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Auf dieser Seite finden Sie die beiden Lappenkeuler - Beiträge “Einkaufsmöglichkeiten” und “Zwischenbericht” aus dem Jahre 2004. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email "Einkaufsmöglichkeiten" vom 05.05.2004

Einen frischen Wohlgruß.

Schon jüngst hatte ich erwähnt, dass ich vor allem aus Kostengründen so
gut wie keine weiten Reisen unternehme. Die Grenze, ab der ich eine Reise
als weit bezeichne, beginnt bei einer einfachen Entfernungsstrecke von
über 200 Kilometern. Da werden eingefleischte Fernreisende sicher die
Nase rümpfen und mir entgegen halten, dass alles unter 1.000 oder gar
5.000 km noch keine Fernreise ist, aber ich denke, auch bei diesen Werten
sollte man sich auf seine eigenen Möglichkeiten und Gewohnheiten
beziehen. Für mich jedenfalls sind 200 Kilometer schon ganz schön weit.
Jede Entfernung verursacht Kosten, wenn man sie denn zurücklegen will,
es sei denn, man wagt das Abenteuer, auch größere Distanzen per Anhalter
zurück zu legen. Ich reise grundsätzlich niemals per Anhalter, ich habe
aber auch nicht das Bedürfnis danach. Ich sehe auch keinen Bedarf, daraus
eine Standpunktdebatte zu machen, ich kann mit jeder Ansicht zu diesem
Thema gut leben, nur auf mich bezogen steht der Standpunkt unumstößlich
fest, dass ich nicht per Anhalter reise und selber auch grundsätzlich nie
Anhalter mitnehme. Sehen Sie, würde ich Anhalter mitnehmen, dann
würde mir damit schon einer der wichtigen Vorteile, den das Auto
gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln hat zerstört, nämlich der, dass ich
dort nicht mit fremden Leuten zusammenhocken muss. So ergibt sich nun
die Frage, was mir, bei maximal 200 Kilometern Gesamtdistanz noch an
Reisezielen bleibt. Das klingt für den weltgewandten Modernmenschen
lächerlich, aber wer sich die Mühe macht, das einmal genau zu betrachten,
der wird schnell feststellen, dass in einem Umkreis von 200 Kilometern
ganz schön viele Reiseziele existieren, die genauso ihren eigenen Charme
haben und es wert sind besucht zu werden, wie extrem weit entfernte
Länder. Manch einer wird mir vorwerfen, dass ich innerlich zutiefst
gespalten sei, einerseits beschränke ich mich in allem nur auf das regionale
Umfeld, andererseits lebe ich derzeit mit einer Frau aus den Weiten dieser
Welt, aus Thailand zusammen. Ich denke jedoch, das Eine hat mit dem
Anderen gar nichts zu tun und es ist ein Ergebnis des Zufalls, des
Schicksals. Ich bin ja nicht nach Thailand gefahren, um mir dort Kayla
auszusuchen oder abzuholen. Wir haben uns hier, quasi fast bei mir vor der
Haustüre gefunden. Kayla hat auch keinerlei Bedürfnisse ihre alte Heimat
wieder zu sehen oder mich dorthin zu zerren, um mir beispielsweise ihre
dortige Verwandtschaft vorzustellen. Sie hatte ein extrem schlechtes
Verhältnis zu ihrer Familie dort und möchte diese auf gar keinen Fall
wiedersehen. Das rührt daher, weil sie genau betrachtet von ihren Eltern
regelrecht verkauft worden war. Nun das liegt nach ihren Angaben zwar
schon über 15 Jahre zurück, aber die inneren Narben zu ihrer
Verwandtschaft sind so groß, dass es das Letzte wäre, was sie sich
wünschen würde, von denen noch jemals einem wieder zu begegnen. Auch
betrachtet sie Thailand gar nicht mehr als ihre Heimat, sie entwickelt für
das Land keinerlei Gefühle mehr, wie sie sagt. Für Außenstehende lässt
sich das alles nicht so ohne weiteres nachempfinden. Von daher ergeben
sich also für mich auch keine Bedürfnisse zu Fernreisen.
Manche Leute treiben es mit ihrem Fernweh aber auch auf die Spitze. Man
hat den Eindruck, als läge bei ihnen ständig die Frage im Raum, wo endet
die Welt. Bei der Suche nach dem Ende der Welt erhoffen sie sich
vielleicht irgendwann einmal, dass tatsächlich jemand kommt und auf diese
Frage sagt: Fahren Sie noch 20 Kilometer nach rechts und dann noch paar
Kilometer geradeaus und sie sind da. Nein, nein, die Entfernung bildet bei
einer Reise keine Qualitätsstufe und schon gar kein Qualitätssiegel.
Manche verfallen aber in diesen Irrglauben, dass eine möglichst weite
Reiseentfernung für sich alleine schon eine positive Qualität darstellt, was
jedoch barer Unsinn ist. Seit dem ich wieder ein Auto habe ist das Reisen
natürlich wesentlich einfacher geworden und macht gleich wesentlich mehr
Spaß. Meine 200 - Kilometerregel hat sich dadurch jedoch nicht verändert.
Gewiss wäre die Obergrenze mit einer bequemen Luxuslimousine auf 300
oder auch 400 Kilometer angestiegen, aber hier in dem Kleinwagen bleibt
sie bei 200 Kilometern. Eine gewisse Zeit und eine gewisse Strecke fahre
ich sehr gerne und genieße dabei wirklich jeden gefahrenen Kilometer,
aber wenn eine bestimmte Menge überschritten ist, dann schlägt diese
Freude schlagartig in Missmut, Unlust und Müdigkeit um. Diese
Schallmauer liegt auch in dem Suzuki bei mir immer in der Umgebung von
200 Kilometern. Mal tritt der Effekt nach 170 Kilometern auf, mal erst
nach 250 Kilometern, aber es bleibt in diesem Bereich. Dann habe ich
plötzlich gar keine Lust mehr Autozufahren oder überhaupt zu reisen.
Wenn der Punkt erreicht ist, sehe ich zu, dass ich in schöner Landschaft
bald einen Platz zum Rasten, Verweilen und Wandern finde. Dann bleibe
ich dort vielleicht 2, 3 Stunden und trete dann die Reise nach Hause an. Ein
Bedürfnis in der Ferne zu übernachten habe ich generell nicht, ich muss
abends wieder in meinem Bett liegen. Ich hasse es, in fremden Betten
übernachten zu müssen. Ein großer Favorit unter meinen Reisezielen sind
bestimmte Stellen des Rheins, die aber von Stuttgart leider schon hart an
der Grenze des 200 - Kilometerbereiches liegen. Mit Kayla war ich nun
auch schon einmal am Rhein und sie war völlig hin und weg davon. Also
wird es uns dorthin auch im nahenden Sommer gewiss noch öfters
hintreiben. Des weitern bilden bestimmte Stellen des Schwarzwaldes einen
festen Kern in der Spitzengruppe meiner Lieblingsreiseziele und das ist ja
nicht sehr weit von hier. Auch der Bodensee ist immer eine Reise wert und
zu jeder Jahreszeit unbeschreiblich schön, aber je nach Ziel fährt man doch
schon sehr lange, bevor man dort ist. Mir gefallen auch einige Strassen
dorthin nicht so richtig, weil diese mehr für Raser ausgebaut sind und
manche aggressiven Zeitgenossen explodieren schon hinter ihrem Lenkrad,
wenn sie nur von weitem ein, nach ihrer Ansicht, solch unbedeutendes
Auto vor sich sehen. Da gibt es Verrückte, die rasten ohne jeden
ersichtlichen Grund aus und zeigen einem einen Vogel, blenden mit
Dauerlichthupe auf und dergleichen, nur weil man auf einer Landstraße,
wo man zwar 100 fahren darf, aber ja nicht muss, längere Phasen mit 80
oder 90 km/h, anstatt mit 120 oder noch schneller saust. Ich lasse ja jeden
vorbei, der vorbei will, ich unternehme generell nichts, so etwas zu
unterbinden, wie es manche selbsternannten Fahrlehrer auf unseren Straßen
oft tun, aber trotzdem lädt man seinen Zorn bei mir ab. Ich wundere mich
immer häufiger über die rohen Sitten. Diese rohen Sitten trifft man aber
meist nur auf einigen bestimmten Strecken häufig an, auf anderen Strecken
so gut wie gar nicht. Woran das liegt, bleibt mir ein Rätsel. Trotzdem
können diese Vorfälle mir nicht die Freude am Autofahren verderben. Ich
denke mir meinen Teil über diese Zeitgenossen und wenn sie vorbei sind,
spielen sie eigentlich keine Rolle mehr für mich und ihre Bedeutung
zerfällt zu einem Nichts.

