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Auf dieser Seite finden Sie die beiden Lappenkeuler - Beiträge “Lerberwurstbrötchen” und “Schräge Wirtschaftslage” aus dem Jahre 2005. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.
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PDF - Datei ”Leberwurstbrötchen” (53 KB) zum Download hier klicken
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Beitrag 1
Lappenkeuler - Brief / Email "Leberwurstbrötchen" vom 14.03.2005
Viele unpolitische Grüße.
Verzeihen Sie, und eigentlich geht es mich ja auch nichts an, ich weiß nicht, ob Sie Mitglied in einer Partei sind, aber meine Beobachtungen haben ergeben, dass Parteien querbeet betrachtet doch recht komische Gebilde sind. Alle bellen wie bestimmte Leithunde innerhalb der Partei bellen, egal wie verkehrt deren Gebell auch sein mag. Dann entwickelt sich ein Gegengebell, ganz zaghaft, aber keiner will gegengebellt haben, nach außen bellen alle noch wie anfangs, zuerst, plötzlich wird das Gegengebell lauter, bis dass ein anderer Leithund dieses Gebell als einzig wahres Gebell darstellt, dann will plötzlich keiner jemals anders gebellt haben und das Ganze beginnt von vorne. Dass so etwas bei gegnerischen Parteien entsteht, kann man ja noch verstehen, aber innerhalb jeder Partei selbst ist das genauso. Da haut dann jeder jeden in die Pfanne, sogar die Leute, die wirklich viel für die Partei und das Land geleistet haben, werden dann plötzlich fallen gelassen, wie die berühmte heiße Kartoffel, wenn es für die eigene politische Macht wichtig erscheint. Es gilt der altbewährte Spruch: Politik kennt keine Dankbarkeit.
Dauernd Berichte und Wehklagen über eine neue Armut und Kinderarmut in Deutschland, wo als Bewertungsgrenze für den Begriff Armut ein Jahreseinkommen unterhalb von 9.000 Euro im Jahr angegeben wurde. Was damit gemeint ist, ob die meinen, eine ganze Familie mit Kindern müsse zusammen mit 9.000 Euro im Jahr auskommen? Das wäre sicherlich wenig, da dies pro Monat dann nur 750 Euro wären. Wenn die den Wert jedoch pro Nase beziehen, dann ist es doch wohl kein Problem, damit auszukommen, so sehe ich das. Besonders ätzend finde ich die ständigen Darlegungen in Medienberichten über Kinderarmut, dass sich diese Kinder dann ausgegrenzt fühlen müssen, weil sie sich keine teuren Markenklamotten oder so was leisten können. Ach ja, die Ärmsten, will man jetzt noch staatlich dafür Sorge tragen, dass sich die armen Gören auch bloß alle in teure Designerklamotten hüllen können? Wie verrückt ist diese Gesellschaft eigentlich? Dass sie derartigen hirnverbrannten, belanglosen Mist unterstützt? Manche dieser Leute scheinen nicht nur einen Vogel, sondern gleich ein ganzes Nest unter ihrer Mütze zu haben. Das alles erfolgt immer mit dem Hinweis: .... und das in einem reichen Land wie Deutschland. Deutschland als Gesamtheit ist kein reiches Land mehr, das ist meine Meinung, und das spätestens seit der Wiedervereinigung schon nicht mehr. Wie kann ich ein Land mit diesem Schuldenstand überhaupt noch als reiches Land bezeichnen? Das ist doch Selbstbetrug und Realitätsverlust. Dann heißt es wieder, dass 10 % aller Deutschen über 50 % des gesamten deutschen Kapitals gehören würden. Bei solchen eierigen Andeutungen habe ich den Verdacht, dass man da etwas plant, um zwangsweise Vermögen umzuschichten, damit die sogenannten Reichen von ihrem Geld etwas abgezogen kriegen, um es auf andere umzuverteilen. Immer mehr setzen sich Ideen und Methoden der alten DDR hier durch, woran man sieht, wie tiefgreifend deren verseuchtes Kommunistendenken schon hier in unserer Gesellschaft seine gefährlichen Pilzsporen gestreut hat. In meiner Situation müsste ich andererseits dafür sein, weil ich bei solchen Maßnahmen aus heutiger Sicht wirtschaftlich nur gewinnen könnte. Trotzdem finde ich solche staatlichen Lenkungsversuche absolut töricht und damit erreicht man das krasse Gegenteil. Fast sämtliche Anleger werden dann Deutschland meiden wie eine Pestbeule und selbst die, die bislang hier noch investiert und angelegt haben, laufen auch noch weg.
Ich erzählte Ihnen sicher schon einmal, dass ich öfters in solchen Ramschläden sowie Verwertungssupermärkten stöbere. Man wird jedoch immer wieder aufs Neue ins Staunen versetzt, was man dort manchmal findet. So fand ich in einem schon etwas größeren Markt dieser Art, palettenweise Deosprays aus den siebziger Jahren. Das heißt, es war tatsächlich Spray, welches nunmehr schon rund 30 Jahre in seinen Dosen darauf wartet, benutzt zu werden. Ich weiß nicht, ob es dafür keine Haltbarkeitsregeln, wie für Lebensmittel gibt, jedoch konnte man schon sehen, dass viele Dosen undicht geworden waren. Entsprechende Gerüche umwaberten die ganze Ecke des Geschäfts. Nun wollten es die Geschäftsbetreiber aber wissen und das Zeug aus dem Laden raushauen. Auf einem handgemalten Schild wurde darauf hingewiesen, dass einige Dosen schon beschädigt sein könnten. Deswegen durfte man zum Preise von 20 Cent gleich 5 Dosen mitnehmen und für 50 Cent bekam man gleich 20 Dosen. Ich war mir uneins, habe dann aber doch 20 Cent investiert und mir 5 Dosen herausgesucht, die noch wie neu aussahen. Sie sind auch alle dicht und das Zeug riecht noch wie neu, außer bei einer Dose, deren Inhalt riecht rostig. Das mag blöde klingen, ist aber so. Ich weiß nicht, ob Sie den Geruch von stark rostendem Eisen kennen, genauso riecht das Spray der einen Dose. Vermutlich rostet sie von innen. Bei den 4 guten Dosen wundert man sich dann trotzdem etwas, welchen doch anderen Geschmack man damals wohl bezüglich der Duftnoten von Sprays hatte. Alles riecht sehr kräftig und fruchtig, während heute mehr leicht herbe Duftnoten überwiegen. So ganz verstehen kann ich nicht, warum sich ein Händler solche Massen von dem Zeug hinstellt, da bei den Preisen der Personalaufwand zum Aufstapeln im Laden vermutlich mehr kostet, als der Verkauf einbringt. Vielleicht täusche ich mich da auch, da in dem Laden vorwiegend Polinnen oder Ukrainerinnen als Beschäftigte arbeiten und die bekommen ja bekanntlich nur einen Bruchteil des hier üblichen Lohns.
Wo wir gerade bei Ukrainerinnen sind, na sage ich Ihnen man glaubt das kaum. Da hat doch ein Bordell eröffnet, welches tatsächlich damit wirbt, ausschließlich Ukrainerinnen zu beschäftigen. Einige davon laufen sogar draußen herum, ich sah das rein zufällig beim Vorbeigehen, drinnen war ich selbstverständlich nicht. Na kann ich Ihnen nur sagen, dass solch hübsche Frauen es überhaupt nötig haben, diesen Beruf zu ergreifen. Die sind wirklich unbeschreiblich hübsch und mir stockte fast der Atem, als ich sah, dass man so was für vielleicht 100 Euro eine Stunde lang haben kann. Sie wissen, ich bin in dieser Beziehung gut versorgt und werde keinen Cent dafür ausgeben, aber was man sieht, das sieht man und man macht sich so seine Gedanken. Hätte ich Kayla nicht, dann wäre es sicherlich eine Überlegung wert, dort sehr gelegentlich mal vorbei zu schauen, mehr wäre bei meiner Finanzlage ohnehin nicht drin. Aber so gelüstet es mich dank Kayla gar nicht danach, obwohl diese Zuckermäuse durchaus einige lüsterne Stunden und auch ihr Geld wert wären.
Etwas blamiert hat sich hier eine Firma für Sicherheitstechnik. Das ist ein Laden, dort gibt es Alarmanlagen, Sicherheitsbeschläge für Türen und Fenster, Überwachungsanlagen, Sirenen, Blinklichter und all solches Zeug. Nun der Grund der Blamage, in der Nacht zum letzten Mittwoch wurde dort eingebrochen und Alarmanlagen im Gesamtwert von über 50.000 Euro gestohlen. Es hat keinen Alarm gegeben und aufgefallen ist die Sache erst, als morgens der Inhaber kam und den Laden aufschließen wollte. Na solche Alarmanlagen hätte ich als Dieb dann schon nicht gestohlen.
