil der
solch ein Gehudel dann nicht durchgehen lässt und weil diese
Uraltbrenner mit Sicherheit die heutigen Umweltauflagen nicht
einhalten. Trotz seiner zahlreichen Bedenken ließ mich der Gedanke
nicht mehr los. So bin ich noch am gleichen Tag zusammen mit Kayla
über 5 Stunden durch die alten Fabrikhallen gestreift. Dort stießen wir
natürlich auf zahlreiche Brenner, aber fast immer waren sie viel zu
groß. Entnervt brachen wir dann die Suche dort ab und gingen zurück
ins kalte Haus. Inzwischen war dem Rentner noch ein ehemaliger
Kollege eingefallen, der früher in der Fabrik solche Anlagen immer
reparierte und bei Bedarf erweiterte. Dieser Mann ist selbst schon um
die 70 Jahre alt, wäre aber noch recht rüstig und der Rentner hat auch
noch etwas Kontakt zu dem. Er meinte, man könne den ja zumindest
mal um Rat fragen, ob der eine billig umsetzbare Idee hat. So wurde
der Mann kontaktiert, der heute in der Nähe von Bretten wohnt, was ja
von hier nicht übermässig weit ist. Der war sichtlich erfreut sozusagen
noch mal gebraucht zu werden, damit seine in Jahrzehnten
erworbenen Kenntnisse nicht weiter sinnlos brach liegen. Der Mann
war sehr redselig, besonders wenn es um seinen früheren Beruf ging.
Wie ein Wasserfall quollen die Ideen aus ihm, als ich ihm unser
Problem schilderte und dass wir sogar schon in seiner ehemaligen
Wirkungsstätte, der alten Fabrik, nach einem passenden Ersatz
gesucht hätten, wohl ohne Erfolg. Da blühte er gleich doppelt auf, als
er hörte, dass in der Fabrik wohl so ziemlich alles noch vorhanden sei,
wie er es vor vielleicht 25 Jahren an seinem letzten Arbeitstag
verlassen hat. Vor allem die Aussicht darauf, sein altes Arbeitsumfeld
noch mal wieder zu sehen, riß ihn förmlich aus dem Sessel. Am
liebsten wäre er aufgesprungen und gleich mit uns gefahren. Das hätte
an diesem Tag aber keinen Zweck mehr gehabt, weil es schon
dämmerte und in der Fabrik ist bekanntlich kein Licht mehr, jedenfalls
im Großen Ganzen nicht, bis auf ein paar kleine Stellen. Schon am
nächsten Tag haben wir den Mann morgens zeitig abgeholt und sind
mit dem durch die alten Hallen geschritten. Ich sage Ihnen, der Mann
hatte die Tränen in den Augen stehen; wobei ich mir nicht ganz sicher
bin, ob es Tränen der Verzweiflung waren, wenn er sich seine ehemals
gepflegten Anlagen im heutigen Zustand ansah oder ob es Tränen der
Freude waren, weil der größte Teil davon tatsächlich auch heute noch
existiert, wenngleich seit damals im Dornröschenschlaf und unter
entsprechenden Staubschichten. Zielsicher, als wäre er gestern noch
hier gewesen, schritt er mit uns in den ersten Keller der vorderen
ersten großen Halle. Er sagte, dort stünde die Heizungsanlage für die
Büroräume, die oben in einem Nebenteil dieses Gebäudes waren.
Bewaffnet mit zig guten Taschenlampen gingen wir staunend dem
Mann nach. Ich glaube, der hätte die richtige Stelle sogar mit
verbundenen Augen gefunden. Voila, plötzlich fanden wir uns in
einem Neben- Nebenraum dieses Kellergeschosses wieder, in dem wir
bislang trotz aller Erkundungen noch nie drin waren, was auch zeigt,
dass wir da noch längst nicht alles kennen. Dort stand eine Batterie
von Heizkesseln, große und mittlere. Er deutete auf die mittleren und
meinte, dass man diese Brenner auch in unserer Hausheizung, die er
auch kannte, problemlos verwenden könne, sofern sie noch
funktionieren. Er meinte zudem, dass diese ganzen Brenner dort
damals noch im letzten Jahr seiner Arbeit komplett erneuert worden
wären, die hätten also bis zur Stillsetzung nicht viel gelaufen.