Jetzt aber zur weiteren Ergänzung der begonnenen Zusammenfassung über
Einkaufsmöglichkeiten hier am Ort. Es ist natürlich die Frage, welche
Einkaufsmöglichkeiten will man überhaupt erwähnen. Müssen sie in einem
bestimmten Umkreis erreichbar sein, bzw. in welchem Umkreis sollten sie
erreichbar sein, um Erwähnung zu verdienen? Gilt hier das gesamte
Stadtgebiet von Stuttgart, dann gebe es fast nichts, was es nicht gibt. So ist
das bekanntlich in solch größeren Städten nun einmal. Ich beschränke mich
deswegen dann doch mehr auf mein direktes Umfeld hier in meiner
Wohngegend und zusätzlich vielleicht noch auf Geschäfte in etwas
weiterer Entfernung, die ich tatsächlich öfters nutze. Ich nehme also ein
wenig eine Wichtung vor, da damit besonders bei den etwas weiter entfernt
liegenden Geschäften nur die eine Chance haben, in meiner Liste
aufzutauchen, die ich auch wirklich ab und zu mal besuche. Das wiederum
sind bei meinen Einkünften nicht sehr viele. Eigentlich müsste ich die
Innenstadt mit ihren großen Kaufhäusern und Konsumtempeln auch noch
dazu rechnen, weil die Entfernung von meiner Wohnung dorthin selbst zu
Fuß kaum länger als 20 bis 25 Minuten Gehweg ausmacht, wenn man
normal geht. Wenn man eilt schafft man es locker in 15 Minuten. Das für
mich wichtigste Geschäft in der Innenstadt hatte ich Ihnen aber bereits
genannt, das C & A - Textilwarenhaus, wo ich fast sämtliche Kleidung
erwerbe. Sogar meine Schuhe kaufe ich zu einem Teil dort, weil dieses
Textilwarenhaus seit einigen Jahren auch Schuhe führt, die relativ
preiswert und langlebig sind. Die üblichen 0815-Kaufhäuser wie Karstadt-
Quelle, Horten, Kaufhof und so weiter sind für mich keine Kaufadressen.
Aber da wir eben vom Reisen gesprochen haben, erwähne ich vielleicht
den Besatz mit Reisebüros, obwohl ich die nun überhaupt nicht nutze. Für
mich bräuchte es keine Reisebüros zu geben. Mir ist da aufgefallen, dass
besonders in den Stadtrandlagen in den letzten Jahren unzählige kleine
Reisebüros eröffnet haben. Früher gab es einige in der Innenstadt und
vielleicht noch ein paar wenige kleine in den Vororten, heute gibt es in
jedem Stadtteil mehr Reisebüros, als noch vor einigen Jahren in der ganzen
Stadt. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass diese vielen
Reisebüros wirklich alle wirtschaftlich existieren können. Da müsste fast
jeder Stuttgarter zweimal jährlich dort eine Reise buchen, um die halbwegs
auszulasten. Wie bereits angedeutet, ich bin kein Kunde bei denen, wozu
auch? Meine gelegentlichen Tagesreisen mit dem Auto, dazu braucht man
nun wirklich kein Reisebüro und zuvor mit dem Zug habe ich auch keines
gebraucht. Baumärkte sind heute natürlich auch der große Renner; aber ich
habe den Eindruck, dass auch hier der Zenith bereits überschritten ist. In
jedem Vorort gibt es mehrere davon und in den letzten Jahren sind immer
wieder neue hinzu gekommen, aber erst vor wenigen Wochen habe ich
festgestellt, dass sang- und klanglos schon zwei davon inzwischen wieder
verschwunden sind. Bei der Vorbeifahrt mit der Susi prangte an einem
altetablierten Baumarkt ein großes Schild einer Immobilienfirma "Zu
verkaufen", der Markt selbst stand leer und war sämtlicher Hinweise auf
den ehemaligen Baumarkt beraubt. Noch schlimmer in einem anderen
Stadtteil, dort ist der frühere Baumarkt gleich ganz verschwunden, das
heißt man hat alle Gebäude dem Erdboden gleichgemacht. In dieser
Branche frisst mittlerweile wohl auch einer den anderen. Immer größer und
prunkvoller, aber leider nur selten wirklich billiger, habe ich festgestellt.
Sind die Artikel dann doch mal billig, dann taugen sie in aller Regel nichts.
Die sicherlich unvorstellbaren Unterhaltskosten für diese Mammutbauten
müssen die Betreiber natürlich irgendwie wieder herein bekommen und das
geht nur über die Preise, auf Kosten der Kunden. In Baumärkten bin ich
sehr gelegentlich Kunde. Mit einer kleinen Wohnung meines Zuschnitts
hält sich der Bedarf in Grenzen. Vor einiger Zeit habe ich mein Bad neu
verkleidet und teils anders gekachelt. Es gab einige unschöne Stellen und
der Hauseigentümer hat gesagt, wenn ich da in Eigenregie etwas machen
möchte, könne ich das tun, er wird auf seine Kappe in naher Zukunft keine
Verbesserungen einbauen lassen. So hatte ich mich entschlossen, diese
Änderungen mit einigen billigst erworbenen Restposten aus dem Baumarkt
selbst zu machen. Das war ungefähr Mitte letzten Jahres. Diese
Verkleidungen mit imprägniertem Holz sind mir auch recht gut gelungen,
obwohl ich derartiges zuvor noch nie gemacht hatte, aber die Kachelungen
waren ein Fehlschlag. Zu behaupten, einiges wäre schräg geworden, wäre
die pure Lobhudelei. Schief ist englisch und englisch ist modern, würde
meine frühere Ehefrau, von der ich schon seit Menschengedenken
geschieden bin (gottlob, diese blöde Ziege), zu so was gesagt haben. Ich
kann es selbst nicht mehr sehen und sinne auf Änderung, scheue aber den
Dreck und die Arbeit. Auch ärgert mich, dass dann die eigentlich noch
neuwertigen, schönen violetten Kacheln schon nach einem halben Jahr
wieder abgerissen und entsorgt werden müssen. Das ist eben das Lehrgeld,
welches man als Baumarktkunde wohl einfach manchmal bezahlen muss.
Vom Fachbetrieb so etwas machen zu lassen, das ist bei meinen Einkünften
keinesfalls drin. Da wird Ihnen schwarz vor Augen, wenn Sie sehen
würden, was das bei denen kosten soll. Dann schon lieber schräg und
billig. Wäre ich alleine, würde ich gar nicht darauf sinnen, die schrägen
Kacheln wieder gegen etwas besseres auszutauschen, aber ich möchte
Kayla das auf lange Sicht nicht zumuten, obwohl sie noch nichts dagegen
gesagt hat. Ich warte jetzt nur noch auf einen wirklich billigen Restposten
an Kacheln in einem Baumarkt, der mir zusagt, dann wird zugeschlagen
und dieses mal kaufe ich mir einige Tüten Klarsicht-Abstandshalter dazu,
dann sieht die Sache nachher schon gleich besser aus.
Mein Fazit hierzu: Baumärkte gibt es also genug. Viel schwieriger wird es
nach meinen Erfahrungen in einem benachbarten Umfeld der Baumärkte.
Versuchen Sie mal hier in der Stadt ganz einfachen, schlichten Sand zu
bekommen, um z.B. damit Mörtel anzurühren. Gar nicht so einfach. Mit
dem Zement werden Sie in den Baumärkten in jeder beliebigen Menge
überschüttet, bis Sie keiner mehr darunter findet, aber glauben Sie, auch
nur einer der Baumärkte könnte Ihnen größere Mengen Sand liefern?
Fehlanzeige! Der eine oder andere Baumarkt hat geringe Mengen Sand
abgepackt in Säcken vorrätig, dann aber dafür zu Apothekenpreisen, die
vermuten lassen, dass es in dem Sand noch Goldnuggets geben muss.
Zu etwas anderem, welches wir bislang auch noch nicht beleuchtet haben:
Autohäuser und Autowerkstätten. Viele, ja sogar sehr viele davon gab und
gibt es in Stuttgart. Einige haben in den letzten Jahren dicht gemacht oder
sind mehr in die Vororte bzw. an den Stadtrand umgezogen, weil die
Platzverhältnisse am alten Standort zu eng wurden. Besonders eine Marke,
die mit dem Stern, genießt hier Heimvorteil. In Stuttgart arbeitet ohnehin
vielleicht jeder Fünfte bei oder zumindest irgendwie für Mercedes. Wie
man weiß, beschäftigt dann auch noch in Zuffenhausen Porsche viele
Leute, aber im Vergleich zu den Benzern in Untertürkheim sind das dann
doch nicht so viele. Da diese Leute alle sehr günstig Werkswagen bestellen
können, fahren die meisten davon auch Mercedes und verkaufen diese nach
einem halben oder ganzen Jahr sogar noch mit Gewinn wieder.
Dazwischen fallen aber auch Wartungen und dergleichen an, wodurch es
sich für die Marke lohnt, hier viele Werkstätten und Autohäuser zu
unterhalten. Aber andere Marken sind trotzdem auch gut vertreten, selbst
für meinen Suzuki sind mir auf Anhieb in Stuttgart und Umgebung gleich 3
Autohäuser bekannt, obwohl diese Marke in Deutschland gewiss nun
wirklich nicht zu den verbreitetsten zählt. Das ist für mich aber nur
interessant für den Fall, dass man vielleicht mal Ersatzteile beschaffen
müsste. Die Reparaturen würde der Bekannte von mir preiswert machen,
der mir auch die Beratung beim Kauf gegeben hat. Der ist aus diesem
Beruf und kennt sich auch besonders gut mit asiatischen Automarken aus,
bei denen es nach seinen Angaben manchmal einige kleine Besonderheiten
oder Eigenheiten gegenüber dem üblichen Aufbau europäischer Autos
geben soll. Das ist nicht negativ gemeint, sondern einfach bei bestimmten
Einstellungen oder Schraubensachen wären dort Dinge anders gelöst, als
man dies hier macht.
Bleiben wir beim Fahren. In den letzten Jahren sind auch Fahrradgeschäfte
wie Pilze aus dem Boden geschossen. Ich schätze, dass alleine im Umkreis
von 5 Kilometern um meine Wohnung über 10 Fahrradgeschäfte existieren.
Brauche ich aber nicht, weder für Räder noch für Teile.
Einige Werkstätten für Motorräder und ähnliches Zeug gibt es auch, eine
der Suzuki-Autowerkstätten führt zugleich auch Suzuki-Motorräder. Aber
das ist auch nicht meine Baustelle. Es fallen mir etwa 3 derartige
Werkstätten ein, aber es gibt sicherlich mehr davon in Stuttgart.

