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Auf dieser Seite finden Sie die Lappenkeuler - Beiträge “Die ersten Reisen” und “Schnapsnase”  aus dem Jahre 2005. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email „Die ersten Reisen" vom 26.05.2005

Frische Grüße!

Ach ist das schön! Wir waren nun neulich 3 Tage am Bodensee und es
ist herrlich. Das Wetter war zwar besonders an einem der Tage recht
durchwachsen, trotzdem konnte das der Freude über die Landschaft, 
den Bodensee und vor allem über das angenehme Reisen mit dem
VW-Golf nicht schmälern. Den Bodensee kann man eigentlich immer
noch ungeprüft vollinhaltlich und garantiert ohne schlechtes Gewissen
als Reisziel empfehlen. Langeweile am Bodensee gibt es ohnehin
nicht, wer dort Langeweile bekommt, bekäme sie auch überall
anderswo und ist selbst dran schuld. Ich muss es sagen, die 3 Tage
Bodensee haben mir nochmals dreimal so gut gefallen, wie die
Spanienfahrt nach Granada, ohne letztere damit in den Dreck ziehen
zu wollen. Zuerst sind wir über Singen und Radolfzell nach Konstanz
gefahren. Konstanz ist für jeden Bodenseebesucher ein absolutes
Muss, weil es mit deutlichem Abstand die schönste und aufregendste
Stadt am Bodensee ist. Damit will ich keinesfalls den Wert der
anderen Orte der Bodenseeregion schmälern, die sind ja fast alle sehr
schön, aber Konstanz bietet eigentlich fast alles, was man von einer
landschaftlich schön gelegenen Stadt erwartet und zugleich aber auch
alles, was man von einer größeren Stadt erwartet. Beschreiben kann
man das nicht, man muss dort gewesen sein. Ursprünglich hatten wir
geplant, die gesamte Zeit in Konstanz und näherer Umgebung zu
verbringen, was auch kein Problem wäre, da Konstanz endlos viel
bietet. Aber wenn man einmal dort ist, so die Überlegung, sollte man
sich doch vielleicht auch noch etwas anderes ansehen. So sind wir
dann 2 Tage in Konstanz als Stützpunkt geblieben, den ersten und den
dritten Tag, während wir am zweiten Tag von Konstanz aus dann
Meersburg, Friedrichshafen und die südlichste Stadt Deutschlands,
Lindau sowie auch noch nebenan Bregenz auf der österreichischen
Seite besucht haben. Dazu haben wir die nicht gerade preiswerte
Fährverbindung von Konstanz nach Meersburg genutzt, weil man
andernfalls hätte einen sehr weiten Bogen über die Schweiz fahren
müssen, um zum Beispiel nach Lindau zu kommen. Das wäre aber in
nur 3 Tagen zuviel des Guten gewesen, dann hätte man schon
mindestens eine Woche dort bleiben müssen. Eine Woche so auf
Rundreise ist aber deutlich teurer, als eine Woche zuhause und das
war finanziell momentan nicht drin. 3 Tage waren schon recht knapp,
da wir natürlich auch mal tanken mussten, dann die Verpflegung, die
wir teils unterwegs einkauften und so neigte sich der Inhalt unseres
Portemonnaies recht schnell dem Ende zu. Außerdem hatte die Fähre
gerade eine Sonderaktion, bei der man eine Art Rückfahrticket, also
mit Rückübersetzung zum Preise von einem normalen Ticket + 10 %
erhalten konnte, sofern man die Rück-Übersetzungsmöglichkeit noch
am gleichen Tag bis zu einer bestimmten Uhrzeit nutzte. Sonst kostet
so ein Rückfahrticket nahezu das Doppelte, wie ein normales Ticket,
dafür behält es aber länger seine Gültigkeit. Am dritten und letzten
Tag haben wir uns dann ganz spät abends, vielleicht gegen 23 Uhr ab
Konstanz zitternd mit dem restlichen Tankinhalt auf den Rückweg
nach Stuttgart gemacht. Der Tankzeiger schlummerte schon vorher am
unteren Anschlag. Um nicht Gefahr zu laufen, doch noch mit leerem
Tank auf der halben Strecke liegen zu bleiben, haben wir dann die
restlichen Inhalte unserer Portemonnaies und das Kleingeld, was man
immer mal so vom Wechsel im Auto herumliegen hat,
zusammengesucht und kamen damit auf immerhin 9,87 Euro, davon
haben wir dann für 9,18 Euro noch an einer Nachttankstelle in Engen
nachgetankt. Mit diesen zusätzlichen 9 Litern ging es dann problemlos
und sicheren Gefühls bis Suttgart. Es hätte auch vielleicht so noch
ausgereicht, aber die Reservebirne im Armaturenzeiger leuchtete
schon seit Beginn der Abfahrt in Konstanz und da hätte es vielleicht
knapp werden können. Ich weiß ja noch nicht, wie viele Liter
tatsächlich bei dem Golf zur restlichen Verfügung stehen, wenn diese
Reservebirne aufleuchtet. Manche sagen dann sind noch 5 Liter drin,
was sicher für diese Strecke zu wenig gewesen wäre, andere sagen 7
Liter, was so gerade genügt hätte, wieder andere behaupten sogar 10
Liter wären dann noch da, was dann keinen Grund zur Sorge gegeben
hätte. Aber ich wollte es nicht darauf ankommen lassen.

