LPK-B5

Auf dieser Seite finden Sie die beiden Lappenkeuler - Beiträge “Weltwechsel” und “Umwege” aus dem Jahre 2004. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email "Weltwechsel" vom 13.06.2004

Tausend Grüße.

Die Welt dreht sich weiter, nur manche Leute glauben, sie hätten die
Fähigkeit sie anzuhalten. Kürzlich berichtete ich Ihnen von meinem
neuen Privatjob als Hilfsgärtner hier auf den leichten Grünflächen am
Haus. Kommt ein sehr teurer und funkelnagelneuer, glänzender BMW
vorgefahren, als ich gerade mit dem Rasenmäher die vordere der
beiden Grasflächen bearbeite. Er hält nicht auf den vorgesehenen
Parkbuchten am Haus, obwohl dort mindestens noch vier frei waren,
nein ausgerechnet dicht neben der Rasenfläche. Ein Herr, Typ feiner
Pinkel, mit cremeweißem Satinanzug und weißem Hut mit schwarzer
Krempe steigt gemächlich aus. Obwohl er mich gezielt ansieht und ich
ihn aus Freundlichkeit grüße, gibt er kein Zeichen eines Grußes von
sich und schreitet steif ins Haus. Ich kenne den nicht, habe ihn noch
nie zuvor gesehen. Der Wagen hatte aber ein Stuttgarter
Nummernschild. So mähe ich weiter und denke mir noch, dass es ein
eingebildeter Einfaltspinsel ist. An der Stelle, wo sein Wagen stand,
hatte ich bereits eine Stunde zuvor den Rasen gemäht, ich brauchte
also gar nicht nah an seinen teuren Schlitten heran. Nun zogen nach
einer Weile kräftige Gewitter - Windböen auf, dadurch wurde einige
Mengen des bereits abgemähten Grases aufgeschleudert und es
verirrten sich mehrere abgemähte Grashalme an der Beifahrerseite des
BMW. Da die Halme erst frisch gemäht waren, waren sie noch feucht
und klebten von selbst an dem Wagen. Nun lag mir der Gedanke fern,
diese Grashalme von dem BMW zu entfernen, wozu auch. Hätte der
feine Pinkel dort parken sollen, wo es vorgesehen war, so hätte er kein
Gras am Auto und zudem schadet das Gras ja nicht. Entweder geht es
beim Fahren von selbst durch den Fahrtwind fliegen oder es lässt sich
zumindest mühelos von Hand fortwischen. Sie ahnen sicher schon das
Ungemach, was auf mich zukommen sollte. So dauerte es nicht lange,
bis dass dieser Striezel wieder aus dem Haus kam und zu seinem
BMW ging. Als habe er es geahnt, ging er nicht spontan zur Fahrertür
um einzusteigen, sondern ging erst von hinten beginnend eine Runde
um das Auto. Schon als er auf Kofferraumhöhe der Beifahrerseite war,
erblickte er die vielleicht insgesamt 5 Grashalme und man sah
förmlich, wie er regelrecht ein Stückchen vom Boden abhob.
Irgendwas begann er lauthals zu schimpfen, ich konnte es jedoch nicht
verstehen, da ich dazu schon zu weit entfernt war. Er erblickte mich
weiter unten am Ende der Rasenfläche und wie ein wilder Stier eilte er
zu mir herüber. Dann beschimpfte er mich aufs Übelste, ich sei ein
primitiver Volltrottel, ein dummer Lakai, ein Primitivling, um nur
einige seiner Titulierungen zu nennen. Er suchte keine Aussprache,
sondern wollte pauschal nur seinen Schwall von Anfeindungen
loswerden, ohne den vermeintlich Beschuldigten, also mich,
überhaupt zu Wort kommen zu lassen. Ich bin gewiss nicht
dünnhäutig, aber völlig ungerechtfertigte Beleidigungen lasse ich mir
nicht aufhalsen. Noch bevor er in seinem Grolldonner weiter verbal
auf mich einschlagen konnte, holte ich zum Gegenschlag aus. So
brüllte ich mal richtig los, dass er ja wohl eine wohlgekleidete
Kokosnuss sei, deren Hirnmasse beim Anschlag an einen Briefkasten
wohl ausgelaufen sei. Dann bebrüllte ich ihn damit, dass er a) seine
Mühle geradezu absichtlich falsch an dieser Stelle geparkt habe und
dass b) meine Arbeiten überhaupt nichts mit der eigentlich noch nicht
einmal nennenswerten Verunreinigung zu tun haben. Da soll er sich
bei Petrus beschweren, der den Wind aufkommen ließ. Er hingegen
wollte nun die beleidigte Leberwurst rauskehren und mich besonders
wegen der Betitelung als wohlgekleidete Kokosnuss bei der
Polizei anzeigen. Damit hat er mich ja erst recht in Fahrt gebracht,
weil er ja mit unzähligen Titulierungen vorgelegt hatte, die mindestens
doppelt so schlimm waren. So ging das Wortgefecht noch eine Weile
lang hin und her und ich könnt mich weggeben vor Lachen, wenn ich
daran zurückdenke, denn dann kam eine erneute Windböe, viel
heftiger als die erste und schwups war sein BMW, den er ja immer
noch nicht weggefahren hatte, in seinem Beisein an der ganzen
Beifahrerseite sowie teils an Haube und Dach mit Grasschnittresten
bedeckt. Schlagartig stoppte ich meinen Redeschwall, den ich gerade
über ihn ergoss und brach zwangsweise in schallendes Gelächter aus,
als ich sah, wie das Graszeug nun auf seinen BMW flog und sichtlich
ohne mein Zutun. Er ging hoch wie eine Rakete schimpfte, tobte über
die Wiese. Ich rief ihm noch nach, dass er, wenn er ein wenig
Hirnmasse zurückbehalten hätte, den Wagen wenigstens weggefahren
hätte, in eine nahegelegene freie Parkbucht, bevor er mich zur Sau
machen wolle. Auf seinen BMW zulaufend rief er mir noch nach,
dass mich das meinen Job kosten werde, er werde dafür sorgen, dass
ich entlassen würde. Darüber wurde mein Gelächter natürlich nur
noch lauter. Er setzte dann seinen Schlitten jetzt in eine der freien
Parklücken und kam tatsächlich wieder zurück geschnaubt. Er
verlangte von mir, dass ich ihm die Adresse meines Arbeitgebers
nenne und die Versicherungsgesellschaft mitteile, bei der ich
haftpflichtversichert sei. Dann wurde es mir zu bunt. Ich habe ihn
dann nur trocken und ernst angesehen und zu ihm gesagt, wenn er
nicht in 2 Minuten von der Rasenfläche verschwunden sei, dann
würde ich ihn mit dem Spaten vierteilen, dann würde es aber wirklich
ernst für ihn. Irgendwie hat er dabei bemerkt, dass nun meine
gutmütige Stimmung dahin war und er hat kommentarlos das Weite
gesucht, sich in seinen BMW gesetzt und ist weggefahren. Sie sehen,
wie schnell man ungerechtfertigt in blödsinnige Situationen
hineingedrängt wird, mit denen man eigentlich gar nichts zu tun hat.
Der Typ war aber derart widerlich, ich hätte am Schluss wirklich
große Lust gehabt, dem einen mit dem Spaten überzubraten und das,
obwohl ich nicht zu Gewalttätigkeiten neige.