Erst vor wenigen Wochen hat in einem kleinen früheren Elektroladen eine
Lampenwerkstatt aufgemacht. Ob sich das lohnen kann, kann ich mir nicht
vorstellen. Der repariert ausschließlich Lampen. Wer lässt sich denn heute
noch eine defekte Lampe reparieren? Der übliche Weg ist wegwerfen und
neu kaufen. Aschenbecher und ähnlichen Firlefanz bietet ein beinahe
benachbarter Laden an. Ich vermute, dass der Ableser des Strom-, Wasser-
und Gaszählers dort häufiger eintritt als ein echter Kunde, und der kommt
schon selten. Ich habe mir auch schon überlegt, vielleicht sind das nur
Tarngeschäfte und dahinter steckt etwas ganz anderes.
Recht gut zu laufen scheint ein Spezialladen für Tiefkühlkost. Das ist
ähnlich wie ein Lebensmittelsupermarkt, aber eben nur für Tiefkühlkost.
Ich war bislang zweimal drin. Was mir gefällt ist, dass nicht nur
tiefgefrorenes Gemüse, Fleisch oder Fisch angeboten wird, sondern vor
allem auch komplette Fertiggerichte als Tiefkühlkost. Man braucht die
dann nur nach der Anleitung in der Mikrowelle oder im Backofen
aufheizen und hat ein wirklich sehr schmackhaftes, frisches Essen. Ich war
begeistert davon. Aber einen großen Nachteil haben diese Sachen auch, sie
sind doch leider sehr teuer und kommen für mich daher nur in
Ausnahmefällen in Frage. Kayla kocht ja ganz anders als ich. Wenn ich
koche, kaufe ich meist die Zutaten bei dem Plus-Markt oder dem Aldi, z.B.
Spinat aus der Tiefkühltruhe, bereite die nach Anleitung zu und ein paar
Nudeln, Knödel oder Kartoffeln dazu, vielleicht noch eine Siede- oder
Bratwurst oder ein paar Eier dazu, ebenso von Plus, Aldi & Co. Für die
Zubereitung eines solchen Essens benötige ich ungefähr eine gute halbe
Stunde, vielleicht auch etwas mehr (ohne die Einkaufszeit gerechnet).
Kayla hingegen überlegt sich, was sie kochen möchte, saust dann wie der
Wind in die Stadt, kauft alle Gemüse u.s.w. frisch im Gemüseladen ein,
keine Tiefkühlsachen, Fleisch macht sie selten, aber wenn wird auch das
meist frisch gekauft, eher schon Fisch, da greift sie wechselweise auch auf
Frischware vom Markt oder manchmal auch auf den Tiefkühl-Lachs vom
Aldi zurück. Der ist meist wie frisch aus dem teuren Fischladen, nur 80 %
billiger. Kayla wuselt dann in der Kochecke und ich würde sagen, in fast
der gleichen Zeit, die ich für das Fertigkochen der Tiefkühlsachen
benötige, kocht sie das komplette Menü einschließlich aller Schäl- und
Putzarbeiten an den Zutaten. Das geht bei ihr wie der geölte Blitz und
manch ein Fernsehkoch wie Johann Lafer & Co hätte Mühe mitzukommen.
Mir persönlich wäre es zu lästig, jeden Tag diese Zutaten frisch
einzukaufen, aber sie macht das gerne und weiß auch genau, wo es was
frisch und günstig gibt. Diese Art der Essenszubereitung ist vielleicht am
Schluss um 20 % teurer als meine, aber dafür sind die Waren echt frisch
und nicht nur tiefkühlfrisch. Sie kauft auch genau die Mengen, die
ausreichen, um uns zu sättigen ohne dass groß etwas übrig bleibt oder es zu
wenig ist. Wenn ich so etwas kaufen sollte, würde am Schluss die Hälfte zu
viel sein, weil ich da kein Gefühl für die benötigten Mengen an Gemüse
u.s.w. habe. Das würde dann natürlich auch teurer, weil man viel Gemüse
sinnlos gekauft hätte.
Zurück zu den Einkaufsmöglichkeiten. Hergestellt um auf Dauer mit
Füssen getreten zu werden, Schuhe nämlich, zur Lage der Schuhläden hier
gibt es bedrohliche Anmerkungen. Früher gab es in jedem Stadtteil gleich
mehrere davon, heute bekäme ich Mühe, Ihnen in der ganzen Stadt noch 3
Schuhläden aufzuzählen, einmal ausgenommen die großen Filialen von
überregionalen Ketten wie Salamander, Deichmann und dergleichen, die es
natürlich in Reichweite der Innenstadtlage noch gibt. Einige modebetonte
Spezialläden für Frau und Herrn Neureich möchte ich in der Betrachtung
einmal ganz ausklammern, nicht nur weil ich dort niemals Kunde werde,
sondern auch weil ich solche Läden nicht als wirkliche Schuhgeschäfte
betrachte. Die würden genauso gut durchsichtige Plastikdreiecke oder
parfümierte Heringe verkaufen, wenn diese in Mode kämen und sich zu
hoffnungslos überteuerten Wucherpreisen an eingebildete Neureiche
absetzen ließen. Wenn Neureichs aber so dumm sind, so leichtfertig ihr
Geld für Modemüll aus dem Fenster zu werfen, so sind sie selbst schuld,
wenn sie unbemerkt von solchen Geschäftemachern, die das ausnutzen,
über den Tisch gezogen werden. Das typische Schuhgeschäft hingegen ist
dem Tode geweiht. So ein richtig typisches, in welches man sich als
Normalbürger noch hineintrauen kann, ohne gleich von gesalzenen
Modepreisen wieder zur Tür hinausgedrückt zu werden und wo es auch
noch fachlich fundierte Beratung gibt, ich könnte Ihnen heute nur noch ein
einziges nennen. Wie ich schon weiter vor bemerkte, kaufe ich hingegen
die meisten Schuhe, wenn ich denn mal welche kaufe, was ja auch eher
selten vorkommt, bei dem C & A - Textilladen, wenn ich dort ohnehin
zwecks Textilkauf hin muss. In dem besagten Schuhladen kaufe ich aber
auch vielleicht alle 3 Jahre mal ein neues Paar hinzu. Man kann zwar nicht
behaupten, dass deren Schuhe zu einem billigen Preis zu haben sind, aber
Beratung und Qualität stimmen dort einfach. Auf Dauer rechnet es sich
dann doch. Alle Schuhe, die ich in meinem Leben dort gekauft hatte,
passten auf Anhieb sehr bequem, man konnte viele Jahre sehr gut darin
gehen und die meisten Paare davon habe ich heute noch, also sie halten
sehr lange. Ich kann und werde nicht viel Geld ausgeben, aber an Schuhen
zu arg zu sparen, das ist ein Schuss, der nach hinten losgehen kann.
Rückenleiden, Fußkrankheiten und sogar scheinbar simple Erkältungen
liegen oftmals an schlechtem Schuhwerk. Sparen ja, aber nicht um jeden
Preis und an der falschen Stelle. Lieber eine Hose in schlechter Qualität,
als Schuhe in schlechter Qualität, pflegte eine nette Ärztin in der
Krankenanstalt stets zu sagen, in der ich längere Zeit einlag. Eine schlechte
Hose, das sieht man meist nur, aber schlechte Schuhe, das spürt man früher
oder später und es rächt sich oft bitter. Was die Schuhläden der Ketten
anbetrifft, so kann man dort Glück aber auch Pech haben. Man kann sagen,
dass rund 50 % der Ware dort optisch schön verpackter Müll sind, 30 %
sind relativ brauchbar und der Rest durchaus sehr gut, man muss also
höllisch aufpassen. Die Fachberatung lässt oft bei denen zu wünschen
übrig, weil es zählt das, was verkauft werden muss und weniger die
Belange des Kunden. Früher habe ich dort zuweilen schon mal Schuhe
gekauft, seit längerem aber generell nicht mehr. Also die Lage der
Schuhläden ist hier dramatisch schlecht und ich befürchte, dass der eine
gute Laden, den ich gelegentlich besuche, auch in den nächsten Jahren
untergehen wird.
Auffallend, wenn auch nicht im Sinne eines typischen Geschäftes, ist die
Zunahme von privaten Geldtransport-, Wachschutz- und
Sicherheitsbetrieben, die sich oft ebenfalls in kleinen früheren
Ladenlokalen niederlassen. Aber dazu kann ich natürlich nicht viel sagen,
da die bei mir wohl kein Einsatzgebiet vorfinden würden.
Versicherungen finden Sie hier an jeder Ecke mit ihren Büros. Ich frage
mich manchmal, was wollen die Leute denn alles versichern? Alles will
man absichern, möglichst auf Nullrisiko und wenn dann der Schadensfall
eintritt, finden sich Klauseln, die die Bezahlung verhindern und dann ist
der bescherte Ärger um so größer. Das schöne Beitragsgeld jahrelang treu
und doof eingezahlt und am Schluss doch nichts bekommen, wegen
kleingedruckter Klauseln. Wie oft hört man davon?! Ich sehe die meisten
Versicherungen als sinnlose Geldmacherei an. Sie lohnen sich im Prinzip
nur dann, wenn man von einem Schadensfall kurz nach dem Abschluss
heimgesucht wird, ansonsten hätte man mit dem eingesparten
Versicherungsgeld den Schaden meist auch locker selbst begleichen
können, sofern man diesen Beitrag auf einem Sparkonto angelegt hätte.
Das ist zumindest bei kleinen Leuten wie mir so. Welche großen Schäden
sollen dort schon entstehen? Gut, im Zusammenhang mit dem Auto ist
alles möglich, da muss man ja auch eine Haftpflichtversicherung haben, die
habe ich natürlich auch. Aber Teil- oder Vollkasko? Brauche ich bei dem
Wagen nicht. Dass er geklaut wird, ist eher unwahrscheinlich und bei
anderen groben Zerstörungen könnte ich mir so oder so keinen neuen
Wagen leisten, auch dann nicht, wenn mir die Versicherung vielleicht 300
Euro für den Schaden ersetzen würde. Und Vollkasko bei einem Auto,
welches mit einem Zeitwert von etwa 1.500 Euro eingestuft wird (auch
wenn es tatsächlich nur 850 gekostet hat), da lacht selbst jeder
Versicherungsvertreter drüber, und die wollen einem nach Möglichkeit für
alles eine Versicherung andrehen. Ansonsten, eine private Haftpflicht habe
ich in begrenztem Umfang, da hätte ich sonst doch ein wenig ein mulmiges
Gefühl, obwohl man auch die bei genauer Betrachtung canceln könnte.
Aber Hausratversicherung? Brauche ich nicht, mein ganzer Hausrat
verkörpert einen tatsächlichen Zeitwert von vielleicht 2.000 Euro, eher
noch deutlich weniger, wenn ich den Toshiba-Notebook-Computer einmal
ausklammere. Da wären 5 Jahresbeiträge der Versicherung schon teuer, als
der Zeitwert ist, da diese heute meist vom Neubeschaffungswert der Teile
als Bezugssumme ausgehen. Wie dem auch sei, die meisten Leute sehen
das heute sicher anders, denn sonst würden nicht in jedem Stadtteil an allen
Ecken gleich mehrere Versicherungsbüros ihr sicheres Einkommen haben.
Es gibt da geradezu eine Schwemme.