Allerdings 25  Jahre Stillstand richten oft mehr Schaden an, als zig
Jahre Arbeit, so einen Einwand machte ich dann. Darauf grinste er
und meinte, dass wir ja immerhin die Auswahl unter 6 derartigen
Brennern hätten, und wenns der eine nicht tut, versuchen wirs halt mit
einem anderen. So haben wir meine umgebaute ex - Werks -
Handkarre geholt und eifrig hat der Mann gleich binnen weniger
Minuten 4 der 6 Brenner ausgebaut und unter dem Ächzen der Räder
des Handkarrens vom Gewicht der durchaus schweren Brenner haben
wir die Dinger zu uns rüber geschafft. Ich habe schon immer gesagt,
dass diese Brenner dort nie im Leben passen, weil die schon rein
optisch fast doppelt so groß waren. Aber der alte Fachmann, der auf
Grund seines Alters natürlich nicht mehr schwer heben kann, hat uns
dann angeleitet, wenn schwere Sachen zu heben waren, und obwohl
der schon fast 25 Jahre aus dem Beruf raus ist, hatte der unseren alten
Brenner in weniger als 5 Minuten komplett ausgebaut. Die rüber
geschafften Brenner passten natürlich nicht auf Anhieb, aber er hat
uns erklärt, wie wir diese Brenner von ihrer Grundplatte ab schrauben
und dann auf die alte Grundplatte von unserem Brenner drauf
montieren. Das ging binnen vielleicht einer halben Stunde. Dann
dieses so neu entstandene Gebilde aus gebrauchter Original -
Grundplatte, die praktisch wie eine schwenkbare Ofentür mit Brenner
drauf wirkt, und gebrauchtem Fabriks - Brenner unter seiner
Anleitung und Mithilfe an den Heizkessel angebaut. Nach rund einer
Stunde war das Ding drin, der Mann hat dann noch alle Leitungen für
Strom, Temperatursteuerung, Heizöl u.s.w. angeschlossen und dann
folgte der erste Problelauf. Unter heftigem Getöse und Feuerspucken
sprang der alte Brenner nach fast 25 Jahren Dornröschenschlaf zum
ersten mal wieder an. Er donnerte gewaltig, wesentlich lauter, als
unser originaler Brenner früher war. Kayla fand das recht
beängstigend und meinte, dass da wohl bald die ganze Heizung
explodieren wird. Der alte Fachmann beruhigte und meinte, das sei
halt so, diese Sorte von Brenner wäre halt sehr laut, was in einer
Fabrik natürlich früher keinen gestört hat, weil der Umgebungslärm
ohnehin so laut war, dass das laute Brennergeräusch darin unter ging.
Das habe aber nichts zu bedeuten und man wird sich ja später wohl
kaum gemütlich in den Heizungskeller setzen wollen, um dort zu
entspannen. Also glaubten wir ihm, er war ja der Fachmann, und
ließen die Heizung so eine Weile donnern. Im Haus wurde es wieder
behaglich warm. Dann wurde es aber immer wärmer, viel zu warm,
weil der Brenner nicht mehr aus ging, als die Steuerung ihn eigentlich
abschaltete. Da war dann schnelles Handeln gefragt, denn sonst wäre
der Kessel durchgebrannt oder geplatzt. Wo Laien wie wir dann
vielleicht nervös werden, blieb der alte Hase ganz ruhig, schraubte den
Heizölhahn zu und nach einigem knatterigen Geflacker erlosch dann
der Brenner. Der Mann prüfte dann noch einiges und kam zu dem
Schluß, dass an diesem Brenner die Steuereinheit defekt sei,
wahrscheinlich durch den langen Stillstand von rund 25 Jahren. So
wurde mit einem Zeitaufwand von vielleicht 90 Minuten das selbe
Procedere noch mal gemacht und der zweite von den 4
Fabriksbrennern auf die Grundplatte umgeschraubt. Handwerklich
also die selbe Umbau - Geschichte wie zuvor. Dieser Brenner lief
ähnlich gut, war sogar einen Hauch leiser und schaltete nach erreichen
der Kesseltemperatur auch ordnungsgemäss ab. Das wurde dann noch
etwa 2 Stunden lang beobachtet und unser Haus ist jetzt wieder
rundum behaglich warm. Der alte Fachmann sollte natürlich dafür
auch bezahlt werden, ist doch klar, gute Leistung soll schließlich
belohnt werden. Er forderte auf Absprache 50 Euro, wir wollten ihm
wegen der zufrieden stellenden Leistung sogar 70 Euro geben, was er