Wie angedeutet, war Konstanz der eindeutige Mittelpunkt unserer
Bodenseereise und dort hat es uns auch mal wieder am besten
gefallen. Ich war ja schon öfters dort, Kayla natürlich noch nicht, aber
die war auch erfreut. Wenn man unbedarft durch Konstanz fährt,
wechselt man fast unbemerkt öfters zwischen Deutschland und der
Schweiz, weil die eindeutigen Kennzeichnungen, wenn es innerhalb
der Straßenzüge nach Kreuzlingen übergeht, welches schon Schweiz
ist, bei manchen kleinen Straßen weggefallen sind. Das heißt, dort
steht irgendwo am Straßenrand noch ein Schild, was darauf hinweist,
aber wer liest heute noch jedes Schild, welches am Straßenrand steht?
Die offiziellen Übergänge an den eigentlichen Durchfahrts- und
Hauptstraßen sind natürlich deutlich gekennzeichnet und dort stehen
auch nach wie vor die Zollinspektoren herum und warten auf
Kundschaft oder wollen von vielen den Ausweis sehen. Kayla wurde
dann auch mehrmals kontrolliert und manchmal musste ich
versichern, dass ich Kayla auch wieder mit zurück nehme. Na hätte
ich solch ein Goldstück wie Kayla in der Schweiz gelassen? Die
hätten sich gefreut und mir hätte was gefehlt. Unterdessen haben wir
es auch unterlassen, weitere Abstecher in die nahe Bergwelt zu
machen, auch weil es zeitlich und geldlich nicht drin war. So haben
wir uns nun überlegt, vielleicht mal einige Monate extra etwas Geld
zu sparen, um dann vielleicht unter dem Einsatz von 300 Euro mit
dem Wagen nochmals dorthin zu fahren und dabei dann auch die
anderen Bodenseeorte sowie ein paar Schweizer  Berglandschaften zu
erkunden. Sie werden sicher sagen, 300 Euro sind dafür auch noch zu
wenig, aber ich denke, damit kämen wir hin, davon ausgehend, dass
wir im Auto übernachten und maximal eine Woche so herumfahren.
Stets mit Eigenverpflegung. Der Löwenanteil ginge für Kraftstoff
weg. Gut, vielleicht würde es auch auf 350 Euro hinauslaufen, aber
mehr nicht. Was das Übernachten im Auto betrifft, so geht das in dem
VW-Golf-Variant sehr gut, wie sich nun in diesen 3 Tagen mit 2
Übernachtungen herausgestellt hat. Es ist Platz genug, um sich nicht
gegenseitig niederzuwalzen, wenn man sich im Schlaf mal
herumdreht. Natürlich ist es auch keine breite und bequeme
Spielwiese, wenn man zu zweit dort einliegt, aber es ist akzeptabel.
Kayla hat dann noch einige kleine Decken aus Stoffresten gebastelt,
die man mit Ösen wie eine Art Behelfsvorhang rundum von innen an
die Scheiben hängen kann, damit nicht jeder ins Auto schauen kann,
wenn wir dort liegen. Sie hat dazu absichtlich dezenten, dunkelgrauen 
unifarbenen Stoff gewählt, das wirkt von weitem, als hätte man nur
dunkel abgetönte Scheiben und wird gar nicht als Vorhang erkannt.
Wir hatten so ziemlich alles mit, was man unterwegs braucht, weil es
viel billiger und bequemer ist, als wenn man bestimmte Dinge vor Ort
erst noch organisieren muss. Ein großer 30-Liter-Wasserkanister
reicht für 2 Personen durchaus 3 Tage aus für leichte Körperpflege
und Nahrungszwecke. Dann haben wir ein chemisches Campingklo,
welches sich zu einem mittelkleinen Koffer zusammenschieben lässt,
damit sind auch solche Bedürfnisse fachgerecht betreut. Das Ding
stinkt nicht und man braucht nie nach einem öffentlichen Klo zu
suchen, die es heute ohnehin kaum noch gibt. Das Ding hatte ich im
Neuzustand vor wenigen Monaten mal sehr günstig aus einer
Konkursmasse für 12 Euro erstanden, normal kosten die deutlich
mehr. Weiterhin hat Kayla günstig eine Elektro-Kühlbox fürs Auto bei
ihrem Arbeitgeber beschaffen können. Die schließt man an den
Zigarrenanzünder an und sie kühlt so wunderbar. Darin hatten wir
ausreichend Lebensmittel und Getränke für 3 Tage. Trotzdem haben
wir unterwegs öfters Lebensmittel hinzugekauft, weil ich immer
neugierig bin, wie beispielsweise die Würste der örtlichen Metzger
schmecken. Die Wurst als Visitenkarte eines Ortes gewissermaßen.
Kayla lacht über diesen Spleen von mir immer ein wenig, findet es
aber dann am Ende selbst sehr interessant, so dass sie meist als Erste
von der frisch gekauften Wurst kostet. Nur leider sind die Metzger
heute so teuer oder wir verdienen so wenig, je nach
Betrachtungswinkel, dass man sich kaum noch traut, bei einem
normalen Metzger einkaufen zu gehen. Das bedaure ich sehr, denn
eigentlich ziehe ich den echten Metzger jeder Supermarktwursttheke
vor. Nur leider sind uns sehr enge finanzielle Grenzen gesetzt und
wenn man das dann über die geringe Menge an Wurst ausgleichen
will, dann schauen die Bedienungen in den Metzgereien einen oft
auch blöd an. Manche drehen einem, der nur so wenig kauft dann
noch alte Ware an und damit verliert man dann auch erst recht die
Lust dort zu kaufen. Ähnlich sehe ich es im Bäckerhandwerk. Da geht
viel vor die Hunde, weil für Leute, die nicht gerade reich sind, solche
traditionellen Dinge heute unerschwinglich geworden sind. Denen
fehlt dann die Kundschaft, weil alles zum billigeren Supermarkt rennt
und sie können zumachen. Ich halte die Aussage nur für eine
Halbwahrheit, wenn man immer von den Innungen hört, dass diese
Metzgereien und Bäckereien in solch großer Zahl schließen mussten,
weil die Leute in den billigeren Supermarkt rennen. Die meisten
rennen dort heute hin, weil sie sich das teurere Brot vom Bäcker oder
die bessere und teurere Wurst vom echten Metzger eben gar nicht
mehr leisten könnten, das ist nicht nur blinde Sparwut oder die Jagd
nach dem ewigen Schnäppchen, wie das oft dargestellt wird. Doch ich
schweife zu sehr vom Thema ab. Bei einem der weiter vor erwähnten
Grenzübertritte von Konstanz nach Kreuzlingen hielt uns einmal ein
recht kantiger Schweizer Zollmann an. Er schaute mir kritisch ins
Gesicht, musterte mich kurz, dann fiel sein Blick auf Kayla und kam
nicht mehr los von ihr. Seine Augen wanderten auf- und abwärts. Eine
Asiatin hier, das mochte ihm irgendwie nicht in den Kram passen.
Obwohl Kayla vom Gesicht her nicht extrem asiatisch ausschaut, man
würde sie vielleicht hier eher als Mischlingskind zwischen Asien und
Europa einordnen, aber man kann das Asiatische dennoch nicht
verleugnen. Er bat uns auszusteigen. Nun hatte Kayla zum Glück erst
wenige Tage vor unserer Abreise endlich richtige Ausweispapiere
erhalten. Was von der Seite für klare Verhältnisse und fehlenden
Diskussionsstoff sorgte. Der Zollmann lispelte, ob Kayla denn eine
richtige Deutsche sei. Ich fand die Art, wie er die Frage stellte, schon
recht widerlich und ich hatte auf der Zunge, ihn zu fragen, ob er denn
ein richtiges Hirn in seinem Schädel trage, schluckte diese Bemerkung
aber nach dem ersten Ansatz runter. Naja, was soll man sich die
schöne Reise von solch einem eingefleischten Behördenkarle versauen
lassen? Man darf sich nur nicht aus der Reserve locken lassen, obwohl
es Momente gibt, wo man dann übereilig falsch reagiert. Ich habe
Kayla dann nur zugezwinkert und nachdem der Kontrollmann sie
noch mehrmals kritisch beäugt hatte, lies er von uns ab, mit der schon
seufzenden Bemerkung in langgezogenem Schweizerdeutsch:" Jaaa,
dann fahren sie mal!"  Wir wollten ja gar nicht tief in die Schweiz,
dazu war, wie schon gesagt, die Zeit zu kurz, aber Kreuzlingen auf der
Schweizer Seite und Konstanz ist im Prinzip eins. Wissen Sie, ob Sie
in Stuttgart von Feuerbach nach Zuffenhausen fahren, beides ist
Stuttgart und ein Übergang den man nicht bemerkt, so ähnlich verhält
sich das mit Konstanz und Kreuzlingen, nur dass Kreuzlingen quasi
ein Konstanzer Stadtteil ist, der halt in der Schweiz liegt. Wir sind
dann auf Schweizer Gebiet mit dem Auto langsam entlang der
schönen Bodensee-Uferstraße über Münsterlingen bis Romanshorn
gefahren. Leider kann man ab dem Dorf Landschlacht dann von der
Straße aus nicht mehr oder kaum noch auf den Bodensee blicken, weil
sich dort die Eisenbahn an die Stelle der Straße drängt und die Straße
einen Sprung ins Hinterland macht. Es wurde gesagt, daran wären die
reichen Bonzen aus Rotfarb, Schloss Moosburg und Ottwil schuld, die
damals, als sie dort ihre Villen am Ufer erbauten, mit ihrer Macht
dafür sorgten, dass die Straße weiter hinten verlaufen müsse, damit
ihre Grundstücke direkt ans Wasser grenzen konnten. Romanshorn ist
praktisch vom See her gesehen genau gegenüber von Friedrichshafen,
also wenn man auf Schweizer Seite in Romanshorn ins Wasser
springen würde und dann immer geradeaus quer durch den See
schwimmen könnte, käme man auf deutscher Seite in Friedrichshafen
wieder an Land. Gerade in diesem Bereich hat aber der See so
ziemlich seine größte Breite, mit Rüberschwimmen das dürfte wohl
selbst ein geübter Schwimmer nicht schaffen. Einige Kilometer hinter
Romanshorn kommt dann das Städtchen Arbon, aber soweit wollten
wir dann schon nicht mehr fahren, das Schweizer Bodenseeufer
werden wir bei einer späteren Bereisung dann noch genauer besuchen.
Kayla schlug dann vor, die Rückfahrt von Romanshorn bis Konstanz
nicht entlang der Bodenseestraße zu absolvieren, sondern eine Route
mehr im Landesinneren zu wählen. Dazu hatte ich eigentlich weniger
Lust, aber zur Freude von Kayla habe ich das dann gemacht. Wissen
Sie, was die Schweizer ja so Straßen nennen, das spottet in manch
kleinen Dörfern jeder Beschreibung. Es gibt dort zweifelsohne sehr
gute Straßen, aber unter den kleinen Dorfstraßen würde jeder
drittklassige Feldweg in Deutschland deren Neid erwecken. Ich habe
die Ortsnamen nicht alle behalten, kleinste Nester, Ansiedlungen mit
vielleicht gerade mal 5 bis 7 Wohnhäusern, eine Piste, die gerade mal
breit genug für einen normalen PKW war, bei Gegenverkehr musste
einer in eine Ausweiche und warten, so was habe ich ja noch nie
gesehen, ha! Dann überall zu den Seitenrändern hin bröckelte der
Asphalt teils in großen Platten ab und in der Mitte Löcher, wo schon
die Steine vom Untergrund durchschimmerten. Schlechter Zustand
wäre noch eine lobende Beschreibung für das. Ich vermute, diese
Ministraßen wurden vor vielleicht 50 Jahren mal angelegt und seitdem
hat sich nie mehr einer darum gekümmert. Dann waberte über
unzählige Kilometer bei einer Fahrtzeit von sicherlich 45 Minuten
oder mehr, ein unerträglicher Güllegestank in der ganzen Luft, dem
man sich durch nichts entziehen konnte. Ich schätze, dass dieser
Extremmief den Einwohnern hier schon jeden Geruchsnerv weggeätzt
hat, so intensiv war das, ekelhaft! Ab einer verbogenen Kreuzung
gerieten wir dann wieder auf eine gute Straße und es folgte ein etwas
größerer Ort Happerswil, dann querten wir eine Bahnlinie bei
Graltshausen und Siegershausen gleich noch mal. Ab dort war der
unerträgliche Güllemief endlich weg, dafür nervte ein seltsamer
Bahnübergang, der schräg über mehrere Schienen verlief, obwohl die
Strecke selbst nur eingleisig zu sein schien. Irgendwie hatten die
findigen Schweizer Eisenbahner wohl einen Teil des Ortsbahnhofes
mit seinen Rangiergleisen mit über die Straßenquerung gelegt. Na
schon komisch. Durch die seltsame Anordnung musste man eine halbe
Ewigkeit warten, weil laufend irgendwelche Loks oder Züge
vorbeigezogen kamen, mal auf dem Gleis gleich vorne am
Straßenüberweg, mal weiter hinter, alles sehr umständlich. Ich war
dann froh, als wir nach weiteren 20 Minuten Fahrt, nachdem wir
zuvor dort mindestens genauso lange warten mussten, dann von einer
ganz anderen Seite wieder in Kreuzlingen eintrafen. Auf diesen
kleinen Landstraßen, bevor wir nach Happerswil kamen, hatte ich
jeden Orientierungssinn verloren. Normal weiß ich immer aus dem
Bauch heraus, wo Norden, Süden, West und Ost ist, aber dort wusste
ich gar nichts mehr. Wenn man mir erzählt hätte, dass ich eine Frau
wäre, hätte ich auch das noch geglaubt. Ich war total aufgelöst und
verstand nicht warum. Nachdem wir uns in Konstanz wieder etwas
gesammelt und erholt hatten, habe ich Kayla dort die Stadt gezeigt,
die ich ja schon von früheren Besuchen her kannte. Wissen Sie, ich
sage immer, dass ich sehr gerne in Stuttgart wohne und mir eigentlich
nicht gut vorstellen könnte, wirklich dauerhaft woanders leben zu
wollen. Konstanz wäre da sicher die berühmte Ausnahme von der
Regel. Dort könnte ich mich auf Anhieb wohlfühlen ohne etwas, was
ich in Stuttgart hatte, zu vermissen. Also, falls man mich mal aus
Stuttgart vertreiben würde, würde ich dorthin als erste Wahl
umziehen. Nein, nicht wirklich. Solange es in Stuttgart geht, werde ich
dort bleiben, aber Konstanz wäre auf Anhieb gesagt die einzige Stadt,
die mir mindestens genauso lieb wäre. Andererseits ist Konstanz für
mich unerschwinglich, weil es auch eine eher teure Stadt ist, aber so
einfach lässt sich das nicht festmachen. Es gibt dort auch billige Ecken
und billige Einkaufsmöglichkeiten, so ist es nicht. Sagen wir es einmal
so, Konstanz bietet, obwohl viel kompakter als Stuttgart, alles das,
was man auch in einer echten Großstadt erwartet, aber halt auch alles
das, was man in einer landschaftlich reizvollen Landregion erwartet.
Dort ist die Symbiose ideal gelungen und sie ist dort absolut
selbstverständlich, das eine schließt das andere nicht aus. Zudem ist
der Menschenschlag dort sehr freundlich und nett. Würde es am
Bodensee ein Pflichtprogramm geben, so stünde dort ganz oben auf
der Liste ein Besuch der weltberühmten Blumen-Insel Mainau, die
etwas nordöstlich von Konstanz im Bodensee liegt. Das haben wir uns
aber gespart, da die Eintrittspreise uns missfielen, vor allem aber, weil
man in der Kürze der Zeit Prioritäten setzen muss. Vielleicht ringen
wir uns ja bei einem späteren, erneuten Besuch von Konstanz, der
sicher folgen wird, einmal zu einer Stippvisite auf die Mainau durch.
Es gäbe da noch so viel am Bodensee zu sehen, wozu uns die Zeit
nicht einmal halbwegs reichte, wie Überlingen, in Meersburg sind wir
auch nicht näher gewesen nur nach dem Übersetzen der Fähre
angekommen und später wieder abgefahren, aber so richtig im Ort
waren wir nicht, Immenstaad, Friedrichshafen, Langenargen,
Kressbronn, Rorschach bei den Schweizern, und und und, nein, da
müssen wir noch mal hin. Vielleicht fahren wir zum August, wenn es
dort das berühmte Seefest mit dem immensen Feuerwerk in Konstanz
gibt. Damit jetzt aber genug von der Bodenseereise.

