LPK-C9

Auf dieser Seite finden Sie die beiden Lappenkeuler - Beiträge “Lerberwurstbrötchen” und “Schräge Wirtschaftslage” aus dem Jahre 2005. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

PDF - Datei ”Leberwurstbrötchen” (53 KB) zum Download hier klicken

PDF - Datei ”Schräge Wirtschaftslage” (63 KB) zum Download hier klicken

Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email "Leberwurstbrötchen" vom 14.03.2005

Viele unpolitische Grüße.

Verzeihen Sie, und eigentlich geht es mich ja auch nichts an, ich weiß
nicht, ob Sie Mitglied in einer Partei sind, aber meine Beobachtungen
haben ergeben, dass Parteien querbeet betrachtet doch recht komische
Gebilde sind. Alle bellen wie bestimmte Leithunde innerhalb der
Partei bellen, egal wie verkehrt deren Gebell auch sein mag. Dann
entwickelt sich ein Gegengebell, ganz zaghaft, aber keiner will
gegengebellt haben, nach außen bellen alle noch wie anfangs, zuerst,
plötzlich wird das Gegengebell lauter, bis dass ein anderer Leithund
dieses Gebell als einzig wahres Gebell darstellt, dann will plötzlich
keiner jemals anders gebellt haben und das Ganze beginnt von vorne.
Dass so etwas bei gegnerischen Parteien entsteht, kann man ja noch
verstehen, aber innerhalb jeder Partei selbst ist das genauso. Da haut
dann jeder jeden in die Pfanne, sogar die Leute, die wirklich viel für
die Partei und das Land geleistet haben, werden dann plötzlich fallen
gelassen, wie die berühmte heiße Kartoffel, wenn es für die eigene
politische Macht wichtig erscheint. Es gilt der altbewährte Spruch:
Politik kennt keine Dankbarkeit.

Dauernd Berichte und Wehklagen über eine neue Armut und
Kinderarmut in Deutschland, wo als Bewertungsgrenze für den
Begriff Armut ein Jahreseinkommen unterhalb von 9.000 Euro im
Jahr angegeben wurde. Was damit gemeint ist, ob die meinen, eine
ganze Familie mit Kindern müsse zusammen mit 9.000 Euro im Jahr
auskommen? Das wäre sicherlich wenig, da dies pro Monat dann nur
750 Euro wären. Wenn die den Wert jedoch pro Nase beziehen, dann
ist es doch wohl kein Problem, damit auszukommen, so sehe ich das.
Besonders ätzend finde ich die ständigen Darlegungen in
Medienberichten über Kinderarmut, dass sich diese Kinder dann
ausgegrenzt fühlen müssen, weil sie sich keine teuren
Markenklamotten oder so was leisten können. Ach ja, die Ärmsten,
will man jetzt noch staatlich dafür Sorge tragen, dass sich die armen
Gören auch bloß alle in teure Designerklamotten hüllen können? Wie
verrückt ist diese Gesellschaft eigentlich? Dass sie derartigen
hirnverbrannten, belanglosen Mist unterstützt? Manche dieser Leute
scheinen nicht nur einen Vogel, sondern gleich ein ganzes Nest unter
ihrer Mütze zu haben.
Das alles erfolgt immer mit dem Hinweis: .... und das in einem reichen
Land wie Deutschland. Deutschland als Gesamtheit ist kein reiches
Land mehr, das ist meine Meinung, und das spätestens seit der
Wiedervereinigung schon nicht mehr. Wie kann ich ein Land mit
diesem Schuldenstand überhaupt noch als reiches Land bezeichnen?
Das ist doch Selbstbetrug und Realitätsverlust.
Dann heißt es wieder, dass 10 % aller Deutschen über 50 % des
gesamten deutschen Kapitals gehören würden. Bei solchen eierigen
Andeutungen habe ich den Verdacht, dass man da etwas plant, um
zwangsweise Vermögen umzuschichten, damit die sogenannten
Reichen von ihrem Geld etwas abgezogen kriegen, um es auf andere
umzuverteilen. Immer mehr setzen sich Ideen und Methoden der alten
DDR hier durch, woran man sieht, wie tiefgreifend deren verseuchtes
Kommunistendenken schon hier in unserer Gesellschaft seine
gefährlichen Pilzsporen gestreut hat.
In meiner Situation müsste ich andererseits dafür sein, weil ich bei
solchen Maßnahmen aus heutiger Sicht wirtschaftlich nur gewinnen
könnte. Trotzdem finde ich solche staatlichen Lenkungsversuche
absolut töricht und damit erreicht man das krasse Gegenteil. Fast
sämtliche Anleger werden dann Deutschland meiden wie eine
Pestbeule und selbst die, die bislang hier noch investiert und angelegt
haben, laufen auch noch weg.

Ich erzählte Ihnen sicher schon einmal, dass ich öfters in solchen
Ramschläden sowie Verwertungssupermärkten stöbere. Man wird
jedoch immer wieder aufs Neue ins Staunen versetzt, was man dort
manchmal findet. So fand ich in einem schon etwas größeren Markt
dieser Art, palettenweise Deosprays aus den siebziger Jahren. Das
heißt, es war tatsächlich Spray, welches nunmehr schon rund 30 Jahre
in seinen Dosen darauf wartet, benutzt zu werden. Ich weiß nicht, ob
es dafür keine Haltbarkeitsregeln, wie für Lebensmittel gibt, jedoch
konnte man schon sehen, dass viele Dosen undicht geworden waren.
Entsprechende Gerüche umwaberten die ganze Ecke des Geschäfts.
Nun wollten es die Geschäftsbetreiber aber wissen und das Zeug aus
dem Laden raushauen. Auf einem handgemalten Schild wurde darauf
hingewiesen, dass einige Dosen schon beschädigt sein könnten.
Deswegen durfte man zum Preise von 20 Cent gleich 5 Dosen
mitnehmen und für 50 Cent bekam man gleich 20 Dosen. Ich war mir
uneins, habe dann aber doch 20 Cent investiert und mir 5 Dosen
herausgesucht, die noch wie neu aussahen. Sie sind auch alle dicht
und das Zeug riecht noch wie neu, außer bei einer Dose, deren Inhalt
riecht rostig. Das mag blöde klingen, ist aber so. Ich weiß nicht, ob
Sie den Geruch von stark rostendem Eisen kennen, genauso riecht das
Spray der einen Dose. Vermutlich rostet sie von innen. Bei den 4
guten Dosen wundert man sich dann trotzdem etwas, welchen doch
anderen Geschmack man damals wohl bezüglich der Duftnoten von
Sprays hatte. Alles riecht sehr kräftig und fruchtig, während heute
mehr leicht herbe Duftnoten überwiegen. So ganz verstehen kann ich
nicht, warum sich ein Händler solche Massen von dem Zeug hinstellt,
da bei den Preisen der Personalaufwand zum Aufstapeln im Laden
vermutlich mehr kostet, als der Verkauf einbringt. Vielleicht täusche
ich mich da auch, da in dem Laden vorwiegend Polinnen oder
Ukrainerinnen als Beschäftigte arbeiten und die bekommen ja
bekanntlich nur einen Bruchteil des hier üblichen Lohns.

Wo wir gerade bei Ukrainerinnen sind, na sage ich Ihnen man glaubt
das kaum. Da hat doch ein Bordell eröffnet, welches tatsächlich damit
wirbt, ausschließlich Ukrainerinnen zu beschäftigen. Einige davon
laufen sogar draußen herum, ich sah das rein zufällig beim
Vorbeigehen, drinnen war ich selbstverständlich nicht. Na kann ich
Ihnen nur sagen, dass solch hübsche Frauen es überhaupt nötig haben,
diesen Beruf zu ergreifen. Die sind wirklich unbeschreiblich hübsch
und mir stockte fast der Atem, als ich sah, dass man so was für
vielleicht 100 Euro eine Stunde lang haben kann. Sie wissen, ich bin
in dieser Beziehung gut versorgt und werde keinen Cent dafür
ausgeben, aber was man sieht, das sieht man und man macht sich so
seine Gedanken. Hätte ich Kayla nicht, dann wäre es sicherlich eine
Überlegung wert, dort sehr gelegentlich mal vorbei zu schauen, mehr
wäre bei meiner Finanzlage ohnehin nicht drin. Aber so gelüstet es
mich dank Kayla gar nicht danach, obwohl diese Zuckermäuse
durchaus einige lüsterne Stunden und auch ihr Geld wert wären.

Etwas blamiert hat sich hier eine Firma für Sicherheitstechnik. Das ist
ein Laden, dort gibt es Alarmanlagen, Sicherheitsbeschläge für Türen
und Fenster, Überwachungsanlagen, Sirenen, Blinklichter und all
solches Zeug. Nun der Grund der Blamage, in der Nacht zum letzten
Mittwoch wurde dort eingebrochen und Alarmanlagen im Gesamtwert
von über 50.000 Euro gestohlen. Es hat keinen Alarm gegeben und
aufgefallen ist die Sache erst, als morgens der Inhaber kam und den
Laden aufschließen wollte. Na solche Alarmanlagen hätte ich als Dieb
dann schon nicht gestohlen.