aber ablehnte. Da wir mitbekommen hatten, dass er ein sehr großer
Kaffee - Freund ist, haben wir ihm dann noch 2 Pakete Kaffee
geschenkt, die er sehr gerne annahm. Ich hatte den Eindruck, dass er
sich über den Kaffee noch mehr freute, als über das Geld. Wir haben
ihn dann wieder zurück nach Bretten gefahren und er bot aus sich
heraus gleich an, falls es wieder Heizungsprobleme gäbe, sollten wir
ihn einfach ansprechen, er habe fast immer Zeit für so was. Ich glaube,
der war wirklich richtig froh, so nochmal sein Können unter Beweis
stellen zu können, als wie ansonsten das ganze Wissen seines
Berufslebens nur noch sinnlos brachliegen zu lassen. Nun haben wir
die anderen Brenner noch als Ersatz für zukünftige Ausfälle im Keller
liegen. Ich bin allerdings mal gespannt, was der Schornsteinfeger bei
der nächsten Überprüfung der Anlage sagen wird, die jährlich einmal
statt findet. Ich glaube, die ist im März oder April nächsten Jahres
wieder fällig.
Nun waren wir sichtlich froh, dass wir keine 2400 Euro für einen
neuen Brenner ausgeben mussten, was uns momentan im wahrsten
Sinne des Wortes kalt erwischt hätte. Es wäre gar nicht bezahlbar
gewesen, oder wir hätten die eisernen Reserven antasten müssen, was
wir aber unbedingt vermeiden wollen.
Damit war in Sachen Heizung aber leider noch immer nicht alles
überstanden. Wie Sie wissen, war im Oktober wieder diese blöde
Umstellung von Sommer- auf Winterzeit, dieses hirn- und sinnlose
Unterfangen. Die Steuerung der Heizung verfügt auch über eine so
genannte Schaltuhr, die vornehmlich die Aufgabe hat, diese
Nachtabsenkung ein- und auszuschalten. Die ist bei uns so eingestellt,
dass der Vorlauf der Heizung zwischen 23.15 Uhr und 4.30 Uhr um
rund 20 % kleiner gestellt wird. In Grad könnte man grob sagen, dass
die Heizung im Mittelwert in dieser Zeit nur noch bis 17 Grad
Zimmertemperatur erlaubt, während in der übrigen Zeit in einigen
Räumen sogar bis zu 27 Grad möglich sind, in manch anderen
Zimmern schafft man aber nicht mehr als 22 Grad. So fiel mir ein,
dass ich diese Schaltuhr auch umstellen muss, weil es abends zu früh
kalt wurde. Ich also wieder in den Heizungskeller gejumpt und diese
Uhr ist noch eine elektromechanische Schaltuhr, die in einem
Steuerkasten seitlich neben der Heizung an der Wand hängt. Zur
Uhrumstellung muss man vorne ein Deckelchen ab ziehen und dann
so ein Rad mit den Uhrzeiten drauf entsprechend verdrehen, bis die
gültige Zeit mit der Zeitanzeige auf dem Rad durch Überdeckung mit
einem feststehenden Zeiger identisch ist. Aber Pustekuchen! Beim
ersten Versuch, das Ding zu verdrehen, machte es knacks in dem Teil
und weiter innen drin in der Schaltuhr fiel hinten etwas runter, was ich
aber nicht genau sehen konnte. Die Folge war, dass die Uhr nicht
mehr weiter lief, sondern immer auf dem Zeitpunkt, wo mir das
passierte stehen blieb, das war gegen 18 Uhr. Somit gab es auch keine
Nachtabsenkung mehr. Immerhin wird noch ordentlich geheizt, aber
weil auch über die Nacht voll geheizt wird, ist natürlich der
Ölverbrauch höher. Das ist ja vornehmlich der Sinn der Sache, den
Heizölverbrauch mit der Nachtabsenkung zu reduzieren. Momentan
heizen wir quasi noch umsonst, weil wir nach wie vor alte gesammelte
Ölreste aus der Fabrik im Tank haben, da ist das nicht ganz so
schlimm. Man kann es aber nicht so lassen, da man den Tag schon
kommen sieht, an dem alle kostenlosen Ölbestände aus der alten
Fabrik verheizt sind und wir wieder Heizöl kaufen müssen. Es hängt
von der Härte des Winters ab, aber ich schätze mal, dass wir noch
ungefähr ein Jahr lang mit diesem „Altöl" der besonderen Art
auskommen, aber dann fällt so ein kostenintensiver Posten wie Heizöl
besonders schmerzhaft ins Gewicht, wenn man vorher rund 2 Jahre
lang von völlig kostenlosem Heizöl den Hintern gewärmt bekam.