Für heute möchte ich damit den zweiten Teil der Betrachtung der örtlichen
Einkaufsmöglichkeiten abschließen. Es wird mit Sicherheit in einiger Zeit
auch noch ein dritter Teil folgen, doch zuerst muss ich mich wieder etwas
sammeln und überdenken, was es hier noch alles so gibt. Man geht oder
fährt zwar täglich an diesen Geschäften vorbei, wenn man sie aber aus dem
Stegreif auflisten soll, dann kommen die Aussetzer, so sehr man sich auch
anstrengt. Je mehr man sich verbissen anstrengt, um so heftiger fallen die
Aussetzer aus.


Viele Grüsse an Sie,

Ihr

Egbert Lappenkeuler
 


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email "Zwischenbericht" vom 10.05.2004

Schöne, helle Tage!

Hallo da bin ich schon wieder. Ereignisse, Begebenheiten, Änderungen und
dergleichen führen zu neuem Berichtenswertem. Nicht davon belastet,
trotzdem bemerkenswert finde ich die Warnung vor einer neuen Sorte von
Computern. Viele Menschen rümpften schon seit langem die Nase darüber,
dass Computer Geräusche machen. Es brummelt und rauscht ständig, bei
manchen Geräten mehr, bei anderen weniger, aber ganz ohne ist keiner. So
war das bis Anfang des Jahres wohl. Irgendeine Firma hat nun einer
Meldung zur Folge ganz schweigsame Computer auf den Markt gebracht,
die gar kein hörbares Geräusch mehr abgeben sollen. Das kostet extra, weil
der Apparat ohne jeden Lüftungsventilator auskommen soll und innen eine
Speziallösung mit Öl in einem Metallteil oder so was gemacht wird. Ich
habe davon keine Ahnung. Hier wird jetzt davor gewarnt, weil schon
alleine in und um Stuttgart inzwischen 4 Brände durch derartige
geräuschlose Moderncomputer entstanden wären. Bei langem Betrieb sei es
passiert, dass das Metallteil mit dem Öl geplatzt sei und dieses Kühlöl habe
sich, den ganzen Computer und dann auch alles daneben sofort entzündet.
Dann habe ich doch lieber etwas Lärm und kalte Füße, anstatt eine ruhige
aber brennende Bude.

Der Amtsschimmel ist hier in der Stadt derzeit das Pferd mit dem meisten
Ausritt, wie mir scheint. Kayla, die ja nach wie vor noch unter ihrer
vorherigen Wohnadresse in dem Unterkunftsheim bei ihren 2 ehemaligen
Leidensgenossinnen gemeldet ist, erhielt ein aus 16 Einzelseiten
bestehendes Fragebogenpapier von der Ausländerbehörde. Ein
umständliches Werk, sehr klein gedruckt, mit Hunderten von Kästchen
zum Ankreuzen, formuliert in einem umständlichen Behördendeutsch,
welches mir als Einheimischem schon größte Schwierigkeiten bereitet.
Seltsame Fragen, was man da alles so wissen will. Fragen nach Namen,
Geburtsort- und -Datum der Eltern sowie Namen und Alter von eventuellen
Geschwistern, Verwandten u.s.w. bilden dabei noch den harmloseren Teil
am Anfang. Sogleich möchte man eine möglichst exakte Beschreibung
haben, wann und auf welchem Weg, mit welchen genauen
Zwischenstationen und Verweildauern Kayla nach Deutschland gekommen
ist und von wann bis wann sie hier in Deutschland wo gelebt hat. Auch will
man wissen, auf welche Weise sie dabei gereist ist, ob mit Zug, Auto, Bus,
Schiff, Flugzeug oder gar in Verstecken in irgendwelchen Lieferwagen.
Dann geht es mit Begriffen weiter, die für deutsche Behörden noch vor
wenigen Jahren völlig undenkbar gewesen wären. Da wird doch allen
Ernstes gefragt, ob Kayla eine sexuelle Beziehung zu einem deutschen
Partner oder zu ausländischen Mitbürgern hätte. Das ist aber auch noch zu
harmlos, denn darauf folgt die Frage, ob sie mit wechselnden Partnern
sexuelle Dinge vollzieht oder ob sie gar gegen Bezahlung, also
gewerbsmäßig sexuelle Dienstleistungen anbietet, also der Prostitution
nachgeht. Eine Demütigung jagt die Nächste und es schwillt einem schon
der Kamm, wenn man diese Unverschämtheiten nur liest. Schließlich wird
angedroht, dass mit einer Verfügung verlangt werden könne, dass sie
zwangsweise von einem Facharzt daraufhin untersucht werden könne, ob
Anzeichen zu gewerbsmäßiger Prostitution oder ähnlichem vorliegen, falls
unkorrekte Angaben gemacht würden. Hier werden billigste Klischees
bedient und generell alle Asiatinnen oder Frauen vergleichbarer Herkunft
mit dem Stempel Prostituierte versehen. Zurückbetrachtet kann man zwar
eine gewisse Nähe zu dieser Thematik nicht ganz wegdiskutieren, wie ich
Ihnen ja berichtete, war sie einmal mehr zwangsweise oder halbwegs
zwangsweise kurz für einen solchen Menschenschinder tätig, bis dass
dieser, dank der Polizei, aufgeflogen ist und eingelocht wurde, aber
scheinbar kann man es sich bei den Behörden nicht vorstellen, dass dies
nun vorbei ist und sie jetzt nicht auf eigene Rechnung einem
vergleichbaren Sexjob nachgeht. Auch fast schon belustigende Fragen
folgen. Eine davon lautet, ob Kayla irgendwo am Körper Tätowierungen
besitzt und falls ja, sollen diese möglichst genau beschrieben, nach
Möglichkeit sogar fotografiert und durch ein beigelegtes Foto dokumentiert
werden. Sie besitzt keine, daher gibt's nichts auszufüllen und zu
fotografieren, aber sehr eigenartig ist das schon. Natürlich wird auch gleich
angekündigt, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Ausweisung denkbar
ist. Sie können mir glauben, ich habe das menschenverachtende Machwerk
mehr als zehn Mal genauestens allseitig unter die Lupe genommen, ob es
nicht eine boshafte Fälschung eines vielleicht verärgerten
Hausmitbewohners oder sonstigen Neiders ist, aber es scheint echt zu sein,
so ganz sicher bin ich mir da aber immer noch nicht. Noch bevor wir