Müll ist eines der Themen unserer Zeit. Da habe ich letzte Woche eine Unverfrorenheit erlebt. Die Stadt setzt Müllkontrolleure ein, das alleine mag nichts besonders sein, aber deren neue geistreiche Idee ist die, dass sogar zum Abfuhrtermin bereitgestellte Mülltonnen vor der Abholung durchwühlt werden, ob nicht eventuell falsch einsortierte Dinge drin sind. Es wurden jetzt die Tonnen für den grünen Punkt kontrolliert. Da haben diese Querschädel mir doch diese Tonne stehen lassen und ein Schild dran geheftet, dass ich auch Verpackungsmüll eingeworfen hätte, der keinen grünen Punkt besitzt. Nun kommt die Frage auf, was macht man mit Kunststoffverpackungen, die keinen grünen Punkt haben? Ein normaler Mensch würde vielleicht sagen, der gehört dann in die Restmülltonne. Denkste, der hat die Rechnung ohne die Logik der Müllverordnung gemacht, denn an der Restmülltonne prangt groß die Aufschrift "Keine Kunststoffabfälle". In die Biomülltonne gehört der Kunststoff ohne grünen Punkt fraglos auch nicht und andere Tonnen, als diese drei, gibt es nicht. Das Geld für derartige Kontrollaktionen scheint überdies reichlich vorhanden zu sein. Was erwarten diese Müllpolizisten denn nun? Glauben die vielleicht, ich würde die ganze Tonne deswegen vielleicht hier in der Wohnung, im Keller oder im Hausflur ausschütten und neu sortieren? Selbst danach stünde ich immer noch wie der Ochs vorm Berg, dann wären die Teile mit grünem Punkt zwar wieder unter sich, aber mit den Kunststoffverpackungen ohne grünen Punkt wüsste ich dann immer noch nicht wohin damit. Die sind doch geisteskrank und daran sieht man, wie krank Deutschland ist, als gäbe es in diesem Land keine anderen Probleme, als solch einen Mumpitz. Um einen solchen Käse wird ein riesiges Verwaltungskonstrukt gebastelt und ich befürchte, bald wird dazu eigens noch eine Müllbehörde mit eigenem Amtsgebäude und mehreren hundert Beamten errichtet. So etwas macht man mit mir nicht! Ich habe die Grünepunkt-Tonne mit einem Schnürband zugebunden und versucht, sie beim Suzuki in den Kofferraum zu kriegen, was aber nicht ging, weil der Suzuki dafür zu klein ist. Da ich aber einige Tage später meinem Bekannten mit der Kleintransportfirma wieder helfen wollte, habe ich dessen Ford- Transit schon am Tag zuvor abgeholt und die Tonne dort rein gepackt. Dann bin ich mit dem Zeug an den Stadtrand gefahren. Dort habe ich um 2 Uhr in der Früh genüsslich den ganzen Inhalt in den Straßengraben gekippt. Jetzt können die Müllidioten ihren Dreck selbst einsammeln und passend sortieren, dann ist auch nichts falsches darunter! Wenn die glauben, ich ließe mich von denen so gängeln, dann sind sie bei mir an der richtigen Adresse und werden künftig noch viel aus den Straßengräben aufsammeln können. So kommt das und ich lasse mich nicht von blödsinnigen grünen Müllspinnern zum Kasperle oder zum Handlanger ihres Wahns machen. Viele andere Bürger denken genauso und deshalb wachsen die Müllberge in den Straßengräben und auf Parkplätzen derart drastisch an. Wissen Sie, wenn man eindeutige Möglichkeiten schafft, wäre es ja etwas anderes und ich käme nie auf die Idee, so etwas zu tun. Ich hatte zuvor solches auch so gut wie noch nie gemacht. Aber wenn man mir schon so kommt und nun private Tonnen akribisch durchforstet, bevor sie entleert werden und das dann noch bei den unverschämten Müllgebühren, da steige ich aus. Diese Müllgebühren könnten dann um 30 % billiger sein, wenn man sich diese Kontrollbimbos einsparen würde, die ja auch viel Geld kosten und die sich nur wichtig vorkommen. Ich habe reagiert. Für alle Abfälle die für mich nicht eindeutig zuzuordnen sind, also vorwiegend Kunststoffverpackungen ohne grünen Punkt, habe ich nun im Keller einen Müllsack aufgestellt. Den bekomme ich so eben noch in den Kofferraum des Suzuki und jedes Mal wenn der voll ist, wird der auf die gleiche unkomplizierte Weise im Straßengraben entsorgt, basta! Solange, bis diese Müllschwachköpfe sich eine vernünftige Lösung ohne Müllpolizei einfallen lassen. Das haben die nun davon! Ich bin aber nicht der Einzige, der so frustriert von den neuen Müllver-un-ordnungen ist. Mein Autobekannter, Sie entsinnen sich, der mir den Suzuki wartet, bei dem fallen ja öfters etliche Liter Altöl an. Das ist eigentlich kein Problem, beim Kauf neuer Öle kann man die gleiche Menge Altöl im Kanister dort zur Entsorgung abgeben. In der Praxis funktionierts nicht immer, weil man vielleicht das Altöl mal vergessen hat, mit zum Laden zu nehmen und später nehmen die das nicht mehr an, weil man dann aktuell kein neues Öl kauft. So hatten sich bei diesem Bekannten insgesamt 45 Liter Altöl angesammelt. Umweltbewusst wie er ist, hat er noch extra bei der Stadtverwaltung angerufen und gefragt, wo er dieses bei der Stadt entsorgen könne. Sogleich zeigte man sich alleine über die Frage schon sehr pikiert und beschimpfte ihn auch noch, welch eine Frechheit, Altöl über die Stadt entsorgen zu wollen. Dann hieß es, er solle es zur Tankstelle bringen. Hat er auch gemacht, die erste Tankstelle wollte es gar nicht annehmen, die zweite nur, wenn er dort in gleicher Menge neues Öl kaufe (das alte Lied), was er nicht wollte und die dritte hätte es angenommen, wenn er pro Liter sage und schreibe 4 Euro Entsorgungsgebühr bezahlt hätte. Rechnen Sie mal, 4 Euro mal 45, wohlgemerkt, nur um altes Öl loszuwerden. Da wäre es billiger in dieser Menge billiges Neuöl zu kaufen und dann das alte kostenlos mit abzugeben. Ich will das jetzt nicht weiter ausmalen, aber Sie können sich vorstellen, wo das Öl einige Tage später gelandet ist. Keine Angst, er hat das nicht in die Landschaft geschüttet, aber die Kanister an einigen Stellen im Umkreis von 30 Kilometern abgestellt. Dort wird es die Stadt ohnehin irgendwann finden und selbst entsorgen müssen. Sehen Sie, auf solch fast schon boshafte Gedanken wäre unsereins doch früher nie gekommen, aber dank der blöden grünen Verordnungen wird man ja regelrecht gezwungen, zum Umweltsünder zu werden. Am Schluss bleibt, dass genau das Gegenteil von dem erreicht wird, was man mit solch grünen Verordnungen eigentlich erreichen wollte.
Vielleicht entsinnen Sie sich noch, dass man uns behördlicherseits angeboten hatte, unsere kleinen Einzelwohnungen aufzugeben und anstatt dessen gemeinsam in eine größere Wohnung zu ziehen. Wir haben das nochmals gründlich überlegt und dann doch abgelehnt. So schön es auf der einen Seite wäre, so bringt es uns doch zu viele Abhängigkeiten und mögliche Nachteile, die man jetzt noch gar nicht richtig absehen kann. Mit den bisherigen Wohnungen sind wir ja sehr zufrieden, was heute sicher bei Sohi-Wohnungen eher eine Ausnahme ist. Sicherlich, mehr Platz wäre nicht schlecht, aber viel Platz hat nicht nur Vorteile. Anstatt dessen habe ich jetzt, nach Absprache mit dem Hauseigentümer, damit begonnen, meine kleine Wohnung ein wenig umzubauen. Wissen Sie, das sind ja im Prinzip nur knapp 1,5 Räume plus WC-Bad und Diele. Was mich nach reiflicher Überlegung gestört hat war, dass die Diele eigentlich ein ungenutzter Raum ist. Man kommt vom Flur da rein, sie ist zwar auch nicht übergroß, aber außer einer einfachen Garderobe und einem Spiegel ist dort nichts. Diese Sachen bekäme man auch untergebracht, wenn sie nur ein Drittel ihrer Größe hätte und den Rest zu einem kleinen, dann aber fensterlosen Raum umbaut. Soweit meine Überlegung. Das habe ich mit einem einfachen Umbauplan dem Hauseigentümer vorgelegt. Der hat gesagt, ich könne das machen, wenn ich es auf eigene Kosten mache und wenn ich es, im Falle eines späteren Auszuges, wieder auf eigene Kosten rückstandsfrei abbaue. Diese Zusagen musste ich dann schriftlich geben. Gesagt, getan. So habe ich inzwischen damit begonnen, eine einfache Winkel-Trennwand in die Diele einzuziehen. Dazu habe ich mir in zwei verschiedenen Baumärkten 6 cm breite Balkenreste für einen kleinen Preis gekauft und diese an Boden und Decke angedübelt. Auf diese Balkenreste schraube ich derzeit von beiden Seiten Gipskartonplatten, die ich als leicht beschädigte Ware von einem Baustoffhandel in der Zamenhofstraße für nur 15 Euro erstehen konnte. Die Beschädigungen sind leichter Natur und lassen sich mit etwas Gipsmasse zuspachteln. So entsteht derzeit der neue Raum. Es ist etwas staubig in meiner Wohnung, obwohl ich die Baustelle mit Planen abgehängt habe. Zum Wohnen halten wir uns deshalb nun vorwiegend in Kaylas Wohnung auf. Etwas unschlüssige Probleme habe ich noch mit dem Einbau einer passenden Tür in diesen Raum, da ich so etwas ja noch nie zuvor gemacht habe. Die Tür selbst konnte ich als Gebrauchtteil beim Abriss eines Bürogebäudes in Zuffenhausen kostenlos organisieren. Es ist eine sehr schöne, einstmals bestimmt wertvolle Zedernholztür, die vermutlich schon über 30 Jahre alt ist, aber sehr gut erhalten. Ich hatte sie dann einschließlich Zarge mit dem Ford-Transit von meinem Kleintransport-Bekannten nach Hause gefahren. Wenn dieser fensterlose Raum mal fertig ist, dann möchte ich darin den Kühl- Gefrierschrank, die Vorratsschränke und ähnliche Zweckmöbel aufstellen, die können dann aus der Wohnküche weg, wodurch dort dann mehr Freiraum und Bewegungsfreiheit entsteht. Was hat man ansonsten von einer 10 m² großen Diele? Nichts! So bleibt am Schluss eine vielleicht 3 m² große Diele, wo gerade 2 Personen noch gut nebeneinander stehen können und wo noch immer Platz genug ist, einen Kleiderhaken und einen Spiegel aufzuhängen. Ich benötige ja keine Diele, in der Platz für einen Menschenansturm ist, da ich eigentlich so gut wie nie Besuch bekomme und wenn, dann hält sich dieser mit allerhöchstens 2 Personen in Grenzen, aber selbst das ist extrem selten. Auf den so gewonnenen 7 m² kann ich aber die oben genannten Möbel, wie Kühlschrank u.s.w. gut aufstellen. Die Auskleidung wird billig und einfach gemacht, innen im neuen Raum, wie auch außen an den neu entstandenen Wänden einfache Raufaser- Tapete und mal weiß überstreichen, fertig. Die Raufaser-Tapete hatte ich schon seit Jahren im Keller liegen, ich weiß schon gar nicht mehr, wo ich die überhaupt her hatte. Die weiße Farbe und Kleister habe ich von meinen Hausmeister-Hilfsarbeiten hier abzweigen können, also auf Rechnung des Hausbesitzers, damit hatte ich letztes Jahr im Keller einen Raum ausgebessert. Ich hoffe, dass ich Ende nächster Woche mit diesen Arbeiten fertig bin und dann wieder in einer gemütlichen Bude sitze. Außer der Arbeit kostet mich das am Schluss nicht viel, bringt aber räumlich eine deutliche Verbesserung. Wenn man solche Arbeit nicht gewohnt ist, dann macht man anfangs natürlich viele Fehler, aber es ist ja, außer mir selbst keiner da, der mich antreibt, deshalb kann ich mir genügend Zeit lassen, diese Fehler wieder auszubügeln, soweit sie mich überhaupt stören. Sie werden lachen, aber ich habe mir für diese Gesamtgeschichte einen maximalen Kostenrahmen von allerhöchstens 50 Euro gesetzt. Da würde einem normalerweise jeder einen Vogel zeigen und sagen, das wäre unmöglich, aber es geht, das weiß ich jetzt schon. Natürlich nur, weil ich, wie oben beschrieben, solche billigen oder teils kostenlosen Dinge dafür verwende.