Müll ist eines der Themen unserer Zeit. Da habe ich letzte Woche eine
Unverfrorenheit erlebt. Die Stadt setzt Müllkontrolleure ein, das
alleine mag nichts besonders sein, aber deren neue geistreiche Idee ist
die, dass sogar zum Abfuhrtermin bereitgestellte Mülltonnen vor der
Abholung durchwühlt werden, ob nicht eventuell falsch einsortierte
Dinge drin sind. Es wurden jetzt die Tonnen für den grünen Punkt
kontrolliert. Da haben diese Querschädel mir doch diese Tonne stehen
lassen und ein Schild dran geheftet, dass ich auch Verpackungsmüll
eingeworfen hätte, der keinen grünen Punkt besitzt. Nun kommt die
Frage auf, was macht man mit Kunststoffverpackungen, die keinen
grünen Punkt haben? Ein normaler Mensch würde vielleicht sagen,
der gehört dann in die Restmülltonne. Denkste, der hat die Rechnung
ohne die Logik der Müllverordnung gemacht, denn an der
Restmülltonne prangt groß die Aufschrift "Keine Kunststoffabfälle".
In die Biomülltonne gehört der Kunststoff ohne grünen Punkt fraglos
auch nicht und andere Tonnen, als diese drei, gibt es nicht. Das Geld
für derartige Kontrollaktionen scheint überdies reichlich vorhanden zu
sein. Was erwarten diese Müllpolizisten denn nun? Glauben die
vielleicht, ich würde die ganze Tonne deswegen vielleicht hier in der
Wohnung, im Keller oder im Hausflur ausschütten und neu sortieren?
Selbst danach stünde ich immer noch wie der Ochs vorm Berg, dann
wären die Teile mit grünem Punkt zwar wieder unter sich, aber mit
den Kunststoffverpackungen ohne grünen Punkt wüsste ich dann
immer noch nicht wohin damit. Die sind doch geisteskrank und daran
sieht man, wie krank Deutschland ist, als gäbe es in diesem Land
keine anderen Probleme, als solch einen Mumpitz. Um einen solchen
Käse wird ein riesiges Verwaltungskonstrukt gebastelt und ich
befürchte, bald wird dazu eigens noch eine Müllbehörde mit eigenem
Amtsgebäude und mehreren hundert Beamten errichtet. So etwas
macht man mit mir nicht! Ich habe die Grünepunkt-Tonne mit einem
Schnürband zugebunden und versucht, sie beim Suzuki in den
Kofferraum zu kriegen, was aber nicht ging, weil der Suzuki dafür zu
klein ist. Da ich aber einige Tage später meinem Bekannten mit der
Kleintransportfirma wieder helfen wollte, habe ich dessen Ford-
Transit schon am Tag zuvor abgeholt und die Tonne dort rein gepackt.
Dann bin ich mit dem Zeug an den Stadtrand gefahren. Dort habe ich
um 2 Uhr in der Früh genüsslich den ganzen Inhalt in den
Straßengraben gekippt. Jetzt können die Müllidioten ihren Dreck
selbst einsammeln und passend sortieren, dann ist auch nichts falsches
darunter! Wenn die glauben, ich ließe mich von denen so gängeln,
dann sind sie bei mir an der richtigen Adresse und werden künftig
noch viel aus den Straßengräben aufsammeln können. So kommt das
und ich lasse mich nicht von blödsinnigen grünen Müllspinnern zum
Kasperle oder zum Handlanger ihres Wahns machen. Viele andere
Bürger denken genauso und deshalb wachsen die Müllberge in den
Straßengräben und auf Parkplätzen derart drastisch an. Wissen Sie,
wenn man eindeutige Möglichkeiten schafft, wäre es ja etwas anderes
und ich käme nie auf die Idee, so etwas zu tun. Ich hatte zuvor solches
auch so gut wie noch nie gemacht. Aber wenn man mir schon so
kommt und nun private Tonnen akribisch durchforstet, bevor sie
entleert werden und das dann noch bei den unverschämten
Müllgebühren, da steige ich aus. Diese Müllgebühren könnten dann
um 30 % billiger sein, wenn man sich diese Kontrollbimbos einsparen
würde, die ja auch viel Geld kosten und die sich nur wichtig
vorkommen. Ich habe reagiert. Für alle Abfälle die für mich nicht
eindeutig zuzuordnen sind, also vorwiegend Kunststoffverpackungen
ohne grünen Punkt, habe ich nun im Keller einen Müllsack aufgestellt.
Den bekomme ich so eben noch in den Kofferraum des Suzuki und
jedes Mal wenn der voll ist, wird der auf die gleiche unkomplizierte
Weise im Straßengraben entsorgt, basta! Solange, bis diese
Müllschwachköpfe sich eine vernünftige Lösung ohne Müllpolizei
einfallen lassen. Das haben die nun davon!
Ich bin aber nicht der Einzige, der so frustriert von den neuen
Müllver-un-ordnungen ist. Mein Autobekannter, Sie entsinnen sich,
der mir den Suzuki wartet, bei dem fallen ja öfters etliche Liter Altöl
an. Das ist eigentlich kein Problem, beim Kauf neuer Öle kann man
die gleiche Menge Altöl im Kanister dort zur Entsorgung abgeben. In
der Praxis funktionierts nicht immer, weil man vielleicht das Altöl mal
vergessen hat, mit zum Laden zu nehmen und später nehmen die das
nicht mehr an, weil man dann aktuell kein neues Öl kauft. So hatten
sich bei diesem Bekannten insgesamt 45 Liter Altöl angesammelt.
Umweltbewusst wie er ist, hat er noch extra bei der Stadtverwaltung
angerufen und gefragt, wo er dieses bei der Stadt entsorgen könne.
Sogleich zeigte man sich alleine über die Frage schon sehr pikiert und
beschimpfte ihn auch noch, welch eine Frechheit, Altöl über die Stadt
entsorgen zu wollen. Dann hieß es, er solle es zur Tankstelle bringen.
Hat er auch gemacht, die erste Tankstelle wollte es gar nicht
annehmen, die zweite nur, wenn er dort in gleicher Menge neues Öl
kaufe (das alte Lied), was er nicht wollte und die dritte hätte es
angenommen, wenn er pro Liter sage und schreibe 4 Euro
Entsorgungsgebühr bezahlt hätte. Rechnen Sie mal, 4 Euro mal 45,
wohlgemerkt, nur um altes Öl loszuwerden. Da wäre es billiger in
dieser Menge billiges Neuöl zu kaufen und dann das alte kostenlos mit
abzugeben. Ich will das jetzt nicht weiter ausmalen, aber Sie können
sich vorstellen, wo das Öl einige Tage später gelandet ist. Keine
Angst, er hat das nicht in die Landschaft geschüttet, aber die Kanister
an einigen Stellen im Umkreis von 30 Kilometern abgestellt. Dort
wird es die Stadt ohnehin irgendwann finden und selbst entsorgen
müssen. Sehen Sie, auf solch fast schon boshafte Gedanken wäre
unsereins doch früher nie gekommen, aber dank der blöden grünen
Verordnungen wird man ja regelrecht gezwungen, zum Umweltsünder
zu werden. Am Schluss bleibt, dass genau das Gegenteil von dem
erreicht wird, was man mit solch grünen Verordnungen eigentlich
erreichen wollte.

Vielleicht entsinnen Sie sich noch, dass man uns behördlicherseits
angeboten hatte, unsere kleinen Einzelwohnungen aufzugeben und
anstatt dessen gemeinsam in eine größere Wohnung zu ziehen. Wir
haben das nochmals gründlich überlegt und dann doch abgelehnt. So
schön es auf der einen Seite wäre, so bringt es uns doch zu viele
Abhängigkeiten und mögliche Nachteile, die man jetzt noch gar nicht
richtig absehen kann. Mit den bisherigen Wohnungen sind wir ja sehr
zufrieden, was heute sicher bei Sohi-Wohnungen eher eine Ausnahme
ist. Sicherlich, mehr Platz wäre nicht schlecht, aber viel Platz hat nicht
nur Vorteile. Anstatt dessen habe ich jetzt, nach Absprache mit dem
Hauseigentümer, damit begonnen, meine kleine Wohnung ein wenig
umzubauen. Wissen Sie, das sind ja im Prinzip nur knapp 1,5 Räume
plus WC-Bad und Diele. Was mich nach reiflicher Überlegung gestört
hat war, dass die Diele eigentlich ein ungenutzter Raum ist. Man
kommt vom Flur da rein, sie ist zwar auch nicht übergroß, aber außer
einer einfachen Garderobe und einem Spiegel ist dort nichts. Diese
Sachen bekäme man auch untergebracht, wenn sie nur ein Drittel ihrer
Größe hätte und den Rest zu einem kleinen, dann aber fensterlosen
Raum umbaut. Soweit meine Überlegung. Das habe ich mit einem
einfachen Umbauplan dem Hauseigentümer vorgelegt. Der hat gesagt,
ich könne das machen, wenn ich es auf eigene Kosten mache und
wenn ich es, im Falle eines späteren Auszuges, wieder auf eigene
Kosten rückstandsfrei abbaue. Diese Zusagen musste ich dann
schriftlich geben. Gesagt, getan. So habe ich inzwischen damit
begonnen, eine einfache Winkel-Trennwand in die Diele einzuziehen.
Dazu habe ich mir in zwei verschiedenen Baumärkten 6 cm breite
Balkenreste für einen kleinen Preis gekauft und diese an Boden und
Decke angedübelt. Auf diese Balkenreste schraube ich derzeit von
beiden Seiten Gipskartonplatten, die ich als leicht beschädigte Ware
von einem Baustoffhandel in der Zamenhofstraße für nur 15 Euro
erstehen konnte. Die Beschädigungen sind leichter Natur und lassen
sich mit etwas Gipsmasse zuspachteln. So entsteht derzeit der neue
Raum. Es ist etwas staubig in meiner Wohnung, obwohl ich die
Baustelle mit Planen abgehängt habe. Zum Wohnen halten wir uns
deshalb nun vorwiegend in Kaylas Wohnung auf. Etwas unschlüssige
Probleme habe ich noch mit dem Einbau einer passenden Tür in
diesen Raum, da ich so etwas ja noch nie zuvor gemacht habe. Die
Tür selbst konnte ich als Gebrauchtteil beim Abriss eines
Bürogebäudes in Zuffenhausen kostenlos organisieren. Es ist eine sehr
schöne, einstmals bestimmt wertvolle Zedernholztür, die vermutlich
schon über 30 Jahre alt ist, aber sehr gut erhalten. Ich hatte sie dann
einschließlich Zarge mit dem Ford-Transit von meinem
Kleintransport-Bekannten nach Hause gefahren. Wenn dieser
fensterlose Raum mal fertig ist, dann möchte ich darin den Kühl-
Gefrierschrank, die Vorratsschränke und ähnliche Zweckmöbel
aufstellen, die können dann aus der Wohnküche weg, wodurch dort
dann mehr Freiraum und Bewegungsfreiheit entsteht. Was hat man
ansonsten von einer 10 m² großen Diele? Nichts! So bleibt am Schluss
eine vielleicht 3 m² große Diele, wo gerade 2 Personen noch gut
nebeneinander stehen können und wo noch immer Platz genug ist,
einen Kleiderhaken und einen Spiegel aufzuhängen. Ich benötige ja
keine Diele, in der Platz für einen Menschenansturm ist, da ich
eigentlich so gut wie nie Besuch bekomme und wenn, dann hält sich
dieser mit allerhöchstens 2 Personen in Grenzen, aber selbst das ist
extrem selten. Auf den so gewonnenen 7 m² kann ich aber die oben
genannten Möbel, wie Kühlschrank u.s.w. gut aufstellen. Die
Auskleidung wird billig und einfach gemacht, innen im neuen Raum,
wie auch außen an den neu entstandenen Wänden einfache Raufaser-
Tapete und mal weiß überstreichen, fertig. Die Raufaser-Tapete hatte
ich schon seit Jahren im Keller liegen, ich weiß schon gar nicht mehr,
wo ich die überhaupt her hatte. Die weiße Farbe und Kleister habe ich
von meinen Hausmeister-Hilfsarbeiten hier abzweigen können, also
auf Rechnung des Hausbesitzers, damit hatte ich letztes Jahr im Keller
einen Raum ausgebessert. Ich hoffe, dass ich Ende nächster Woche
mit diesen Arbeiten fertig bin und dann wieder in einer gemütlichen
Bude sitze. Außer der Arbeit kostet mich das am Schluss nicht viel,
bringt aber räumlich eine deutliche Verbesserung. Wenn man solche
Arbeit nicht gewohnt ist, dann macht man anfangs natürlich viele
Fehler, aber es ist ja, außer mir selbst keiner da, der mich antreibt,
deshalb kann ich mir genügend Zeit lassen, diese Fehler wieder
auszubügeln, soweit sie mich überhaupt stören. Sie werden lachen,
aber ich habe mir für diese Gesamtgeschichte einen maximalen
Kostenrahmen von allerhöchstens 50 Euro gesetzt. Da würde einem
normalerweise jeder einen Vogel zeigen und sagen, das wäre
unmöglich, aber es geht, das weiß ich jetzt schon. Natürlich nur, weil
ich, wie oben beschrieben, solche billigen oder teils kostenlosen
Dinge dafür verwende.