überhaupt auch nur eine Seite dieser papiernen Unverschämtheit ausfüllen,
haben wir zusammen auf Anraten des Herrn Smelka, den ich dazu
telefonisch befragt hatte, eine umfangreiche Protestnote aufgesetzt. Er hielt
es für sinnvoll, sofern es mir persönlich zumutbar und recht wäre, dass ich
dort zumindest leicht andeute, dass ich beabsichtigen würde, Kayla zur
Ehefrau zu nehmen, auch wenn man das später nicht wirklich in die Tat
umsetzen würde. Das glättet die Wogen und brächte für die Prüfer
normalerweise die Sache gleich in ein völlig anderes, ruhigeres
Fahrwasser. Dann würde zwar intern geprüft, wer ist dieser vermeintliche
Heiratskandidat überhaupt, ob da nicht vielleicht ein stadtbekannter
Zuhälter oder eine Gestalt aus diesem oder einem anderen kriminellen
Umfeld dahinter steckt, aber da hätte ich ja nichts zu befürchten, da ich
keinerlei kriminelle Vergangenheit vorzuweisen habe. Sieht dann alles
danach aus, dass es eine eher normale Mann-Frau-Beziehung ist, die hinter
der Sache steckt, dann könnte es sein, dass man diesbezügliche Akten in
die Ecke wirft und sich wieder anderen Dingen zuwendet. Auch weil man
dort weiß, dass es im Ernstfall ohnehin in einer Ehe enden würde, wonach
dann sämtliche Gegenargumente der Ausländerbehörde in sich
zusammenfallen und wirkungslos würden. Man merkt, dass Kayla davon
natürlich sehr verunsichert ist und sich noch mehr schutzsuchend an mich
klammert. Sie traut sich seit diesem Brief fast schon nicht mehr für die
Einkäufe alleine aus dem Haus, weil sie befürchtet, rabiate
Behördenbedienstete würden sie wie ein Hundefänger einfangen und
ausweisen, noch bevor ich überhaupt mitbekommen habe, was überhaupt
los ist. Das ist natürlich sicherlich unbegründet, jeder weiß, dass das in
Deutschland so einfach normalerweise auch nicht geht, aber wenn man sich
einmal in ihre Lage versetzt, kann man es schon ein wenig verstehen.
Immerhin hat sie auch den unbeschreiblichen Vorteil, dass sie perfekt
Deutsch spricht und sich überall gleich verständlich machen kann, das ist
bei ihren Leidensgenossinnen nicht so.
Zweifellos gibt es auch bei mir Verständnis dafür, dass Deutschland nicht
beliebig Ausländer hier hereinlassen kann, daran ginge das Land kaputt,
zumal wenn diese alle noch Ansprüche geltend machen, Wohnraum auf
Staatskosten beanspruchen oder gar kriminellen Machenschaften
nachgehen, um damit ihren Aufenthalt hier zu finanzieren. Da bliebe am
Schluss für uns selbst nichts mehr übrig und wie man an mir sieht, gibt es
aus den eigenen Reihen Bedürftige genug, ohne dass wir uns da noch
andere hereinholen, um die mit durchzufüttern. Aber man muss dabei
schon etwas genauer hinsehen. Leute wie Kayla schaden durch ihren
Aufenthalt Deutschland in keiner Weise, im Gegenteil, sie bereichert in
mehrfacher Hinsicht Deutschland ganz gewaltig. Sie werden sagen, klar,
dass ich so rede, weil ich ja den Vorteil daraus ziehe. Ich habe mit ihr eine
nette gute Partnerin, so wie man es heute eigentlich kaum noch kennt, ohne
große Ansprüche, ohne Spleen und trotzdem so lieb und nett, wie man sich
als Mann eine Frau nur wünschen kann, aber ich denke, sie bereichert auch
andere. Sei es durch ihre Dolmetschertätigkeit bei dem Autoteileexporteur
und der Behörde, die nun im Dank dafür zurückschießt, welch eine
Absurdität, aber auch sonst. Sie beansprucht ja nicht wirklich groß etwas.
So sind wir jetzt gespannt, wie die Ausländerbehörde auf unsere
Protesteingabe reagiert. Der Smelka hat schon angedeutet, dass er sich bei
größeren Problemen einschalten wird und da sicherlich helfen kann, einige
Unklarheiten auszuräumen. Er hält das Ganze für eine pauschalisierte
Vorgehensweise dieser Behörde, die nach einem steifen
Maßnahmenkatalog bei allen ihren Leidensgenossinnen und ihr so nun
automatisch abläuft. Er geht auch davon aus, dass die meisten
Leidensgenossinnen von ihr wohl am Schluss wieder ausgewiesen werden,
sofern sie nicht gute Gründe für eine Aufenthaltserlaubnis vorweisen
können oder einen Deutschen heiraten oder dies wenigstens glaubhaft
machen können. Ich kann natürlich nicht alle retten, das ist auch gar nicht
meine Absicht, Kayla sollte schon hier bei mir bleiben, wir passen
zusammen wie der berühmte Deckel und der Topf, aber was aus dem Rest
wird? Es sind da durchaus noch einige nette Damen darunter, natürlich
keine Kayla, aber alle die anderen sprechen schlecht Deutsch, manche
sogar kein einziges Wort. Es sind aber auch ein paar blöde Ziegen dabei,
die ständig aufgeregt palavern und einem permanent auf die Nüsse gehen.
Diese nervöse Sorte Frau kenne ich aus meiner früheren Ehe zur Genüge
und davor kann ich nur warnen. Ständig Ansprüche, ständig etwas zu
nörgeln, dauernd unternehmungslustig und auf besondere Ereignisse aus,
dauernd sinnlosen Anschaffungen von wirklich restlos nutzlosem Zeug
nachjagen, dauernd mit sich selbst und ihrem Outfit beschäftigt und ewiges
Wehklagen über belanglose Dinge ihrer Freundinnen u.s.w., einfach zum
Kotzen und derartige Frauen können einem schon ganz schön den Spaß
verderben. Aber dass es auch heute noch anders geht, beweist Kayla.
Jedoch möchte ich Sie nicht mit meinen längst vergangenen Eheproblemen
von vor 16 Jahren langweilen, die es nach meiner heutigen Meinung auch
nicht wert sind, überhaupt noch erwähnt zu werden. Von mir aus kann sich
meine damalige Frau heute auf dem Mond befinden, dort gehört sie auch
hin. Ich weiß, der arme Mond wäre mit ihrer Besiedelung zu bedauern,
aber damit täte er ein gutes Werk.