Das mit dem Umbau geht dann gleich mit einer weitgehenden Umgestaltung meiner Wohnung einher, wofür Gründe des Zufalls verantwortlich sind. Es gibt hier vierteljährlich Sperrgut- Müllentsorgungstermine, bei denen man große Sachen wie Möbel und dergleichen zur Entsorgung an den Straßenrand stellen kann. Seit einiger Zeit hat man das sogar so eingerichtet, dass kurz vor dem Eintreffen des Müllwagens noch ein städtischer Bediensteter an der Straße vorbeischaut, ob z.B. Möbel darunter sind, die noch etwas taugen, um sie in ein städtisches Lager zu verfrachten, wo sie dann als kostenlose Möbel für sozial Bedürftige ausgegeben werden, wenn die defekte oder gar fehlende Möbel melden. Ich habe mich dessen noch nie bedient und auch noch nie bei diesen Abfuhrterminen nach Möbeln Ausschau gehalten. In einer sehr kleinen Wohnung, wie der meinen, ist der Bedarf an neuen Möbeln fast gleich Null, somit ist das alles kein wirkliches Thema für mich. Trotzdem sah ich per Zufall vor einem Haus in der Wielandstraße einen ganzen Satz sehr teurer, stabiler Echtholzmöbel zur Sperrgutabfuhr stehen. Ich habe mir die Sachen mal genauer angesehen, sie waren wie neu und das waren noch richtige Möbel, kein Pressspanzeug oder dergleichen. Es gab auch keine sichtbaren Beschädigungen, vielleicht einen Hauch von Kratzer hier und da. Der ganze Satz wäre viel zu groß für meine kleine Wohnung gewesen, aber es war schon etliches dabei, was man brauchen konnte. So habe ich kurz meinen Bekannten angerufen und mir seinen Ford-Transit geliehen, und alles abtransportiert, was ich brauchen konnte. Dann die Sachen bei mir im Keller und im Hausmeister-Keller zwischengelagert, meine bisherigen Möbel zerlegt und raus damit. Die neuen "alten" Möbel baue ich nach den Bauarbeiten mit der Dielenabtrennung auf. Reinige und desinfiziere sie etwas und ich sage Ihnen, wenn ich dann Besuch kriege, glauben die doch tatsächlich ich würde nun im Überfluss leben. Bei einem Sozialamtsbesuch wäre das sicherlich kein gutes Bild, aber ich kann's ja erklären. Alleine Wohnzimmerschränke standen zwei dort, ein großer und ein etwas kleinerer. Ich habe nur den kleineren mitgenommen, weil der große gar nicht in meine Wohnung gepasst hätte. Alleine dieser kleinere Wohnzimmerschrank, alles Echtholz, nichts mit billigem Furnier, echt poliert und was weiß ich nicht alles, stabil und schwer wie ein Tresor, mit Bleiverglasung und Licht drin, einfach toll und alleine dieses Teil hat, als es mal neu war, garantiert über 20.000 DM gekostet. Als es mir wirtschaftlich noch sehr gut ging und ich noch mit meiner damaligen, ersten Frau verheiratet war, hatten wir uns vergleichbare Schränke mal in einem Spezialmöbelhaus angesehen, daher kenne ich die früheren DM - Preise für so etwas noch. Nicht dass ich damit jetzt alte Zeiten in Gedenken an meine frühere Frau wiederbeleben möchte, ich bin froh dass ich mit der blöden Ziege nichts mehr zu tun habe und da ist Kayla aus einem ganz anderen Holz geschnitzt und mir millionenfach lieber, aber das ist ein anderes Thema. Unabhängig davon können einem Möbel, die man damals gut fand, auch heute noch gefallen, das eine beisst sich nicht mit dem anderen. Ich weiß natürlich nicht, wie alt der Schrank ist, aber ich schätze kaum älter als 5 Jahre, wenn man vom Zustand und Design ausgeht. Wie man solches nur wegwerfen kann, ist mir rätselhaft. Neben diesem Schrank habe ich mir noch 3 schöne dazu passende Stühle sowie einen kleinen Tisch mitgenommen. Es wären noch 4 weitere Stühle gleicher Art und ein großer Tisch gleicher Art da gewesen, aber Sie kennen meine Raumverhältnisse aus meinen Erzählungen und hätte ich diese Sachen noch mitgenommen, dann käme ich nicht mehr in meine eigene Wohnung hinein und hätte die Fensterflächen auch noch mit Möbeln zustellen müssen. Meine Wohnung verfügt über ein großes Fenster in Richtung Osten und da es eine Eckwohnung ist, über ein kleineres Fenster in Richtung Norden und darauf bin ich stolz. Das mag komisch klingen, aber gerade im sozialen Wohnungsbau hat man meist mickrige Fenster, die wenig Tageslicht reinlassen und dann aber noch undicht sind, damit wenigstens die Kälte reinkommt. Hier nicht. Die Fenster sind sehr großzügig, schließen absolut dicht und haben sogar eine dreifache Isolierverglasung. Da ich ja etwas höher wohne, habe ich eine schöne Sicht, die würde ich mir doch niemals mit Möbeln selbst versperren.
Die Sache mit der Bahn und dem Nahverkehr lässt uns nicht ruhen. Da herrschte doch nun ein Tohuwabohu wo es die langanhaltende Kältephase gab. Mir fiel ein Bericht in die Hände, aus einer Zeitschrift, wo die drastische Zunahme von Mängeln bei der Bahn durch die Wetterbedingungen in einem unzumutbaren Maß beklagt wird. Häufig wären Türen an Zügen defekt gewesen, aber insbesondere habe es zahlreiche Totalausfälle von Zügen gegeben sowie extrem viele Ausfälle von Heizungen in den Zügen. Die Anzahl der Mängel wäre nur dort geschrumpft, wo man alte Züge von früher wieder reaktiviert habe. Da habe ich mir gleich gedacht, das passt zu meinen erst kürzlich angebrachten Worten über meine schlechte Meinung über den Nahverkehr. Es kommt aber keiner auf die Idee, wegen der unerträglichen Mängel die Fahrpreise zu senken. Schlechter oder gar kein Service, viele Mängel und sogar Ausfälle, aber gleiches Geld wie für eine gute Leistung? Das darf es doch nicht geben. Gerade in solchen Schlechtwetterzeiten müssten sich viele Leute auf die Bahn verlassen können, denn es heißt doch immer, dass die Bahn keine Wetter kennt und das ideale Verkehrsmittel bei prekären Wettersituationen sei, weil nicht gefährdungsanfällig. Na soll man über solche Aussagen noch lachen? Ich denke, da bleibt jedem das Lachen im Halse stecken. Die Wahrscheinlichkeit bei kräftigem Winterwetter mit meinem Suzuki pünktlich, sicher und behaglich ans Ziel zu gelangen scheint mir um ein vielfaches höher zu liegen, als mit der Bahn oder dem Bus. Der Suzuki hat bei jedem Wetter brav seinen Dienst verrichtet, schnell ist es innen angenehm warm und dass man bei glatten Straßen eben langsamer fahren muss, als sonst, das dürfte inzwischen bei jedem angekommen sein. Gewiss gibt es Autos mit besseren Wintereigenschaften, so hatte ich vor vielleicht 10 Jahren mal einen VW-Golf, der war im Winter deutlich angenehmer und spurtreuer zu fahren, als der Suzuki, aber nach einer kurzen Eingewöhnung hat man den Bogen schnell raus und weiß, wie man reagieren muss. Den VW-Golf mit dem Suzuki-Alto zu vergleichen geht aber ohnehin nicht. Der Golf war ein grundsolides Auto, da ist am Alto schon etliches mehr in Leichtbauweise gelöst, aber auf beide ist Verlass und was der Golf mehr bietet, das kostet ja ein Vielfaches mehr. Hauptsache man bleibt mobil. Besehen Sie sich nur mal die Preise für einen VW-Golf, dafür hätte man früher einen Luxuswagen bekommen und der ist inzwischen preislich in Bereiche entrückt, die ich wohl in meinem Leben nie wieder erreichen werde. Selbst einen gebrauchten Golf, der 10 Jahre alt ist, den könnte ich mir nicht leisten, aber so mit der Susi ist es überhaupt kein Problem. Wichtig ist, mit dem Suzuki komme ich sicherer, angenehmer und sogar billiger ans Ziel, als mit öffentlichen Verkehrsmitteln und das zu jeder Zeit, wann ich will.