Das mit dem Umbau geht dann gleich mit einer weitgehenden
Umgestaltung meiner Wohnung einher, wofür Gründe des Zufalls
verantwortlich sind. Es gibt hier vierteljährlich Sperrgut-
Müllentsorgungstermine, bei denen man große Sachen wie Möbel und
dergleichen zur Entsorgung an den Straßenrand stellen kann. Seit
einiger Zeit hat man das sogar so eingerichtet, dass kurz vor dem
Eintreffen des Müllwagens noch ein städtischer Bediensteter an der
Straße vorbeischaut, ob z.B. Möbel darunter sind, die noch etwas
taugen, um sie in ein städtisches Lager zu verfrachten, wo sie dann als
kostenlose Möbel für sozial Bedürftige ausgegeben werden, wenn die
defekte oder gar fehlende Möbel melden. Ich habe mich dessen noch
nie bedient und auch noch nie bei diesen Abfuhrterminen nach
Möbeln Ausschau gehalten. In einer sehr kleinen Wohnung, wie der
meinen, ist der Bedarf an neuen Möbeln fast gleich Null, somit ist das
alles kein wirkliches Thema für mich. Trotzdem sah ich per Zufall vor
einem Haus in der Wielandstraße einen ganzen Satz sehr teurer,
stabiler Echtholzmöbel zur Sperrgutabfuhr stehen. Ich habe mir die
Sachen mal genauer angesehen, sie waren wie neu und das waren
noch richtige Möbel, kein Pressspanzeug oder dergleichen. Es gab
auch keine sichtbaren Beschädigungen, vielleicht einen Hauch von
Kratzer hier und da. Der ganze Satz wäre viel zu groß für meine kleine
Wohnung gewesen, aber es war schon etliches dabei, was man
brauchen konnte. So habe ich kurz meinen Bekannten angerufen und
mir seinen Ford-Transit geliehen, und alles abtransportiert, was ich
brauchen konnte. Dann die Sachen bei mir im Keller und im
Hausmeister-Keller zwischengelagert, meine bisherigen Möbel zerlegt
und raus damit. Die neuen "alten" Möbel baue ich nach den
Bauarbeiten mit der Dielenabtrennung auf. Reinige und desinfiziere
sie etwas und ich sage Ihnen, wenn ich dann Besuch kriege, glauben
die doch tatsächlich ich würde nun im Überfluss leben. Bei einem
Sozialamtsbesuch wäre das sicherlich kein gutes Bild, aber ich kann's
ja erklären. Alleine Wohnzimmerschränke standen zwei dort, ein
großer und ein etwas kleinerer. Ich habe nur den kleineren
mitgenommen, weil der große gar nicht in meine Wohnung gepasst
hätte. Alleine dieser kleinere Wohnzimmerschrank, alles Echtholz,
nichts mit billigem Furnier, echt poliert und was weiß ich nicht alles,
stabil und schwer wie ein Tresor, mit Bleiverglasung und Licht drin,
einfach toll und alleine dieses Teil hat, als es mal neu war, garantiert
über 20.000 DM gekostet. Als es mir wirtschaftlich noch sehr gut ging
und ich noch mit meiner damaligen, ersten Frau verheiratet war,
hatten wir uns vergleichbare Schränke mal in einem Spezialmöbelhaus
angesehen, daher kenne ich die früheren DM - Preise für so etwas
noch. Nicht dass ich damit jetzt alte Zeiten in Gedenken an meine
frühere Frau wiederbeleben möchte, ich bin froh dass ich mit der
blöden Ziege nichts mehr zu tun habe und da ist Kayla aus einem ganz
anderen Holz geschnitzt und mir millionenfach lieber, aber das ist ein
anderes Thema. Unabhängig davon können einem Möbel, die man
damals gut fand, auch heute noch gefallen, das eine beisst sich nicht
mit dem anderen. Ich weiß natürlich nicht, wie alt der Schrank ist,
aber ich schätze kaum älter als 5 Jahre, wenn man vom Zustand und
Design ausgeht. Wie man solches nur wegwerfen kann, ist mir
rätselhaft. Neben diesem Schrank habe ich mir noch 3 schöne dazu
passende Stühle sowie einen kleinen Tisch mitgenommen. Es wären
noch 4 weitere Stühle gleicher Art und ein großer Tisch gleicher Art
da gewesen, aber Sie kennen meine Raumverhältnisse aus meinen
Erzählungen und hätte ich diese Sachen noch mitgenommen, dann
käme ich nicht mehr in meine eigene Wohnung hinein und hätte die
Fensterflächen auch noch mit Möbeln zustellen müssen. Meine
Wohnung verfügt über ein großes Fenster in Richtung Osten und da es
eine Eckwohnung ist, über ein kleineres Fenster in Richtung Norden
und darauf bin ich stolz. Das mag komisch klingen, aber gerade im
sozialen Wohnungsbau hat man meist mickrige Fenster, die wenig
Tageslicht reinlassen und dann aber noch undicht sind, damit
wenigstens die Kälte reinkommt. Hier nicht. Die Fenster sind sehr
großzügig, schließen absolut dicht und haben sogar eine dreifache
Isolierverglasung. Da ich ja etwas höher wohne, habe ich eine schöne
Sicht, die würde ich mir doch niemals mit Möbeln selbst versperren.

Die Sache mit der Bahn und dem Nahverkehr lässt uns nicht ruhen.
Da herrschte doch nun ein Tohuwabohu wo es die langanhaltende
Kältephase gab. Mir fiel ein Bericht in die Hände, aus einer
Zeitschrift, wo die drastische Zunahme von Mängeln bei der Bahn
durch die Wetterbedingungen in einem unzumutbaren Maß beklagt
wird. Häufig wären Türen an Zügen defekt gewesen, aber
insbesondere habe es zahlreiche Totalausfälle von Zügen gegeben
sowie extrem viele Ausfälle von Heizungen in den Zügen. Die Anzahl
der Mängel wäre nur dort geschrumpft, wo man alte Züge von früher
wieder reaktiviert habe. Da habe ich mir gleich gedacht, das passt zu
meinen erst kürzlich angebrachten Worten über meine schlechte
Meinung über den Nahverkehr. Es kommt aber keiner auf die Idee,
wegen der unerträglichen Mängel die Fahrpreise zu senken. Schlechter
oder gar kein Service, viele Mängel und sogar Ausfälle, aber gleiches
Geld wie für eine gute Leistung? Das darf es doch nicht geben.
Gerade in solchen Schlechtwetterzeiten müssten sich viele Leute auf
die Bahn verlassen können, denn es heißt doch immer, dass die Bahn
keine Wetter kennt und das ideale Verkehrsmittel bei prekären
Wettersituationen sei, weil nicht gefährdungsanfällig. Na soll man
über solche Aussagen noch lachen? Ich denke, da bleibt jedem das
Lachen im Halse stecken. Die Wahrscheinlichkeit bei kräftigem
Winterwetter mit meinem Suzuki pünktlich, sicher und behaglich ans
Ziel zu gelangen scheint mir um ein vielfaches höher zu liegen, als mit
der Bahn oder dem Bus. Der Suzuki hat bei jedem Wetter brav seinen
Dienst verrichtet, schnell ist es innen angenehm warm und dass man
bei glatten Straßen eben langsamer fahren muss, als sonst, das dürfte
inzwischen bei jedem angekommen sein. Gewiss gibt es Autos mit
besseren Wintereigenschaften, so hatte ich vor vielleicht 10 Jahren
mal einen VW-Golf, der war im Winter deutlich angenehmer und
spurtreuer zu fahren, als der Suzuki, aber nach einer kurzen
Eingewöhnung hat man den Bogen schnell raus und weiß, wie man
reagieren muss. Den VW-Golf mit dem Suzuki-Alto zu vergleichen
geht aber ohnehin nicht. Der Golf war ein grundsolides Auto, da ist
am Alto schon etliches mehr in Leichtbauweise gelöst, aber auf beide
ist Verlass und was der Golf mehr bietet, das kostet ja ein Vielfaches
mehr. Hauptsache man bleibt mobil. Besehen Sie sich nur mal die
Preise für einen VW-Golf, dafür hätte man früher einen Luxuswagen
bekommen und der ist inzwischen preislich in Bereiche entrückt, die
ich wohl in meinem Leben nie wieder erreichen werde. Selbst einen
gebrauchten Golf, der 10 Jahre alt ist, den könnte ich mir nicht leisten,
aber so mit der Susi ist es überhaupt kein Problem. Wichtig ist, mit
dem Suzuki komme ich sicherer, angenehmer und sogar billiger ans
Ziel, als mit öffentlichen Verkehrsmitteln und das zu jeder Zeit, wann
ich will.