Ich hatte eine Einladung bekommen zu einer Ausstellung im
biologischen Haus der Landwirtschaftlichen Universität Stuttgart-
Hohenheim. Diese Ausstellung sollte den Wandel der Insektenwelt in
Deutschland seit dem Ende des zweiten Weltkrieges bis heute
beleuchten. So frage ich mich, wie ich zu der zweifelhaften Ehre
komme, dazu eine Einladung zu erhalten. Ich habe weder mit
Landwirtschaft noch mit Insekten irgendwas zu tun. Insekten sehe ich
eher als sinnlose Plagegeister und bin alles andere als ein Freund
davon. Natürlich weiß ich, dass manche Insekten auch Nützlinge sind,
solange sie dass nicht in meinem Wohnumfeld sind, sollen sie ruhig,
jedenfalls erstrebe ich die insektenfreie Wohnung, wenn es nicht
anders geht auch mit chemischer Unterstützung. Trotzdem, Einladung
ist Einladung und wenn man dort kostenlos rein kommt, wofür andere
vielleicht noch Eintritt bezahlen müssen, so sind wir also hin gefahren.
Es gab wirklich viel Krabbelgetier und Fluginsekten zu sehen, da
juckte es einen schon vom bloßen hinsehen. Aufgrund der
erdrückenden Vielzahl haben wir die Ausstellung nicht ganz gesehen,
sondern sie wegen fehlender Begeisterung schon nach wenigen
Minuten verlassen. Wenn ich dann noch die langen Vorträge höre, die
manche Biologen dort abhielten, dann bekomme ich einen Anfall.
Man sollte meines Erachtens lieber mehr Geld in die Forschung
stecken, wie man solches Ungeziefer wieder möglichst schnell los
wird, anstatt sich mit sinnlosen Erkundungen über die einzelnen
Lebensweisen dieses Viehzeugs aufzuhalten. Hätten Sie gedacht, dass
sich die Anzahl der unterschiedlichen Insektenarten, die in
Deutschland so herum kreuchen und fleuchen seit dem Ende des
zweiten Weltkrieges sage und schreibe verfünfhundertfacht hat? Also
ich nicht. Vor allem die Anzahl der Nur-Schädlinge hat dabei
drastisch zugenommen. Es kann mir doch keiner erzählen, dass es mit
heutigen Mitteln unmöglich wäre, diese ungebetenen Kriechmonster
auszurotten oder zumindest auf ein Zehntel ihrer heutigen Population
zu beschränken. Aber nein, dann kommen die schwachsinnigen
grünen Ökofreaks ins Spiel, die den Einsatz solcher Mittel verbieten.
Dadurch schläft zugleich die Forschung nach entsprechenden
Gegenmitteln ein, weil die Industrie für solche Produkte dann keine
Absatzmärkte mehr sieht, weil sie ja, dank der grünlichen
Verordnungen, nicht eingesetzt werden dürften. So wird Europa
vielleicht eines Tages im Ungeziefer ersticken, nur weil die
sogenannten Ökos dessen wirksame Vernichtung blockiert haben.

Noch eine kleine Anmerkung zu unserem VW-Golf. Ich lege es nicht
auf tolle Höchstgeschwindigkeitswerte an, aber neugierig ist man ja
doch. So hatte ich unterwegs auf der Autobahn einmal versucht, was
er so an Höchstgeschwindigkeit auf gerader Strecke ohne Steigung
und ohne Kurven hergibt. Sicherlich sind 90 PS schon ganz schön
viel, gemessen an meinem Vorgänger-Suzuki, aber es gibt heute sehr
viele Wagen, die noch wesentlich mehr PS haben. Aber ich sage
Ihnen, und ich hätte selbst nicht damit gerechnet, für seine 90 PS läuft
der sehr flott, denn beim genannten Test erreichte er locker 190 km/h
und es wären wahrscheinlich sogar noch 5 km/h mehr drin gewesen,
wenn man es weiter darauf angelegt hätte. Sicherlich fahre ich nun
nicht mehr, wie meist mit dem Suzuki auf der Autobahn zwischen 100
und 110 km/h, aber auch mit diesem schnellen Wagen begnüge ich
mich meist mit 120 bis 130 km/h. Auch den Verbrauch, über den wir
inzwischen vorzeigbare Werte bei der Bodenseerundfahrt ermittelt
haben, ist erfreulich niedrig. Mit einem Durchschnittsverbrauch von
knapp 5,5 Litern für dieses zügige und geräumige Fahrzeug kann man
wirklich nur noch staunen. Der viel kleinere Suzuki brauchte ja auch
in diesem Bereich, sogar eher etwas mehr in Richtung 6 Liter, aber
das dann an teurerem Benzin und mit doch wesentlich schlechteren
Fahrleistungen und viel weniger Fahrkomfort. Man konnte den Suzuki
zwar auch mit 4,5 Litern fahren, habe ich anfangs auch getan, aber
dann durfte man nur 90 km/h allerhöchstens reisen, was man dann
doch auf Autobahnen nicht lange durchhält, weil einen dann sogar die
Laster überholen. So gesehen könnte man sagen, sind die teureren
Preise von dem VW auch irgendwo dann gerechtfertigt, wenn sie nur
nicht gar so viel teurer wären.
Kayla hat übrigens am Mittwoch nächster Woche ihre Führerschein-
Fahrprüfung in Böblingen bei der Ferienfahrschule, von der ich vor
einigen Wochen berichtete. So sind wir gespannt, wie das ausgeht und
ich fiebere fast mehr, als sie selbst. Sie geht das sehr gelassen an und
ist sich ihrer Sache sicher. Der Haupt-Fahrlehrer von denen lobt Kayla
auch sehr, sowohl was die theoretische Seite betrifft, aber auch in den
praktischen Fahrstunden. Fehler macht natürlich jeder einmal, gerade
am Anfang, aber das war nichts ernsthaftes. So hatte sie in ihrer
zweiten Fahrstunde beim Rückwärtseinparken eine Mülltonne auf
dem Übungsgelände der Fahrschule leicht angeschoben, da sie im
toten Winkel verschwunden war. Der Fahrlehrer meinte aber, dass die
meisten bei dieser Übung die absichtlich so ungünstig platzierte
Tonne gleich mit Schwung umlegen würden, anstatt sie nur sanft
anzuschieben. Ein Führerschein ist heute ein teures Vergnügen. Wenn
Kayla beim ersten Anlauf die Prüfung besteht, wird sie etwa 1.400
Euro für den Führerschein bezahlt haben. Ferienfahrschulen sind
immer etwas teurer, dafür ist man aber in 3 bis 4 Wochen durch, wenn
nicht allzu viel schief geht. Der Haupt-Fahrlehrer und Inhaber der
Schule ist ein wahrer Suppenkaspar. Bei fast jeder Fahrstunde, die er
persönlich macht, muss Kayla den zu einem bestimmten Imbiss in der
Nähe von Böblingen kutschieren, wo er sich dann immer eine große
Plastikschale mit Grießklösschensuppe für 2 Euro holt. Die wird dann
erst ausgelöffelt, bevor der Unterricht weitergeht. Danach zischt er
dann sogleich eine ebenfalls dort erworbene Flasche eiskaltes Coca-
Cola und sein Magen wird seine Freude an diesem Kontrastprogramm
haben. Ich könnte das nicht. Zuerst heiße und relativ fettige Suppe,
dann gleich danach eiskalte Cola, nein, dann könnte ich sicherlich eine
Woche lang vor lauter Magenkrämpfen nicht mehr aus dem Haus.