Oh, an einem meiner schelmischen Tage hatte ich ungewollt 2 noblen Damen gewaltig den Appetit verdorben. Wenn irgendwo in Stuttgart und Umland kostenlose Büffets und dergleichen gereicht werden, sei es zu Eröffnungen, öffentlichen Feierlichkeiten, Einweihungen oder besonderen Anlässen, dann ist ein Lappenkeuler meist nicht weit. Das bezieht sich aber nur auf Veranstaltungen, wo es solche Büffets oder ähnliches gibt. Freibier-Besäufnisse interessieren mich nicht, weil dort meist eine primitive Atmosphäre herrscht, die mir zuwider ist. Ich habe mir daraus schon seit langem einen kleinen Sport gemacht, dort die kostenlosen Genüsse in Anspruch zu nehmen, dazu sind sie schließlich da. Pro Jahr kommen auf diese Weise vielleicht 5 solcher Veranstaltungen auf, an denen wir es uns kostenlos munden lassen. Ich finde nichts dabei, mehr als rausgeworfen werden kann man nicht. In der Zeitung hatte gestanden, dass am letzten Samstag im Stadtteil Feuerbach eine neue Tanzschule mit einem Büffet ihre Eröffnung feiert. Ich bin kein Tänzer und Tanzen interessiert mich nicht die Bohne, aber das Büffet schon. Es war ein eher simpler Imbiss, aber die sind mir oft lieber, als ausgeklügelte Finessen. So griff ich zu einem frischen Leberwurstbrötchen und ohne darüber nachzudenken sagte ich zu Kayla, weil es bei Leberwurst eine blöde Angewohnheit von mir ist: Ah, ein Brötchen mit feiner Leprawurst. Neben uns standen zwei nobel aufgemachte Damen, beide vielleicht um die 40 Jahre alt. Ich hatte die Bezeichnung Leprawurst noch nicht ganz ausgesprochen, da ließen beide wie auf Kommando einen langgezogenen Schrei ab. Die eine spuckte zugleich ihre angebissene Lachsschnitte wieder aus und verzog die Mine, als wolle sie sich jeden Moment übergeben. Die andere titulierte mich als ungehobeltes Ferkel ohne Manieren. Der Gastgeber, ein eigenartiger Kerl, vielleicht 65 Jahre alt, aber geschminkt bis zur Steifigkeit, so etwas habe ich noch nie gesehen, ha, ein geschminkter Mann, also dieser klebrige Herr fragte dann die Damen, was denn vorgefallen wäre. Diese erläuterten ihm in hoffnungsloser Übertreibung die Sache und bezichtigten mich zusätzlich noch der Verunglimpfung von schwerstkranken Leprakranken, was niemals meines Absicht war. Wissen Sie, man sagt so etwas ohne nachzudenken automatisch daher, wie eine alte Gewohnheit, weil es ähnlich klingt, Leberwurst, Leprawurst, was soll das denn, so etwas so künstlich aufzubauschen? Jedenfalls dieser Inhaber und Gastgeber fand das gar nicht lustig, oder tat zumindest so und schloss sich mehr der Meinung der Damen an. Dann fragte er, wer ich denn sei und in wie weit mein Verhältnis zum Tanz stünde und welche Tänze mir besonders am Herzen lägen. Ich sortierte noch seine Worte, da ich von Tänzen absolut Null Ahnung habe, da schaltete Kayla sich in die Debatte ein und sagte zu ihm, dass sie meine Tanzpartnerin sei und wir erheblich an der Neukreation des Tanzes Zazie beteiligt gewesen wären, beziehungsweise dieser Tanz sei von uns kreiert. Der Geschminkte zog die Augenbrauen hoch und erwiderte, Zazie, Zazie? Kayla meinte dann nur noch, dass er als Profi und Juryausschussmitglied im Deutschen Tanzlehrerverband doch gewiss die neuesten francoasiatischen Tanzkreationen kennen würde. Der wurde daraufhin etwas bedächtig und man sah, wie seine grauen Zellen sich anstrengten und erfolglos bemühten, diesen Zazie-Tanz aus einer Schublade hervorzuholen. Die pikierten Damen kicherten unterdessen wieder und hatten wohl schon die Leprawurst vergessen. Dann ruderte der Gastgeber zurück zu mir und überschüttete mich mit etlichen Fragen, deren Sinn ich nicht verstand. Kayla rettete erneut die Situation, indem sie mich am Arm zog und dem Gastgeber vorschlug, dass wir beide uns schnell umziehen werden und ihm dann eine Kostprobe von unserem Zazie-Tanz zum Besten geben würden. Das erfreute den sehr und gespannt harrte er dann wohl auf unsere verkleidete Rückkehr, möglicherweise wartet er noch heute. Wir sind dann raus und ich hatte meinen Suzuki oben an der Böhmerwaldstraße stehen, dort sind wir schnell eingestiegen und nach Hause gefahren. Zu Hause habe ich Kayla dann gefragt, wie sie überhaupt auf diese ganzen Geschichten mit dem Zazie-Tanz gekommen sei und was das für ein Tanz sei. Sie sagte, dass sie das selbst nicht wisse und diesen Tanz dort frei erfunden habe. Der Name Zazie-Tanz sei ihr zufällig gekommen, weil dort ein Schild von einem Tanzwettbewerb in einem Saal in Zazenhausen hing, das ist ein kleiner Stadtteil zwischen Stammheim und Kornwestheim, und durch diesen Namen sei ihr der in Frankreich aber auch abgewandelt etwas in ihrer Heimat verbreitete Frauenname Zazie eingefallen, woraus sie dann diesen Tanz erfand. Dass dieser Gastgeber Jurymitglied in einem Bewertungsausschuss für Tanzwettbewerbe ist, hatte sie ebenfalls auf einem im Flur ausgehangenen Plakat gelesen. Naja, durch diesen verfrühten Abgang kam ich nur in den Genuss eines Käse- und eines vorzüglichen Leberwurstbrötchens, sowie eines Glases Mineralwasser und eines Negerkusses oder auch Mohrenkopf genannt. Aber ich glaube bei beiden letzten Begriffen hätten die feinen Damen wieder einen Schrei des Entsetzens ausgestoßen und die rassenfreie Bezeichnung Schokokuss eingefordert.
Jetzt muss ich leider für heute enden, da ich noch Unterlagen für einen Termin bei der sogenannten Arbeitsagentur heraussuchen muss, der morgen früh ist. Zum einem Nebenbüro von denen soll ich. Ich weiß nicht, was die von mir wollen, denn eigentlich müsste ich bei denen aus den Akten gebannt sein, wegen meiner komplizierten Krankheitsgeschichte und dem ganzen Wirbel nach den irrtümlichen Beschäftigungen in Stadtdiensten im letzten Jahr, dürfte in dieser Hinsicht alles geklärt sein. Warten wir's ab. Ich werde mich von denen aber nicht ins Bockshorn jagen lassen. Die wissen oft selbst nicht, was sie tun. Ich denke, ich werde Ihnen über diese Sache demnächst berichten.
In diesem Sinne, frischfrohe Grüße aus Stuttgart
Ihr
Egbert Lappenkeuler
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Beitrag 2
Lappenkeuler - Brief / Email "Schräge Wirtschaftslage" vom 17.03.2005
Viele gezogene Grüße.
Eine neue Einkommensquelle habe ich erschlossen. Eigentlich ist es keine wirkliche Einkommensquelle, nur eine kleine Anerkennung. Zu verdanken ist es, wie so vieles im Leben, nur dem Zufall. Ein Forschungsinstitut möchte im Auftrag der sogenannten Landesmedienanstalt bewerten, welche Fernsehprogramme von der Bevölkerung am meisten geguckt werden und dies anhand von repräsentativ ausgewerteten Fragebögen tun, die das Fernsehverhalten über einen Zeitraum von einem Vierteljahr erfassen. Es heißt, dass es dazu zwar schon andere, technische Systeme geben würde, diese werden aber von den öffentlich rechtlichen Sendern betreut und bei einem festen Personenkreis installiert. Hier das sei völlig unabhängig, beziehe sich auf einen anderen Personenkreis und man erhält einen Satz von Ankreuz-Fragebögen, die man im Laufe dieses Vierteljahres ausfüllen muss. Diese Fragebögen sind nichts anderes, als ein Blatt für jeden Tag innerhalb des Vierteljahres. Vorne sind alle Fernsehsender aufgedruckt, die es so gibt, einmal abgesehen von vielleicht exotischen Programmen, die man nur mit teurer Spezialtechnik empfangen könnte. Genauer gesagt, es sind dort exakt 67 Fernsehprogramme aufgelistet, von denen hier im Haus aber nur um die 20 empfangbar sind. Um dadurch entstehende Fehlbewertungen zu vermeiden, wurden bei der Übergabe der Fragebögen gleich alle Sender mit einem roten Kuli markiert, die man hier gar nicht empfangen kann. Auf jeder Tagesseite sind dann, wie gesagt, alle Fernsehsender aufgelistet. Dahinter folgen mehrere Kästchen unter vorgegebenen Spalten zum ankreuzen, das heißt, eigentlich ist es nicht zum Ankreuzen, sondern man soll, falls zutreffend, mit einem Kuli einfach einen Strich in ein blaues Kästchen machen, welches auch nur Platz für einen Strich, nicht für ein richtiges Kreuzchen lässt. Das sei so, weil es später ein Computer so sicherer automatisch auswerten könne, damit die da nicht noch viel teures Personal über die Auswertebögen setzen müssen. Zum Ankreuzen bzw. sozusagen zum Anstreichen, gibt es die Spalten: an diesem Tag gesehen / an diesem Tag mehrmals gesehen / kurz gesehen / Sendung komplett verfolgt / zu anderem Programm gewechselt / bei Werbung Programm gewechselt / bei Werbung abgeschaltet und abgebrochen, dann folgt ein Feld, wo man die Uhrzeiten eintragen soll, von wann bis wann man den betreffenden Sender gesehen hat und dahinter, wie viele Minuten insgesamt man diesen jeweiligen Sender an dem Tag betrachtet hat. Am Ende jeder Seite folgt dann ein Summenfeld, wo man die Gesamtzeit zusammenrechnen soll, die man am Tag vor dem Fernseher gehockt hat. Auf der Rückseite ist dann noch Raum für persönliche Eintragungen, dort soll man besonders Positives oder Negatives zu dem jeweiligen Tagesprogramm der einzelnen Sender stichwortartig hinschreiben. Im Wesentlichen ist das fast schon alles. Am Schluss dieses Blockes von Seiten folgt dann eine etwas kuriose Bewertungsliste, wo man frank und frei vorschlagen soll, welche Programme man nach eigener Meinung auch abschalten könne, weil man die generell nie schaut. Des weiteren kann man dort aber auch Wünsche eintragen, wofür es weitere Programme geben sollte. In die Abschaffungsliste habe ich gleich RTL 2, Super-RTL und Hot 2 eingetragen, diese Volksverblödungsprogramme. Auch den komischen Kinderkanal habe ich dort eingetragen, weil der mich grenzenlos nervt, denn die Idioten haben das so gelegt, dass der Kinderkanal bis 19.30 Uhr den ARTE - Kanal verdrängt, das heißt, die teilen sich hier den Programmplatz und den Kinderquark will ich nicht sehen, wogegen ARTE schaue ich manchmal. Das werden Eltern natürlich ganz anders sehen. Aber wenn man sich heute die Kindersendungen ansieht, darf man sich nicht wundern, dass die Kinder immer mehr verblöden, das spezielle Kinderprogramm trägt dazu sein Scherflein bei. Nur noch Monster und hirnverbranntes Zeug. Zum Konsens der Sache. Für das Ausfüllen, welches ja eine gewisse Mühe macht, gibt es für den gesamten Vierteljahreszeitraum 50 Euro, das heißt 25 Euro am Anfang und 25 Euro am Ende, wenn die das Zeug wieder persönlich abholen. Das ist sicher nicht umwerfend viel, aber ich denke mir, warum sollte man diese 50 Euro nicht mitnehmen und soviel Arbeit macht es in der Praxis dann auch nicht. Man wird ja nicht gezwungen, deshalb mehr fern zu sehen, man soll ja bei seinen üblichen Gewohnheiten bleiben, sonst wäre das Ergebnis ohnehin falsch. So komme ich vielleicht im Durchschnitt auf 1 bis 2 Stunden Fernsehen pro Tag, an manchen Tagen sehe ich auch gar nichts. Dementsprechend halten sich meine Ausfüllarbeiten gering.