Oh, an einem meiner schelmischen Tage hatte ich ungewollt 2 noblen
Damen gewaltig den Appetit verdorben. Wenn irgendwo in Stuttgart
und Umland kostenlose Büffets und dergleichen gereicht werden, sei
es zu Eröffnungen, öffentlichen Feierlichkeiten, Einweihungen oder
besonderen Anlässen, dann ist ein Lappenkeuler meist nicht weit. Das
bezieht sich aber nur auf Veranstaltungen, wo es solche Büffets oder
ähnliches gibt. Freibier-Besäufnisse interessieren mich nicht, weil dort
meist eine primitive Atmosphäre herrscht, die mir zuwider ist. Ich
habe mir daraus schon seit langem einen kleinen Sport gemacht, dort
die kostenlosen Genüsse in Anspruch zu nehmen, dazu sind sie
schließlich da. Pro Jahr kommen auf diese Weise vielleicht 5 solcher
Veranstaltungen auf, an denen wir es uns kostenlos munden lassen.
Ich finde nichts dabei, mehr als rausgeworfen werden kann man nicht.
In der Zeitung hatte gestanden, dass am letzten Samstag im Stadtteil
Feuerbach eine neue Tanzschule mit einem Büffet ihre Eröffnung
feiert. Ich bin kein Tänzer und Tanzen interessiert mich nicht die
Bohne, aber das Büffet schon. Es war ein eher simpler Imbiss, aber
die sind mir oft lieber, als ausgeklügelte Finessen. So griff ich zu
einem frischen Leberwurstbrötchen und ohne darüber nachzudenken
sagte ich zu Kayla, weil es bei Leberwurst eine blöde Angewohnheit
von mir ist: Ah, ein Brötchen mit feiner Leprawurst. Neben uns
standen zwei nobel aufgemachte Damen, beide vielleicht um die 40
Jahre alt. Ich hatte die Bezeichnung Leprawurst noch nicht ganz
ausgesprochen, da ließen beide wie auf Kommando einen
langgezogenen Schrei ab. Die eine spuckte zugleich ihre angebissene
Lachsschnitte wieder aus und verzog die Mine, als wolle sie sich jeden
Moment übergeben. Die andere titulierte mich als ungehobeltes
Ferkel ohne Manieren. Der Gastgeber, ein eigenartiger Kerl, vielleicht
65 Jahre alt, aber geschminkt bis zur Steifigkeit, so etwas habe ich
noch nie gesehen, ha, ein geschminkter Mann, also dieser klebrige
Herr fragte dann die Damen, was denn vorgefallen wäre. Diese
erläuterten ihm in hoffnungsloser Übertreibung die Sache und
bezichtigten mich zusätzlich noch der Verunglimpfung von
schwerstkranken Leprakranken, was niemals meines Absicht war.
Wissen Sie, man sagt so etwas ohne nachzudenken automatisch daher,
wie eine alte Gewohnheit, weil es ähnlich klingt, Leberwurst,
Leprawurst, was soll das denn, so etwas so künstlich aufzubauschen?
Jedenfalls dieser Inhaber und Gastgeber fand das gar nicht lustig, oder
tat zumindest so und schloss sich mehr der Meinung der Damen an.
Dann fragte er, wer ich denn sei und in wie weit mein Verhältnis zum
Tanz stünde und welche Tänze mir besonders am Herzen lägen. Ich
sortierte noch seine Worte, da ich von Tänzen absolut Null Ahnung
habe, da schaltete Kayla sich in die Debatte ein und sagte zu ihm, dass
sie meine Tanzpartnerin sei und wir erheblich an der Neukreation des
Tanzes Zazie beteiligt gewesen wären, beziehungsweise dieser Tanz
sei von uns kreiert. Der Geschminkte zog die Augenbrauen hoch und
erwiderte, Zazie, Zazie? Kayla meinte dann nur noch, dass er als Profi
und Juryausschussmitglied im Deutschen Tanzlehrerverband doch
gewiss die neuesten francoasiatischen Tanzkreationen kennen würde.
Der wurde daraufhin etwas bedächtig und man sah, wie seine grauen
Zellen sich anstrengten und erfolglos bemühten, diesen Zazie-Tanz
aus einer Schublade hervorzuholen. Die pikierten Damen kicherten
unterdessen wieder und hatten wohl schon die Leprawurst vergessen.
Dann ruderte der Gastgeber zurück zu mir und überschüttete mich mit
etlichen Fragen, deren Sinn ich nicht verstand. Kayla rettete erneut die
Situation, indem sie mich am Arm zog und dem Gastgeber vorschlug,
dass wir beide uns schnell umziehen werden und ihm dann eine
Kostprobe von unserem Zazie-Tanz zum Besten geben würden. Das
erfreute den sehr und gespannt harrte er dann wohl auf unsere
verkleidete Rückkehr, möglicherweise wartet er noch heute. Wir sind
dann raus und ich hatte meinen Suzuki oben an der Böhmerwaldstraße
stehen, dort sind wir schnell eingestiegen und nach Hause gefahren.
Zu Hause habe ich Kayla dann gefragt, wie sie überhaupt auf diese
ganzen Geschichten mit dem Zazie-Tanz gekommen sei und was das
für ein Tanz sei. Sie sagte, dass sie das selbst nicht wisse und diesen
Tanz dort frei erfunden habe. Der Name Zazie-Tanz sei ihr zufällig
gekommen, weil dort ein Schild von einem Tanzwettbewerb in einem
Saal in Zazenhausen hing, das ist ein kleiner Stadtteil zwischen
Stammheim und Kornwestheim, und durch diesen Namen sei ihr der
in Frankreich aber auch abgewandelt etwas in ihrer Heimat verbreitete
Frauenname Zazie eingefallen, woraus sie dann diesen Tanz erfand.
Dass dieser Gastgeber Jurymitglied in einem Bewertungsausschuss für
Tanzwettbewerbe ist, hatte sie ebenfalls auf einem im Flur
ausgehangenen Plakat gelesen. Naja, durch diesen verfrühten Abgang
kam ich nur in den Genuss eines Käse- und eines vorzüglichen
Leberwurstbrötchens, sowie eines Glases Mineralwasser und eines
Negerkusses oder auch Mohrenkopf genannt. Aber ich glaube bei
beiden letzten Begriffen hätten die feinen Damen wieder einen Schrei
des Entsetzens ausgestoßen und die rassenfreie Bezeichnung
Schokokuss eingefordert.

Jetzt muss ich leider für heute enden, da ich noch Unterlagen für einen 
Termin bei der sogenannten Arbeitsagentur heraussuchen muss, der
morgen früh ist. Zum einem Nebenbüro von denen soll ich. Ich weiß
nicht, was die von mir wollen, denn eigentlich müsste ich bei denen
aus den Akten gebannt sein, wegen meiner komplizierten
Krankheitsgeschichte und dem ganzen Wirbel nach den irrtümlichen
Beschäftigungen in Stadtdiensten im letzten Jahr, dürfte in dieser
Hinsicht alles geklärt sein. Warten wir's ab. Ich werde mich von
denen aber nicht ins Bockshorn jagen lassen. Die wissen oft selbst
nicht, was sie tun. Ich denke, ich werde Ihnen über diese Sache
demnächst berichten.

In diesem Sinne, frischfrohe Grüße aus Stuttgart

Ihr

Egbert Lappenkeuler


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email "Schräge Wirtschaftslage" vom 17.03.2005

Viele gezogene Grüße.

Eine neue Einkommensquelle habe ich erschlossen. Eigentlich ist es
keine wirkliche Einkommensquelle, nur eine kleine Anerkennung. Zu
verdanken ist es, wie so vieles im Leben, nur dem Zufall. Ein
Forschungsinstitut möchte im Auftrag der sogenannten
Landesmedienanstalt bewerten, welche Fernsehprogramme von der
Bevölkerung am meisten geguckt werden und dies anhand von
repräsentativ ausgewerteten Fragebögen tun, die das Fernsehverhalten
über einen Zeitraum von einem Vierteljahr erfassen. Es heißt, dass es
dazu zwar schon andere, technische Systeme geben würde, diese
werden aber von den öffentlich rechtlichen Sendern betreut und bei
einem festen Personenkreis installiert. Hier das sei völlig unabhängig,
beziehe sich auf einen anderen Personenkreis und man erhält einen
Satz von Ankreuz-Fragebögen, die man im Laufe dieses Vierteljahres
ausfüllen muss. Diese Fragebögen sind nichts anderes, als ein Blatt für
jeden Tag innerhalb des Vierteljahres. Vorne sind alle Fernsehsender
aufgedruckt, die es so gibt, einmal abgesehen von vielleicht
exotischen Programmen, die man nur mit teurer Spezialtechnik
empfangen könnte. Genauer gesagt, es sind dort exakt 67
Fernsehprogramme aufgelistet, von denen hier im Haus aber nur um
die 20 empfangbar sind. Um dadurch entstehende Fehlbewertungen zu
vermeiden, wurden bei der Übergabe der Fragebögen gleich alle
Sender mit einem roten Kuli markiert, die man hier gar nicht
empfangen kann. Auf jeder Tagesseite sind dann, wie gesagt, alle
Fernsehsender aufgelistet. Dahinter folgen mehrere Kästchen unter
vorgegebenen Spalten zum ankreuzen, das heißt, eigentlich ist es nicht
zum Ankreuzen, sondern man soll, falls zutreffend, mit einem Kuli
einfach einen Strich in ein blaues Kästchen machen, welches auch nur
Platz für einen Strich, nicht für ein richtiges Kreuzchen lässt. Das sei
so, weil es später ein Computer so sicherer automatisch auswerten
könne, damit die da nicht noch viel teures Personal über die
Auswertebögen setzen müssen. Zum Ankreuzen bzw. sozusagen zum
Anstreichen, gibt es die Spalten:
an diesem Tag gesehen / an diesem Tag mehrmals gesehen / kurz
gesehen / Sendung komplett verfolgt / zu anderem Programm
gewechselt / bei Werbung Programm gewechselt / bei Werbung
abgeschaltet und abgebrochen, dann folgt ein Feld, wo man die
Uhrzeiten eintragen soll, von wann bis wann man den betreffenden
Sender gesehen hat und dahinter, wie viele Minuten insgesamt man
diesen jeweiligen Sender an dem Tag betrachtet hat. Am Ende jeder
Seite folgt dann ein Summenfeld, wo man die Gesamtzeit
zusammenrechnen soll, die man am Tag vor dem Fernseher gehockt
hat. Auf der Rückseite ist dann noch Raum für persönliche
Eintragungen, dort soll man besonders Positives oder Negatives zu
dem jeweiligen Tagesprogramm der einzelnen Sender stichwortartig
hinschreiben. Im Wesentlichen ist das fast schon alles. Am Schluss
dieses Blockes von Seiten folgt dann eine etwas kuriose
Bewertungsliste, wo man frank und frei vorschlagen soll, welche
Programme man nach eigener Meinung auch abschalten könne, weil
man die generell nie schaut. Des weiteren kann man dort aber auch
Wünsche eintragen, wofür es weitere Programme geben sollte. In die
Abschaffungsliste habe ich gleich RTL 2, Super-RTL und Hot 2
eingetragen, diese Volksverblödungsprogramme. Auch den
komischen Kinderkanal habe ich dort eingetragen, weil der mich
grenzenlos nervt, denn die Idioten haben das so gelegt, dass der
Kinderkanal bis 19.30 Uhr den ARTE - Kanal verdrängt, das heißt, die
teilen sich hier den Programmplatz und den Kinderquark will ich nicht
sehen, wogegen ARTE schaue ich manchmal. Das werden Eltern
natürlich ganz anders sehen. Aber wenn man sich heute die
Kindersendungen ansieht, darf man sich nicht wundern, dass die
Kinder immer mehr verblöden, das spezielle Kinderprogramm trägt
dazu sein Scherflein bei. Nur noch Monster und hirnverbranntes Zeug.
Zum Konsens der Sache. Für das Ausfüllen, welches ja eine gewisse
Mühe macht, gibt es für den gesamten Vierteljahreszeitraum 50 Euro,
das heißt 25 Euro am Anfang und 25 Euro am Ende, wenn die das
Zeug wieder persönlich abholen. Das ist sicher nicht umwerfend viel,
aber ich denke mir, warum sollte man diese 50 Euro nicht mitnehmen
und soviel Arbeit macht es in der Praxis dann auch nicht. Man wird ja
nicht gezwungen, deshalb mehr fern zu sehen, man soll ja bei seinen
üblichen Gewohnheiten bleiben, sonst wäre das Ergebnis ohnehin
falsch. So komme ich vielleicht im Durchschnitt auf 1 bis 2 Stunden
Fernsehen pro Tag, an manchen Tagen sehe ich auch gar nichts.
Dementsprechend halten sich meine Ausfüllarbeiten gering.