Ein Herr Magmarsen oder so ähnlich macht hier starke Werbung für
gesunde Ernährung. Natürlich nicht ohne Hintergedanken, der will am
Verkauf seiner Ernährungsratschläge verdienen. Der läuft rund,
verteilt Handzettel und hängt Plakate an Lampenmasten, Bäumen und
Hauseingängen auf für Vorträge, die er in angemieteten Sälen abhält.
Natürlich kostet dort dann der Eintritt Geld, und das nicht wenig, denn
16 Euro verlangt er. Von einigen Damen hier im Haus hörte ich, dass
seine Masche so abläuft, da sie darauf hereingefallen sind und dort
waren. Die guten Ratschläge, die er dort binnen seines witzlosen
anderthalbstündigen Vortrages auftischt, sind dümmlich und jeder
halbwegs gebildete Mensch wusste das dort Gesagte auch schon
vorher. Dann verspricht sein Konzept, dass übergewichtige Leute
binnen eines halben Jahres mindestens 5 Kilo abnehmen, eventuell
sogar bis zu 10 Kilo. Hören Sie, das ist lachhaft und man kann immer
sagen, hätten sich die Leute daran gehalten, nur die Hälfte zu fressen,
wären sie auch dünner, um es mal auf den Kern seines Konzeptes zu
bringen. Nur weil er das jetzt sagt soll das bei den Leuten plötzlich
besser funktionieren? Vielleicht gibt es bei manch einem einen neuen
Anstoß, die Essgewohnheiten etwas auszubremsen, aber die Erfahrung
zeigt doch, dass dies von den Leuten nur bestenfalls einige Wochen
durchgehalten wird, bevor sie wieder in ihren alten Trott verfallen. Ich
meine, ich habe ohnehin keine Gewichtsprobleme und Kayla schon
gleich gar nicht, trotzdem kann ich gut nachvollziehen, auf welchem
Ross dieser komische Magmarsen da reitet und sich an der Dummheit
und Gutgläubigkeit sowie vor allem der Hoffnung der Leute dumm
und dämlich verdient. Es genügt ihm natürlich auch nicht, nur den
teuren Eintritt für seine lächerlichen Vorträge einzukassieren, er bietet
darüber hinaus auch noch eigenartige und wirkungslose Produkte an,
die sein Konzept unterstützen sollen. So hatte die eine Dame hier aus
dem Haus sich Tropfen gekauft, die in die Getränke eingeträufelt
werden sollen. Die Wirkung soll sein, dass der Hunger gezügelt wird.
Die Tropfen kosten im kleinsten Fläschchen gleich 25 Euro. Ein
Student, der hier im Hause wohnt, hatte die Tropfen mit in die Uni
genommen und dort analysieren lassen, dabei stellte sich heraus, dass
sie nur aus Wasser mit etwas Kochsalz und etwas Ascorbinsäure,
sprich Vitamin C bestehen. Also nichts, was wirklich den Hunger
bremsen könnte. Gerade in den heutigen Zeiten, wo eigentlich das
Geld knapper sitzt, fallen viele Leute bereitwillig auf solche
Scharlatane herein und werfen denen das gute Geld in den Rachen.
Dann bietet der Kerl noch für 5 Euro kleine Broschüren an, die er
selbst herausgegeben hat, die sind jedoch einfach mit dem Kopierer
erstellt und selbst zusammengeheftet. Man kann sich nur wundern und
könnte zu der Neigung gelangen, selbst so die Dummheit vieler Leute
gewinnbringend auszunutzen.

Ein Verrückter versucht hier im Haus die Leute auf seltsame Weise
gegeneinander aufzuwiegeln, was ihm manchmal auch gelingt,
besonders bei Leuten, die nicht lange eine Sache oder ihre Ursache
hinterfragen. Die Briefkästen für alle Wohnungen befinden sich unten
im Haupteingangsflur in der Mitte des Hauses. In den Bereichen der
Seiteneingänge sind keine Briefkästen, obwohl das für die Mieter, die
in den dortigen Flügeln des Hauses wohnen günstiger wäre. So aber
ist es für den Briefträger einfacher, der braucht den ganzen
Gebäudekomplex nur einmal anzusteuern und kann dort alles in die
Briefkästen verteilen. Nun bekommen viele Leute ja auch
Zeitschriften, die dann halb aus dem Briefkasten heraushängen, weil
sie gar nicht ganz reinpassen. Ein Scherzbold geht nun seit Wochen
regelmäßig hin und zieht die Zeitschriften raus und steckt sie bei
anderen Leuten wieder in den Briefkasten. Das führte dann anfangs zu
Verwicklungen, da die eigentlichen Empfänger schon glaubten, diese
Leute wollten sich deren Zeitschriften unrechtmäßig aneignen.
Natürlich ist es auch vorgekommen, dass fehlerhafte Empfänger die
Zeitschrift dann einfach behalten haben, anstatt sie dem eigentlichen
Empfänger zukommen zu lassen. In der zurückliegenden Woche war
nun ich das Ziel dieses Idioten. Am Donnerstag hole ich nichts
schlimmes ahnend die Post aus dem Briefkasten und sehe schon von
weitem, dass mein ganzer Briefkasten mit etlichen Zeitschriften
regelrecht mit Gewalt zugequetscht wurde. Ich hatte bestimmt eine
Viertelstunde Arbeit damit, den Salat überhaupt wieder irgendwie aus
dem Briefkasten herauszubekommen. Die Briefe für mich waren
dadurch auch geknickt, aber besonders getroffen hatte es diese
Zeitschriften. Die sahen teilweise aus, wie Stücke zerriebenen
Toilettenpapiers und bei manchen war der Aufkleber mit der echten
Empfängeradresse schon gar nicht mehr lesbar. Das habe ich nun dem
Hauseigentümer gemeldet und diese Vorfälle sind natürlich Wasser
auf dessen Mühlen, dass er durchboxt, endlich Überwachungskameras
in den Eingangsbereichen und Fluren anzubringen, ein Ziel welches er
schon länger verfolgt. Einige Mieter sträuben sich ja vehement
dagegen. Ich denke, wir werden hier bald Überwachungskameras
bekommen. Unterdessen habe ich die Zeitschriften, die ich keinem
echten Empfänger mehr zuordnen konnte, oben auf das Podest der
Briefkastenanlage gelegt, dort kann der wahre Empfänger sie dann ja
heraussuchen, denn der dürfte ja wissen, welche Zeitung für ihn ist.
Aber es bleibt eine Schweinerei, die Leute haben für ihre Zeitungen ja
viel Geld bezahlt und erhalten dann nichts oder nur noch zerfleddertes
Zeug. So bin ich schon froh, keine Zeitung im Abonnement zu
bekommen. Lediglich vom Wohlfahrtsverband kommt monatlich so
ein Heft, welches aber nichts kostet und wenn ich es nicht bekäme,
wäre es mir auch völlig egal, da ich es meist ohnehin gar nicht lese.
Schlimmer könnte da werden, wenn wichtige Post dadurch
verschwände oder derart beschädigt würde, dass sie unleserlich ist.
Mir soll es nur recht sein, wenn hier Überwachungskameras
hinkommen, damit diese idiotischen Dinge endlich aufhören.

So, für jetzt schließe ich hier, weil wir gleich noch einen Ausflug nach
Groß - Bottwar und ins Löwenstein-Gebirge machen wollen. Das liegt
ungefähr 40 bis 50 km nordöstlich von Stuttgart und dort ist es
erfahrungsgemäss an Feiertagen nicht ganz so überlaufen, wie an
manch anderen bekannteren Fremdenverkehrszielen, obwohl es dort
mindestens ebenso schön ist. Kayla ist schon runter gegangen zum
Auto, um dort die Kühlbox mit der Wegzehrung reinzupacken.

Ihr

Egbert Lappenkeuler
 


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email „Schnapsnase" vom 06.06.2005

Sommerliche Grüße.

Der Computer scheint neben einem nützlichen Werkzeug auch dazu
konzipiert worden zu sein, um uns zu ärgern und vor scheinbar
unlösbare Aufgaben zu stellen. Wie Sie wissen arbeite ich nur noch
mit dem Notebook von Toshiba, weil es wesentlich moderner
ausgerüstet und schneller ist, als mein alter Großcomputer. Diese Tage
hatte er es aber auf mich abgesehen. Vor allem der Browser, den man
ja unverzichtbar für das Internet benötigt, spielte verrückt und tat nicht
das, was er sollte. Es gibt ja Dinge, die benötigen eine sogenannte
Javascript-Sache und alles was damit lief funktionierte schon mal gar
nicht. Ich weiß, dass es irgendwo unter dem Begriff Internetoptionen
ein Häkchen gibt, mit dem man das Javabrimborium abschalten kann,
das war aber nicht abgeschaltet sondern korrekt eingeschaltet. So
suchte ich bestimmt 2 Tage vergeblich nach einem möglichen Grund
für diesen Fehler. Auf einmal gingen aber auch andere Sachen mit
dem Browser nicht mehr. Es gibt Internetseiten, bei denen ist jede
Seite mehrmals unterteilt in einen Kopf würde ich mal sagen, wo
völlig andere Sachen eingeblendet werden, zum Beispiel Werbung,
und dann in der Mitte der Hauptinhalt und unten wieder etwas
anderes. Jedenfalls schaffte es der Browser nicht mehr, solche Seiten
anzuzeigen. Entweder kam ganz groß auf der gesamten Seite nur das,
was eigentlich oben drüber nur als Werbung oder Mitteilung in einer
Spalte sein sollte oder es kam nur das was unten war, jedenfalls
meistens kam nicht das, was in der Mitte hin gehörte, wo der
eigentlich wichtige Inhalt steht. Das kam mal gar nicht oder es wurde
in einer gesonderten Bildschirmseite angezeigt, die dann anfangs
unbemerkt irgendwo aufsprang. Um die dann zu sehen, musste man
unten in der Leiste zuerst gesondert auf dieses neue Fenster klicken.
All diese Mängel habe ich nicht mehr wegbekommen. Dann kam
Kayla, die inzwischen mehr Ahnung von Computern hat, als ich, das
muss ich offen zugeben, die hat wohl in der Firma viel abgekupfert,
die hat dann auch mindestens 4 Stunden ohne jeden Erfolg gesucht.
Am Tag danach kam ihr jedoch eine, wie sich herausstellte, grandiose
Idee. Sie hatte auf einer CD aus einer Computerzeitschrift, die sie vor
einigen Wochen kostenlos aus dem Pausenraum ihrer Arbeitsstelle
mitnehmen konnte, einen neuen Browser entdeckt und dachte sich,
dann installiere ich den einfach mal, vielleicht geht's damit. Und so
war es dann auch. Der sieht zwar etwas anders aus und heißt nicht
Explorer sondern Firefox, aber er bedient sich ähnlich und klappt
sogar besser weil nach meiner Meinung damit aller schneller geht.
Alle genannten Mängel sind damit weg, nur meine
Favoritenlesezeichen auch restlos, die muss ich jetzt alle neu von
Hand eingeben. Aber so bin ich froh, dass wenigstens das wichtigste
wieder funktioniert.