Daher ist uns auch durchaus daran gelegen, die vorhandenen Vorräte
zu schonen und nicht sinnlos zu verheizen. Nun bin ich kein
Elektrotechniker, der solch eine Schaltuhr, die ja fest installiert ist,
selbst austauschen kann und ich hatte auch keine Ahnung, wo man so
ein Ding überhaupt her kriegen sollte. Der Rentner hier meinte
einfach, ich soll es damit machen, wie mit dem Heizungsbrenner. In
der Fabrik stehen doch hunderte, wenn nicht tausende Schaltkästen an
den alten Maschinen und Anlagen, vielleicht ist da ja irgendwo auch
solch eine Schaltuhr dabei. Aber was würde mir das nützen?
Ausbauen könnte ich die vielleicht noch, einfach Drähte mit der
Zange abzwacken und das Ding ausschrauben, fertig! Aber ich müsste
dann ja hier die defekte Uhr ordnungsgemäß ausbauen, ohne etwas zu
beschädigen und die Ersatzuhr korrekt anschließen, damit es auch
funktioniert. Nichts für mich. Wäre es einfach eine Steckdose, ein
Schalter oder eine Lampe, die anzuschließen ist, dann hätte ich mich
deswegen nicht bange gemacht, aber so lieber nicht. Also wurde
zuerst wieder der „Heizungs - Rentner" aus Bretten kontaktiert und
vielleicht konnte der das ja. Als ich ihm das Problem erklärte, winkte
er aber ab, weil solche Arbeiten in dem Betrieb damals immer die
Betriebselektriker gemacht hätten. Da fiel mir als letzer Ausweg der
Elektriker ein, der hier auch schon mal damals nach den Anlagen
geguckt hat und mit uns zusammen einige Sachen durchprüfte, Sie
werden sich sicher erinnern, an meine Berichte von vor ungefähr 2
Jahren. So habe ich den angerufen und am Tag danach kam der schon.
Er schaute sich das alles an und meinte, das Anschließen davon sei
überhaupt kein Problem, eher aber das Beschaffen einer genau
passenden Schaltuhr dafür. Diese alten Bauformen gäbe es so nicht
mehr, da müsse man eine neue besorgen und die entsprechend
umstricken. Ich erzählte ihm dann, dass man vielleicht eine
gebrauchte beschaffen könne, sofern man eine solche in der Fabrik
findet und ob er die dann halt nur einbauen könnte. Damit war er
einverstanden und wir einigten uns darauf, dass er 2 Tage später
nochmal vorbei schaut und die dann einbaut, falls wir so was in der
Fabrik finden. So sind wir fast 2 volle Tage durch die Fabrik gezogen.
Etliche ähnliche Dinger fanden wir, aber keines was exakt dem
Vorbild entsprach. Kayla meinte, dann sollten wir eben diese
ähnlichen Dinger dort ausbauen und mitnehmen, vielleicht kann der
Elektriker die ja dafür brauchen. So haben wir insgesamt eine
Auswahl von 13 Stück dort teils mühselig unter Verrenkungen und
auch etwas Angst ausgebaut, weil wir uns nie ganz sicher waren, ob
diese alten Anlagen wirklich alle ohne Strom sind, denn es gibt dort
vereinzelt durchaus noch Schaltkästen, an denen das eine oder andere
Kontrolllämpchen leuchtet, was ja nichts anderes heisst, dass dort
vereinzelt eben doch noch Strom ist. Natürlich haben wir die Dinger
nur aus Kästen ausgebaut, wo weit und breit nichts leuchtete, im
ganzen Raum nicht. Der Elektriker war dann später mehr belustigt von
unserer Auswahl, weil er meinte, das kein einziges von diesen
Dingern eine Schaltuhr wäre. Gut, im Gehäuse sahen die irgendwie
ähnlich aus, aber es waren halt andere Apparaturen. So musste er dann
doch eine neue Schaltuhr umstricken und einbauen, was dann
einschließlich Arbeitslohn insgesamt mit sauren 172 Euro zu Buche
schlug. Aber nun klappt wirklich wieder alles mit der Heizung
bestens.