Vor wenigen Tagen hatte ich einen Termin im Nebenbüro der
Arbeitsagentur. Sie sehen, man wird hier von den Behörden auf Trab
gehalten, denn ich hatte ja schon öfters ein derartiges Vergnügen. Die
Sohis und Alg2-Empfänger sind dabei vor lauter Hickhack bei weitem
nicht alleine verwirrt. Diese ganze Arbeitslosenverwaltung scheint
selbst so desorientiert zu sein, dass alle Akten, heute vornehm
Fallmappen genannt, in einer Art Karussell rotieren und so immer
wieder mal nach einer gewissen Zeit zum Vorschein kommen. Nun
war meine Akte, Verzeihung, Fallmappe wohl wieder
herausgesprungen und theoretisch an der Reihe. Zuerst sollte ich zu
einer Frau Bleher im 2 Stock, Raum 264. Der Raum war sehr leicht zu
finden, was im Behördenzentrum alles andere als selbstverständlich
ist, da es mehrere Quertrakte gibt und man weiß nie so genau, ist der
Raum im Haupttrakt oder einem der Quertrakte oder vielleicht ganz
abgesetzt in einem völlig anderen Gebäude. So gibt es durch diese
Gebäudeverschachtelungen auch gleichartige Raumnummern unter
Umständen mehrfach. Leicht zu finden in diesem Fall deshalb, weil
man nur dorthin brauchte, wo lange Menschenschlangen auf den
Fluren standen. Hier gibt es mehrere solcher Büros, die wohl
alphabetisch oder vielleicht auch nach Fallnummern geordnet für
verschiedene Leute zuständig sind. Ich suchte mir also die Tür mit der
Nummer 264 und hatte dabei noch ausgesprochenes Glück, denn dort
standen nur 4 Leute wartend vor der Tür. Vor manch anderer Tür
hockten schon mindestens 20 Leute und gingen sich gegenseitig auf
die Nerven. Es ging dann auch schnell, bis ich an der Reihe war, da
die Leute vor mir sich bestenfalls 2 Minuten in 264 aufhielten und
dann schon wieder raus kamen. So hoffte ich ebenfalls auf eine
schnelle Abfertigung meiner Sache. 2 Frauen saßen in dem Raum,
Frau Bleher, vielleicht 25 Jahre alt, also in Kaylas Altersgruppe, aber
ziemlich kräftig - nicht dick aber eben kräftig gebaut, blond, einen
ungewöhnlich breiten Mund, also die hätte Spargel durchaus quer
verschlingen können, wie man so sagt, riesige Augen hatte die, wie
tiefe Seen und dazu passend auch tiefblau, einen leicht verrucht-
lüsternen Gesichtsausdruck, man kann das nur schwer in Worte
fassen. An einem kleineren Schreibtisch, ich hätte dazu Katzentisch
gesagt, saß Frau Kukula, ein gewiss etwas eigenartiger Name, also
fast schon eine Leidensgenossin von mir, vielleicht Mitte 30, sehr
schlank, braunhaarig, wirkte sehr nett aber zugleich wie jemand, der
zeitlebens etwas zu kurz gekommen ist, man kann auch das schlecht
mit Worten erklären. Lieber hätte ich von der anfänglichen Sympathie
her mit der Kukula gesprochen, aber die stabile Bleher war für mich
zuständig. Sie dehnte meinen Nachnamen wie Gummi, Herr
Laaappeeeeennnnkeuuuuulerrrrr. Das war das erste was sie sagte,
dann grinste sie dümmlich und sagte lange Zeit nichts. Ihre Stimme
war hart, laut und rau wie von Rum oder Whisky gegerbt, die hätte in
einer Menschmasse kein Megaphon gebraucht, um sich Gehör zu
verschaffen. Mit einem Handwink wies sie mir einen Stuhl zu, ich
solle mich ihr gegenüber an den Schreibtisch hinsetzen. Dann fragte
sie mich verwundert, wieso ich seit meinem Ausscheiden aus
städtischen Diensten nicht mehr in weitere Jobs dieser Art
weitergeleitet wurde oder ob ich derzeit aktuell irgendwo arbeite,
wovon sie nichts wisse, weil in ihrer Fallmappe nichts derartiges
stehe. Dann erläuterte ich ihr kurz, wie das im letzten Jahr alles
gelaufen war und weshalb ich gar nicht mehr für solche Arbeiten
herangezogen werden darf. Sie wälzte daraufhin mehrmals den Inhalt
der Fallmappe, dann verzog sie die Mundwinkel wie ein
Breitmaulfrosch nach unten und machte ein hohles Gesicht. "Warum
steht denn davon hier nichts drin?", seufzte sie mürrisch und pochte
auf die nun schnell verschlossene Fallmappe. Irgendwie kamen ihr
dann aber Bedenken, so als wenn sie vermuten würde, dass ich ihr nur
eine Ausrede auftische. Zu ihrer Zimmernachbarin maulte sie dann in
unfreundlichem Ton: "Kuki such mal flott nach dem Fall Nummer ...."
Dann folgte eine zigstellige Nummer, die ich mir nicht merken
konnte. Mit Kuki war die Frau Kukula gemeint. Die ältere und
eigentlich erfahrener wirkende Frau Kukula war hier wohl die
Untertanin von der Bleher. Im Computer stocherte die dann eine
Weile herum und meinte dann in tiefstem schwäbisch: "Dafür isch
jetsch der Herr Zeidler zuschtändig, do hemm mir gar niggs mit zum
duohhn!" Das frustrierte die Bleher dann wieder ziemlich und sie
regte sich darüber spontan auf, dass dann überhaupt noch bei ihr eine
Fallmappe über mich existieren würde. Diesen Missmut ließ sie dann
auch gleich an der Kukula aus, in dem sie ihr die Fallmappe mit
Wucht auf den Katzentisch warf und ihr eine Standpauke hielt, warum
sie denn überhaupt meine (jetzt wieder) Akte nicht schon längst
gelöscht habe. Die Kukula tat mir in dem Moment richtig leid und ich
sagte zur Bleher: "So etwas kann doch mal passieren." Darauf sagte
die Bleher keifend: "Richtig, so etwas das kann passieren, aber so
etwas das darf nicht passieren, jedenfalls nicht in meinem Bereich!
Aber wenn man mit unbrauchbaren Schlafmützen wie Kuki
zusammenarbeiten muss, dann ist man vor nichts mehr sicher!"
Daraufhin brach die Kukula kurz in Tränen aus. Ich hatte das Gefühl,
dass ich hier extra hinbestellt worden war, nur um an diesem
beruflichen Trauerspiel der Frau Kukula teilzuhaben. Die Kukula
fasste sich aber wieder schnell und, womit ich nicht gerechnet hätte,
beschimpfte sie nun ziemlich derb die Bleher. Die Bleher sei ja nur
eine unerfahrene Ziege, die sich jetzt auf Kosten anderer profilieren
wolle. Dabei sei sie, also die Kukula, gar nicht für die Pflege der
Datenbestände zuständig und schließlich könne sie ja auch gar nicht
wissen, wer aus gesundheitlichen Gründen gar kein Fall mehr wäre,
zumal sie darüber keinerlei Mitteilung erhalten würde. Das sei alles
Sache vom Zeidler und der hätte ihr nichts geschrieben, da der ja
immer sein eigenes Süppchen kochen würde, genau wie die Frau
Bleher selbst. Aber dann andere für eigene Versäumnisse
niedermachen, das können beide gut. Mir platzt gleich der Kragen!"
Daraufhin wurde die Bleher kleiner und meinte nur: "Jaja, jetzt
kommen sie mal wieder runter, Kuki. Sie haben ja recht und sie sind
mein bestes Stück."  Ich meinte dann noch, dann wäre meine
Fallmappe wohl nur noch ein Fall für den Papierkorb. "Neinnein",
meinte die Bleher dann süßfreundlich, "so einfach geht das nicht, sie
müssen jetzt erst mal zum Herrn Zeidler, dann erklären sie dem, wie
die Sachlage ist und nur der kann Ihren falschen Datensatz dann
löschen oder ändern, das kann ich nicht, das kann Kuki nicht. Wenn
ich einfach ihre Fallmappe wegwerfe, dann erzeugt der Computer
nächsten Monat automatisch eine neue Fallmappe, wenn der Herr
Zeidler den Datensatz nicht vernichtet hat." Ich fragte die dann, ob die
das denn nicht intern klären könnten, anstatt mich nun zu diesem
Herrn Zeidler zu schicken. Darauf wurde sie etwas borstig und meinte
frech, dass ich ja wohl Zeit genug hätte, mal eben zum Herrn Zeidler
zu gehen. So ließ ich mich dann doch breitschlagen. Zimmer 612 im
sechsten Stock, gleicher Gebäudetrakt, sollte der sitzen. Ich also
dorthin. Warum können die nicht die Büros der gleichen Abteilung
nebeneinander oder wenigstens ins gleiche Stockwerk legen? Man
hielt mich in Atem. Zunächst fiel gleich auf, hier in diesem Flur stand
niemand wartend vor den Türen. Das war wieder so eine halbtote
Abteilung, so mein Eindruck, weil hier auf dem Flur bewegte sich gar
nichts. Man hörte nichts, man sah niemanden herumlaufen, man kam
sich vor, als wäre man an einem Sonntagnachmittag bei Betriebsruhe
hier. So konnte ich gleich zur Tür 612, die Namen SB Zeidler und MA
Pusch standen auf dem Türschild. So klopfte ich, ein herein tönte und
so ging ich in das Büro. Dort saß alleine ein mittelgroßer, halbhagerer
Mann mit zerstruppten graumelierten Haaren und großer eckiger
Silberrahmen-Brille, er erinnerte mich irgendwie an einen
Schauspieler, auf dessen Namen ich jetzt aber nicht komme, der auch
aktuell öfters im Fernsehen in Filmchen mitmacht. "Zeidler, mein
Name, aber setzen sie sich doch bitte.", sagte er freundlich und relativ
leise, so als habe er Halsprobleme. "Die Frau Bleher hat mich gerade
schon angerufen und gesagt, dass Sie kommen. Ich weiß nicht, was
die Bleher ihnen alles erzählt hat, aber ich bin an der Misere nicht
schuld, auch wenn die das meint. Wissen sie, die Bleher glaubt sie
habe Ahnung, weil sie die Verwaltungsfachschule gerade mit
Auszeichnung, 1+ sozusagen, bestanden hat. Ha! Die ist auch gut, gar
keine Frage, nur Ahnung von den Vorgängen hier im Haus und von
der Materie im Speziellen, die hat sie nicht. Normalerweise dürfte ich
ihnen das gar nicht sagen, aber wir sind ja unter uns.", sagte er dann.
Dann wühlte er in einem recht ansehnlichen Aktenordner, wohl auch
so eine Fallmappe, auf der in grüner Schrift mein Name stand. Alle
anderen Ordner trugen blaue oder meist schwarze Beschriftungen,
jedoch bei mir war sie in grün. Das musste doch eine Bedeutung
haben, so wie ich diese Amtsschimmel kenne. Neugierig fragte ich
den Zeidler danach, warum auf meiner Mappe der Name in grüner
Farbe stünde. Er kreiste mit einem Finger in der Luft, als wolle er
Kringel malen und sagte halb in sich gesunken und sehr leise: "Ach
das hat mal einer in grün drauf geschrieben...." Mehr kam dann nicht,
ich bin aber überzeugt, dass die grüne Beschriftung einen tieferen
Sinn hatte. Etliche dünne Blättchen, so eine Art frühzeitliches
Durchschlagpapier, wie man das vor 50 Jahren öfters kannte, zog er
hervor und las die aufmerksam durch. Dann zuckte er mit den
Schultern und sagte: "Ja, ich weiß auch nicht recht, was sie hier
sollen. Hier steht eindeutig, dass gesundheitliche Bedenken gegen
Beschäftigungsmaßnahmen von mehreren unabhängigen Fachärzten
ausgesprochen wurden. Demnach dürfen wir sie nicht so ohne
weiteres in solche Maßnahmen drängen, es sei denn, es stünden
dringende Beschäftigungsmaßnahmen an, die nachweislich so leicht
sind, dass man ihnen die zumuten kann. Diesen Nachweis wird sich
aber hier keiner trauen, den zu erbringen, das sage ich ihnen gleich.
Wissen sie was?! Ich lösche jetzt ihren BA-Datensatz einfach, dann
bleibt nur noch ihr Personendatensatz erhalten, den darf und kann ich
nicht löschen. Eigentlich kann dann nichts mehr passieren und sie
bleiben von weiteren Vorladungen verschont. Machen können sie hier
ohnehin selbst nichts." Wirklich verwundert hat mich das, nach
meinen bisherigen reichhaltigen Behördenerfahrungen nicht mehr,
aber ich war immerhin erleichtert. Lieber einen Weg umsonst in die
Behörde, als den Weg für schlechte Ergebnisse gemacht zu haben. Ich
konnte also gehen. Beim Aufstehen sagte der Zeidler dann noch:
"Wissen sie was, ich gehe jetzt in die Kantine, wenn sie wollen, dann
gehen sie doch einfach mit, ich lade sie zu einem Bier oder einem
Kaffee oder was sie so mögen ein." Damit hätte ich nun in einer
Behörde wirklich nicht gerechnet. Da ich noch genug Zeit hatte, habe
ich seine Einladung freundlich angenommen und bin mit in besagte
Kantine gegangen. Ich war erstaunt, welch imposante Kantine sich
diese Behörde leistet, da sieht man, wo das Geld bleibt. Die
Ausstattung nur vom Feinsten, mittags sage und schreibe 12 Menüs,
Vollmahlzeiten, zur freien Auswahl, darüber hinaus 5 Diabetiker-
Menüs zur Auswahl, Teilchen, Brötchen, Kuchen, Süßwaren, alles
was man sich vorstellen kann und manch gediegenes Hotel würde vor
Neid erblassen, weil deren Gastrobereich da nicht mithalten könnte.
Und es roch alles so gut, nach gutem Essen, weil wohl gerade die
Vorbereitungen für das Mittagessen liefen. Ich habe dann auf Zeidlers
Kosten einen Apfelsaft getrunken und wir haben uns noch nett etwas
unterhalten, nicht über den beruflichen Kram, mehr so
Allerweltsgesprächsstoff, Frau, Kinder, Hobbys, Wetter, Umwelt und
so. Irgendwann kam ein Herr in die Kantine, zu dem alle aufblickten.
Man bemerkte sofort, der muss etwas besonderes sein. Ich kannte ihn
nicht. Der Zeidler grüßte den freundlich und als der Herr mit anderen
Leuten weiter hinten in der Kantine Platz genommen hatte, sagte der
Zeidler zu mir leise und etwas raffiniert grinsend: "Das ist der Herr
Direktor Dr. Dr. Schlösser. Fast alles, was die Oberen hier im Hause
in der Öffentlichkeit sagen, programmiert, eh, entwirft er." Der
Versprecher mit dem programmiert war natürlich volle Absicht. Der
Zeidler wollte damit wohl zum Ausdruck bringen, dass er die Oberen
mehr oder weniger nur für Roboter von diesem Dr. Schlösser hält.
Dazu habe ich aber dann keinen Kommentar abgegeben. Wer weiß,
man sagt leicht etwas falsches und nachher bin ich es dann gewesen,
der über die Oberen etwas schlechtes oder unpassendes gesagt hat.
Dann erblickte ein in die Kantine kommender Kollege den Zeidler und
wollte ihn dringend sprechen, so musste der dann mit dem gehen und
ich habe den Rest Apfelsaft noch getrunken und bin dann nach Hause
gefahren. Langsam weis man nicht mehr, was man von diesen
Behörden halten soll. Man wird für nichts vorgeladen, nicht zum
ersten Mal, aber dann bekommt man plötzlich noch ein Getränk
spendiert. Naja, letzteres war wohl mehr ein Anfall von Freundlichkeit
bei dem Zeidler und sicherlich nicht üblich.