Noch viel wichtiger, als die Leiden unseres Notebooks finde ich, dass
Kayla in der vergangenen Woche tatsächlich die Führerscheinprüfung
auf Anhieb mit Bravour geschafft hat. Der Fahrprüfer habe sogar
ausdrücklich ein Lob ausgesprochen. Nun als frisch gebackene
Führerscheininhaberin muss sie natürlich viel üben und meistens fährt
sie jetzt, so dass ich schon langsam Entzugserscheinungen kriege.
Nein, das ist aber gut, denn jetzt brauche ich für die normalen
Lebensmittel-Einkäufe, die sie ohnehin managt, meistens gar nicht
mehr mitzufahren und kann mich in dieser Zeit anderen Dingen
widmen. Sie hat einen sehr besonnenen und konzentrierten Fahrstil.
Sicherlich fährt man am Anfang immer noch etwas anders, als später,
aber gewisse Grundzüge zeichnen sich doch ab. So mag sie es gar
nicht, wenn beim Fahren das Autoradio relativ laut ist, nur so, dass
man es gerade versteht. Ich finde das auch besser, weil ich es selbst
nicht sonderlich abhaben kann, wenn da manche Lärmsüchtigen mit
dröhnenden Bummsbässen die ganze Straße gleich mitbeschallen. Im
Auto ist das meines Erachtens fehl am Platze. Wenn jemand auf diese
Weise zuhause Musik genießt ist es etwas anderes und er soll es tun,
sofern es nicht mitten in der Nacht ist, aber ich bin überzeugt, dass es
die Aufmerksamkeit im Verkehr stark stört. Kayla und ich freuen uns
über den erstandenen Lappen, wie man so sagt, weniger über damit
verbundenen Unkosten. Nach der Abschlussrechnung der
Ferienfahrschule in Böblingen und der Prüfungsgebühr und den
sonstigen Nebenkosten, wie für den Sehtest und den Lehrgang in
Erster Hilfe beim Roten Kreuz sind wir auf Gesamtkosten von
beachtlichen 1.650 Euro gekommen. Aber ohne geht es nicht. Man
hätte vielleicht 200 Euro sparen können, wenn man anstatt einer
Ferienfahrschule eine ganz normale konsultiert hätte, aber dann hätte
das Ganze viel länger gedauert und garantieren kann es da auch
keiner, ob sie dort nicht vielleicht mehr Fahrstunden gebraucht hätte,
wie hier und dann am Schluss möglicherweise sogar noch teurer
dagestanden hätte. Wie teuer heute alles ist, da bekommt man einen
geschwollenen Hals. Ich kann mich noch einigermaßen gut daran
zurückentsinnen, als ich meinen Führerschein machte, hat mich das
exakt 350 Mark gekostet, ganz glatte Summe, einschließlich
Prüfungsgebühr, die war damals nämlich in den Fahrschulkosten mit
drin enthalten. Sicherlich waren es andere Zeiten, weniger
Verkehrsregeln, überhaupt weniger Verkehr und die Behörden
weniger verrückt mit ihren teils absurden Auflagen und Kontrollen.
Erste Hilfelehrgang, der war damals umsonst und wichtig war, das
man da war, ob man dabei zugehört hat oder nicht, das hat keinen
interessiert. Nun finde ich den ja noch wichtig, auch den Sehtest, so ist
das nicht. Es wäre ja unschön, wenn man jeden Blinden auf die Straße
lässt.

Den Suzuki hatte ich ja ständig in einem älteren Holzschuppen
geparkt, der weit hinten am Ende der mittleren Wiese hier hinter den
Häusergruppen steht. Ursprünglich diente der Schuppen ganz früher
zum Unterbringen von Fahrrädern der Mieter, das war aber noch vor
meiner Zeit hier, vielleicht vor 30 und mehr Jahren. Heute will es sich
kein Mieter mehr zumuten, sein Fahrrad 100 m vom Haus entfernt am
Ende der Wiese holen zu müssen, sondern stellt es in seinen zur
Wohnung gehörenden Kellerraum. Manche lassen es auch einfach am
Hauseingang stehen. Jedenfalls wurden später nur noch Gartengeräte
und Gerümpel in dem Schuppen untergebracht und ich hatte dann vom
Hausbesitzer auf Anfrage die Möglichkeit erhalten, dort den Suzuki
unterzustellen, also den Schuppen als Garage zu nutzen, wenn ich
zuvor den Schuppen etwas ausbessere und entrümpele. Das hatte ich
ja dann im vergangenen Jahr gemacht. Nun habe ich, wie Sie wissen,
den Suzuki nicht mehr, dafür haben Kayla und ich gemeinsam den
VW-Golf-Variant, der aber so nicht in den Schuppen passt. Erstens ist
die Schuppentüre dafür etwas zu schmal und zweitens ist der
Schuppen selbst dafür auch zu schmal. Man könnte zwar bei einer
breiteren Schuppentüre reinfahren, dann aber innen nicht mehr
aussteigen, weil man so dicht an die Wände fahren müsste, dass die
Türen am Auto nicht mehr zu öffnen sind. Auch birgt es die Gefahr,
dass man sich früher oder später garantiert Beulen ins Auto fährt,
wenn man immer so eng kalkulieren muss, um so gerade in die
Einfahrt zu kommen. Seit wir den Golf haben, muss ich notgedrungen
draußen auf dem Parkstreifen parken, was mir jedoch missfällt, weil
es doch gelegentlich Beschädigungen durch Jugendliche gibt und auch
weil ich ja das Nutzungsrecht an dem Schuppen habe. So habe ich nun
mit dem Hausbesitzer gesprochen, ob er es zulassen würde, wenn ich
eine Schuppenwand ganz herausreiße die Dachbalken verlängere und
in vielleicht 1,5 bis 2 m zusätzlicher Breite eine neue Schuppenwand
setze und natürlich ein neues Tor reinbastele, alles auf meine Kosten.
Kosten würde mir das eigentlich keine nennenswerten machen, da ich
noch Verbindungen zum städtischen Bauhof in der Zamenhofstraße
habe. Dort liegt ein großer Haufen gebrauchter Bauhölzer, die entsorgt
werden sollen, obwohl sie noch gut sind. Die könnte ich kostenlos
haben und würde mir die dementsprechend zurecht sägen. Nur die
Arbeit, aber ich habe ja Zeit genug und selbst, wenn ich 4 Monate
daran werkeln würde, wäre das ja egal. Dazu muss man wissen, der
ganze Schuppen besteht nur aus Holz. Es sind Holzbalken hochkant
als Stützen und quer als Dachträger. Die Zwischenräume sind dann
mit einfachen Holzdielen zu Wänden und als Dach vernagelt, wobei
die Wände aussen mit einem dunklen, fast schwarzen Speziallack
gegen Wettereinflüsse überzogen sind und das Dach mit Dachpappe in
2 Lagen belegt ist. Das hat so bislang sicherlich schon über 40 Jahre
gehalten, wie mir der Hausbesitzer bestätigte und ist immer noch so
stabil, dass es weitere 20 Jahre halten würde. Ich müsste aber, für
meinen Umbauzweck nun eine Seitenwand ganz herausnehmen, zuvor
natürlich die Decke an dem Ende mit Stützen abfangen, damit die
dann nicht runterkommt. Die Einfahrtswand müsste ich am besten
sicher auch vollständig herausbrechen und eine ganz neue anfertigen
mit einem neuen selbstgebastelten, breiten Holztor als Einfahrt. Da
könnte ich sicherlich einen Flügel der originalen alten Einfahrtstüre
wieder verwenden, dann würde die Tür halt unsymmetrisch, da die
neu anzufertigende Hälfte größer würde, um auf eine Gesamtbreite
von vielleicht 2,5 m zu kommen. Die Dachbalken könnte ich
entsprechend verlängern, indem ich dort andere Balken bis auf die
gewünschte Länge anflansche. Man sagt zwar, das macht man ohne
Zusatzstützen normalerweise nicht, aber Zusatzstützen kann ich in der
Garage ja nicht brauchen, weil die dem Auto im Wege stünden und
wenn ich Balken, die vielleicht selbst 3 m lang sind, um einen Meter
durch seitliche Anflanschung eines weiteren Balkens um ungefähr 1,5
m verlängere, so dürfte das stabil bleiben ohne einzuknicken, wenn
man diese Anflanschung mit jeweils 3 oder 4 dicken Gewindebolzen
macht. Das einzige, was ich dann kaufen müsste, wären diese
Gewindebolzen, die sind aber sehr teuer. So habe ich schon Ausschau
gehalten und wüsste, wo ich auf einem Schrottplatz gebrauchte für je
1 Euro das Stück bekomme. Normal kosten die neu im Baumarkt
12,60 Euro das Stück. Insgesamt würde ich davon 36 Stück benötigen,
gerechnet für die Verlängerung aller Dachbalken. Naja, ich habe diese
ganzen Ideen dem Hausbesitzer vorgetragen und nach kurzer
Überlegung hat er zugestimmt, mit der Auflage, dass ich daraus für
mich keinerlei festgeschriebenen Rechte ableite. Auch wies er darauf
hin, dass es baurechtlich irgendwann Probleme geben könne, weil
diese Änderung ja nicht mit einem Bauantrag gemacht würde. Haha,
das fehlt noch, für solche Lappalien auch noch bei einer Behörde
nachfragen, wo leben wir denn? Der Hausbesitzer meinte, das wäre
aber eigentlich erforderlich, weil heute die Bestimmungen halt so
kleinlich wären, er würde das aber nicht machen und es wäre alles
mein Risiko, er habe aber nichts dagegen. Die einzige Auflage von
seiner Seite bleibt die, dass ich den Schuppen und sein Umfeld dann
ständig kostenlos in Ordnung halte. Das würde ich ja im
Eigeninteresse schon tun. So habe ich schon mit den Leuten von der
Zamenhofstraße gesprochen und ich kann mir die erste Fuhre
Holzteile schon am nächsten Dienstag abholen. Dazu leihe ich mir den
Ford-Transit von meinem Bekannten, dem ich öfters bei Umzügen u.ä.
helfe. So bin ich dann reichlich beschäftigt. Kayla ist sowieso an den
meisten Tagen bei ihrer Dolmetschertätigkeit, da dort die Aufträge
derzeit brummen. Nachmittags kann sie mir dann bei den Arbeiten
helfen, die man alleine nicht hinbekommt. Aber ich denke, dass ich,
wenn ich die Materialien erst mal daliegen habe, innerhalb von 2
Wochen diese Umbauaktion fertig bekomme. Ich werde auch keine
großartigen Betonfundamente dort gießen, auf denen ich die versetzte
Wand befestige. Da kommen hier und da ein paar einfache Löcher mit
Betonankern in den Erdboden rein, dafür genügt jeweils ein großer
Eimer voll Beton, fertig! Es lohnt sich nicht, dafür selbst mit der
Betonmischerei zu beginnen, sondern ich lasse von einem
Fertigbetonunternehmen eine Wanne voll Fertigbeton kommen, das
reicht völlig aus. Die kostet 31 Euro und es wäre kaum billiger, wenn
ich Säcke Zement und einen Haufen Sand bestelle und dann noch
selbst zusehen muss, wie man das vernünftig gemischt bekommt.
Mischen per Hand in einer Wanne ist nämlich auch eine Drecksarbeit,
ab einer bestimmten Menge unzumutbar und wird dann auch
ungleichmäßig. Dann benötigt man vor allem zuerst ja auch noch eine
alte Wanne, in der man solche Mengen mischen kann, hab ich aber
nicht. Dafür noch extra im Baumarkt eine Mörtelwanne kaufen, damit
sie danach dann Jahre ungenutzt herumsteht und das für 12 Euro, dann
lohnt es erst recht nicht. So bringen die für 31 Euro eine volle Wanne
in optimaler Mischung und wenn ich die Wanne Fertigbeton
verbraucht habe, dann rufe ich an und die holen die leere Wanne
wieder ab. Rechnet man das alles mit ein, dann ist es sogar billiger, als
selbst zu mischen. Billiger wäre Selbstmischen nur dann, wenn man
Sachen wie Wanne und am besten noch eine Betonmischmaschine
selbst kostenlos zur Verfügung hat, aber wer hat das schon?