Computermenschen scheinen auch den Streit im Detail zu suchen. Ich
brauche in dieser Beziehung nicht viel und habe wenig Bedarf,
beziehungsweise mein Bedarf ist soweit gedeckt, wie es mir genügt.
Ausnahmsweise besuchte ich in letzter Woche einen Computerladen
in der Nähe, um mir dort eine Packung CD - Rohlinge für das
Notebookgerät zu kaufen. Die sind dort sogar billiger, als beim
Discounter. Beim Aldiladen stört mich auch, dass er seit längerem nur
noch solche Plastikkübel, wie verkleinerte Käseglocken mit gleich 50
Rohlingen hat. Das ist mir zuviel und außerdem hat man später für die
einzelne CD keine richtige Einzellagerungsmöglichkeit, da keine
Plastikschachteln für jede Einzel-CD dabei sind. Ich musste Daten
sichern und deswegen war der Kauf nötig. Zufällig bekam ich im
Computerladen eine Diskussion zwischen Verkäufer und einem
Stammkunden mit, dass man einem Zulieferer nun einen Prozess an
den Hals hängen wolle. Der hatte eine so genannte Billigshareware
vertrieben was ein Officeprogrammpaket wie dieses Paket mit Word
und Exel war, nur viel billiger und kein Markenprodukt. Für ganze 17
Euro gab es das und im Sonderangebot sogar für 15 Euro. Der
Knackpunkt war aber nicht, dass der Hersteller von Word sich
beschwerte, das hätte er sicher auch nicht gekonnt, weil hier das
Officeprogramm völlig eigenständig wäre, aber sogar noch mehr als
diese Wordsachen könne. Ärger machte eine andere Firma, die teure
Programme herstellt, mit denen man diese häufig auch im Internet
gefundenen PDF-Textseiten produzieren kann, weil man mit diesem
Billigst-Programm solche gleich mit herstellen konnte, wenn man
wollte. Der Verkäufer sagte, wenn man ein Dokument fertig erstellt
hat, dann kann man mit dem Billigprogramm auswählen, ob man es
nur speichert, als Text ausdruckt oder in PDF verwandelt. Der
Hersteller des üblichen, mehrere hundert Euro teuren PDF-
Programmes, hätte Klage eingereicht, weil er seine Rechte damit
angefressen sieht. Der Verkäufer sagte aber, dass im Internet sogar
seit Jahren kostenlose PDF-Programme kursieren, die aber oft nicht
richtig funktionieren, weil der Heimbenutzer dann schon fast den
gleichen Computer haben müsste, wie der Schreiber des Programms.
Irgendwie habe aber der Hersteller des Billigprogramms diese
uneinheitlichen Programme lauffähig zusammengefasst und in dem
Officezeug eingebaut. Er habe sich also gar nicht an dem patentierten
Programm bedient, sondern an den kostenlosen Sachen aus dem
Internet, die ohne Urheberrechte wären. Die andere Herstellerfirma
sieht aber ihre Gewinne baden gehen und will das nun blockieren.
Diese monopolistische Einstellung stößt mir so auf, dass ich gleich
auch ein solches Programm für 15 Euro erwerben wollte, nur aus
Trotz, benötigen würde ich es nicht. Aber die rechtliche Lage war
wohl schon die, dass er die zurzeit nicht mehr verkaufen darf,
sondern nur im Lager liegen lässt, bis dass eine eindeutige
Entscheidung gefallen ist.

Neulich meldete sich ein Herr bei mir, der ein Verwandter von dem
Herrn ist, von dem ich den Suzuki gekauft hatte. Der hatte vor vielen
Jahren ebenfalls einen solchen Suzuki - Alto gehabt und davon noch
einen kompletten Satz guter Sommerreifen auf Felgen auf dem
Dachboden liegen. Da er dringend den Platz benötige, bot er an, mir
diese Reifen zu schenken, wenn ich sie bei ihm selbst abholen würde.
Er wohnte in Münchingen, das ist oben im Nordwesten. Von mir sind
das vielleicht 20 Kilometer, also nicht übertrieben weit und so bin ich
hingefahren. Die Reifen sind wirklich noch recht gut, wohl aber schon
über 10 Jahre alt. Normalerweise sagt man im Rasthaus und im 7.Sinn
immer, man solle keine Reifen benutzen, die älter als 6 Jahre sind,
aber ich denke, bei solch langsam bewegten Autos, wie dem meinen,
wird es keine große Rolle spielen. Der Herr war sichtlich froh, so die
Reifen noch sinnvoll los zu werden und heute fährt er einen modernen
VW - Minivan Touran, da passen diese Reifen gar nicht. Aber es lag
auch noch ein anderes Auto dazwischen, den Suzuki hatte er schon
seit 8 Jahren nicht mehr. Dann hat er noch in der Vergangenheit
geschwelgt, als er noch seine kleine Susi fuhr. Er sagte, er hätte den
damals gerne noch weitergefahren, weil er so schön sparsam war, aber
seine dicke Frau hätte immer Schwierigkeiten gehabt, einzusteigen
und deshalb nach einem größeren Auto gerufen. Die hat ihn dann so
lange weichgekocht, bis er nachgab. Dann war er wohl auf einen VW
- Passat umgestiegen und vor ein paar Monaten auf den Touran. Im
Keller hatte er auch noch ein paar Suzuki - Alto - Ersatzteile
gefunden, die er mir ebenfalls kostenlos mitgab. Diese Sachen hatte er
mal auf einem Schrottplatz mitgenommen, aber selbst nie gebraucht.
Es sind Scheinwerfer, ein Auspuffschalldämpfer und einen
Scheibenwischermotor für die Heckklappe und paar andere Sachen.
So habe ich für den Fall der Fälle schon einen Ersatzteilvorrat und
Reifen auch zur Genüge. Ich hab ja noch die guten Winterreifen, dann
die derzeit am Wagen befindlichen Sommerreifen und jetzt diesen
Satz Sommerreifen dazu, der auch bestimmt noch für 2 Jahre genug
Profil hat. So habe ich bei meinen auf Dauer eher geringen
Fahrgewohnheiten gewiss genug Reifenmaterial für 7 bis 8 Jahre und
wer weiß, was bis dann ist. Der Autofachmann in meinem
Bekanntenkreis sagte, außer den Reifen und dem
Auspuffschalldämpfer würde ich die anderen Sachen sicher nie
benötigen, weil der Suzuki trotz des geringen Preises sehr stabil und
zuverlässig wäre.