Manche Leute leben auch heute noch im schieren Überfluss und wissen
nicht mit welchen sinnlosen Ausgaben sie ihr Geld verheizen sollen. So
gibt es einige hundert Meter von hier ein Einfamilienhaus, dort hat der
Inhaber jetzt einen niederen Bretterzaun für 4.000 Euro pro Meter aus
polierten Edel-Hartholzdielen anbringen lassen. Dieser Zaun erfüllt
überhaupt keinen Zweck, er ist so niedrig, dass er mit einem einfachen
Schritt ohne jede Anstrengung selbst von einem 90jährigen Greis
überstiegen werden könnte. Wenn ein Zaun aber keinen Sinn erfüllt, wozu
macht man dann überhaupt einen? Der Grund kann für mich nur im
sinnlosen Verprassen von Geld zu finden sein. Der selbe Neureich fährt
auch 3 Autos, einen dicken Mercedes-Luxuswagen, einen Mercedes-
Geländewagen neuester Bauart, der auch sehr viel kostet und für die
ständig überschminkte Madame natürlich einen Mercedes-Cabrio-
Sportwagen mit versenkbarem Verdeck. Manche Leute schimpfen über uns
Sohis, weil wir angeblich nur vom Staat schmarotzend leben würden, aber
die sollten lieber einmal bei solchen Leuten hinter die Kulissen schauen! Es
ist nach meiner Auffassung überhaupt nicht möglich, mit ehrlicher Arbeit
soviel Geld zu verdienen, dass man sich davon so etwas leisten kann. Das
geht gar nicht. Entweder bescheißt der mit Steuertricks oder sonstigen
Linkereien den Staat oder seine Mitmenschen oder beides, anders kann das
gar nicht sein. Das sind aber dann die Leute, die am Lautesten über uns
Sohis nörgeln, weil wir vielleicht ein paar hundert Euro jeden Monat
angeblich nur dafür kriegen, dass wir auf der faulen Haut liegen. Wer weiß,
würde ich meine Zeit dazu nutzen, um derartige Betrügereien zu planen,
wie der das macht oder Steuertricks zu erforschen, dann könnte ich sogar
noch ruhigen Gewissens sagen, ich habe den ganzen Tag gearbeitet und
streiche mit diesem Beschiss dann pro Jahr einige Millionen ein. So frage
ich: wer ist dann am Schluss der bessere Mensch? Dieser Halunke, der
jährlich vielleicht Millionenbeträge ergaunert, sich aber damit als voll
berufstätig bezeichnet und in trügerisch legalem Licht sonnt, oder einer wie
ich, der ja auch nicht ohne Grund in die Lage gebracht wurde, nicht mehr
arbeiten zu müssen, dafür aber pro Monat nur einige hundert Euro von der
Allgemeinheit erhält. Wenn ich das so betrachte, dann habe ich nicht den
geringsten Hauch eines schlechten Gewissens bei meiner Art zu leben.
Wenn man uns Sohis an die Karre pissen will, dann muss man es auf der
anderen Seite auch bei solchen Typen tun. Die schaden der Gesellschaft
viel mehr, als unsereins. Genauso müsste dann fast jeder Bauer daran
glauben und Ärger bekommen, denn die leben heute auch nur noch vom
Staat und den EU-Förderungen, die ja auch von uns allen bezahlt werden.
Das weitet sich aus. Selbst alle im Bergbau beschäftigten Leute wären dann
fällig, denn die existieren auch nur noch von Subventionen und alle
Berufspolitiker sowieso, die leben doch nur von dem Geld von uns Blöden
und kriegen ihre dummen Sprüche noch hoch bezahlt und werfen
monatlich endlose Millionenbeträge z.B. für Gutachten und Vorhersagen
von Wirtschaftsanalysten hinaus, die sich ständig als völlig falsch
entpuppen. Die wirkliche Lage verändern tun diese blödsinnigen und
ständig verkehrten Vorhersagen ohnehin nicht, also kann man sie sich auch
ganz schenken.