Es gibt vielleicht Verrückte! Am frühen Abend gehe ich gerne noch
etwas spazieren, meist fahre ich dazu aber erst mit dem Auto
irgendwo hin. Nicht weit, oft sogar innerhalb Stuttgarts Stadtgrenzen.
Auch nicht jeden Tag, vielleicht zweimal pro Woche. So fahre ich
letzten Dienstag mal in den Stadtteil Weilimdorf, weil ich den noch
nicht so kenne. Dort soll es mehrere schöne Seen geben, die oft gelobt
werden. Einen größeren, den Tachensee im sogenannten Maierwald,
dann unweit von dort, etwas südlicher den Göslarer Weiher, der aber
auch Lindenbach-See, oder Lindenbach-Weiher oder Pfuhl oder so
genannt wird. Welches nun die korrekte Bezeichnung ist, weiß ich gar
nicht. Wie schon angedeutet, liegen beide Seen nicht weit
auseinander, dazwischen vielleicht 700 Meter oder allerhöchstens
einen Kilometer. Während der größere Tachensee in nur spärlich
bebautem Gelände liegt, liegt der andere am Bebauungsrand von
Weilimdorf und ringsum gibt es noch adrette Wohnstraßen, deren
Häuser vorne teils ringförmig um den See gruppiert sind, während
manche Grundstücke nach hinten in den Wald ragen, andere
wiederum in Richtung anderer bebauter Grundstücke. Sie können sich
vorstellen, dass man so was als gehobene Wohngegend bezeichnen
muss und ganz bettelarme Leute wohnen dort deshalb eher nicht.
Ziemlich genau zwischen beiden Seen hat man an der
Maierwaldstraße einen schönen Parkplatz eingerichtet, wo man an
normalen Wochentagen immer bequem einen Parkplatz findet, nur an
Wochenenden kann es schon mal eng werden, aber dann brauche ich
ja nicht dorthin fahren. So parkte ich am Dienstagabend dort und
wanderte zuerst zum größeren Tachensee. Alles sehr schön und hat
mir gut getan. Kayla war nicht mit, weil sie diese Wanderungen nicht
immer mitmacht, nur ungefähr jede zweite macht sie mit. Als ich den
Tachensee genügend abgeklappert hatte, hatte ich aber noch keine
Lust, nach Hause zu fahren und bin dann den Fußweg am Parkplatz
vorbei weiter zu dem anderen, kleineren See gegangen. Den kannte
ich zuvor noch gar nicht. So umrundete ich diesen kleinen See auch
noch und machte mich dann von dort aus zurück auf den Weg zum
Parkplatz. Der Weg führte kurz hinter dem kleineren See zuerst ein
Stück durch die Göslarer Straße, bevor man dann wieder in nördliche
Richtung einen halben Fußweg erreicht, den man aber auch mit dem
Auto so gerade befahren kann, also eine Art besserer Feldweg mit
Asphalt oben drauf ist das, der zum Parkplatz führt. Eben an dieser
Göslarer Straße ein schönes Haus neben dem anderen, alles sehr
gepflegt und sichtlich teuer. Schöne Vorgärten mit hübschem
Baumbestand und bunten Blumen und fast alle Grundstücke umzäunt
mit gleichartigen weißen Zäunen aus beschichteten Holzpfählen. So
ging ich dort entlang, dann huschte auf dem Bürgersteig ein Bengel
mit dem Fahrrad so dicht an mir vorbei, dass ich einen Schritt in
Richtung eines dieser Holzzäune springen musste. Soweit nicht
tragisch, aber ich kam dabei ein wenig ins Wanken und fasste aus
Reflex an einen Zaunpfahl um wieder mehr Halt zu finden. Da bekam
ich jedoch einen gehörigen Schreck, weil dieser Zaunpfahl dann
gleich unten, kurz über dem Boden abknickte und sich schräg in
Richtung Grundstück neigte. Damit nicht genug, dieser Zaunpfahl war
ja über Querstege mit den daneben befindlichen Pfählen verbunden
und von denen neigten sich dann gleich 4 oder 5 mit in Richtung
Grundstücksinneres und drohten auch ganz umzukippen. Der schöne
Schein trügte also, die Dinger waren alle kurz über dem Boden
abgefault. Was macht man in solch einer Situation? Ich konnte ja
nichts dafür. Sollte ich warten bis sich einer meldet oder beim
zugehörigen Haus klingeln und den Vorgang schildern? Sollte ich
mich nicht besser leise aus dem Staub machen und so tun, als habe ich
mit allem nichts zu tun? Während ich schon innerlich mehr zur
letztgenannten Möglichkeit tendierte, wurde mir die Entscheidung
abgenommen. Die Zauntür sprang auf, es kam ein zerknirscht
dreinblickender Mann, etwa um die 65 Jahre, mit eckiger Brille und
schütterem graumeliertem Haar, schimpfend auf mich zu. Das war
wohl der Hausbesitzer. Was das den soll, warum ich seinen Zaun
beschädigen würde u.s.w. kanonierte er verbal auf mich ein. Die
ersten Ansätze von mir, ihm den Vorgang zu erklären, wurden von
neuen Unmutsäußerungen seinerseits stets abgeblockt und überrollt.
Beim vierten oder fünften Versuch meinerseits erhob ich dann etwas
mehr die Stimme und das wirkte und er hörte zu. Er meinte zuerst
jedoch nur, das könne ja jeder erzählen und wäre sicher nur eine
dumme Ausrede von mir. So entstand eine herbe Diskussion, die oft
nahe an der Beleidigungsgrenze verlief, allerdings von beiden Seiten.
Bald gesellte sich noch ein Nachbar von ihm hinzu, der ungeprüft und
nichts wissend auch noch über mich herschimpfte. Das fand ich
zunächst gar nicht gut, entpuppte sich aber bald als Vorteil.
Schließlich wies ich den Geschädigten darauf hin, dass er ja sicher
seiner Verkehrssicherungspflicht auch nicht genüge, wenn er derart
morsche Zaunpfähle dort stehen habe, die nur Stabilität vortäuschen
und bei der geringsten Belastung nebst der Person, die daran kommt
umfallen. Das bestritt der natürlich energisch. Dann entdeckte ich aber
bei genauem Hinsehen, dass die meisten anderen Zaunpfähle unten
ebenso morsch waren. Das konnte man trotz der relativ dicken und
noch neuen Farbe erkennen, weil die im unteren Bodenbereich richtig
aufgeweicht und grünlich aussahen. Dann verlangte ich von ihm, er
solle doch einfach selbst mal an dem einen oder anderen Pfahl rütteln.
Er lehnte das aber ab und titulierte mich als geistigen Grenzgänger,
der nur von seiner Schuld ablenken wolle. In diesen Kanon stimmte
auch dieser eigentlich blöde Nachbar gleich ein, tat aber dann zu
meinem Glück unbewusst etwas, was eigentlich mir demonstrieren
sollte, wie stabil die Zäune sind. Er griff oben an einen Zaunpfahl,
rüttelte daran und sagte dabei noch: "Sehens doch, wie stabil die
sind." Zapf – hatte er den Zaunpfahl in der Hand und drei Pfähle
daneben fielen um, rückwärts in Nachbars Garten. „Ei schau da!",
sagte ich. Der Nachbar wurde sehr verlegen, lief rot an, rang nach Luft
und Worten, während der Grundstücksbesitzer nur entsetzt rief, was
das denn nun wohl wäre. Da der Nachbar natürlich selbst nicht als
ebensolch ein Schädiger wie ich tituliert werden wollte, sagte der dann
auf einmal zu dem Grundstücksbesitzer: „Ja dein Pfähl die sind jo
wirklich beschisse und erfault!" Eine neue Diskussion begann, nun
aber mit umgedrehtem Kräfteverhältnis, weil ab sofort der komische
Nachbar auf meiner Seite war. Zu zweit bekamen wir den
Grundstücksbesitzer dann doch noch überredet, selbst einmal an
einem seiner eigenen Pfähle zu rütteln und ich konnte mir dann das
Lachen wirklich nicht mehr verkneifen, da nach seinem Rütteln gleich
ein ganzer Verband aus Pfählen, sicher auf einer Länge von über 3
Metern in Richtung seines Grundstücks umstürzte. So blamiert winkte
der Mann nur noch ab und bezichtigte einen mir unbekannten Jonas,
dass der daran schuld sein müsse. Der habe sicherlich Säure über die
Pfähle gekippt. Das halte ich für Unsinn, die sahen nur neu aus, waren
aber sicherlich schon über 30 Jahre alt und nur immer neu lackiert
worden. Holz das fault halt gerne im Bodenbereich, je nach Holzsorte
besonders gerne, und genau das war hier passiert. Vielleicht suchte der
auch nur einen Dummen, der ihm einen neuen Zaun bezahlt und er
wusste im Grunde genau, wie es um dieses morsche Werk bestellt
war. Gerade Leute, die gut betucht sind, die hadern mehr mit dem
Geldausgeben, wie unsereins, das kenne ich und die hier sind gewiss
gut betucht. So war ich aus der Sache raus und schritt nicht schlecht
erheitert weiter in Richtung Parkplatz.