Vor einiger Zeit berichtete ich Ihnen, dass ich nebenbei für ein
Programmkino Karten und Antwortschreiben fertig stellte. Das ist
jetzt vorbei. Der Kinobesitzer hat sich das alles noch einmal überlegt
und die umständliche Verschickung der Karten im Vorverkauf
aufgegeben. Der hat die Anzahl der Vorführungen bis dahin davon
abhängig gemacht, wie viele Leute Karten vorbestellt hatten. Dann
bekamen die ein Antwortschreiben mit den Vorführungsterminen und
der Karte, die aber nur für einen festen Termin gültig war. Das
machen die Leute heute nicht mehr mit, nur damit der Kinobetreiber
die Auslastung seiner Bude besser steuern kann. So hat er jetzt
umgestellt und bringt die betreffenden Filme vielleicht 2 Wochen am
Stück, täglich. Zuvor hat der es gebracht einen bestimmten Film
vielleicht nur 3 mal zu zeigen und dann den Leuten die Karten so
zuzusenden, dass die dann kommen mussten oder es ging halt nicht.
Naja, ich habe ja gleich von Anfang an gesagt, dass dieser Nebenjob
sicherlich nicht lange dauern wird.
Wissen Sie, ich höre mich nebenbei hier in der Stadt immer mal ein
wenig um, wo es kleine Nebenjobs gibt. Mach zur Erstärkung meiner
Kassenlage mal dies und mal das zusätzlich. Besonders jetzt schaue
ich mich um, um damit die Granada-Fahrt auf zusätzlich sichere Beine
zu stellen, ohne mich anderweitig einschränken zu müssen. Man
findet hier fast immer etwas, wenn man flexibel ist und auch mal
Eintages- oder gar Stundenjobs annimmt. Grundbedingung muss für
mich sein: wenig anstrengende Arbeit, möglichst wenig schmutzige
Arbeit und bei mir unbekannten Arbeitgebern muss es das halbe
Gehalt im Voraus geben. Ich lass mich nicht für dumm verkaufen, wie
viele andere, die nach der Arbeit einen feuchten Händedruck
bekommen. Jetzt hätte ich eine Möglichkeit jeden Dienstag und
Freitag an einer Autowaschanlage auszuhelfen. Dienstags 2 Stunden
und Freitags 5 Stunden, pro Woche gibt es dafür 90 Euro, also für 7
Stunden Arbeit. Das klingt nicht schlecht, aber die Arbeit gefällt mir
nicht. Ich habe keine Lust, dort stundenlang in feuchten Klamotten
herumzulaufen und mich mit nörgelnden Autofahrern herumzuärgern.
Man soll dort so eine Art Vorreinigung mit einem Hochdruckgerät
machen. Mir ist dabei auch wichtig, grundsätzlich pro Woche nicht
mehr als 10 Stunden auf diese Weise zu arbeiten, denn ich will nicht
allzu viel von meiner Freizeit einbüssen.