Noch eine verrückte Anekdote am Rande. Da schreibt mir in letzter
Zeit fast wöchentlich ein angeblicher Herr Quirin Baltus, den ich
definitiv nicht kenne, dicke Briefe. Briefe, die meist über 5 oder noch
mehr DIN - A4 - Seiten gehen und die vor allem eines enthalten:
Beleidigungen. In seinen Beleidungen ist dieser Baltus sehr
erfindungsreich und er lässt sich da teils schon seltsame Mixturen aus
vulgärem Wortschrott und feinsilbigem Gehabe einfallen. Da
unterstellt er mir beispielsweise in einer abstrusen Beschuldigung,
dass ich ständig öffentliche Toiletten aufsuchen würde, nur um dort
anstatt in die Urinale oder in die Kloschüsseln, an die Wände oder in
die Flure pissen würde. Oder in einem anderen Brief schreibt er, dass
ich eine zweistufige Missgeburt sei. Zweistufig deshalb, weil mein
Körper in diesem Jahrhundert auf die Welt gekommen sei und mein
Gehirn vor 1000 Jahren. Wieder an anderer Stelle schlägt er vor, dass
ich am Müllabholtag in eine Mülltonne steige und mich so selbst
entsorgen solle, ich solle dabei aber unbedingt in die Biotonne
klettern, wegen der korrekten Mülltrennung. Alleine die Ideen sind
schon so kaputt, dass man dem Mann mit Sicherheit eine Sonderform
des Wahnsinns unterstellen muss. Ich weiss gar nicht, wie der
ausgerechnet an meine Adresse kommt. In seinen Briefen erwähnt er
oft, dass er in Bremen wohnt und wir haben inzwischen raus
bekommen, dass fast alle Briefe tatsächlich in einem Zustellbereich
von Bremen aufgegeben wurden.

Vor kurzem ist in der schmalen Zufahrtsstraße hier zur Siedlung ein
schwerer Unfall passiert. Allerdings ganz anders, als Sie es vielleicht
nun zuerst vermuten würden. Wenn man „Unfall auf Straße" hört,
sieht man im Geiste immer direkt verunglückte Autos oder
Motorräder vor dem inneren Auge. Hier das war eine ganz andere
Sache. Wie ich schon öfters berichtete, trifft man hier eigentlich so gut
wie nie auf Jugendliche, weil es denen zu weit ab vom Schuß liegt.
Nun hatten aber doch einige Jugendliche die besagte schmale, kurvige
und stellenweise sehr steile Straße für sich entdeckt und glaubten, es
sei wohl eine ideale Piste, um mit so einem Rollbrett rasant runter zu
sausen. Sie kennen diese komischen Dinger auch, die schon vor zig
Jahren aus Amerika hier rüber geschwappt sind, diese Skateboard -
Gebilde. Nun ja, wir sind früher Rollschuh gelaufen und so haben die
halt das. Andererseits liegt es natürlich in der geistigen Unreife vieler
Jugendlichen begründet, dass die gerne Gefahren eingehen, auch um
sich damit bei ihren Kumpanen zu brüsten. Dass besonders männliche
Jugendliche oft einen starken Hang zum Imponiergehabe als Folge
von Pubertätsproblemen entwickeln ist altbekannt, aber ich meine, in
den letzten 10 Jahren werden die Auswüchse immer heftiger, weil die
kaum noch in ihre Schranken gewiesen werden und man denen
einfach zu viel durchgehen lässt. Egal, darüber will ich hier gar nicht
debattieren. Eine kleine Gruppe von solchen Jugendlichen mit
Skateboard donnerte jedenfalls an einem Samstag hier einige hundert
Meter vor der Siedlung in den Gefällstrecken wie die Idioten die
Straße runter und das selbst zwischen vorbei kommenden Autos her.