Kayla hat sich ein gebrauchtes Fahrrad mit Benzin - Hilfsmotor
gekauft. Ein eigenartiges Gefährt, welches aber sehr gut funktioniert.
Es ist so genial gebaut, dass man den winzigen Benzinmotor, der
direkt an der Radnabe längs angebaut ist, gar nicht sieht, wenn man es
nicht weiß. Es ist noch eine Verkleidung darüber, die es ausschauen
lässt, als wäre es nur ein breiter Kettenschoner, damit man mit
Hosenbeinen nicht in die Fahrradkette gerät. Manche sagen, man
müsse dieses Gefährt versichern, andere sagen man brauche es nicht,
aber man weiß es ja nicht und es sieht auch gar nicht nach Mofa oder
Moped aus, sondern nur nach Fahrrad. Es waren auch keinerlei
Unterlagen über möglicherweise erforderliche Versicherungsdinge
dabei und der Verkäufer hat auch nichts gesagt. An Steigungen muss
man auch generell dazutreten, alleine mit Motorkraft schafft es das
Ding nicht, da der Motor nur 0,4 PS hat. Aber auf geraden Strecken
geht es gut ab und auch in Steigungen merkt man schon, dass man
deutlich weniger kräftig in die Pedale steigen muss, als bei einem
normalen Fahrrad. Der Motor surrt auch recht unaufdringlich leise, es
ist nicht das typische Geknatter, wie man es von Mofas kennt. Man
kann den Motor auch während der Fahrt abstellen und das Ding als
normales Fahrrad weiterbetreiben. Es tritt sich dann nicht schwerer,
als ein normales Fahrrad, da der Motor dabei ganz ausgeklinkt wird.
Ebenso lässt sich umgekehrt der Motor beliebig wieder zuschalten,
wenn man ihn braucht, das Fahrrad muss dazu nur mit einer
Mindestgeschwindigkeit von 7 km/h (oder höher) am rollen sein,
damit der Motor von der Bewegung automatisch
angeworfen wird. Ist die Geschwindigkeit darunter oder steht man
noch, dann kann man den Motor separat über einen schrägen Hebel
unter dem Rad anwerfen, den man per Hand schnell niederdrücken
oder auch mit dem Fuß niedertreten muss. Kayla sagte, dass derartige
Gefährte in ihrer Heimat sehr verbreitet wären und sie es hier nur
beim Vorbeigehen an einem Zweirad-Shop billig gesehen habe. Für
130 Euro war es als 3 Jahre altes Gebrauchtteil zu haben und so hat
Kayla zugeschlagen. Hergestellt wurde es in Paderborn, wie aus
einem Schildchen hervorgeht. Ich denke, es war ein guter Kauf, da es
doch eine deutliche Erleichterung bringt. Kayla wollte sich eigentlich
ein normales Fahrrad zulegen, aber so ist es besser und ein halbwegs
brauchbares neues Normalfahrrad bekommt man heute zu diesem
Preis schon nicht mehr.

Lästig wie Schmeißfliegen werden manche Werber heute. Per
Hausbesuch versucht man nun schon Handyverträge an den Mann
oder die Frau zu bringen. Stehe ich diese Tage im Flur und putze
gerade den Rahmen meiner Wohnungstür, da er etwas verschmiert
war, da kommt ein junger Mann daher. Gepflegte Erscheinung, mit
einem Aktenkoffer. Ungefragt labert er mich an und preist mir die
Vorzüge von den Handys seiner Telefongesellschaft an. Wer sofort
einen Vertrag abschließen würde, der bekäme zum Preis von nur 2,50
Euro Zuzahlung ein Fotohandy mit dem man auch fotografieren und
telefonieren könne und bei Bedarf die Fotos sogar zu sich nach Hause
oder zu anderen senden könne. Ich sagte Ihm, dass ich kein Handy
benötige und dies nur unnötiger Luxus sei, der sinnlos Geld
verschlinge. Dann schaute er mich zuerst an, als käme ich von einem
anderen Planeten, sofort wechselte er in den Modus eines
Versicherungsvertreters, denn er beschrieb mir mit schlimmsten
Ausmalungen, was ich denn wohl machen würde, wenn mir unterwegs
ein Unfall zustoße und ich hätte dann kein Handy dabei, um Hilfe zu
holen. Telefonzellen gebe es auf dem Land keine mehr und er baute
die tollsten Horrorbilder plastisch auf, in dem er von einem
Unfallbeispiel mit mehreren Schwerverletzten erzählte und ich wäre
dabei und könne aber keine Hilfe holen, weil ich kein Handy habe. Ich
bin dann prompt in seine Masche eingestiegen, um ihn mit seinen
eigenen Mitteln auf den Arm zu nehmen, in dem ich zufügte: "Ja und
der Bus, Sie haben den Bus vergessen!" "Bus, was für ein Bus?",
fragte er. Ich fügte an: "In die von Ihnen geschilderte Unfallstelle, bei
der ich ohne Handy keine Hilfe holen kann, fährt noch ein großer
Reisebus rein, voll besetzt mit 100 Kindern und 200 unschuldigen
Tieren! Und die gehen auch noch alle zugrunde, weil ich kein
Handy habe!" "Ja, aber...", wollte er nachfügen. Ich unterbrach ihn
dann: "Halt, das war noch nicht alles, denn in den ganzen ohnehin
schon schlimmen Unfall, stürzt auch noch ein vollbesetztes Flugzeug
rein, mehrere hundert Opfer sind zu beklagen. Und alles nur, weil ich
kein Handy habe!" Sein Gesicht wurde sehr finster, er sagte kein
einziges Wort mehr und ging. Er ging nicht nur aus meinem Bereich,
er wagte sich noch nicht mal mehr, an den anderen Wohnungen im
Flur zu schellen. Viele lassen sich von solchen Typen einlullen und
die verrücktesten Verträge aufdrängen, besonders hier im
Nachbarhaus sollen derartige Verkaufsjongleure schon erhebliche
Erfolge gefeiert haben und mit den abstrusesten Methoden ganze
Familien an den Rand des finanziellen Ruins gebracht haben. Die
Leute dort sind so dumm, wie ein Sack voller Läuse.