Vor wenigen Tagen hatte ich einen Termin im Nebenbüro der Arbeitsagentur. Sie sehen, man wird hier von den Behörden auf Trab gehalten, denn ich hatte ja schon öfters ein derartiges Vergnügen. Die Sohis und Alg2-Empfänger sind dabei vor lauter Hickhack bei weitem nicht alleine verwirrt. Diese ganze Arbeitslosenverwaltung scheint selbst so desorientiert zu sein, dass alle Akten, heute vornehm Fallmappen genannt, in einer Art Karussell rotieren und so immer wieder mal nach einer gewissen Zeit zum Vorschein kommen. Nun war meine Akte, Verzeihung, Fallmappe wohl wieder herausgesprungen und theoretisch an der Reihe. Zuerst sollte ich zu einer Frau Bleher im 2 Stock, Raum 264. Der Raum war sehr leicht zu finden, was im Behördenzentrum alles andere als selbstverständlich ist, da es mehrere Quertrakte gibt und man weiß nie so genau, ist der Raum im Haupttrakt oder einem der Quertrakte oder vielleicht ganz abgesetzt in einem völlig anderen Gebäude. So gibt es durch diese Gebäudeverschachtelungen auch gleichartige Raumnummern unter Umständen mehrfach. Leicht zu finden in diesem Fall deshalb, weil man nur dorthin brauchte, wo lange Menschenschlangen auf den Fluren standen. Hier gibt es mehrere solcher Büros, die wohl alphabetisch oder vielleicht auch nach Fallnummern geordnet für verschiedene Leute zuständig sind. Ich suchte mir also die Tür mit der Nummer 264 und hatte dabei noch ausgesprochenes Glück, denn dort standen nur 4 Leute wartend vor der Tür. Vor manch anderer Tür hockten schon mindestens 20 Leute und gingen sich gegenseitig auf die Nerven. Es ging dann auch schnell, bis ich an der Reihe war, da die Leute vor mir sich bestenfalls 2 Minuten in 264 aufhielten und dann schon wieder raus kamen. So hoffte ich ebenfalls auf eine schnelle Abfertigung meiner Sache. 2 Frauen saßen in dem Raum, Frau Bleher, vielleicht 25 Jahre alt, also in Kaylas Altersgruppe, aber ziemlich kräftig - nicht dick aber eben kräftig gebaut, blond, einen ungewöhnlich breiten Mund, also die hätte Spargel durchaus quer verschlingen können, wie man so sagt, riesige Augen hatte die, wie tiefe Seen und dazu passend auch tiefblau, einen leicht verrucht- lüsternen Gesichtsausdruck, man kann das nur schwer in Worte fassen. An einem kleineren Schreibtisch, ich hätte dazu Katzentisch gesagt, saß Frau Kukula, ein gewiss etwas eigenartiger Name, also fast schon eine Leidensgenossin von mir, vielleicht Mitte 30, sehr schlank, braunhaarig, wirkte sehr nett aber zugleich wie jemand, der zeitlebens etwas zu kurz gekommen ist, man kann auch das schlecht mit Worten erklären. Lieber hätte ich von der anfänglichen Sympathie her mit der Kukula gesprochen, aber die stabile Bleher war für mich zuständig. Sie dehnte meinen Nachnamen wie Gummi, Herr Laaappeeeeennnnkeuuuuulerrrrr. Das war das erste was sie sagte, dann grinste sie dümmlich und sagte lange Zeit nichts. Ihre Stimme war hart, laut und rau wie von Rum oder Whisky gegerbt, die hätte in einer Menschmasse kein Megaphon gebraucht, um sich Gehör zu verschaffen. Mit einem Handwink wies sie mir einen Stuhl zu, ich solle mich ihr gegenüber an den Schreibtisch hinsetzen. Dann fragte sie mich verwundert, wieso ich seit meinem Ausscheiden aus städtischen Diensten nicht mehr in weitere Jobs dieser Art weitergeleitet wurde oder ob ich derzeit aktuell irgendwo arbeite, wovon sie nichts wisse, weil in ihrer Fallmappe nichts derartiges stehe. Dann erläuterte ich ihr kurz, wie das im letzten Jahr alles gelaufen war und weshalb ich gar nicht mehr für solche Arbeiten herangezogen werden darf. Sie wälzte daraufhin mehrmals den Inhalt der Fallmappe, dann verzog sie die Mundwinkel wie ein Breitmaulfrosch nach unten und machte ein hohles Gesicht. "Warum steht denn davon hier nichts drin?", seufzte sie mürrisch und pochte auf die nun schnell verschlossene Fallmappe. Irgendwie kamen ihr dann aber Bedenken, so als wenn sie vermuten würde, dass ich ihr nur eine Ausrede auftische. Zu ihrer Zimmernachbarin maulte sie dann in unfreundlichem Ton: "Kuki such mal flott nach dem Fall Nummer ...." Dann folgte eine zigstellige Nummer, die ich mir nicht merken konnte. Mit Kuki war die Frau Kukula gemeint. Die ältere und eigentlich erfahrener wirkende Frau Kukula war hier wohl die Untertanin von der Bleher. Im Computer stocherte die dann eine Weile herum und meinte dann in tiefstem schwäbisch: "Dafür isch jetsch der Herr Zeidler zuschtändig, do hemm mir gar niggs mit zum duohhn!" Das frustrierte die Bleher dann wieder ziemlich und sie regte sich darüber spontan auf, dass dann überhaupt noch bei ihr eine Fallmappe über mich existieren würde. Diesen Missmut ließ sie dann auch gleich an der Kukula aus, in dem sie ihr die Fallmappe mit Wucht auf den Katzentisch warf und ihr eine Standpauke hielt, warum sie denn überhaupt meine (jetzt wieder) Akte nicht schon längst gelöscht habe. Die Kukula tat mir in dem Moment richtig leid und ich sagte zur Bleher: "So etwas kann doch mal passieren." Darauf sagte die Bleher keifend: "Richtig, so etwas das kann passieren, aber so etwas das darf nicht passieren, jedenfalls nicht in meinem Bereich! Aber wenn man mit unbrauchbaren Schlafmützen wie Kuki zusammenarbeiten muss, dann ist man vor nichts mehr sicher!" Daraufhin brach die Kukula kurz in Tränen aus. Ich hatte das Gefühl, dass ich hier extra hinbestellt worden war, nur um an diesem beruflichen Trauerspiel der Frau Kukula teilzuhaben. Die Kukula fasste sich aber wieder schnell und, womit ich nicht gerechnet hätte, beschimpfte sie nun ziemlich derb die Bleher. Die Bleher sei ja nur eine unerfahrene Ziege, die sich jetzt auf Kosten anderer profilieren wolle. Dabei sei sie, also die Kukula, gar nicht für die Pflege der Datenbestände zuständig und schließlich könne sie ja auch gar nicht wissen, wer aus gesundheitlichen Gründen gar kein Fall mehr wäre, zumal sie darüber keinerlei Mitteilung erhalten würde. Das sei alles Sache vom Zeidler und der hätte ihr nichts geschrieben, da der ja immer sein eigenes Süppchen kochen würde, genau wie die Frau Bleher selbst. Aber dann andere für eigene Versäumnisse niedermachen, das können beide gut. Mir platzt gleich der Kragen!" Daraufhin wurde die Bleher kleiner und meinte nur: "Jaja, jetzt kommen sie mal wieder runter, Kuki. Sie haben ja recht und sie sind mein bestes Stück." Ich meinte dann noch, dann wäre meine Fallmappe wohl nur noch ein Fall für den Papierkorb. "Neinnein", meinte die Bleher dann süßfreundlich, "so einfach geht das nicht, sie müssen jetzt erst mal zum Herrn Zeidler, dann erklären sie dem, wie die Sachlage ist und nur der kann Ihren falschen Datensatz dann löschen oder ändern, das kann ich nicht, das kann Kuki nicht. Wenn ich einfach ihre Fallmappe wegwerfe, dann erzeugt der Computer nächsten Monat automatisch eine neue Fallmappe, wenn der Herr Zeidler den Datensatz nicht vernichtet hat." Ich fragte die dann, ob die das denn nicht intern klären könnten, anstatt mich nun zu diesem Herrn Zeidler zu schicken. Darauf wurde sie etwas borstig und meinte frech, dass ich ja wohl Zeit genug hätte, mal eben zum Herrn Zeidler zu gehen. So ließ ich mich dann doch breitschlagen. Zimmer 612 im sechsten Stock, gleicher Gebäudetrakt, sollte der sitzen. Ich also dorthin. Warum können die nicht die Büros der gleichen Abteilung nebeneinander oder wenigstens ins gleiche Stockwerk legen? Man hielt mich in Atem. Zunächst fiel gleich auf, hier in diesem Flur stand niemand wartend vor den Türen. Das war wieder so eine halbtote Abteilung, so mein Eindruck, weil hier auf dem Flur bewegte sich gar nichts. Man hörte nichts, man sah niemanden herumlaufen, man kam sich vor, als wäre man an einem Sonntagnachmittag bei Betriebsruhe hier. So konnte ich gleich zur Tür 612, die Namen SB Zeidler und MA Pusch standen auf dem Türschild. So klopfte ich, ein herein tönte und so ging ich in