Das Leben ist gefährlich und die Gefahr holt einen überall ein, wenn
es das Schicksal so verlangt. Manche Dinge, die geschehen, mögen
einem dabei vorkommen, wie eine Mischung aus traurigem Unfall und
lustiger Begebenheit, die sich die Leute sicherlich in 20 Jahren noch
erzählen werden. So hat es vor kurzem eine Frittenbude und 2 ihrer
Beschäftigten erwischt. Im Vorbogen an der Augustenstraße stand seit
längerem schon eine solche Fritten- und Würstchenbude der üblichen
Art, die man heute an festen Standorten eigentlich immer seltener
sieht. Also so eine, wie man sie auch auf Jahrmärkten und ähnlichen
Hocketsen findet, wie ein Wohnwagen, nur eben mit Bedienklappe
und Brat- und Küchenapparaten drin. Heute hat man dort meist schon
ortsfeste Buden. Besagte Bude stand dort in der Augustenstraße schon
mindestens 2 Jahre und ich habe dort auch gelegentlich eine Portion
Pommes genossen, weil die nicht so fürchterlich dunkel waren, wie an
vielen anderen Imbissständen. Wissen Sie, ich hasse es, wenn
Pommes so dunkel gebacken sind, weil sie dann einen widerlich
bitteren Geschmack annehmen, den anscheinend manch andere
Kunden aber mögen. Aber es geht hier nicht um meinen
Pommesgeschmack und auch nicht um die Tatsache, das ich dort
schon mal welche kaufte. Diese Stände sind ja einfach abgestellt und
an den Enden aufgebockt, weil sie nur eine Achse in der Mitte haben,
was natürlich für einen festen Stand ohne Stützen ungünstig ist. An
eben diesem besagten Stand war es nun neulich passiert, dass wohl die
Stützen auf der Rückseite umgefallen oder abgebrochen sind und das
mitten im Hochbetrieb gegen 17 Uhr, was so eine beliebte Zeit dort
ist. Die beiden beschäftigten Frauen der Bude hatten das nicht
bemerkt und hasteten ihre Arbeit verrichtend in der Bude weiter
umher. Als dann die Kati, so nennen die alle dort, weiter nach hinten
ging, um kalte Getränke aus der dort befindlichen Kühltruhe zu holen,
passierte das Malheur. Die Bude kippte schrägwärts hoch, dass heißt,
die hintere Seite ging wie eine Waage zu Boden und die vordere Seite
nach oben. Soweit wäre das alleine ja noch ein lustiger Anblick, aber
Sie können sich vorstellen, das heiße, siedende Frittenöl lief dabei aus
den Frittierapparaten und manche Apparate kippten sogar um, die
heißen Würste rutschten nebst ihrem Bratfett vom Gasbräter und
einiges davon traf vor allem die andere Beschäftigte, die gerade dabei
war, Portionen für Kunden zu entnehmen. Mit viel Geschrei stürmten
die dann aus der Wagenbude, die dann auch noch zu allem Überfluss
durch die weiterlodernden Gasflammen unter dem Bräter in Flammen
aufging und schneller ausbrannte, als die Feuerwehr kommen konnte.
Ich habe das nicht selbst gesehen, aber als ich einen Tag später dort
mir eine Bratwurst mit Pommes leisten wollte, sah ich nur noch die
ausgeglühte Bude oder mehr nur das, was davon übrig war. Der Paul,
ein flüchtiger Bekannter, der immer an dieser Bude herumlungerte,
der war bei dem Vorfall Augenzeuge und hat mir dann alles haarklein
erzählt.

Ich weiß nicht, ob ich es Ihnen damals erzählt hatte, aber schon seit
längerem ist ja mein Fernseher entzwei. Reparaturen davon sind heute
so teuer, da können Sie sich günstiger gleich einen billigen neuen
kaufen. Fernsehen ist mir persönlich jedoch bei weitem nicht so
wichtig, schlimmer wäre es, wenn das Radio defekt wäre, weil ich
Radiohören als wesentlich höherwertiger einstufe. Meine Hifi-Anlage
ist ja auch schon lange kaputt, aber ich glaube, ich schrieb Ihnen mal,
dass ich als Ersatz vom Antikflohmarkt ein altes Dampfröhrenradio
von Nordmende aus den Zeit zwischen vielleicht 1950 und 1960 billig
kaufte und das spielt nach wie vor tadellos. Keine Angst, es hat schon
UKW, so nostalgisch ist es dann auch nicht, aber gut erhalten. UKW
braucht man ja, wenn man es noch als Alltagsradio verwenden will.
Damals wurde halt noch eine andere Qualität abgeliefert, als der
heutige Plastikunfug. Zurück zum Fernseher. Mein alter Fernseher
war zwar kaputt, aber nicht so kaputt, dass man ihn gar nicht mehr
benutzen konnte. Manchmal stand das Bild schief und seit bestimmt 2
Jahren war das Bild recht dunkel. Aber man rettet sich so über die
Runden, wenn man wenig Geld hat und wenn einem das Fernsehen
ohnehin nicht so wichtig ist. Da war mir das Geld für den Wagen
wesentlich wichtiger, obwohl man diese Dinge nicht wirklich
miteinander vergleichen sollte. Wie Sie wissen, ist natürlich meine
finanzielle Lage seit dem Gemeinschaftskauf des VW-Golf mit Kayla
absolut zusammengebrochen. Ich bin derzeit froh, wenn es dann noch
einmal im Monat zum Tanken reicht. Zum Glück verbraucht der
Dieselgolf sehr wenig, das entschädigt dann wieder und macht es
erträglich. Da Kayla durch ihre Tätigkeit derzeit gut verdient, bezahlt
sie derzeit von jeweils drei Tankfüllungen zwei. Naja, zurück zum
Fernseher. Der Zustand des defekten Gerätes ist durch die
Weiterbenutzung nicht besser geworden und das Bild war inzwischen
dermaßen schlecht, dass man überhaupt keine Lust mehr hatte, es
einzuschalten. So kam es in letzter Zeit vor, dass ich manchmal 2 oder
3 Wochen lang nicht fern gesehen habe. Am letzten Wochenende war
hier in der Nähe wieder ein sehr großer Antikflohmarkt und dort
wurden auch mehrere gebrauchte Fernseher angeboten, vorwiegend
tragbare Geräte. Es ist heute so, bei einem Radio, wie meinem uralten
Nordmende-Gerät, hat man einen relativ guten Klang, obwohl es so alt
ist. Der Klang ist sogar besser, als von preiswerten neuen Radios, nur
halt nicht in Stereo, aber das hört man ohnehin bei normalen
Sendungen kaum heraus. Aber bei einem Fernseher kann man sich
solch alte Geräte nicht kaufen, weil die ja noch in Schwarzweiß die
Bilder zeigen würden und wer will das heute noch? Ich jedenfalls
nicht, da verzichte ich gleich lieber ganz darauf. Auf besagtem
Antikflohmarkt wurde ich dann aber auf ein Gerät aufmerksam,
welches ein tragbarer Farbfernseher ist, vielleicht 10 Jahre schon alt
und von Grundig. Der Verkäufer, ein solide wirkender Mann, der
diverses Zeug aus Haushaltsauflösungen anbot, kam auf Nachfrage
gleich erheblich mit dem Preis entgegen und wollte unter dem
Versprechen, dass das Gerät einwandfrei laufe, nachher nur noch 55
Euro haben, obwohl er mit 125 Euro begonnen hatte. Das ist für ein
echtes Grundig-Gerät sehr billig, wenn es denn auch funktionieren
würde, dachte ich mir. Zumal der Kasten nicht solch einen
augenfressenden Minibildschirm hatte, sondern schon eine eher
mittlere Bildgröße, nicht groß, aber doch deutlich mehr, als diese
üblichen Kofferfernseher. Ich glaube 48 cm Bildgröße ist das und
damit kann man gut leben. So blieb die Gefahr, ist das Gerät wirklich
in Ordnung oder nicht. Während ich die anderen Stände am
Antikflohmarkt begutachtete, hatte sich der Verkäufer bei einem
seiner Standnachbarn, der über einen Stromanschluss verfügte, weil
der vor Publikum Popcorn anfertigte, mittels Kabel Strom geliehen,
um mir zu beweisen, dass die Kiste einwandfrei laufe. So rief er mir
noch mal zu. Als Antenne diente auf dem Flohmarktsplatz nur ein
alter Draht, aber damit erschien immerhin ein Programm einwandfrei,
Bild und Ton fand ich in Ordnung. Leider hatte ich keine 55 Euro in
der Tasche, mit Hängen und Würgen kratzte ich noch 19 Euro
zusammen. Dafür war das Gerät natürlich nicht zu haben und Kayla
war nicht mitgekommen, sonst hätte sie sicher den Fehlbetrag ergänzt.
Ich war indes bereit, die 55 Euro dafür auszugeben, so wurden wir uns
dahingehend einig, dass ich nach Hause fahre, den Fehlbetrag von
Kayla pumpe und dann wieder komme, um das Gerät dann endgültig
zu kaufen. So wurde es dann gemacht. Nach gut 30 Minuten war ich
wieder zur Stelle und wurde stolzer Besitzer eines funktionsfähigen
Farbfernsehers von Grundig. Hastig ging es nach Hause und der
Apparat wurde aufgestellt und gleich zusammen mit Kayla
eingeweiht. Also er funktioniert tatsächlich wunderbar, erst recht
nachdem ich das Antennenkabel hier vom Haus angeschlossen habe.
So kann ich zu einem erträglichen Preis wieder fernsehen und ich bin
davon überzeugt, dass eine Reparatur meines alten Gerätes zu diesem
Preis nicht möglich gewesen wäre.