In Rückbesinnung auf meine damalige, schwere Erkrankung musste
ich Anfang dieser Woche zu einer etwas lästigen Nachuntersuchung.
Solche Nachuntersuchungen regen mich jedoch schon längst nicht
mehr auf, weil es erfahrungsgemäß recht schnell geht, wenn man erst
einmal an der Reihe ist. Diesmal war aber fast alles anders. Der Arzt
der das sonst immer machte, seines Zeichens sogar ein nicht ganz
unbedeutender Professor, war nicht da. Ein Neuer hat seine Abteilung
übernommen und wird es wohl auch in nächster Zeit fortführen. Mein
gewohnter Professor hat, wie ich hörte, eine Professur in Potsdam
angenommen. Wie kann man nur? Ich meine, wie kann man nur eine
Professorenstelle im schönen Stuttgart zugunsten einer solchen im
doch eher bedeutungslosen Potsdam aufgeben? Naja, ich muss es ja
nicht verstehen. Der neue Arzt hat natürlich seine eigenen Methoden.
Er ist vermutlich noch nicht ganz so erfahren, aber auch schon nicht
mehr der Jüngste, geschätzt knapp an die 50 Jahre alt. Sein Vorgänger,
der Professor, war, wie ich hörte, 57 Jahre alt. Der Neue geht völlig
anders an die Sache heran. Das ist man nicht gewohnt und das
verwirrt einen. Bei dem Professor wurde man aufgerufen, dann stellte
er ein paar Fragen, schaute einem mit einer Speziallampe in die
Augen, seine Assistentin klemmte hier und da ein paar Elektroden an,
irgendwas wurde angezeigt und aufgezeichnet. Dann kam, wie immer,
von dem Professor der freundlich-monotone Satz: "Das war's auch
schon für heute, in einem halben Jahr sehen wir uns wieder!"
Zeitdauer für das ganze Leiberle vielleicht 10 Minuten, höchstens 15,
wenn der Professor dazwischen noch angerufen wurde und genüsslich
- träge eine Tasse Kaffee nebenher trank. Das Schlimmste war nur
immer die langweilige Wartezeit davor im schäbigen Wartezimmer
auf dem Klinikflur, die manchmal bis zu 4 Stunden dauerte. So gut
wie nie wurden dort die Zeitungen gewechselt. Dort konnte man noch
die Illustrierten von vor 2 Jahren lesen. Neue Besen kehren gut, sagt
man, aber ich weiß nicht so recht. Der neue Kontrollarzt hat gleich
alles anders organisiert. Im Wartezimmer ist jetzt eine hellgraue
Theke, neumodische Halogen-Lampen baumeln von der Decke,
eine blutjunge, fast schon frivol gekleidete Arzthelferin hockt hinter
der Theke und wuselt unablässig in Aktenbergen oder telefoniert,
dann ruft sie einen auf. Dafür wurde die Anzahl der Wartestühle auf
vielleicht 5 reduziert, davon sind aber nur 2 besetzt, als ich komme.
Früher standen alleine dort, wo die graue Theke ist, ungefähr 15
Wartestühle und hier hinten, wo heute die 5 stehen, folgten nochmals
über 10 und meist waren fast alle Stühle mit wartenden Patienten
besetzt. Man ruft ja vorher an und bekommt dann den Termin zur
Nachuntersuchung. Das ist auch jetzt noch so, nur wie gesagt, wenn
man jetzt zu dem Termin kommt, sind nur noch höchstens zwei und
nicht zwanzig Leute vor einem dran. Das ist sehr positiv. Wartezeit
ungefähr 15 bis 25 Minuten, höchstens. Wird man dann aufgerufen,
geht es in ein Zwischenzimmer, das gab es früher nicht, dort bereitet
einen die Assistentin auf die Arbeit des Arztes vor und erzeugt etwas
entspannte Atmosphäre, indem sie etwas belanglose Konversation
betreibt. Die Assistentin ist die selbe wie früher beim Professor, nur
früher war sie braunhaarig, jetzt ist sie hellblond gefärbt. Alle Räume
sind total modernisiert worden und man kennt sich kaum noch aus.
Der Arzt selbst eilt nun ständig zwischen 4 verschiedenen, kleineren
benachbarten Behandlungszimmern hin und her, behandelt oder
überprüft zugleich 4 Patienten in einem Arbeitstakt. Ob da nicht
manche Verwechslung passiert und er die Diagnosen durcheinander
wirft? Aber es kommt noch komischer. Als ich dran komme, schaut er
in meine Akte, öffnet eine Tür, die aus seinem Sprechzimmer direkt in
den Klinikpark führt und bittet mich, mit ihm doch in den Park zu
gehen. So gehe ich mit, er platziert mich dort auf einer kurzen weißen
Parkbank, die Platz für gerade mal zwei Personen bietet. "Atmen sie
tief die frische Luft!", sagt er, wobei er mit beiden Händen
gleichzeitig eine flache Bewegung macht, als wolle er eine
Tischdecke gerade streichen. "Bleiben sie hier, ich komme gleich
wieder.", fügt er an und eilt in eines der anderen Sprechzimmer, wohl
zum nächsten Patienten, der nun erst einmal für einige Minuten dran
ist. Nach fast einer halben Stunde kehrt er zurück. Da mir die Zeit
draußen schon etwas langweilig vorgekommen ist, weise ich dezent
unter dem erfundenen Vorwand, dass ich noch gerne einkaufen gehen
würde, auf eine gewisse Eile hin. Diese Bestrebungen kontert er gleich
in sanfter Stimmlage mit den Worten: "Es ist, als habe die Uhr die
Sekunden, Minuten und Stunden auf den Boden gespuckt und die Zeit
keinerlei Bedeutung mehr. Stellen sie sich vor, eine Uhr ohne Zahlen
und ohne Striche auf dem Zifferblatt, vielleicht sogar ohne Zeiger,
ohne Uhrwerk, ohne Bedeutung. Für sie existiert jetzt momentan
keinerlei Zeit mehr. Stellen sie sich vor, die Zeit sei ein fester Block,
der nie verrinnt, der immer zur Verfügung steht. Registrieren sie gar
nicht mehr, dass überhaupt Zeit vergeht." Na der macht mir Spaß,
denke ich, vielleicht sitze ich noch heute nacht hier im Park
und der ergreift hier meine Zeit. Die schöne Zeit, die ich im
Wartezimmer eingespart habe, wird hier scheinbar dreifach wieder
verbraucht. "Lassen sie los, denken sie an nichts, an gar nichts. Bevor
ihnen das nicht gelingt kann ich sie nicht richtig untersuchen, wäre
jedes Ergebnis falsch", sagt er, und verschwindet wieder hastigen
Schrittes in eines seiner Sprechzimmer. Ich richtete mich schon auf
einen ganzen Nachmittag im Klinikpark ein. Es war noch etwas frisch,
aber wenigstens die Sonne kam durch. Wenn ich wenigstens etwas
hier in den ausgedehnten Anlagen spazieren gehen könnte, aber dann
hätte er mich sicher verpasst, so bin ich gezwungen im Bereich der
Bank zu bleiben. Ungefähr nach 20 Minuten kommt seine Assistentin
gelaufen und bittet mich wieder ins Sprechzimmer zu kommen.
Endlich! Der Arzt sitzt hinter seinem Schreibtisch und spricht etwas in
ein Diktiergerät, wobei auch mein Name häufiger fällt. Ich erwartete,
dass er nun die Prozedur beginnt, die früher der Professor immer
machte, die ich eingangs schilderte. Aber plötzlich steht er wie
angestochen hinter seinem Schreibtisch auf, reckt mir seine Hand
entgegen und sagt: "Für heute lassen wir es gut sein, Herr
Lappenkeuler. Ich kann mir zwar kein eindeutiges Bild machen, aber
ich sage mal, es ist alles im erfreulichen Bereich. Bitte melden sie sich
Ende August zu einer erneuten Nachuntersuchung an. Ich glaube,
dann kommen wir weiter. Und entspannen sie sich mehr, denken sie
öfters an nichts, an gar nichts. Achten sie nicht auf die Zeit, sie haben
genug davon, immer genau soviel wie sie brauchen!" Mit diesem
komischen Ratschlag verabschiedet er mich, wobei er zugleich seinen
weißen Kittel ablegt und in einen braungrauen Anzug schlüpft. Er
macht wohl Feierabend, obwohl es erst 14 Uhr sind. Beim Rausgehen
ruft mir die Assistentin noch nach, dass sie den Bericht an meine
Krankenversicherung schickt und die Kostenabrechnung direkt mit
der Krankenversicherung veranlasst, ich brauche mich darum nicht zu
kümmern. Das ist schön, denn diese Aktengeschichten mit der
Krankenversicherung hasse ich ohnehin wie die Pest. Deren
Fragebögen kann man nicht richtig beantworten, weil deren Fragen
immer mindestens zwei- wenn nicht sogar dreideutig sind. Nachher
hat man's dann so verstanden, wie's genau nicht gemeint ist und es
erwachsen einem Nachteile daraus.