Wirklich verärgern kann mich das aber alles nicht, auch wenn das hier
vielleicht einen Moment lang so klingen mag. Ich genieße meine
derzeitigen Möglichkeiten in einer inneren Zufriedenheit, verlange vom
Leben gar nicht mehr. Was will man schon mehr? Ob ich jetzt einen wer
weiß ich nicht was hochglanzpolierten Edel-Palisander-Bretterzaun vor
dem Grundstück und dem Kopf habe oder nicht, das gibt mir rein gar
nichts und geht mir so etwas meilenweit am verlängerten Rückgrat vorbei,
dass man es mit Worten gar nicht beschreiben kann.

Vor einigen Tagen hatten wir eigentlich eine für meine Verhältnisse
außergewöhnlich weite Reise an den Bodensee und sogar bis in die
Schweiz und nach Liechtenstein geplant. Wir wollten in Kreuzlingen in die
Schweiz und dann dort quer bis Liechtenstein, einmal über Schellenberg
nach Vaduz, wo ich ja auch ein paar Jahre gelebt habe und eine längere
Zeit in einer Privatklinik in Planken an den Drei Schwestern zugebracht
hatte. Ich habe eigentlich damals sehr gerne in Vaduz gelebt, aber es gibt
Gründe, die ich Ihnen vielleicht später einmal nenne, die zu meiner
Rückkehr vor einigen Jahren nach Stuttgart führten. Für Ortsfremde,
Planken liegt bei Vaduz und die Drei Schwestern ist ein Bergrücken, nicht
die Klinik heißt so, wie es oft verwechselt wird. Die Klinik liegt nur
wiederum am Rücken dieses Bergrückens. Ich meine, in Liechtenstein liegt
nach unseren Entfernungsgewohnheiten alles bei Vaduz, aber Planken liegt
eben besonders bei Vaduz, einige Kilometer nordöstlich davon. Das schöne
kleine Land in der Schneise habe ich jetzt schon lange nicht mehr besucht
und so erschien mir eine Fahrt dorthin reizvoll. Bis zum Bodensee sind, je
nachdem wohin man dort möchte, rund 180 Kilometer, man kann auch
zum nördlichen Zipfel, dann sind es nur 155 Kilometer oder so ähnlich,
aber das ist die sogenannte Überlinger Niere oder manche nennen diesen
Teil auch Überlinger See, aber der richtige Bodensee beginnt bei mir erst
ab der Linie Konstanz-Meersburg, weil ab dort erst so richtig die endlose
Weite des Schwabenmeeres zum Tragen kommt. Bis dorthin sind es eben
fast 180 Kilometer. Bis Lindau, der südlichsten Stadt Deutschlands, auf der
südlichen anderen Bodenseeseite ist es noch viel weiter. Bis Vaduz sind es
von hier etwa 270 Kilometer, also noch ein sattes Stück weiter und mit
dem kleinen Suzuki wäre das schon eine gewisse Strapaze. Es ist noch in
dem Entfernungsbereich, den man sich vielleicht einmal pro Jahr gönnen,
oder besser gesagt, zumuten kann. Es klingt vielleicht für manchen seltsam,
aber in Liechtenstein atmet man eine ganz andere Luft, als in der Schweiz,
obwohl es mittendrin liegt. Die Luft wirkt dort intensiver und noch
frischer, aber nicht so kalt wie in der Schweiz, befreit von allem Ballast.
Viele glauben das nicht, weil die Lage ja nun wirklich eingekreist zwischen
Schweiz und Österreich das absolut gleiche Klima und die gleiche Luft
erwarten lässt. Aber der echte Klimaforscher hat dann für die Unterschiede
doch eine Erklärung parat. Da Liechtenstein größtenteils in einer Schneise
liegt, wirkt diese Lage wie ein Durchzugsschacht oder wie ein leichter
Kamin, der die meist angenehm frischmilden Luftströmungen die vom
Bodensee im Norden heranwehen kanalisiert und in Richtung Chur in der
Schweiz ableitet. Dort prallen sie dann an die noch höheren Berge der
Plessur-Alpen und wirbeln in großer Höhe als Fallwinde wieder zurück bis
Liechtenstein. Dadurch ergibt sich dort oft die völlig eigenständige frische
Luft, die die Frischheit der kälteren schweizer Hochalpenluft mit der Milde
des Bodenseeklimas verbindet. Kurz gesagt, also sehr frische Luft, die aber
nicht so saukalt und damit besser erträglich ist, als die in der Schweiz.
Leider soll durch diese Luftströmungen die Anzahl der angegrauten Tage
in Liechtenstein etwas höher sein, als in den benachbarten Gebieten,
jedenfalls behaupten das manche. Das kann ich aber nicht unbedingt
bestätigen, da mein Eindruck ist, dass gerade durch die besagten
Luftzirkulationen und Strömungen der graue Dunst sich dort nicht lange
halten kann. Er tritt zwar vielleicht oft auf, ist aber dafür in
nullkommanichts wieder weg, während er in der benachbarten Schweiz
lange hängen bleibt, wenn er erst mal da ist.
Aber leider! Zuerst brachte uns das wenig erbauliche Regenwetter von
dieser Idee ab, dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen, dass es
vermutlich bei Kaylas Grenzübertritt Probleme geben würde. Sie verfügt
derzeit über keinen richtig korrekten Personalausweis und die Schweizer
sind da sehr eigen. Manchmal winken die einen lässig durch, als könnten
sie erst gar nicht erwarten, dass man nur so über die Grenze braust, aber oft
sind sie dann wieder ganz genau und befragen einen auf eine schon beinahe
penetrante Weise, als habe man vor, das Staatsgold zu stehlen. Dabei
erinnere ich mich, dass besonders beim Anblick asiatischer Gesichtszüge
die Genauigkeit der Schweizer Grenzbeamten gleich drastisch zunimmt,
das hatte ich damals schon festgestellt. Nun hat Kayla nicht gerade extrem
asiatische Gesichtszüge, aber man würde sie trotzdem gleich auf Anhieb,
wenn auch gemildert, in diese Kategorie einordnen, vielleicht als Mischling
zwischen Asien und Europa oder ähnlich, aber immerhin. Dann folgt für
den Durchschnittseuropäer die zweite Auffälligkeit, das sie besonders klein
und extrem zierlich schlank ist. Alles was halbwegs aus der Norm fällt,
fällt auf und wird daher mit Sicherheit öfter und intensiver kontrolliert.
Daher wäre der Versuch einer Grenzbereisung ohne Personalausweis
töricht und wir haben das Vorhaben auf Eis gelegt. Zunächst gilt es zu
überlegen, was zu tun ist, wie Kayla überhaupt an gültige Papiere kommen
kann, denn ein Dauerzustand ist das ja auch nicht. Auch hier wäre das
Ausländeramt gefragt, siehe oben, aber ich warte erst einmal die weitere
Entwicklung mit diesem Wust aus Fragebogen und unserer Protestnote ab.
Das Verreisen bei dem Dauerregen macht ohnehin keine Freude und da
spare ich lieber das Benzin für schönere Tage. Bei den momentanen
Benzinpreisen kriegt man ohnehin die Sparwut. So habe ich nun versucht,
den Verbrauch noch unter die scheinbar nicht mehr leicht zu knackende 5-
Liter- Marke zu drücken. Ich bin auf Autobahnen generell nicht mehr
schneller als 100 km/h gefahren, auf Landstraßen nur 80 km/h, eilige Starts
und dergleichen gar nicht. Das hat aber dann auch nicht mehr viel gebracht,
immerhin so liegt der Verbrauch dann bei 4,7 Litern, aber der geringe
Unterschied zu 5 wird dann doch mit merklicher Umorganisation der
Fahrweise erkauft und man muss ständig aufpassen, nicht in den
gewohnten Fahrstil zurück zu fallen. Daher lasse ich das wieder und kehre
zum gewohnten Fahrstil zurück, der mit 5 Litern ja nicht wirklich
nennenswert Mehrverbrauch bringt, aber dafür ein viel angenehmeres
Fahren. Wenn die Witterung angenehmer wird, reisen wir vielleicht dann
zuerst nur für einen oder vielleicht auch zwei Tage an den Bodensee und
achten darauf, stets auf deutschem Terrain zu bleiben. Im Bereich des
Bodensees ist man ja schnell aus Unachtsamkeit plötzlich in die Schweiz
oder nach Österreich geraten. Meist wird dort nicht mehr groß kontrolliert,
aber wenn, Sie wissen ja, wegen Kayla. Ich würde auch gerne die
Bregenzer Festspiele mal besuchen, die auf einer Bühne mitten im
Bodenseewasser dargeboten werden, aber Bregenz, kurz hinter Lindau
gelegen, ist schon Österreich. Die kontrollieren viel seltener, als die
Schweizer, eigentlich so gut wie gar nicht mehr, aber Sie wissen ja, wie es
der Zufall und der Teufel manchmal so wollen und wir hätten gerade das
peinliche Glück, daher lasse ich lieber Vorsicht walten.