Durch die engen Kurven und die stellenweise dichte Bewaldung kann
man an vielen Stellen nicht sehen, wann Verkehr entgegen kommt.
Dann kam, trotz Samstag, ein schwerer LKW von der
Regenwasserbehälter - Fabrik denen entgegen, der bergauf fuhr.
Gleich hinter einer Kurve entdeckten die Jugendlichen den
entgegenkommenden LKW, als sie mit einem Affenzahn talwärts
zischten. Der LKW hat dann noch eine Vollbremsung hingelegt, um
einen Zusammenstoß zu vermeiden. Die sind dann auch nicht mit dem
LKW zusammen gestoßen, weil sie es vorher vorzogen, seitwärts ins
Gebüsch zu rasen, da das Ausweichen auf diese Art gefahrloser
schien, als gegen den LKW zu klatschen. Trotzdem hat sich ein etwa
16jähriger Junge dabei so stark verletzt, dass er auf dem Weg ins
Krankenhaus verstarb. Ein Kumpel von ihm erlitt ebenfalls sehr
schwere Verletzungen und wurde mit einem Rettungshubschrauber in
eine Spezialklinik geflogen. Ein weiterer Kumpel kam wohl mit
normalen Verletzungen wie Knochenbrüchen davon und wurde mit
einem normalen Krankenwagen abtransportiert. Ein vierter hatte
Glück im Unglück, wie man später in der Zeitung las, war ihm beim
Start das Skateboard seitlich weggerutscht, so dass er vorher schon auf
die Schnauze geflogen war, dabei aber nicht ernsthaft verletzt wurde
und bevor der dann wieder in Fahrt gekommen war, war der Unfall
schon passiert. So was ist zweifellos kein schöner Vorfall und ich
kann die betroffenen Eltern nur bedauern, aber an den Spätfolgen
dieses Unfalls sieht man wieder, welche abstrusen Dinge manche
Eltern daraus heute entwickeln. Niemand von denen kommt auch nur
im Ansatz auf die Idee, dass es vielleicht ein wenig Sache der Eltern
ist, sich um ihre Kinder zu kümmern und sie so zu erziehen, dass sie
solche Gefahren erst gar nicht eingehen; nein im Gegenteil. Die haben
dann noch groß die Schnauze aufgerissen, dass angeblich die
Gemeinde oder die Straßenbauverwaltung schuld sei, wenn man
solche unübersichtlichen Straßen vorhalte. Wieder andere tönten mit
ein, dass es wohl am ungeeigneten Fahrbahnbelag läge, weil darin zu
viele Flickstellen wären u.s.w. Man kann fast schon sagen, dass sich
daraus eine Art Bürgerprotestgruppe entwickelt hat, die nun den
schwarzen Peter für diesen Unfall krampfhaft irgendwelchen anderen
in der Verwaltung oder sonst wo in die Schuhe schieben wollen.
Solche Leute sind für mich doch krank, geisteskrank, um genauer zu
sein. Fakt ist doch wohl, das man mit solchen Rollbrettern im
öffentlichen Straßenverkehr, besonders auf solchen Straßen, absolut
gar nichts zu suchen hat. Wo kämen wir da hin, wenn jeder Idiot mit
irgendwelchen Gebilden dort so unkontrollierbar zwischen dem
normalen Straßenverkehr her saust? Morgen fahren vielleicht andere
Schwachköpfe mit einer Badewanne dort runter, an die sie Rädchen
geschraubt haben und wenn dann was passiert, sind es natürlich
andere schuld. Ich gewinne immer mehr den Eindruck, dass die
meisten Menschen heute gar nicht mehr zu einer objektiven
Bewertung von Dingen fähig sind. Ob das vielleicht eine Folge der
Medienüberflutung ist, die die Leute in ihrem ganzen Empfinden
abgestumpft und verdreht hat? Wahrscheinlich liegt es aber eher an
einer zu konsequenzenlosen Behandlung solcher Schwachköpfe.