Nun wo die Natur sich entschlossen hat, uns in diesem Sommer
wettermäßig in den Hintern zu treten, darf ich bemerken, dass ich das
im Prinzip schon vorher wusste. In einem alten Buch über
Wetterphänomene habe ich gelesen, wenn bestimmte Konstellationen
zu mehreren verschiedenen Terminen in Februar und besonders März
zusammentreffen, dann folgt in aller Regel ein eher kühler Sommer
mit vielen grauen Tagen, natürlich auch vereinzelt mit Sonne und
Hitze, aber das eben mehr nur vereinzelt. Genau diese Konstellationen
haben sich in diesem Jahr erfüllt und so sehe ich bislang die dort
gemachten Deutungen bestätigt. Es wird ein eher kühler Sommer
werden und der Kontrast ist um so größer, weil der vorangegangene
Sommer bekanntlich ein Rekordsommer mit langanhaltender
Superhitze war. Die in dem Buch über Wetterphänomene
dargelegten Abläufe entsprechen ziemlich exakt dem, was man auch
wirklich heute aktuell beobachtet, somit können die ganzen Thesen
von der drastischen Klimaveränderung, die in den letzten Jahren
stattgefunden haben soll, in Wahrheit gar nicht so sehr zutreffen. Man
meint das, weil man immer nur den Zeitabschnitt beobachtet, in dem
man selbst gerade lebt und neigt dann zur Verschlimmerung der
Effekte. Im Gesamtbild trifft dies aber wohl eher weniger zu. Es hat
immer mehrjährige Wechselphasen gegeben und die häufig gehörte
Deutung, dass die Wechsel innerhalb dieser Phasen aber niemals
zuvor so drastisch gewesen wären, wie heute, die sind einfach
grundverkehrt. Auch das ganze Gehabe um abschmelzende Gletscher
ist ein punktueller Betrachtungsfehler. Wie alt ist die Weltgeschichte?
Gemessen daran ist der von den Panikmachern zur Bewertung
herangezogene Zeitabschnitt gerade einmal ein einziger kleiner
Buchstabe auf einer einzelnen Seite in einem 30bändigen Lexikon. Es
hapert am zusammenfassenden Beobachten und Denken, man zieht
voreilige Schlüsse aus einer Momentaufnahme und leitet daraus gleich
gewaltige Maßnahmen ab, die später selbst erst fatale Folgen auslösen
können, weil sie falsch waren, da der nötige Durchblick fehlte.
Übereilte Fehldeutungen gehören mittlerweile zum Standard und
werden durch die ewige pseudowissenschaftliche Untermauerung um
keinen Deut solider. Mir ist aufgefallen, dass es in diesem
Zusammenhang zwei völlig unterschiedliche Sorten von
Wissenschaftlern gibt. Die einen, die anhand von wirklich
nachforschbaren langfristigen Zeitabläufen frühere Wetterabläufe
rekonstruieren und danach ihre Aussagen treffen und die
anderen, die ständig alte schriftliche Wetteraufzeichnungen von
vielleicht den letzten 100 - 200 Jahren als Grundlage hernehmen. Die
letzteren sind es dann auch, die ständig mit fehlerhaften Schlüssen
daher kommen und uns in eine Panik treiben wollen. Die erstgenannte
Gruppe bringt nämlich ein ganz anderes Bild hervor, danach hat es
durchaus erhebliche Klimawechsel ständig gegeben und es geht sogar
noch weiter. Deren Forschungen besagen zudem, dass sich in der
Erdgeschichte sogar das Magnetfeld der Erde schon mehrmals
gewechselt hat. Dort wo wir heute den magnetischen Nordpol haben,
war früher einmal der magnetische Südpol und umgekehrt. Drohende
Magnetfeldwechsel hätten auch immer drastische Klimaänderungen
mit sich gebracht und diese Wechsel verlaufen über mehrere
Jahrtausende. Wir befinden uns jetzt möglicherweise an einem
bestimmten Punkt in dieser Ablaufzeitachse, der eben einen gewissen
zeitweisen Klimawechsel bewirkt und das hat dann nichts mit den
ganzen Fehldeutungen zu tun, mit denen uns die zweite Gruppe dieser
Pseudowissenschaftler ständig überflutet. Bis dass es soweit ist, dass
für uns Menschen das Leben dadurch unmöglich wird, werden
noch einige Jahrtausende vergehen, da aber die Deutungen der
zweiten Gruppe falsch sind, werden auch sie überhaupt nichts an
diesem Gang der Dinge ändern können. Das ist ähnlich, als wenn Sie
zur Behebung der Dunkelheit in einem eingestürzten Haus dort in den
Trümmern eine defekte Glühbirne auswechseln würden. Das würde
am Gesamten nichts wirklich ändern. Der Mensch ist im Vergleich zu
den Naturgewalten die sich dort abspielen, weil sie sich abspielen
müssen, ein unbedeutender Wurm ohne jede Auswirkung. Die Leute,
die dem Menschen immer die Verursachung aller Weltkatastrophen
zuschreiben, tun dies nur, weil sie sich selbst und uns Menschen viel
zu wichtig nehmen.

Für heute soll das erst einmal genügen,
kühlfrische Grüße,

Ihr

Egbert Lappenkeuler
 


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email "Umwege" vom 21.06.2004

Freundlichglänzende Grüße!

Vielen in meinem Bekanntenkreis geht, einmal stark vereinfacht
ausgedrückt, das Geld aus. Ich bedaure es, das ist sehr schade, aber ich
kenne derartige Situationen zur Genüge aus eigener Erfahrung. Diese
Erfahrungen zeigen generell: Kopf hoch, nie den Mut sinken lassen,
irgendwann wendet sich das Blatt, wenn auch vielleicht nicht gleich um
180 Grad, aber oft tun es einige wenige Grade ja auch, damit wenigstens
ein preiswertes Fahrzeug oder etwas mehr Lebensqualität drin ist. Es muss
ja sicherlich nicht gleich ein verchromter Mercedes mit 180 PS sein, um es
einmal etwas überspitzt zu formulieren. Sie entsinnen sich an meine
Berechnungen, wenn man öfters mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren
muss, dann lohnt sich im Vergleich die Beschaffung eines solchen
Billigstautos, wie ich es habe, in jedem Fall, da man die Fahrten mit den
öffentlichen Verkehrsmitteln ja auch nicht geschenkt bekommt. Solange
man in der Lage ist, einfach einige Zeit gar keine kostenpflichtigen
Verkehrsmittel benutzten zu können, ist es natürlich billiger ohne Auto.
Aber schon wenn man gar nicht anders kann und man pro Woche vielleicht
4 mal mit Bus, Straßen- oder U-Bahn oder Eisenbahn oder auch einem
Motorroller fahren müsste, dann ist dieser Billigstwagen seinem Namen
getreu billiger. So ist es ja im Prinzip bei mir. Natürlich hoffe ich weiter,
dass mir teure Reparaturen, Verwarnungs- oder Bußgelder und ähnliche
Kostentreiber erspart bleiben. Aber ich denke, besonders die Sache mit den
Verwarnungsgeldern lässt sich in solch einem Billigstauto leichter im Griff
halten, als in einem teuren, schnellen Wagen. Wenn man sich nicht gerade
welt- oder realitätsfremd anstellt, dann weiß man ohnehin, dass 98 % aller
anderen Fahrzeuge auf den Straßen schneller sind, sofern ihr Fahrer es will,
also braucht man sich mit keinem anzulegen, der Ansporn schneller als
erlaubt zu fahren ist dadurch auch wesentlich geringer, als in einem
teureren Auto. Jeder unausgeschriebene Wettbewerb, den ja manche
Zeitgenossen auf unseren Straßen unbewusst austragen, erübrigt sich so.