Der Busunternehmer hat sich gemeldet. Die Granada-Fahrt findet
voraussichtlich direkt nach Ostern statt. Es sind insgesamt 6 Plätze
frei, wovon wir jetzt 2 haben auf uns festschreiben lassen, der Rest ist
fest von einem Unternehmen gebucht. Im Gegensatz zur ersten
Granadareise, die wegen des Waschmaschinenkaufs ins Wasch-
Wasser fallen musste, ist diese hier etwas teurer, da wir in der Saison
schon weiter fortgeschritten sind. Sie kostet uns pro Nase 114 Euro,
also zusammen 228 Euro, für insgesamt wie gehabt 9 Tage, gerechnet
von Abfahrt hier in Stuttgart bis wieder Eintreffen hier vor Ort. In den
obigen Preisen sind enthalten sämtliche Fahrtkosten nach und von
Granada, sämtliche Hotel-Übernachtungskosten in einem guten 3-
Sterne-Hotel einschließlich täglichem Frühstück sowie die Teilnahme
an 4 Besichtigungsprogrammen vor Ort innerhalb dieser Tage. Der
ganze Rest, wie Mittag- und Abendessen und mögliche Rundreisen
vor Ort ist, abgesehen von diesen 4 Besichtigungsprogrammen in
eigener Verantwortung und geht auf eigene Zusatzkosten. Gewiss ist
mir bekannt, dass das, was vor vielleicht 15 Jahren ein 3-Sterne-Hotel
in oberster Kategorie war, heute in etwa schon einem 5-Sterne-Hotel
entspricht oder andersherum berechnet, wäre unser 3-Sterne-Hotel
wahrscheinlich in der Qualität das, was man früher unter einem 2
Sterne-Hotel verstand. Die erfinden ja alle paar Jahre einen weiteren
Stern hinzu und ich weiß nicht, wo heute die oberste Grenze liegt,
jedenfalls glaube ich 5 Sterne sind auch nicht mehr das höchste was es
da so gibt, ich meine jüngst gehört zu haben, dass diese Skala heute
schon bis 8 Sterne reicht. In einigen Jahren wird man dann in einem
nichtssagenden Berg von Sternen untergehen, vielleicht mit 100
Sternen. Ich denke, dass wir aber mit 3 Sternen gut zurecht kommen
und uns kaum über mangelnden Luxus beklagen werden. Ich brauche
kein Hotel mit Sauna, Schwimmbad und diamantbesetzten
Trinkgläsern an der Bar. Kayla und ich freuen uns auf die Fahrt. So
weit bin ich ja noch nie gereist und hatte das genau genommen auch
nie vor. Wirklich reizen tun mich Fernreisen eigentlich auch nicht,
aber hier ist es etwas anderes, erstens wegen dem enorm günstigen
Preis im Verhältnis zum Gebotenen und zweitens weil ich soviel
Gutes über Granada gehört habe. Eigentlich habe ich über Granada
nur Gutes gehört, egal wo ich mich auch erkundigt habe. Wissen Sie,
im Vorfeld habe ich seit Wochen Informationen über Granada und
diese ganze Region eingeholt und zwar bei Leuten, die sich da
wirklich auskennen, nicht bei irgendwelchen Reiseverkäufern oder
eingebildeten Dauerreisenden, für die Reisen ein Statussymbol ist. Mit
deren Aussagen kann man nämlich nichts anfangen, weil deren
Bewertungskriterien für mich gewiss uninteressant sind. Die
Befragten  waren Leute, die schon an vielen Orten der Welt waren,
auch dort, und Reisen aus Informationsbedürfnis oder teils auch
beruflich unternehmen. Nicht wenige haben gesagt, dass sie sogar
geneigt wären, Granada zu ihrer Wahlheimat zu machen. Also wie
gesagt, über Granada wurde mir nur Hervorragendes berichtet und so
ist meine Vorfreude und Neugierde derzeit auf ein Höchstmaß
angewachsen und ich kann es kaum noch erwarten, dass die Reise los
geht. Hoffentlich kann man im Hotel die Akkumulatoren der
Digitalkamera aufladen, denn der Kauf teurer Filme für meine noch
vorhandene Normalkamera ist einfach nicht drin. Wäre da nur der
Filmpreis, aber Sie wissen ebenfalls, wie schweineteuer die
Entwicklung von Filmen heute ist. Für das Geld kann man ja schon
wieder etliche dieser Restplatz-Verwertungsbusreisen unternehmen.
So hätte das Busunternehmen demnächst auch eine nicht
uninteressante 3-Tages-Reise nach Berlin, wo noch 3 Plätze frei sind.
Für nur, man glaubt es kaum, 25 Euro pro Person. Allerdings ist dabei
keine Übernachtungsunterkunft enthalten, dafür müsste man in Berlin
selbst sorgen. Berlin fände ich einmal interessant, aber rechne ich
Zusatzkosten für die Übernachtung u.s.w. hinzu, dann spare ich lieber
das Geld und Granada ist mir da lieber. Beides zugleich ist derzeit
finanziell nicht drin, obwohl es terminlich gut gehen würde, da die
Berlinreise schon in 2 Tagen startet und wir bis zur Granadareise
schon längst wieder zurück wären. Nein, ich konzentriere mich jetzt
ganz auf die Granadareise und denke nicht weiter über andere
Reiseziele nach. Etwas Kopfzerbrechen bereitet mir noch die fehlende
Kommunikationsmöglichkeit in Granada, da ich kein Wort spanisch
spreche. Kayla sieht das Problem aber nicht, da sie neben thai und
deutsch auch relativ gut englisch, französisch und ein wenig
italienisch spricht. Nun ist das alles kein spanisch, aber sie glaubt,
dass man mit einer dieser Sprachen dort immer irgendwie
weiterkommt. Ich glaube ohne Kayla würde ich mich alleine aus
Furcht vor diesem Verständigungsmangel nicht dorthin trauen. Ich bin
da noch einer von der alten, in dem Fall weniger guten Schule, will
heißen, ich spreche eigentlich so gut wie keine Fremdsprache, weil zu
meiner Schulzeit darauf kein Wert gelegt wurde. Bleibe im Lande und
ernähre dich redlich, lautete die Devise, dann brauchst du auch keine
umständlichen Fremdsprachen zu lernen. Während meiner Zeit in
Liechtenstein habe ich, obwohl dort fast nur deutsch gesprochen
wurde, einige Brocken Rätoromanisch mitbekommen, aber wo kann
man das schon gebrauchen? Bestenfalls in einigen Ecken der Schweiz,
eingeschränkt in Liechtenstein und das war's dann. Und da ich aus der
Übung bin, würde es mir sicher schwer fallen, das heute noch
halbwegs richtig auszusprechen.

Ein Neger Owambo oder ähnlich heißend, will mich für dumm
verkaufen. Er schreibt mir eine lange Email mit der Aufforderung ihm
bitte zu helfen. Er wäre nach München umgezogen und in Nigeria
politisch verfolgt worden. Seine Schwester, die mit in München lebt,
sei mehrfach wild von umherstreunenden Truppen vergewaltigt und
verletzt worden und müsse in München deshalb kostenintensiv
operiert werden. Zudem könne er sein Guthaben von über 800.000
Euro aus Nigeria mit meiner Hilfe nach Deutschland transferieren.
Mittelsmänner aus Nigeria würden ihm das Geld überweisen, aber
wenn es auf seinen Namen hierher überwiesen würde, dann würde das
Geld von den nigerianischen Behörden beschlagnahmt, weil er als
politisch Verfolgter auf einer Fahndungsliste stünde. Würde hingegen
das Geld auf mein Konto überwiesen, so ginge das reibungslos. Nur
die Operation seiner geschändeten Schwester müsse jetzt schon
bezahlt werden. Diese Kosten lägen bei 15.000 Euro. Wenn ich nun
dieses Geld vorstrecken würde und ihm zur Transaktion seines Geldes
mein Konto zur Verfügung stellen würde, dann bekäme ich nach
Eintreffen der 800.000 Euro auf meinem Konto davon 150.000 Euro
ab, die ich dann für mich behalten könnte. Dann setzt er noch einen
drauf, in dem er anbietet, wenn ich wollte, dann könnte ich auch seine
Schwester noch ehelichen, da sie mir nach nigerianischem Brauch
zustehe, wenn ich ihr so helfe zu überleben. Außerdem wäre sie sehr
hübsch und dazu in jedem Fall bereit und mir dann eine sehr gute Frau
in jeder Hinsicht. Einmal ganz davon abgesehen, dass ich sexuell nicht
auf Frauen mit schwarzer Hautfarbe stehe, wie gesagt, rein sexuell
gesehen, menschlich habe ich überhaupt nichts gegen die, aber der
Typ muss doch wohl ein Rad abhaben, wenn er auf diese Weise
wirklich glaubt, Dumme zu finden, die auf diesen Humbug reinfallen.
Wenn der meine Kontonummer hätte, wäre mein Konto
wahrscheinlich schneller leer und überzogen, als ich hier das Licht
einschalten kann und der Owambo würde sich als nicht existent
herausstellen. Von wegen 800.000 Euro, das kann der jemandem
erzählen, der sich die Hose mit der Kneifzange anzieht.