das Büro. Dort saß alleine ein mittelgroßer, halbhagerer Mann mit zerstruppten graumelierten Haaren und großer eckiger Silberrahmen-Brille, er erinnerte mich irgendwie an einen Schauspieler, auf dessen Namen ich jetzt aber nicht komme, der auch aktuell öfters im Fernsehen in Filmchen mitmacht. "Zeidler, mein Name, aber setzen sie sich doch bitte.", sagte er freundlich und relativ leise, so als habe er Halsprobleme. "Die Frau Bleher hat mich gerade schon angerufen und gesagt, dass Sie kommen. Ich weiß nicht, was die Bleher ihnen alles erzählt hat, aber ich bin an der Misere nicht schuld, auch wenn die das meint. Wissen sie, die Bleher glaubt sie habe Ahnung, weil sie die Verwaltungsfachschule gerade mit Auszeichnung, 1+ sozusagen, bestanden hat. Ha! Die ist auch gut, gar keine Frage, nur Ahnung von den Vorgängen hier im Haus und von der Materie im Speziellen, die hat sie nicht. Normalerweise dürfte ich ihnen das gar nicht sagen, aber wir sind ja unter uns.", sagte er dann. Dann wühlte er in einem recht ansehnlichen Aktenordner, wohl auch so eine Fallmappe, auf der in grüner Schrift mein Name stand. Alle anderen Ordner trugen blaue oder meist schwarze Beschriftungen, jedoch bei mir war sie in grün. Das musste doch eine Bedeutung haben, so wie ich diese Amtsschimmel kenne. Neugierig fragte ich den Zeidler danach, warum auf meiner Mappe der Name in grüner Farbe stünde. Er kreiste mit einem Finger in der Luft, als wolle er Kringel malen und sagte halb in sich gesunken und sehr leise: "Ach das hat mal einer in grün drauf geschrieben...." Mehr kam dann nicht, ich bin aber überzeugt, dass die grüne Beschriftung einen tieferen Sinn hatte. Etliche dünne Blättchen, so eine Art frühzeitliches Durchschlagpapier, wie man das vor 50 Jahren öfters kannte, zog er hervor und las die aufmerksam durch. Dann zuckte er mit den Schultern und sagte: "Ja, ich weiß auch nicht recht, was sie hier sollen. Hier steht eindeutig, dass gesundheitliche Bedenken gegen Beschäftigungsmaßnahmen von mehreren unabhängigen Fachärzten ausgesprochen wurden. Demnach dürfen wir sie nicht so ohne weiteres in solche Maßnahmen drängen, es sei denn, es stünden dringende Beschäftigungsmaßnahmen an, die nachweislich so leicht sind, dass man ihnen die zumuten kann. Diesen Nachweis wird sich aber hier keiner trauen, den zu erbringen, das sage ich ihnen gleich. Wissen sie was?! Ich lösche jetzt ihren BA-Datensatz einfach, dann bleibt nur noch ihr Personendatensatz erhalten, den darf und kann ich nicht löschen. Eigentlich kann dann nichts mehr passieren und sie bleiben von weiteren Vorladungen verschont. Machen können sie hier ohnehin selbst nichts." Wirklich verwundert hat mich das, nach meinen bisherigen reichhaltigen Behördenerfahrungen nicht mehr, aber ich war immerhin erleichtert. Lieber einen Weg umsonst in die Behörde, als den Weg für schlechte Ergebnisse gemacht zu haben. Ich konnte also gehen. Beim Aufstehen sagte der Zeidler dann noch: "Wissen sie was, ich gehe jetzt in die Kantine, wenn sie wollen, dann gehen sie doch einfach mit, ich lade sie zu einem Bier oder einem Kaffee oder was sie so mögen ein." Damit hätte ich nun in einer Behörde wirklich nicht gerechnet. Da ich noch genug Zeit hatte, habe ich seine Einladung freundlich angenommen und bin mit in besagte Kantine gegangen. Ich war erstaunt, welch imposante Kantine sich diese Behörde leistet, da sieht man, wo das Geld bleibt. Die Ausstattung nur vom Feinsten, mittags sage und schreibe 12 Menüs, Vollmahlzeiten, zur freien Auswahl, darüber hinaus 5 Diabetiker- Menüs zur Auswahl, Teilchen, Brötchen, Kuchen, Süßwaren, alles was man sich vorstellen kann und manch gediegenes Hotel würde vor Neid erblassen, weil deren Gastrobereich da nicht mithalten könnte. Und es roch alles so gut, nach gutem Essen, weil wohl gerade die Vorbereitungen für das Mittagessen liefen. Ich habe dann auf Zeidlers Kosten einen Apfelsaft getrunken und wir haben uns noch nett etwas unterhalten, nicht über den beruflichen Kram, mehr so Allerweltsgesprächsstoff, Frau, Kinder, Hobbys, Wetter, Umwelt und so. Irgendwann kam ein Herr in die Kantine, zu dem alle aufblickten. Man bemerkte sofort, der muss etwas besonderes sein. Ich kannte ihn nicht. Der Zeidler grüßte den freundlich und als der Herr mit anderen Leuten weiter hinten in der Kantine Platz genommen hatte, sagte der Zeidler zu mir leise und etwas raffiniert grinsend: "Das ist der Herr Direktor Dr. Dr. Schlösser. Fast alles, was die Oberen hier im Hause in der Öffentlichkeit sagen, programmiert, eh, entwirft er." Der Versprecher mit dem programmiert war natürlich volle Absicht. Der Zeidler wollte damit wohl zum Ausdruck bringen, dass er die Oberen mehr oder weniger nur für Roboter von diesem Dr. Schlösser hält. Dazu habe ich aber dann keinen Kommentar abgegeben. Wer weiß, man sagt leicht etwas falsches und nachher bin ich es dann gewesen, der über die Oberen etwas schlechtes oder unpassendes gesagt hat. Dann erblickte ein in die Kantine kommender Kollege den Zeidler und wollte ihn dringend sprechen, so musste der dann mit dem gehen und ich habe den Rest Apfelsaft noch getrunken und bin dann nach Hause gefahren. Langsam weis man nicht mehr, was man von diesen Behörden halten soll. Man wird für nichts vorgeladen, nicht zum ersten Mal, aber dann bekommt man plötzlich noch ein Getränk spendiert. Naja, letzteres war wohl mehr ein Anfall von Freundlichkeit bei dem Zeidler und sicherlich nicht üblich.
Vor einiger Zeit berichtete ich Ihnen, dass ich nebenbei für ein Programmkino Karten und Antwortschreiben fertig stellte. Das ist jetzt vorbei. Der Kinobesitzer hat sich das alles noch einmal überlegt und die umständliche Verschickung der Karten im Vorverkauf aufgegeben. Der hat die Anzahl der Vorführungen bis dahin davon abhängig gemacht, wie viele Leute Karten vorbestellt hatten. Dann bekamen die ein Antwortschreiben mit den Vorführungsterminen und der Karte, die aber nur für einen festen Termin gültig war. Das machen die Leute heute nicht mehr mit, nur damit der Kinobetreiber die Auslastung seiner Bude besser steuern kann. So hat er jetzt umgestellt und bringt die betreffenden Filme vielleicht 2 Wochen am Stück, täglich. Zuvor hat der es gebracht einen bestimmten Film vielleicht nur 3 mal zu zeigen und dann den Leuten die Karten so zuzusenden, dass die dann kommen mussten oder es ging halt nicht. Naja, ich habe ja gleich von Anfang an gesagt, dass dieser Nebenjob sicherlich nicht lange dauern wird. Wissen Sie, ich höre mich nebenbei hier in der Stadt immer mal ein wenig um, wo es kleine Nebenjobs gibt. Mach zur Erstärkung meiner Kassenlage mal dies und mal das zusätzlich. Besonders jetzt schaue ich mich um, um damit die Granada-Fahrt auf zusätzlich sichere Beine zu stellen, ohne mich anderweitig einschränken zu müssen. Man findet hier fast immer etwas, wenn man flexibel ist und auch mal Eintages- oder gar Stundenjobs annimmt. Grundbedingung muss für mich sein: wenig anstrengende Arbeit, möglichst wenig schmutzige Arbeit und bei mir unbekannten Arbeitgebern muss es das halbe Gehalt im Voraus geben. Ich lass mich nicht für dumm verkaufen, wie viele andere, die nach der Arbeit einen feuchten Händedruck bekommen. Jetzt hätte ich eine Möglichkeit jeden Dienstag und Freitag an einer Autowaschanlage auszuhelfen. Dienstags 2 Stunden und Freitags 5 Stunden, pro Woche gibt es dafür 90 Euro, also für 7 Stunden Arbeit. Das klingt nicht schlecht, aber die Arbeit gefällt mir nicht. Ich habe keine Lust, dort stundenlang in feuchten Klamotten herumzulaufen und mich mit nörgelnden Autofahrern herumzuärgern. Man soll dort so eine Art Vorreinigung mit einem Hochdruckgerät machen. Mir ist dabei auch wichtig, grundsätzlich pro Woche nicht mehr als 10 Stunden auf diese Weise zu arbeiten, denn ich will nicht allzu viel von meiner Freizeit einbüssen.