Wenn derartiges Treiben ohne Folgen bleibt, dann macht halt bald
jeder was er will. Sind wir doch mal ehrlich, wenn wir früher in
unserer Jugendzeit solch einen Mumpitz gemacht hätten und auf die
Idee gekommen wären, mit einem Brett eine solch gefährliche und
öffentliche Straße runter zu sausen, dann hätte man uns grün und blau
geschlagen und anschließend für ein halbes Jahr in die Klapsmühle
gesteckt, um auszuloten, ob man noch alle Sinne beisammen hat. Und
zu was? Zu Recht! Der Rentner hier aus der Siedlung hat für so was
seine ganz eigene, sehr spezielle Theorie, er sagt an allem sei
Tschernobyl schuld. Die dort freigesetzten Stahlungswolken, die ja
auch hierher nach Deutschland wehten, hätten vielen Leuten kollektiv
das Gehirn kaputt gemacht, das stünde für ihn fest, weil vor dieser
Katastrophe waren die Menschen viel vernünftiger. Er setzt da so
einen Schnittpunkt, der sich mit seinen Folgen auch in alle
nachfolgenden Generationen fortsetzt. Nun, eine gewagte Theorie,
aber wer weiss, vielleicht ist es wirklich so. Ich meine, wenn man so
zurück denkt, dann kann man grob sagen, dass die Verhaltensmuster
der meisten Menschen ungefähr bis Mitte der achtiziger Jahre des
letzten Jahrhunderts anders und viel vernünftiger waren und dann kam
irgendwie ein Schnitt, ab dem immer alles abstruser wurde.
Möglicherweise ist das alles aber auch nur eine Frage des eigenen
Betrachtungswinkels, der sich mit dem älter werden verschoben hat
oder der sich heute mehr auf andere Sachen konzentriert und man vor
30 Jahren solche Dinge einfach nicht richtig wahrgenommen hat, auch
wenn sie da vielleicht auch passierten. Aber ich glaub nicht, es scheint
mehr doch daran zu liegen, dass man Leute, die so ausrasten heute zu
wenig in die Schranken weist.

Jetzt scheint sich die Wirtschaftskrise mit Verzögerung bei vielen
Autohäusern breit zu machen. Während man fast überall von einer
leichten Erholung der Wirtschaft und einem Aufwärtstrend spricht,
beobachte ich, dass so viele Autohäuser und Werkstätten wie noch
niemals zuvor innerhalb kürzester Zeit dicht gemacht haben. Noch vor
wenigen Monaten, als man täglich von der Wirtschaftskrise sprach,
schien bei denen noch alles rund zu laufen, aber jetzt, wo es angeblich
wieder aufwärts geht, gehen viele bankrott. Wie Sie wissen, fahre ich
seit längerem einen kleinen Opel - Corsa - Turbodiesel und daher fiel
mir gleich besonders auf, dass hier am Stadtrand von Karlsruhe ein
Opel - Autohaus von heute auf morgen geschlossen hatte. Nun sind
die Opelaner ja im letzten halben Jahr besonders gebeutelt worden.
Das ganze blöde Gezerre zwischen GM, Opel, Magna und dann der
doch recht eigenartige Rückzug von GM und überhaupt das ganze Hin
und Her, hat sicherlich mehr Kunden verunsichert, so dass sich viele
gar nicht mehr trauen, einen Neuwagen von Opel zu kaufen, weil die
Angst haben, dass kurz nach dem Kauf die Existenz von Opel endet
und alle Garantieansprüche flöten gehen. Nun betrifft mich die
Schließung dieser Opel - Werkstatt in Karlsruhe nicht wirklich, weil
ich ja alles nach wie vor bei meinem markenunabhängigen
Autobekannten am Stadtrand von Stuttgart machen lasse. Einzige
Ausnahme wäre, wenn ein Mangel vorläge, der es nicht mehr
gestattet, die rund 70 km bis Stuttgart zu fahren. Trotz dieser Opel -
Krise, die Opel - Autohäuser sicherlich derzeit besonders anfällig für
Schließungen macht, habe ich auch in den letzten Wochen zahlreiche
Autohäuser anderer Marken sterben sehen. Ebenfalls im Bereich
Karlsruhe schloß ein Autohaus von Mercedes und eines von Ford.