Meine eigene Finanzlage ist nun aber am unteren Endanschlag
angelangt. Wäre Kayla nicht, soviel muss ich offen zugeben, dann
sähe es sehr düster aus und ich könnte mir vorerst noch nicht einmal
etwas zu essen kaufen. Andererseits hätte ich ohne Kayla den
Fernseher und auch den VW-Golf ja niemals gekauft, das wäre
überhaupt nicht möglich gewesen. Andererseits hasse ich es, Kayla,
oder überhaupt anderen Leuten auf der Tasche zu liegen. Das mache
ich normalerweise grundsätzlich nicht. Wie es sich bei dem VW
ergeben hat, wissen Sie aus meinen vergangenen Schilderungen und
jetzt mit dem Fernseher, das war eine absolute Ausnahme. Ich hätte
das mit dem Fernseher auch nicht gemacht, wenn Kayla über einen
Fernseher verfügen würde, aber sie hat ja gar keinen und so dient der
uns beiden und so ganz ohne Fernseher ist heute auf längere Sicht
doch irgendwie blöde. Bevor ich Kayla kannte, oder besser gesagt,
bevor Kayla diesen gut bezahlten Job hatte, habe ich immer meine
Anschaffungen ganz perfekt und eng nach den Grenzen gerichtet, die
mir ohne jede fremde Hilfe möglich waren. Wer hätte vergangenes
Jahr schon damit gerechnet, dass Kayla mal hier einen solch gut
bezahlten Job bekommt? Das war ja alles eine glückliche Verkettung
von Zufällen, wie man sie nicht alle Tage erlebt. Überhaupt, wer hätte
damals jemals gedacht, dass ich alter Sack noch mal solch eine
hübsche junge Freundin bekomme? - Ich selbst am allerwenigsten.
Und dazu stehe ich, für Kayla lasse ich jede andere deutsche oder
sonstige Frau stehen! So etwas wie Kayla gibt es heute eigentlich gar
nicht mehr, zumindest nicht in Deutschland. Das sind doch heute
meist alles verwöhnte Hühner und Konsumpüppchen, die nur daran
gewöhnt sind, dass man ihnen Zucker in den Hintern bläst und sie
vorne und hinten bedient, sie aber dafür überhaupt keine
Gegenleistung erbringen brauchen und die wie die Made im Speck
leben. Kayla ist da ganz anders und noch ein richtiger Mensch. Aber
genug der Lobhudelei.

Ach ja, beim letzten Mal berichtete ich Ihnen von Idioten, die hier die
Zeitschriften in den Briefkästen vertauschten und dabei auch noch
zerquetschten, indem sie unzählige Hefte mit voller Wucht in einen
einzelnen Briefkasten pressten. Diese Schwachköpfe hat man nun
gefasst und es sind 2 Jungs aus einem anderen Wohnblock schräg
gegenüber. Einer von denen ist Türke und der andere wäre erst voriges
Jahr mit seinen Eltern von Berlin hier nach Stuttgart gezogen. Sie
konnten dadurch gefasst werden, weil der Hauseigentümer ohne
weitere Diskussion darüber eine versteckte Kamera im
Eingangsbereich hat installieren lassen. Wie man das kennt wird ja
nicht viel dabei herauskommen, was denen so als Strafe droht.
Wahrscheinlich außer einer Ermahnung gar keine, wie es heute so
läuft. Dann heißt es wieder „Kinder aus schwierigen Verhältnissen"
oder Kinder überhaupt und das war's dann auch schon. Ich würde
diese Typen alle beide zu jeweils 200 Stunden sozialer Arbeit
verdonnern, notfalls im Herbst den Wald fegen, denn vor so etwas
haben die mehr Angst, als davor vielleicht einige Tage Arrest zu
bekommen. Na ja, Hauptsache ist, dass wenigstens dieser Unfug jetzt
ein Ende hat.

Hat man so was schon gesehen? Hier in Haus wechseln in einigen
Wohnungen häufig die Mieter, in anderen Wohnungen, wie der
meinen, bleiben die Leute Ewigkeiten, weil es ihnen gut gefällt. In
einer Wohnung im Erdgeschoss, ziemlich in der Mitte von unserem
Gebäudetrakt, ist vor 2 Wochen ein älterer Herr eingezogen, der so
aussieht, wie man sich als Kind den idealen Opa vorgestellt hat.
Blitzblanke Glatze mit einem geringen Haarkranz am Rand, runde
Brille, eine freundlich-gutmütige Ausstrahlung, aber der hat es dann
faustdick hinter den Ohren. Ich vermute, dass er bestimmt schon um
die 80 Jahre alt ist und es ist sehr selten, dass Leute dieser Altersguppe
hier einziehen. Nun ist der sehr rüstig, aber was ich gestern gesehen
habe, so etwas habe ich zuvor noch nie gesehen. Er setzt sich gerne an
einen Campingtisch aus Plastik, der hier auf der Wiese steht, liest
Zeitung, schaut sich die Leute an, die vorbeigehen und ruht aus.
Etwas, was man jemandem in dem Alter in jedem Fall gerne gönnt.
Dann packte er ein kleine Flasche Korn aus, ergoss daraus einen
Schluck in ein sehr kleines, schmales Schnapsglas, welches er
ebenfalls mitgebracht hatte, hielt dieses Schnapsglas an die Nase und
zog mit der Nase den Schnaps ein. Mir fielen bald die Augen aus dem
Kopf. Stellen Sie sich solches Tun schon nur mit Leitungswasser vor,
geschweige denn mit scharfem Schnaps. Dann schüttelte er sich,
sagte: „Brrr!", und las weiter in seiner Zeitung. Zuerst dachte ich, er
habe vielleicht eine Medizin in dieser Flasche, die er so ungewöhnlich
einnehmen muss, man weiß es ja nie, welch seltsame Krankheiten
einen so im fortgeschrittenen Alter ereilen mögen. So ging ich näher
vorbei, er hatte die Flasche und das winzige Schnapsglas noch auf
dem Plastiktisch stehen. Auf der Flasche stand aber eindeutig
Westfälischer Kornbrand. Dann gerieten wir ins Gespräch und dabei
kam die Rede auch auf seine seltsame Schnapstrinkgewohnheit. Es
stellte sich heraus, es war also tatsächlich Korn, den er so
ungewöhnlich zu sich nimmt. Er sagte, das sei eine alte Gewohnheit,
die er noch aus dem zweiten Weltkrieg mitgebracht oder sich dort
irgendwie angeeignet hatte, weil ein damaliger Kamerad das immer so
gemacht hatte. Ohne jetzt weiter auf sein Kriegsschicksal einzugehen,
hatte er sich also im Laufe der Zeit daran gewöhnt, den Schnaps auf
diese doch recht eigenartige Weise zu konsumieren und es bis heute
beibehalten. Er sagte, dass er es sich heute gar nicht mehr vorstellen
könne, Schnaps anders zu trinken, weil es ihm so viel mehr Genuss
bereite. Er trinke auch nicht viel, was natürlich immer eine relative
Aussage ist, er verstand darunter, dass er einen einzigen kleinen
Schnaps pro Tag auf diese Weise und überhaupt trinke. Das stets
morgens vor 10 Uhr, wenn es später würde und er den Schnaps bis 10
Uhr nicht verkonsumiert habe, dann lasse er ihn an dem Tag ausfallen,
weil er um 13 Uhr nach dem Mittagessen Medikamente einnehmen
müsse, die sich nicht mit Schnaps vertragen. Dieses winzige
Schnapsglas ist nach meinem Eindruck nur ungefähr halb so groß, wie
ein gewöhnliches Schnapsglas, eher sogar nur ein Drittel der Größe.
Dann ergänzte er noch, dass er schon seit 1961 nur diese eine Sorte
Westfälischer milder Kornbrand auf diese Weise zu sich nehme, davor
habe er eine andere Sorte gehabt, die aber nicht mehr zu haben
gewesen wäre, weil die Brennerei dicht gemacht hatte. Nun befürchtet
er, dass auch diese Brennerei aus der Gegend von Münster bald
aufhört und er seinen milden Kornbrand nicht mehr bekommt und in
seinem Alter noch auf ein anderes Produkt umschwenken muss. Naja,
werden Sie sagen, Probleme haben die Leute, aber er sagte, dass die
Marke und die Sorte ganz wichtig für ihn sei, besonders bei dieser Art
den Schnaps zu sich zu nehmen. Diese Marke, ich glaube genau
nannte er sich Büchers echter milder westfälische Kornbrand oder so
ähnlich, bekäme er hier in Stuttgart nur in einem einzigen SB-Markt in
der Breitscheidstraße, also unweit von hier. Den Laden gibt es schon
seit ich denken kann, seit ich diese Ecke von Stuttgart kenne,
allerdings nannte der sich ganz früher einmal Kaisers - Kaffee - und
SB-Markt und über der Haupteingangstür prangte damals ein rundes
Leuchtschild mit einer dicken Kaffeekanne drauf, die ein lachendes
Gesicht hatte, bei dem die Ausgießschnute die Nase war. Ich glaube
heute steht einfach nur noch Rewe oder so was an dem Laden dran.
Sie kennen das ja sicher, wenn man solch ungewöhnlichen Dinge
beobachtet, dann wird man neugierig, es selbst zu versuchen. Nun bin
ich kein Schnapstrinker, aber die Neugierde war dann doch zu groß
und ich konnte es nicht lassen, im stillen Kämmerlein einen
Selbstversuch zu starten. Als keiner da war, Kayla zur Arbeit und ich
alleine zu Haus, habe ich gekramt und noch eine kleine Flasche
Klaren gefunden. Die war bestimmt schon 10 Jahre alt, aber für solch
einen Test reichte es. Ich sage Ihnen, so etwas mache ich nicht noch
einmal! Nun war ich schon vorsichtig und habe nur eine winzige
Menge versucht, aber mir blieb der Atem weg und ich habe danach
sicherlich 10 Minuten gehustet und geröchelt wie ein Ertrinkender.
Den ganzen Tag habe ich außerdem nichts mehr riechen können.
Dieser Opa muss ja einen total verätzten Riechkolben haben, um das
machen zu können, ohne solche Beschwerden zu bekommen. Also da
war meine Neugierde schnell kuriert und am Schluss fragt man sich
nur noch, wie man selbst so blöde sein konnte, dies überhaupt zu
versuchen.

So sommerlich das Wetter heute früh hier begonnen hat, so regnerisch
ist es nun und sieht gar nicht wirklich schön aus. So sende ich Ihnen
trotzdem frische Grüße

Ihr

Egbert Lappenkeuler