Der Busunternehmer hat sich gemeldet. Die Granada-Fahrt findet voraussichtlich direkt nach Ostern statt. Es sind insgesamt 6 Plätze frei, wovon wir jetzt 2 haben auf uns festschreiben lassen, der Rest ist fest von einem Unternehmen gebucht. Im Gegensatz zur ersten Granadareise, die wegen des Waschmaschinenkaufs ins Wasch- Wasser fallen musste, ist diese hier etwas teurer, da wir in der Saison schon weiter fortgeschritten sind. Sie kostet uns pro Nase 114 Euro, also zusammen 228 Euro, für insgesamt wie gehabt 9 Tage, gerechnet von Abfahrt hier in Stuttgart bis wieder Eintreffen hier vor Ort. In den obigen Preisen sind enthalten sämtliche Fahrtkosten nach und von Granada, sämtliche Hotel-Übernachtungskosten in einem guten 3- Sterne-Hotel einschließlich täglichem Frühstück sowie die Teilnahme an 4 Besichtigungsprogrammen vor Ort innerhalb dieser Tage. Der ganze Rest, wie Mittag- und Abendessen und mögliche Rundreisen vor Ort ist, abgesehen von diesen 4 Besichtigungsprogrammen in eigener Verantwortung und geht auf eigene Zusatzkosten. Gewiss ist mir bekannt, dass das, was vor vielleicht 15 Jahren ein 3-Sterne-Hotel in oberster Kategorie war, heute in etwa schon einem 5-Sterne-Hotel entspricht oder andersherum berechnet, wäre unser 3-Sterne-Hotel wahrscheinlich in der Qualität das, was man früher unter einem 2 Sterne-Hotel verstand. Die erfinden ja alle paar Jahre einen weiteren Stern hinzu und ich weiß nicht, wo heute die oberste Grenze liegt, jedenfalls glaube ich 5 Sterne sind auch nicht mehr das höchste was es da so gibt, ich meine jüngst gehört zu haben, dass diese Skala heute schon bis 8 Sterne reicht. In einigen Jahren wird man dann in einem nichtssagenden Berg von Sternen untergehen, vielleicht mit 100 Sternen. Ich denke, dass wir aber mit 3 Sternen gut zurecht kommen und uns kaum über mangelnden Luxus beklagen werden. Ich brauche kein Hotel mit Sauna, Schwimmbad und diamantbesetzten Trinkgläsern an der Bar. Kayla und ich freuen uns auf die Fahrt. So weit bin ich ja noch nie gereist und hatte das genau genommen auch nie vor. Wirklich reizen tun mich Fernreisen eigentlich auch nicht, aber hier ist es etwas anderes, erstens wegen dem enorm günstigen Preis im Verhältnis zum Gebotenen und zweitens weil ich soviel Gutes über Granada gehört habe. Eigentlich habe ich über Granada nur Gutes gehört, egal wo ich mich auch erkundigt habe. Wissen Sie, im Vorfeld habe ich seit Wochen Informationen über Granada und diese ganze Region eingeholt und zwar bei Leuten, die sich da wirklich auskennen, nicht bei irgendwelchen Reiseverkäufern oder eingebildeten Dauerreisenden, für die Reisen ein Statussymbol ist. Mit deren Aussagen kann man nämlich nichts anfangen, weil deren Bewertungskriterien für mich gewiss uninteressant sind. Die Befragten waren Leute, die schon an vielen Orten der Welt waren, auch dort, und Reisen aus Informationsbedürfnis oder teils auch beruflich unternehmen. Nicht wenige haben gesagt, dass sie sogar geneigt wären, Granada zu ihrer Wahlheimat zu machen. Also wie gesagt, über Granada wurde mir nur Hervorragendes berichtet und so ist meine Vorfreude und Neugierde derzeit auf ein Höchstmaß angewachsen und ich kann es kaum noch erwarten, dass die Reise los geht. Hoffentlich kann man im Hotel die Akkumulatoren der Digitalkamera aufladen, denn der Kauf teurer Filme für meine noch vorhandene Normalkamera ist einfach nicht drin. Wäre da nur der Filmpreis, aber Sie wissen ebenfalls, wie schweineteuer die Entwicklung von Filmen heute ist. Für das Geld kann man ja schon wieder etliche dieser Restplatz-Verwertungsbusreisen unternehmen. So hätte das Busunternehmen demnächst auch eine nicht uninteressante 3-Tages-Reise nach Berlin, wo noch 3 Plätze frei sind. Für nur, man glaubt es kaum, 25 Euro pro Person. Allerdings ist dabei keine Übernachtungsunterkunft enthalten, dafür müsste man in Berlin selbst sorgen. Berlin fände ich einmal interessant, aber rechne ich Zusatzkosten für die Übernachtung u.s.w. hinzu, dann spare ich lieber das Geld und Granada ist mir da lieber. Beides zugleich ist derzeit finanziell nicht drin, obwohl es terminlich gut gehen würde, da die Berlinreise schon in 2 Tagen startet und wir bis zur Granadareise schon längst wieder zurück wären. Nein, ich konzentriere mich jetzt ganz auf die Granadareise und denke nicht weiter über andere Reiseziele nach. Etwas Kopfzerbrechen bereitet mir noch die fehlende Kommunikationsmöglichkeit in Granada, da ich kein Wort spanisch spreche. Kayla sieht das Problem aber nicht, da sie neben thai und deutsch auch relativ gut englisch, französisch und ein wenig italienisch spricht. Nun ist das alles kein spanisch, aber sie glaubt, dass man mit einer dieser Sprachen dort immer irgendwie weiterkommt. Ich glaube ohne Kayla würde ich mich alleine aus Furcht vor diesem Verständigungsmangel nicht dorthin trauen. Ich bin da noch einer von der alten, in dem Fall weniger guten Schule, will heißen, ich spreche eigentlich so gut wie keine Fremdsprache, weil zu meiner Schulzeit darauf kein Wert gelegt wurde. Bleibe im Lande und ernähre dich redlich, lautete die Devise, dann brauchst du auch keine umständlichen Fremdsprachen zu lernen. Während meiner Zeit in Liechtenstein habe ich, obwohl dort fast nur deutsch gesprochen wurde, einige Brocken Rätoromanisch mitbekommen, aber wo kann man das schon gebrauchen? Bestenfalls in einigen Ecken der Schweiz, eingeschränkt in Liechtenstein und das war's dann. Und da ich aus der Übung bin, würde es mir sicher schwer fallen, das heute noch halbwegs richtig auszusprechen.
Ein Neger Owambo oder ähnlich heißend, will mich für dumm verkaufen. Er schreibt mir eine lange Email mit der Aufforderung ihm bitte zu helfen. Er wäre nach München umgezogen und in Nigeria politisch verfolgt worden. Seine Schwester, die mit in München lebt, sei mehrfach wild von umherstreunenden Truppen vergewaltigt und verletzt worden und müsse in München deshalb kostenintensiv operiert werden. Zudem könne er sein Guthaben von über 800.000 Euro aus Nigeria mit meiner Hilfe nach Deutschland transferieren. Mittelsmänner aus Nigeria würden ihm das Geld überweisen, aber wenn es auf seinen Namen hierher überwiesen würde, dann würde das Geld von den nigerianischen Behörden beschlagnahmt, weil er als politisch Verfolgter auf einer Fahndungsliste stünde. Würde hingegen das Geld auf mein Konto überwiesen, so ginge das reibungslos. Nur die Operation seiner geschändeten Schwester müsse jetzt schon bezahlt werden. Diese Kosten lägen bei 15.000 Euro. Wenn ich nun dieses Geld vorstrecken würde und ihm zur Transaktion seines Geldes mein Konto zur Verfügung stellen würde, dann bekäme ich nach Eintreffen der 800.000 Euro auf meinem Konto davon 150.000 Euro ab, die ich dann für mich behalten könnte. Dann setzt er noch einen drauf, in dem er anbietet, wenn ich wollte, dann könnte ich auch seine Schwester noch ehelichen, da sie mir nach nigerianischem Brauch zustehe, wenn ich ihr so helfe zu überleben. Außerdem wäre sie sehr hübsch und dazu in jedem Fall bereit und mir dann eine sehr gute Frau in jeder Hinsicht. Einmal ganz davon abgesehen, dass ich sexuell nicht auf Frauen mit schwarzer Hautfarbe stehe, wie gesagt, rein sexuell gesehen, menschlich habe ich überhaupt nichts gegen die, aber der Typ muss doch wohl ein Rad abhaben, wenn er auf diese Weise wirklich glaubt, Dumme zu finden, die auf diesen Humbug reinfallen. Wenn der meine Kontonummer hätte, wäre mein Konto wahrscheinlich schneller leer und überzogen, als ich hier das Licht einschalten kann und der Owambo würde sich als nicht existent herausstellen. Von wegen 800.000 Euro, das kann der jemandem erzählen, der sich die Hose mit der Kneifzange anzieht.