Auch etliche freie Händler und Werkstätten haben dicht gemacht,
wobei es da wohl 2 gegenläufige Trends gibt. Weil die
Markenwerkstätten meistens relativ hohe Preise haben, flüchten viele
Kunden mit ihren Reparaturen und Inspektionen in preisgünstige freie
Werkstätten. Es gibt aber auch freie Werkstätten, die nicht wesentlich
günstiger sind und die haben nun das Nachsehen und viele davon
können ebenfalls dicht machen. Ebenso haben etliche Autohäuser im
Bereich Stuttgart kürzlich die Pforten geschlossen. Ich habe da nicht
genau nachgezählt, aber ich schätze mir dürften ohne größere
Schwierigkeiten etwa 15 Autohäuser einfallen, die hier im Umkreis
von knapp 100 km in den letzten 4 Wochen zu gemacht haben. Früher
haben vielleicht 2 Autohäuser pro Jahr das Handtuch geworfen, aber
jetzt scheint es da wirklich eine Schließungswelle zu geben. Ich habe
über dieses Thema neulich auch schon mit meinem Autobekannten
gesprochen und ich war schon etwas erschrocken, als er mir sagte,
dass er vielleicht auch bald den Laden zu macht. Man kann sagen,
falls es so weit kommt, da geht für mich eine Art Autowelt unter, weil
der sich zusammen mit seiner Griechin, Sie erinnern sich, in den
letzten Jahren so schön hoch gearbeitet hat. Vor vielleicht knapp 5
Jahren noch eine winzige Hinterhofwerkstatt in Stuttgart, die man nur
fand, wenn man genau wusste, wo sie ist, bis zu einem großen
vorzeigbaren Autohaus im Vorortbereich von Stuttgart, welches
damals ja auch schon längere Zeit leer gestanden hatte. Das muss doch
weh tun und es ist eine Tragödie. Aber er selbst sieht es nicht so. Es
ist auch noch nicht amtlich, aber er trägt sich mit dem Gedanken. Er
sagt, dass die Geschäfte in den letzen 3 Monaten um über 80 % zurück
gegangen sind. Er wird nicht tatenlos zusehen, wie seine Ausgaben,
die nötig sind, um das Autohaus am Leben zu erhalten, seine
Rücklagen anknabbern, da macht er eher zu. Das leuchtet besonders
dann ein, wenn man bedenkt, dass er früher ja immer ein Einmann -
Betrieb war, aber inzwischen hat er 8 Beschäftigte, die alle jeden
Monat ihren Lohn haben wollen. Dann sind auch jeden Monat
entsprechende Ausgaben für den Unterhalt des riesigen Gebäudes, der
Werkstatt, des Grundstücks wie Strom, Heizung und was weiss ich
nicht sonst noch alles fällig, da fließen die Tausender nur so da hin
und das jeden Monat aufs neue. Auch haben seine Exporte von
billigen Gebrauchtwagen nach Griechenland extrem nachgelassen, fast
auf 0, das war ja auch jahrelang ein kräftiges Standbein für ihn. Es ist
in seinem Fall sicher so, dass man sich trotz dieser schlechten
Nachrichten nicht um seine wirtschaftliche Existenz Sorgen machen
muss, er macht dann halt zu und lebt erst mal von seinen sicher
beachtlichen Rücklagen, die er in den letzten Jahren bilden konnte, als
die Geschäfte noch wie Gold liefen. Für seine Beschäftigten sieht es
da schon eher düster aus. Na ja, warten wir ab. Ich hoffe ja, dass er
nicht dicht macht, denn so preiswert wie bei ihm, habe ich noch nie
alle Arbeiten am Auto gemacht bekommen. Er selbst als Fachmann ist
übrigens davon überzeugt, dass ungefähr bis Mitte nächsten Jahres
etwa 30 bis 50 % aller Autohäuser zu machen wird oder
irgendwelchen Autohausketten angehangen wird. Er sagt, dass unter
den heutigen Bedingungen das einzelne inhabergeführte Autohaus
eine sterbende Spezies sei.

Jetzt ziehe ich aber die Notbremse und beende diesen
zusammengefassten Bericht hiermit, obwohl ich noch einiges
vorzutragen hätte.