Auf Reisen und speziell bei Reisezielen werden von der Masse der
Reisenden vor allem immer bestimmte Sehenswürdigkeiten angesteuert.
Die üblichen Sehenswürdigkeiten, oder das, was die Mehrheit dafür hält,
sehe ich oft als weniger lohnendes Ziel an. Das hat mehrere Gründe.
Einerseits kennt man diese Sachen häufig schon, andererseits vermiesen
einem Horden von anderen Reiselustigen die Möglichkeit, eine richtige
innere Beziehung zu der betrachteten Sache aufzubauen. Das bringt dann
auch nichts, weil man von dem nervenden Gehabe der anderen zu sehr
abgelenkt wird. Wird man dann später gefragt wie war das denn dort, dann
kommt die Antwort: "Sehr voll!" - Also keine Antwort, die sich wirklich
auf die betrachtete Sache bezieht, sondern nur auf die lästigen Umstände,
die damit verbunden waren. Das zeigt, dass man die Sache selbst dann gar
nicht richtig oder nicht genügend wahrgenommen hat, weil die anderen
gestört haben.

Manches Erlebnis im Zug bestätigt meine Haltung, dass es bei der
Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel letzten Endes heute nicht weniger
Pannen gibt, als bei der Nutzung des Autos auch. Stecke ich mit dem Auto
im Stau, so passieren mir bei der Bahn eben Verspätungen oder Vorfälle
durch Fehler, defekte Fahrzeuge oder Weichen, durch Idioten, die sich vor
den Zug geworfen haben und zahlreiche sonstigen Dinge, die ständig als
Verspätungs- oder Ausfallgründe präsentiert werden. Die Vorteile, die man
mir beim Bahnfahren immer vorgaukeln möchte, die gibt es gar nicht mehr.
Da hat es zweifellos früher einmal gegeben, als die Bahn noch ein
Paradebeispiel für Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit war, doch diese Zeiten
sind schon fast ein halbes Jahrhundert vorbei. Ich glaube, wenn man ein
Jahr lang täglich mit der Bahn fahren würde und eine Vergleichsperson die
gleiche Strecke täglich mit dem Auto, dann stünde der Bahnnutzer am
Schluss bei einer Endauswertung nicht mit weniger Verspätungs- und
Problemfällen da, als der Autofahrer, eher im Gegenteil. Und dazu soll ich
mich noch mit total fremden Menschen in ein Abteil oder einen Waggon
zwängen und mir vielleicht deren besoffenes Gerülpse anhören? Weiterhin
muss ich vor der Reise noch zum Bahnhof laufen und nachher wieder
zurück. Das muss ich ja auch zur Reisezeit noch hinzuaddieren. Nein
danke! Das alles hat doch mit der positiv besetzten Bahn, wie ich sie noch
aus den Jahren um 1965 kenne, gar nichts mehr zu tun, außer, dass dieser
Verkehr auch auf Schienen stattfindet. Verspätungen und sonstige Vorfälle
gab es damals auch, aber es war und blieb die Ausnahme, darauf konnte
man sich verlassen. Wenn man ein Jahr lang fast täglich mit der Bahn fuhr,
dann erlebte man vielleicht ein- allerhöchstens zweimal pro Jahr eine
solche Verspätung, die mehr als 5 Minuten ausmachte. Aber heute erlebt
man vielleicht mit der gleichen Häufigkeit, dass ein Zug pünktlich ist. Und
dann die ganzen Schwachköpfe, die einen auf den Bahnsteigen heute blöd
anmachen, dumme Türkenjungs die sich wichtig machen und aufblähen,
mit Taschenmessern herumwirbeln, Drogenhändler und vollgesoffene
Kerle. Dieses ganze Pack hätte man 1965 mit einem kräftigen Tritt in den
Hintern vom Bahnsteig entfernt. Aber unsere Politiker sagen uns heute,
solche Leute brauchen wir hier, na ja, ich schweife gewiss zu sehr ab, und
neige auch etwas zur ungerechten Verklausulierung, aber ich finde, solche
unschönen Randbedingungen vermiesen einem die Lust aufs Bahnfahren ja
zusätzlich noch mehr, als die häufigen Pannen bei der Bahn es ohnehin
schon tun.

Ein Bekannter schrieb mir neulich, dass eine Reise nach Hamburg immer
eine schöne und lohnende Sache sei. Ich bin vor vielen, vielen Jahren auch
vielleicht 4 mal in Hamburg gewesen und die Stadt hat mir wirklich sehr
gut gefallen. Vergleiche ich Berlin und Hamburg miteinander, dann gefällt
mir Hamburg wesentlich besser, zumindest bezogen auf das, was ich von
beiden Städten kenne. Natürlich lernt man bei solchen Besuchen nicht das
ganze Wesen einer Stadt kennen, aber bezogen auf das, was ich gesehen
habe ist es so, die Berliner mögen es mir verzeihen. Hamburg ist zwar
stellenweise ganz schön krass, krasser als alle anderen Städte, die ich
kenne, aber es gibt genug Ecken dort, die das Krasse mehr als aufwiegen.
Jeder Heini hat einen anderen Geschmack, daraus ergeben sich sicherlich
auch andere Vorlieben und bei mir ist das dann halt so, dass Hamburg in
der Hitliste meiner Lieblingsstädte in Deutschland einen der oberen Plätze
einnimmt. Über Berlin wird immer so toll berichtet, gut, es ist ja nun mal
die Bundeshauptstadt, aber mehr als unteres Mittelmaß würde ich Berlin in
einer Gesamtbewertung beim besten Willen nicht zuordnen. Auch die
berühmte Berliner Luft ist schlecht und eher unbekömmlich, während in
Hamburg schon mehr etwas die frische Brise von der Nordsee entlang der
Elbe reinzieht. Stuttgart sagt man ja nach, dass es ein wenig zur Smogfalle
neigt, je nach Wetterlage, bedingt durch teils kesselförmige Ausbildung,
aber trotzdem finde ich, dass Stuttgarter Luft selbst an ihren schlimmsten
Tagen immer noch um mindestens 3 Welten besser ist, als Berliner Luft an
ihren besten Tagen. Damit möchte ich keineswegs die Berliner und die
speziellen Berlinfreunde vergrämen, es ist ja nur mein persönlicher
Eindruck, den ich hier gar nicht zur allgemeingültigen Richtlinie erheben
will. Vielleicht hatte ich auch das Pech, immer zur falschen Zeit dort
gewesen zu sein, wer weiß?

Interessant fand ich jüngst die Darlegungen eines Bekannten zur
Gemeinderatswahl in einem kleinen Eifeldorf. In eher kleinen Orten geht
sicher einiges anders ab, als in Städten, jedoch der Bericht des Bekannten
zeigte deutlich, dass überall der gleiche planlose Wahnsinn um sich zu
greifen scheint. Keiner hat mehr einen Plan oder auch nur Vorstellungen
darüber, was man wirklich will, ganz zu schweigen von einer gemeinsamen
Linie, die vielleicht mehrere Politiker einheitlich vertreten. Dinge, die
alleine schon der gesunde Menschenverstand gebietet, nimmt keiner mehr
wahr, es werden in der Politik heute nur noch aktionistische Schlagworte
geboren, die mit wahllos gestreuten Einzelparolen alles verbessern wollen,
ohne das ein einheitliches Gesamtkonzept dahinter steckt. Das kann und
wird nicht klappen. Man sollte meinen, da immer mehr Leute hochgebildet
und studiert sind, dürfte es doch heute leichter als jemals zuvor fallen,
vernünftige Konzepte zu bilden und jedem ersichtlich zu machen. Aber das
Gegenteil ist der Fall, weil man mehr mit wilden Theorien und Spinnereien
beschäftigt ist, als mit einem praktischem Bezug. Den meisten Politikern
und Verwaltungsbeamten ist der Bezug zur Praxis verloren gegangen und
genauso sehen auch deren politische Entscheidungen aus. Nachher wird
dann mehr Kraft, Zeit und auch Geld an der Beseitigung der dadurch
entstandenen, vermeidbaren Fehler verbraucht, als an der Erarbeitung
wirklich brauchbarer Konzepte.