Manche Motorradfahrer sind ja leider recht rüpelhaft. Weil sie mit
ihren schweren Maschinen unendlich schnell sind, fühlen sie sich in
jeder Hinsicht restlos überlegen, was vielen von ihnen wohl auch den
Geist vernebelt, da sie es dann jedem auch in anderer Hinsicht zeigen
wollen. So stand ich diese Tage seit langem mal wieder an der
Tankstelle und betankte meinen Suzuki, das heißt, ich wollte gerade
mit dem Tanken beginnen. Nun war das eine der heute schon selten
gewordenen kleineren Tankstellen, mit nur 3 Zapfsäulen. An 2
anderen Säulen wurde bereits von anderen Leuten getankt und ich
wollte also gerade den Zapfhahn aus der Verankerung nehmen. Da
kam so ein Motorradrüpel vorgefahren, stellte seine Maschine hinten
neben meinen Wagen, entriss mir den Zapfhahn und begann seine
Maschine zu betanken. Ohne zu fragen oder was, er grinste unter
seinem Helm nur dreckig, soweit man das bei hochgeklappten Visier
erkennen konnte. Nun bin ich nicht jemand, der mit solchen Typen
eine Schlägerei oder ähnliches riskiert, vielleicht wartet so einer ja
auch nur darauf. Andererseits bin ich auch nicht jemand, der sich so
was gefallen lässt. Während er so zapfte wurde die erste Säule frei und
ich zog dorthin vor und tankte nun dort. Der Zufall kam mir zur Hilfe.
Auf dem Boden lag ein vielleicht 30 cm langes Stück einer
abgebrochenen dicken Zierleiste, vermutlich aus der benachbarten
Waschanlage. Während ich noch zapfte war der schon fertig und ging
ins Kassenhäuschen zum Bezahlen. Ich tat so, als ob ich mir einen
Schnürsenkel zubinde und ergriff dabei das Stück Zierleiste und schob
es dem zwischen die Speichen des Hinterrades. Dann war mein
Tankvorgang beendet und ich ging bezahlen. Er hockte sich jetzt cool
auf seinen Bock und wollte mit quietschendem Hinterreifen abstarten.
Das machte er auch, aber da tat es einen Schlag und er stand wieder.
Die Folgen dieser lächerlichen Zierleiste waren weitaus schlimmer,
als ich erwartet hatte. Sie hatte wohl einige Speichen aus ihrer
Verankerung gerissen und dann auch noch die Kette vom
Hinterradritzel geworfen. An Fahren war für den vorerst nicht mehr zu
denken. Ich hatte eigentlich nur einen Schlag, also im Sinne eines
lauten Klackgeräusches erwartet, der ihn erschrecken sollte, aber
keine ernsthaften Zerstörungen. Das schöne war aber, dass von der
Zierleiste selbst gar nichts mehr dort lag, die war wohl bei dieser
Kraftentfaltung nach dem Anschlag an Speichen und Kette weit weg
katapultiert oder vielleicht auch zerlegt worden. Jedenfalls stand der
ach so coole Typ wie ein Ochs vorm Berge und konnte sich das alles
gar nicht erklären. Sehr vergnügt und mit einem garantiert viel
breiteren Lächeln, als er zuvor gezeigt hatte, fast schon eher einem
Lachen, fuhr ich dann nach dem Bezahlen von der Tankstelle weg.
Wissen Sie, man mag dazu stehen wie man will, aber so etwas lasse
ich mir einfach nicht gefallen. Mit einem Lappenkeuler macht man
das nicht ungestraft. Leider hat man nicht immer das Glück, gleich
etwas brauchbares zu finden, um wie in diesem Fall eine schöne
Gegenreaktion einzuleiten. Aber um mangelnde Einfälle bin ich in
solchen Situationen nicht verlegen, darin bin ich fix, ohne nun in
Selbstbeweihräucherung zu versinken. Ich hatte auch schon kurz den
Gedanken, ihm einfach mit einer Zange die Spritleitung abzuzwacken,
weil die mir direkt ins Auge sprang, da sie bei dieser Maschine
seitlich am Tank weit abstand und ich auch gerade noch eine Zange
auf dem Rücksitz liegen hatte oder vielleicht die Maschine
anzustoßen, dass sie zur Seite kippt. Aber das wäre alles viel zu grob
und augenscheinlich gewesen, hier die Sache, die mir der Zufall
schenkte, war tausendmal besser.

Neulich, ich glaube es war am 15. März, gab es eine große Rede des
Bundespräsidenten Köhler zum Arbeitsmarkt und allen den
Problemen im Umfeld sowie zu deren Lösungsansätzen. Nichts gegen
den Herrn Köhler, dem kaufe ich ab, dass er das durchaus ernst meint
und gewillt ist, seinen Teil zum Guten Gelingen beizutragen und zu
helfen, die Sache anzuschieben. Aber was erwarten die davon? Glaubt
da ernsthaft jemand, dass nun, nur aufgrund einer tiefgreifenden Rede,
der berühmte Ruck durch die Gesellschaft, durch Firmen und Politiker
geht und alles anders und vor allem viel besser wird, nur weil der da
einige Punkte anspricht, die vielleicht, aber auch nur vielleicht, zu
einer Verbesserung beitragen können? Wie beim großen
Indianerhäuptling: "Uff, ich habe gesprochen!", und alle Untertan
schwirren aus und wenden alles zum Besseren? Da weiß doch jeder,
das kann und wird so nicht funktionieren, so sehr es Herrn Köhler
auch am Herzen liegen mag und ich seine Bemühungen schätze. Die
angeblichen Programme von Rotgrün, die Bewegung in den
Arbeitsmarkt bringen sollen, sind ähnlich, als würde man erwarten,
dass ein baufälliges Haus dadurch wieder stabiler wird, indem man es
neu anstreicht. Die meisten Programme der Opposition sind, soweit
man das hört, auch nicht viel besser und leisten sich, um bei obigem
Vergleich mit dem Haus zu bleiben, nur noch zusätzlich, dass einige
Schadstellen zugegipst werden, wodurch dann ein Hauch von
Stabilität wieder hinzu kommt oder wenigstens der weitere Zerfall
geringfügig aufgehalten wird. Die Wirtschaftsbosse interessieren sich
heute doch überhaupt nicht mehr für die Belange des Landes, in dem
sie ihre Fabriken stehen haben. Die sehen nur, oft getrieben von ihren
geldsüchtigen und skrupellosen Anlageverwaltern und Aktionären, die
Entwicklung der Aktien, Gewinnoptimierung und dergleichen. Wie
das erreicht wird, spielt kaum mehr eine Rolle. Die würden sogar ihre
gesamte Produktion aufgeben, wenn sich so der Aktienkurs verbessern
ließe und damit mehr Geld machbar würde. Sozusagen als
Unternehmen ohne jeden praktischen Sinn, nur zur reinen
Gewinnoptimierung. Ich sehe den Kulturverfall und den Sittenverfall
vor allem bei den Unternehmen. Die nutzen die Schräglage
erbarmungslos aus und schrauben ihre Forderungen immer mehr zu
ihren Gunsten nach oben. Weniger Geld, weniger Freizeit, schlechtere
Arbeitsbedingungen, mehr Arbeit, mehr Gewinn. Wir sind inzwischen
doch schon bei einem Status angelangt, wie wir ihn schon 1970
hatten, also ein eindeutiger Rückschritt für normale Arbeitnehmer! Ich
sehe auch nicht, dass dadurch irgendwo wirklich neue Arbeitsplätze
geschaffen werden oder wenigstens alte erhalten bleiben. Das
Arbeitsplatzsterben geht trotz all dieser Zugeständnisse von der
Arbeitnehmerseite weiter und die Konjunktur hängt weiter durch. Sie
kann ja auch gar nicht hochkommen, denn die Masse der Menschen
sind Arbeitnehmer und wenn die gebeutelt durchhängen, dann kaufen
die nichts. Selbst die nicht, die es könnten, weil sie von zu vielen
Zukunftsängsten geplagt werden. Da bewirkt die heutige Politik
ständig nur das krasse Gegenteil. Würde man dafür sorgen, dass die
Arbeitnehmerschaft selbst wieder gut dastünde, dann würden die auch
wieder viel kaufen und die Wirtschaft aufblühen. Das verstehen die
sogenannten Unternehmer von heute aber nicht. Die verlangen zwar
ständig, dass sich die Arbeitnehmer in ihrem Denken der heutigen Zeit
anpassen, sie selbst verharren aber in einer Haltung, die vor 150
Jahren schon überholt war. Diese Zusammenhänge wurden doch
schon von einstigen Industriegrößen wie Krupp und Konsorten
erkannt und die haben seinerzeit, natürlich auf dem Level der
damaligen Zeit, auch etwas für die Arbeiter getan, zum Beispiel mit
dem Bau von umfangreichen Werkssiedlungen, Kultureinrichtungen
u.s.w. und dann ging es aufwärts und die Wirtschaft blühte. Ich bin
der festen Überzeugung, die Wege, die heute eingeschlagen werden,
sind vollkommen falsch. Man hat weniger Arbeit zu verteilen, will
aber die, die arbeiten wieder länger arbeiten lassen, angeblich um
damit den wirtschaftlichen Ertrag günstiger zu legen, wodurch dann
wieder neue Arbeitsplätze geschaffen würden. Es sind die falschen
Stellschrauben, an denen man hier dreht. Man müsste dafür sorgen,
dass alle, die noch arbeiten, weniger arbeiten, z.B. eine 25- oder 30-
Stunden-Woche einführen, dann zusätzliche Leute einstellen, die diese
Fehlstunden wieder ausgleichen, dann aber gleichzeitig alles so
gestalten, dass die Gesamtkosten für die Arbeit und damit auch für die
Arbeitgeber trotzdem sinken. Das würde zweifellos bedeuten, dass
alle Arbeitnehmer weniger verdienen würden, ein Punkt den wieder
die starren Gewerkschaften nicht mitmachen. Aber lieber 5 Millionen
Menschen in Arbeit, die weniger verdienen, als wenn die auf der
Straße und dem Staat auf der Tasche liegen, wo sie ja noch weniger
bekommen. Der Wenigverdiener kann sich wenigstens einige Sachen
kaufen, die anderen kaufen gar nichts. Das Mehr an Freizeit ist ja auch
schön und kann neue Jobs im Freizeitbereich schaffen und man muss
den Leuten nur vermitteln, dass sie bereit sein müssen, weniger zu
verdienen, aber dafür halt eine bessere Lebensqualität durch mehr
Freizeit zu bekommen. Zugleich wäre das gesünder und
kostensparender für das Gesundheitswesen, da der Stress bei den
Arbeitnehmern deutlich nachlassen würde. Alle stressbedingten
Krankheiten, wozu teils ja sogar Krebs unter gewissen
Voraussetzungen gerechnet wird, aber vor allem viele Herzinfarkte  zu
zählen, gingen zurück. Auf solche Gedanken in dieser Verknüpfung
ist aber noch keiner gekommen, egal bei welcher Partei. Die
Schlaumeier drehen immer nur mehr an der Winde um noch mehr aus
jedem einzelnen Arbeitnehmer herauszupressen. Aber auch eine
Zitrone kann ich nicht immer weiter pressen, irgendwann ist nichts
mehr drin, auch wenn ich noch soviel Druck mache. Ich bin ehrlich
gesagt heilfroh, dass ich in einer Situation bin, wo mich das alles nicht
sonderlich scheren muss, und dass ich heute nicht mehr im aktiven
Berufsleben stehe. Gewiss, ich habe öfters meine Erlebnisse mit den
Behörden, davon habe ich Ihnen ja auch schon mehrfach und gerne
berichtet, aber in meiner Lage weiß ich, dass die mir aufgrund der
geltenden Bestimmungen eigentlich nicht allzu viel anhaben können.
Klar kann man damit rechnen, dass man irgendwann noch weniger
bekommt, weil es ja nicht so aussieht, dass sich die Finanzlage in
absehbarer Zeit bessert, aber dann bekommen alle anderen, auch die,
die arbeiten müssen, ebenfalls weniger, das bekommt man doch
täglich vorgeführt.

Falls es mir nicht mehr gelingt, Ihnen vor Ostern noch einmal zu
schreiben, wünschen Kayla und ich Ihnen schon mal ein frohes
Osterfest. Sofort nach Ostern geht es dann für 9 Tage nach Granada
und in dieser Zeit kann ich Ihnen dadurch natürlich auch nicht
schreiben. Aber ich glaube, vor Ostern werde ich sicherlich nochmals
schreiben.

Ihr

Egbert Lappenkeuler