Manche Motorradfahrer sind ja leider recht rüpelhaft. Weil sie mit ihren schweren Maschinen unendlich schnell sind, fühlen sie sich in jeder Hinsicht restlos überlegen, was vielen von ihnen wohl auch den Geist vernebelt, da sie es dann jedem auch in anderer Hinsicht zeigen wollen. So stand ich diese Tage seit langem mal wieder an der Tankstelle und betankte meinen Suzuki, das heißt, ich wollte gerade mit dem Tanken beginnen. Nun war das eine der heute schon selten gewordenen kleineren Tankstellen, mit nur 3 Zapfsäulen. An 2 anderen Säulen wurde bereits von anderen Leuten getankt und ich wollte also gerade den Zapfhahn aus der Verankerung nehmen. Da kam so ein Motorradrüpel vorgefahren, stellte seine Maschine hinten neben meinen Wagen, entriss mir den Zapfhahn und begann seine Maschine zu betanken. Ohne zu fragen oder was, er grinste unter seinem Helm nur dreckig, soweit man das bei hochgeklappten Visier erkennen konnte. Nun bin ich nicht jemand, der mit solchen Typen eine Schlägerei oder ähnliches riskiert, vielleicht wartet so einer ja auch nur darauf. Andererseits bin ich auch nicht jemand, der sich so was gefallen lässt. Während er so zapfte wurde die erste Säule frei und ich zog dorthin vor und tankte nun dort. Der Zufall kam mir zur Hilfe. Auf dem Boden lag ein vielleicht 30 cm langes Stück einer abgebrochenen dicken Zierleiste, vermutlich aus der benachbarten Waschanlage. Während ich noch zapfte war der schon fertig und ging ins Kassenhäuschen zum Bezahlen. Ich tat so, als ob ich mir einen Schnürsenkel zubinde und ergriff dabei das Stück Zierleiste und schob es dem zwischen die Speichen des Hinterrades. Dann war mein Tankvorgang beendet und ich ging bezahlen. Er hockte sich jetzt cool auf seinen Bock und wollte mit quietschendem Hinterreifen abstarten. Das machte er auch, aber da tat es einen Schlag und er stand wieder. Die Folgen dieser lächerlichen Zierleiste waren weitaus schlimmer, als ich erwartet hatte. Sie hatte wohl einige Speichen aus ihrer Verankerung gerissen und dann auch noch die Kette vom Hinterradritzel geworfen. An Fahren war für den vorerst nicht mehr zu denken. Ich hatte eigentlich nur einen Schlag, also im Sinne eines lauten Klackgeräusches erwartet, der ihn erschrecken sollte, aber keine ernsthaften Zerstörungen. Das schöne war aber, dass von der Zierleiste selbst gar nichts mehr dort lag, die war wohl bei dieser Kraftentfaltung nach dem Anschlag an Speichen und Kette weit weg katapultiert oder vielleicht auch zerlegt worden. Jedenfalls stand der ach so coole Typ wie ein Ochs vorm Berge und konnte sich das alles gar nicht erklären. Sehr vergnügt und mit einem garantiert viel breiteren Lächeln, als er zuvor gezeigt hatte, fast schon eher einem Lachen, fuhr ich dann nach dem Bezahlen von der Tankstelle weg. Wissen Sie, man mag dazu stehen wie man will, aber so etwas lasse ich mir einfach nicht gefallen. Mit einem Lappenkeuler macht man das nicht ungestraft. Leider hat man nicht immer das Glück, gleich etwas brauchbares zu finden, um wie in diesem Fall eine schöne Gegenreaktion einzuleiten. Aber um mangelnde Einfälle bin ich in solchen Situationen nicht verlegen, darin bin ich fix, ohne nun in Selbstbeweihräucherung zu versinken. Ich hatte auch schon kurz den Gedanken, ihm einfach mit einer Zange die Spritleitung abzuzwacken, weil die mir direkt ins Auge sprang, da sie bei dieser Maschine seitlich am Tank weit abstand und ich auch gerade noch eine Zange auf dem Rücksitz liegen hatte oder vielleicht die Maschine anzustoßen, dass sie zur Seite kippt. Aber das wäre alles viel zu grob und augenscheinlich gewesen, hier die Sache, die mir der Zufall schenkte, war tausendmal besser.
Neulich, ich glaube es war am 15. März, gab es eine große Rede des Bundespräsidenten Köhler zum Arbeitsmarkt und allen den Problemen im Umfeld sowie zu deren Lösungsansätzen. Nichts gegen den Herrn Köhler, dem kaufe ich ab, dass er das durchaus ernst meint und gewillt ist, seinen Teil zum Guten Gelingen beizutragen und zu helfen, die Sache anzuschieben. Aber was erwarten die davon? Glaubt da ernsthaft jemand, dass nun, nur aufgrund einer tiefgreifenden Rede, der berühmte Ruck durch die Gesellschaft, durch Firmen und Politiker geht und alles anders und vor allem viel besser wird, nur weil der da einige Punkte anspricht, die vielleicht, aber auch nur vielleicht, zu einer Verbesserung beitragen können? Wie beim großen Indianerhäuptling: "Uff, ich habe gesprochen!", und alle Untertan schwirren aus und wenden alles zum Besseren? Da weiß doch jeder, das kann und wird so nicht funktionieren, so sehr es Herrn Köhler auch am Herzen liegen mag und ich seine Bemühungen schätze. Die angeblichen Programme von Rotgrün, die Bewegung in den Arbeitsmarkt bringen sollen, sind ähnlich, als würde man erwarten, dass ein baufälliges Haus dadurch wieder stabiler wird, indem man es neu anstreicht. Die meisten Programme der Opposition sind, soweit man das hört, auch nicht viel besser und leisten sich, um bei obigem Vergleich mit dem Haus zu bleiben, nur noch zusätzlich, dass einige Schadstellen zugegipst werden, wodurch dann ein Hauch von Stabilität wieder hinzu kommt oder wenigstens der weitere Zerfall geringfügig aufgehalten wird. Die Wirtschaftsbosse interessieren sich heute doch überhaupt nicht mehr für die Belange des Landes, in dem sie ihre Fabriken stehen haben. Die sehen nur, oft getrieben von ihren geldsüchtigen und skrupellosen Anlageverwaltern und Aktionären, die Entwicklung der Aktien, Gewinnoptimierung und dergleichen. Wie das erreicht wird, spielt kaum mehr eine Rolle. Die würden sogar ihre gesamte Produktion aufgeben, wenn sich so der Aktienkurs verbessern ließe und damit mehr Geld machbar würde. Sozusagen als Unternehmen ohne jeden praktischen Sinn, nur zur reinen Gewinnoptimierung. Ich sehe den Kulturverfall und den Sittenverfall vor allem bei den Unternehmen. Die nutzen die Schräglage erbarmungslos aus und schrauben ihre Forderungen immer mehr zu ihren Gunsten nach oben. Weniger Geld, weniger Freizeit, schlechtere Arbeitsbedingungen, mehr Arbeit, mehr Gewinn. Wir sind inzwischen doch schon bei einem Status angelangt, wie wir ihn schon 1970 hatten, also ein eindeutiger Rückschritt für normale Arbeitnehmer! Ich sehe auch nicht, dass dadurch irgendwo wirklich neue Arbeitsplätze geschaffen werden oder wenigstens alte erhalten bleiben. Das Arbeitsplatzsterben geht trotz all dieser Zugeständnisse von der Arbeitnehmerseite weiter und die Konjunktur hängt weiter durch. Sie kann ja auch gar nicht hochkommen, denn die Masse der Menschen sind Arbeitnehmer und wenn die gebeutelt durchhängen, dann kaufen die nichts. Selbst die nicht, die es könnten, weil sie von zu vielen Zukunftsängsten geplagt werden. Da bewirkt die heutige Politik ständig nur das krasse Gegenteil. Würde man dafür sorgen, dass die Arbeitnehmerschaft selbst wieder gut dastünde, dann würden die auch wieder viel kaufen und die Wirtschaft aufblühen. Das verstehen die sogenannten Unternehmer von heute aber nicht. Die verlangen zwar ständig, dass sich die Arbeitnehmer in ihrem Denken der heutigen Zeit anpassen, sie selbst verharren aber in einer Haltung, die vor 150 Jahren schon überholt war. Diese Zusammenhänge wurden doch schon von einstigen Industriegrößen wie Krupp und Konsorten erkannt und die haben seinerzeit, natürlich auf dem Level der damaligen Zeit, auch etwas für die Arbeiter getan, zum Beispiel mit dem Bau von umfangreichen Werkssiedlungen, Kultureinrichtungen u.s.w. und dann ging es aufwärts und die Wirtschaft blühte. Ich bin der festen Überzeugung, die Wege, die heute eingeschlagen werden, sind vollkommen falsch. Man hat weniger Arbeit zu verteilen, will aber die, die arbeiten wieder länger arbeiten lassen, angeblich um damit den wirtschaftlichen Ertrag günstiger zu legen, wodurch dann wieder neue Arbeitsplätze geschaffen würden. Es sind die falschen Stellschrauben, an denen man hier dreht. Man müsste dafür sorgen, dass alle, die noch arbeiten, weniger arbeiten, z.B. eine 25- oder 30- Stunden-Woche einführen, dann zusätzliche Leute einstellen, die diese Fehlstunden wieder ausgleichen, dann aber gleichzeitig alles so gestalten, dass die Gesamtkosten für die Arbeit und damit auch für die Arbeitgeber trotzdem sinken. Das würde zweifellos bedeuten, dass alle Arbeitnehmer weniger verdienen würden, ein Punkt den wieder die starren Gewerkschaften nicht mitmachen. Aber lieber 5 Millionen Menschen in Arbeit, die weniger verdienen, als wenn die auf der Straße und dem Staat auf der Tasche liegen, wo sie ja noch weniger bekommen. Der Wenigverdiener kann sich wenigstens einige Sachen kaufen, die anderen kaufen gar nichts. Das Mehr an Freizeit ist ja auch schön und kann neue Jobs im Freizeitbereich schaffen und man muss den Leuten nur vermitteln, dass sie bereit sein müssen, weniger zu verdienen, aber dafür halt eine bessere Lebensqualität durch mehr Freizeit zu bekommen. Zugleich wäre das gesünder und kostensparender für das Gesundheitswesen, da der Stress bei den Arbeitnehmern deutlich nachlassen würde. Alle stressbedingten Krankheiten, wozu teils ja sogar Krebs unter gewissen Voraussetzungen gerechnet wird, aber vor allem viele Herzinfarkte zu zählen, gingen zurück. Auf solche Gedanken in dieser Verknüpfung ist aber noch keiner gekommen, egal bei welcher Partei. Die Schlaumeier drehen immer nur mehr an der Winde um noch mehr aus jedem einzelnen Arbeitnehmer herauszupressen. Aber auch eine Zitrone kann ich nicht immer weiter pressen, irgendwann ist nichts mehr drin, auch wenn ich noch soviel Druck mache. Ich bin ehrlich gesagt heilfroh, dass ich in einer Situation bin, wo mich das alles nicht sonderlich scheren muss, und dass ich heute nicht mehr im aktiven Berufsleben stehe. Gewiss, ich habe öfters meine Erlebnisse mit den Behörden, davon habe ich Ihnen ja auch schon mehrfach und gerne berichtet, aber in meiner Lage weiß ich, dass die mir aufgrund der geltenden Bestimmungen eigentlich nicht allzu viel anhaben können. Klar kann man damit rechnen, dass man irgendwann noch weniger bekommt, weil es ja nicht so aussieht, dass sich die Finanzlage in absehbarer Zeit bessert, aber dann bekommen alle anderen, auch die, die arbeiten müssen, ebenfalls weniger, das bekommt man doch täglich vorgeführt.
Falls es mir nicht mehr gelingt, Ihnen vor Ostern noch einmal zu schreiben, wünschen Kayla und ich Ihnen schon mal ein frohes Osterfest. Sofort nach Ostern geht es dann für 9 Tage nach Granada und in dieser Zeit kann ich Ihnen dadurch natürlich auch nicht schreiben. Aber ich glaube, vor Ostern werde ich sicherlich nochmals schreiben.
Ihr
Egbert Lappenkeuler
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