Wissen Sie, zahlreiche Politiker schwelgen vielleicht gerne im Aufstellen
von Möglichkeiten und Konzepten, für den Fall was man alles schönes
machen könnte, wenn die Sonne grün anstatt gelbweiss leuchten würde.
Für sehr viel Geld würden die noch Gutachten und Pläne ausarbeiten
lassen, was man daraus all für Nutzen ziehen könnte, wenn die Sonne ab
morgen grün leuchten würde. In der Praxis bleibt es aber dabei, dass die
Sonne gelbweiss leuchtet, was auch jeder vorher gewusst hat und dennoch
wurde über solche Pläne nachgedacht und viel Geld und Zeit damit
vergeudet. Das sehe ich stellvertretend als Gleichnis für die Art und Weise,
wie das heute vielfach in der Politik abläuft.

Dass sich Vereinsmeier oft in der Politik tummeln ist eine Krankheit, die
mir leider sehr verbreitet scheint. Leute, denen per se schon jeder Bezug zu
praktischen Dingen meist fehlt. Damit fehlt auch oft das Gespür für das,
was sich wirklich umsetzen lässt und das Erkennen, welche positiven und
negativen Folgen eine Entscheidung haben kann. Vereinsmeier oder
zumindest die, die dort als Führungskräfte auftreten, sind, nach meiner
Erfahrung, oftmals nur hohle Schwätzer, die sich zwar in einer
Versammlung gut verkaufen können, in deren Inneren es aber sehr porös
ausschaut. Halbwissen gepaart mit Borniertheit, Machtstreben und
Durchsetzungsvermögen, eine teuflisch gefährliche Mischung, vor solchen
Leuten sollte man sich generell hüten. Das ist der selbe Schlag Menschen,
der im Mittelalter Hexenprozesse und ähnliche Gräueltaten ins Leben
gerufen hat, wenngleich auf einer anderen Ebene. Aber die Menschheit
wird nicht klug, immer wieder tauchen solche Ungetüme auf und erlangen
gewissen Posten.

Kayla ist es jetzt gelungen, einen Platz in einem Qualifizierungsseminar zu
erhalten. Es gibt derartige Seminare für Ausländer, die dauerhaft in
Deutschland bleiben möchten und hier auch einen Beruf selbstständig
ausüben möchten. Sie will, es ist mehr noch eine Idee in der Rohfassung,
ein kleines Übersetzungsbüro für Thai-Deutsch / Deutsch-Thai eröffnen.
Von ihren Fähigkeiten her wäre sie dazu ganz klar prädestiniert und hat ja
auch schon etliche freie Auftraggeber, die sie schon länger betreut. Solche
Bemühungen sehen die Behörden immer sehr gerne, weil es für die ein
Anzeichen ist, dass es den Leuten ernst ist mit ihrem Einbürgerungswillen
und es nicht nur um den Versuch der Sozialschmarotzerei geht. Wie es in
unserer modernen Zeit so ist, obwohl es in Stuttgart unzählige
Lernanstalten, Schulungszentren und ähnliches Zeug gibt, fast wie Sand
am Meer, möchte man sagen; findet dieses Seminar nicht in Stuttgart statt,
sondern in Heubach. Heubach ist ein Städtchen, ungefähr zwischen
Schwäbisch Gemünd und Aalen gelegen. Plötzlich hat die Verwaltung es
dann eilig. Man hatte ihr von behördlicher Seite den Tipp und die
Antragsunterlagen dazu gegeben und keine Woche später bekam sie einen
Bescheid, dass sie ab Montag, den 21. Juni um 9.00 Uhr dort in Heubach
antreten möchte, um das dreiwöchige Seminar zu besuchen. Jeweils von
Montag bis Donnerstag dauert es und während der Unterrichtstage wird
dort eine Unterkunft gestellt. Heute früh habe ich sie dorthin gefahren und
so bin ich nun eine Zeit lang Strohwitwer, wenn man so will. Ich kenne
mich im Raum Heubach aber so gut wie gar nicht aus. Irgendwann hatte
ich einmal aus Langeweile eine Busreise nach Böblingen mitgemacht, zu
einem Römerkastell oder mehr den Resten davon, die es dort zu bestaunen
gilt. Aber wie das mit solchen Busreisen meist ist, es lohnt sich nicht
mitzufahren, wenn man nicht der Freund von vorgefertigten
Programmabläufen ist. Mit dem eigenen Auto war ich heute früh zum
ersten Mal dort und das gemütliche Erkunden noch unbekannter Straßen ist
immer wieder schön. Auf der Rückfahrt ohne Kayla bin ich gezielt einen
anderen Weg über kleine und kleinste Nebenstraßen gefahren, habe mich
dabei noch verhaspelt und fand mich auf einmal völlig abseits jeder Route
nach Stuttgart in Göppingen wieder. Da es Unsinn gewesen wäre, von dort
aus wieder zur alten Route zurückzufahren, beschloss ich ab Göppingen die
Landstraßen über Ebersbach und durch den Lichtenwald zurück nach
Stuttgart zu fahren, aber das war ein Schuss, der nach hinten losging. Mir
war nicht bekannt, dass die alte Landstraße zwischen Ebersbach,
Thomashardt und Baltmannsweiler gesperrt ist, und bumms, steckte ich in
Thomashardt, einem winzigen Dorf, fest. Welche Idioten veranlassen es
nur, die schönen Querstraßen zu sperren? Jedenfalls war an ein
Durchkommen von Thomashardt nach Baltmannsweiler nicht mehr zu
denken, auch wurde die Sperrung erst in Thomashardt auf Schildern
verkündet, sonst wäre ich ja erst gar nicht bis dorthin gefahren. Man hätte
schon einen Landrover oder einen Schlepper haben müssen, um das
Verbindungsstück zur alten Querstraße doch noch befahren zu können, da
die geistreichen Verkehrsplaner den gesamten Asphalt auf einer Länge von
vielleicht 500 Metern haben abtragen lassen. Ab dort hätte man dann sicher
die alte Straße wieder illegal benutzen können, aber ich habe keinerlei
Lust, für solche Scherze ein Verwarngeld zu riskieren und zudem wollte
ich meiner Susi diese 500 Meter Extrem-Holperpiste nicht zumuten. So
bestand die Wahl, ab Thomashardt entweder nördlich über Schlichten nach
Schorndorf zu fahren und ab dort doch wieder auf die gleiche A 29 -
Strecke zu stoßen, die ich auch bei der Hinfahrt gewählt hatte oder gen
Süden zu zuckeln und über Hegenlohe und Reichenbach auf die A 10 und
dann darauf retour über Esslingen nach Stuttgart zu fahren. Ich entschied
mich für letztere Möglichkeit, da ich keine Lust hatte, ein Stück der
gleichen Strecke noch mal zu fahren. Nach diesen erzwungenen
Erkundungen der Landschaft um Thomashardt, die sich durchaus sehen
lassen kann, war dann doch schon viel Zeit verstrichen und ich bin gerade
erst von dieser Rundreise nach Hause gekommen, bevor ich diese Email
begonnen habe.