Wegen einer anderen Angelegenheit musste ich noch neulich kurz ins
Behördenhaus. Zur Übernahme meiner Heizkostenabrechnung war mir ein
falscher Kontrollbeleg zugesandt worden, mit der mein Hausbesitzer nichts
anfangen konnte. Mir selbst war das gar nicht aufgefallen. Damit es
beschleunigt geregelt werden konnte, bin ich selbst dort vorbei gefahren,
um den fehlerhaften Zettel zurück zu geben und in der Hoffnung, bei dieser
Gelegenheit gleich den korrekten Wisch mitnehmen zu können. Das war
wieder so eine Odyssey! Beim Zentralpförtner gefragt, der auch eine
Infostelle hat. Der verwies mich an ein Büro im hinteren Bauteil, 6.
Stockwerk, Zimmer 647. In dem Behördenhaus kenne ich mich langsam
aber sicher etwas aus, daher fand ich den Weg dorthin mühelos und
schnell. Zimmer 647, angeklopft, auf dem Türschild stand "Frau Madlach".
Ein zackiges "Herein" folgte. Ich also in die Bude und dort saß ein blasse
Frau, etwa Mitte 30, mittelschlank mit leicht rotblondem zerfuseltem Haar.
Ich erläuterte ihr mein Problem mit der Heizkostengeschichte. Dann
begann sie schlagartig lauthals brüllend zu lachen. Weshalb wusste ich
nicht, was sollte an meinem Problem so lustig sein? Sie bekam sich gar
nicht mehr eingeholt und kicherte unablässig weiter, machte mehrere
Ansätze, mir irgendetwas zu sagen, aber kam nie dazu, weil sie erneut von
Lachanfällen geschüttelt wurde. Ich wurde schon etwas unsicher, weil ich
vermutete, dass ich mich vielleicht im Flur oder sonst wo besudelt hatte
und deshalb auf Grund meines Äußern den Grund für ihre Lachsalven
abgab. Mir fiel aber nichts komisches an mir auf. Dann kam eine weitere
Frau ins Büro und lachte gleich mit, beruhigte sich aber schnell wieder. Sie
erklärte mir dann, dass beide nicht wegen mir lachen würden, sondern
wegen einer komischen Sache. Sie überflog den von mir mitgebrachten
fehlerhaften Wisch und schickte mich damit zu einer Stelle im Anbau,
zweiter Stock, Zimmer B 214, Herr Röhrig sei dort für so was zuständig.
Ich verließ also den kichernden Hühnerstall und eilte in den Anbau. Dort
erlebte ich schier Unglaubliches. Sind denn heute hier in dem Bau alle
verrückt? - dachte ich, oder ist schon wieder Fasnet oder etwas
vergleichbares? Vor der Tür B 214 kroch ein Mann auf allen Vieren über
den glatt gebohnerten dunklen Flurboden. Zuerst war ich im Glauben, der
Herr wäre auf dem glatten Boden gestürzt und raffe sich gerade wieder auf,
aber er machte zum Aufraffen keinerlei Anstalten und krabbelte weiter in
einer seltsamen Haltung auf allen Vieren über den Boden. Da weit und
breit keine andere Person im Flur zu sehen war, es war ansonsten wie tot
hier, überlegte ich, ob es vielleicht besser wäre, schnell zu verschwinden
oder ob es besser ist, jemandem hier in den Büros Bescheid zu sagen? Ich
entschloss mich für letzteres und preschte in Zimmer B 214-ohne zuvor
anzuklopfen. Ein zerzauster Herr, etwa 55 Jahre alt, schoss wie eine Rakete
hinter seinem Schreibtisch hoch, wurde weiß wie eine Wand und brüllte:
"Mannnnn, können Sie nicht anklopfen, da fährt man ja gen Himmel, so
wie sie hier reinplatzen!" Ich werfe ein Wort der Entschuldigung in den
Raum und zeige auf den Bodenkriecher im Flur und erkläre dem
Büroinsassen die Lage und den Grund für meinen Überfall, da ich
dringende Not für den Flurkrabbler befürchte. Der Büroinsasse ist der Herr
Röhrig, den ich ohnehin aufsuchen sollte, der streckt nur kurz seinen Kopf
in den Flur und sagt: "Ach das ist nur der Herr Wehrle, der hat das öfters.
Kümmern sie sich nicht drum, in ein paar Minuten ist das vorbei. Eine Art
epileptischer Anfall oder so was, ansonsten ist der Herr Wehrle aber ganz
fit und macht hier teilzeits den Hausboten im Anbau. Man darf sich gar
nicht darum kümmern." Währenddessen ackert dieser Wehrle weiter im
Flur auf allen Vieren und es kratzt, als ob ein Hund versucht zur Tür
hereinzukommen oder es wirkt auch ein wenig, wie wenn ein Käfer, der
auf den Rücken gefallen ist, wirsch umherzappelt, nur der Wehrle liegt
nicht auf dem Rücken sondern ackert auf allen Vieren herum. Also das
muss man gesehen haben und ich bin schon sehr verwundert, dass man mit
einer solchen Krankheit hier noch arbeiten kann. Die Sache mit dem
fehlerhaften Heizkosten-Wisch ging dafür aber problemlos und schnell.
Der Röhrig erklärte dann noch, dass dieser bedauernswerte Wehrle nach
ein paar Minuten wieder aufstehen würde und gar nichts mehr von seinem
Anfall wüsste, er könne sich gar nicht daran erinnern. Der Amtsarzt habe
gesagt, man soll ihn möglichst einfach krabbeln lassen, da beim Versuch
ihn zu bändigen ansonsten der Anfall schlimmer werden könne und
großartig verletzen könne er sich im Flur ja nicht. Na dankeschön, was ist
denn, wenn dieser Mann aus der Krabbelgruppe gerade auf einer Treppe
oder auf der Straße seinen Anfall bekommt, gar nicht auszudenken? Der
Röhrig erläutert, dass dieser Wehrle schon seit über 20 Jahren dort im Amt
tätig wäre und man habe ihm schon vor über 10 Jahren den Ruhestand
angeboten, aber den wolle er nicht, weil er keinerlei sozialen Kontakte
mehr hat und alleine lebt. Privat wird er wegen der Anfälle wohl gemieden
und findet keine Leute, mit denen er wenigstens mal ein paar Worte reden
kann, so sei er froh, wenigstens hier im Schwabenzentrum beruflich noch
auf Menschen zu treffen. Es gibt schon harte und eigenartige Schicksale.

Eigentlich wollte ich Ihnen hier noch einiges weitere schreiben, aber die
Zeit drängt, weil Kayla und ich noch schnell einige Besorgungen machen
müssen. So hebe ich das bis zum nächsten mal auf.

Ein Paket aus Grüssen von hier,
senden Ihnen

Kayla Huyan + Egbert Lappenkeuler