Diese Tage habe ich nebenbei eine Lektion mitbekommen, wie man auf
freundliche Art und Weise Leute zur Arbeit antreibt. Schräg gegenüber von
meiner Wohnungstüre im Flur zeigte sich ein dunkelgraubrauner Fleck im
Mauerwerk. Von einem Tag auf den anderen war er da. Ich telefonierte mit
dem Hauseigentümer und der kam vorbei um nachzusehen. Dann beschloss
er, zunächst nichts zu machen und noch einen Tag abzuwarten, in dieser
Zeit solle ich den Fleck beobachten und ihm bei Veränderungen Mitteilung
machen. Nach etwa 4 Stunden hatte sich der Fleck auf das dreifache
Ausmaß vergrößert und wurde zudem sichtlich feucht. Es musste also
etwas gemacht werden, die Frage war nur was. Der Hauseigentümer
schickte eine Sanitärfirma vorbei, die schon öfters im Hause gearbeitet
hatte und sich von früher her hier noch auskennt. Als die nach weiteren 3
Stunden mit ihrem klapprigen Fiat-Transporter hier eintrafen, war der
Fleck selbst schon schätzungsweise 2 Quadratmeter groß, in der Mitte
bildete sich sogar ein schmales Rinnsal mit spärlich fließendem Wasser.
Der Installateurmeister traf mit einem Gesellen ein und kam zu dem
Schluss, dass in der Wand wohl ein Wasserrohr undicht geworden sei. Um
zu prüfen, welche Wasserleitung genau der Urheber des Schadens wäre,
wurden im Keller alle Wasserhähne zu den einzelnen Wohnungen
abgestellt, dann sollte gewartet werden, bis das Rinnsal aufhört zu fließen
und danach Stück für Stück jede Leitung wieder aufgedreht werden, bis es
wieder anfängt. Der Geselle hielt von dieser zeitraubenden Methode nicht
viel, und sagte zu seinem Meister, dass man wohl in jedem Falle die Wand
aufstemmen müsse, egal welches Rohr in ihr dafür verantwortlich sei und
dass man lieber schon mal mit dem Aufstemmen beginnen sollte und dann
ja genau sehen würde, welches Rohr undicht ist. Der Meister sagte leise
und in durchaus freundlichem Ton: "Wer bestimmt hier? Was ist, wenn uns
dann das Wasser beim Aufstemmen plötzlich entgegenschießt und wir
nicht wissen, an welchem Hahn wir es abdrehen sollen?" So war dieser
Punkt geklärt und mit einem Walkie-Talkie bewaffnet wurde der Geselle in
den Keller verbannt. Damit stand er im Funkkontakt zu dem Meister aller
Dinge, der währenddessen kritisch den triefenden Fleck beobachtete, der
sich inzwischen schon wieder in seiner Größe verdoppelt hatte. Außerdem
wölbte sich die Raufasertapete und rollte sich regelrecht von oben
stückweise selbst von der Wand. Der Geselle vermeldete am Walkietalkie,
dass er jetzt alle Hähne zugedreht habe. Aus mehreren Wohnungen, vor
allem in den Stockwerken über uns, regte sich Protest über das fehlende
Wasser, da die Bewohner dort von dem Grund für dieses Theater noch
nichts mitbekommen hatten. Es half alles nichts, das Wasser sabberte
weiter und der Fleck wurde nun sogar scheinbar noch schneller größer. Der
Meister huschte dann auch in den Keller, in der Vermutung, dass der
Geselle nicht alle Haupt-Wasserhähne gefunden habe und demzufolge der
hier zuständige Hahn noch nicht dabei war. Nach einer halben Stunde
kehrten beide aus dem Keller zurück, zu 100 % überzeugt, dass jetzt
wirklich alle Hähne zu seien, trotzdem sprudelte es unverändert weiter.
Eine kurze Diskussion zwischen Meister und Geselle begann, da der
Geselle nun voller Tatendrang doch erst mal aufstemmen wollte. Der
Meister riet weiter ab, in der Befürchtung damit erst recht eine Lawine,
oder besser gesagt, eine Fontäne loszutreten, die man dann nicht mehr
abstellen könne, weil man ja scheinbar den dazugehörigen Wasserhahn
immer noch nicht entdeckt hatte. Auf den Tipp des inzwischen missmutig
herbeigeeilten Hauseigentümers hin wurden in einem Wandkästchen im
Flur noch weitere Absperrhähne entdeckt, die jetzt ebenfalls noch
zugedreht wurden, was aber auch keinen Erfolg brachte. "Es muss etwas
passieren oder wollen sie warten, bis dass der ganze Flur unter Wasser
steht?!", trieb der Hauseigentümer die Leute der Firma an. Schließlich
schickte der Meister den Gesellen zum klapprigen Fiatbus, um dort einen
sogenannten Kangohammer, eine Art verstärkter Boschhammer, der aus
zwei Teilen besteht, und diverse Werkzeuge sowie ein Spezial-
Abdichtspray zu holen. Nach 10 Minuten kam der Geselle ächzend mit
dem schweren Zeug angeschleift. Der Meister befahl: "Schaust, dass nur in
dem ganz dunkle Bereich zuerscht aufstemmscht und vorsichtig! Im ganz
dunkle Bereich isch der Ursprung! Und fang an!!!"  Der Geselle war vom
Schleppen noch sichtlich ausgelaugt und meinte: "Ich muss erst mal Luft
holen, bin ganz fertig vom Tragen."  Ganz ruhig, aber trotzdem in
bestimmendem Ton meinte der Meister daraufhin: "Jaja, lasch dir ruhig
Zeit, aber mach bitte endlich voran und sieh zu dasch es weitergeht!!!" Der
Meister verschränkte dabei seine Arme am Brustkorb und betrachtete die
Schadstelle missmutig. Der Geselle legte los und mit einem schallenden
Getöse wurde das Mauerwerk zerstört. Schließlich trat ein spitzer, feiner
Sprühstrahl zu Tage, der zudem auch noch dampfte, da das Wasser heiß
war. Spätestens jetzt war wohl allen klar, dass es sich um ein undichtes
Heizungsrohr und nicht um eine defekte Wasserleitung handelte. Deshalb
nutzte auch die ganze Abstellerei nichts. Der Hauseigentümer murrte, dass
man darauf auch eher hätte kommen können, wenn man vielleicht im
Keller an der Heizungsanlage einmal auf das Druckmanometer geschaut
hätte, denn bei solch einem Wasserverlust, müsse dort der Druck ja kräftig
abgefallen sein. So musste die Heizungsanlage auch noch abgestellt und
leer laufen gelassen werden. Dafür kehrte das Wasser gleich wieder. Später
schweißte der Geselle die defekte Stelle mit einem Überzugsstück zu. Dann
wurde die Heizungsanlage wieder mit Wasser befüllt, was noch in vielen
Wohnungen Probleme bei der Entlüftung des Systems brachte und dann
wieder hochgefahren. Alles blieb dicht und der Geselle konnte das Loch in
der Flurwand wieder zumörteln. Jetzt, nachdem die Wand einige Tage lang
wieder durchgetrocknet ist, soll sie an den Stellen von einem Maler noch
neu mit Raufaser beklebt und überstrichen werden.  Aber am
interessantesten fand ich stets, wie der Meister seinen Gesellen freundlich,
aber bestimmend zur Arbeit antrieb, während er selbst eigentlich gar nichts
machte.

Nun mache ich für heute Schluss, viele große Grüße, Ihr

Egbert Lappenkeuler