LPK-A7

Auf dieser Seite finden Sie die beiden Lappenkeuler - Beiträge “Hinzufallen ist keine Schande” und “Ortsbilder” aus dem Jahre 2004. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email "Hinzufallen ist keine Schande, nur liegen zu bleiben, das ist eine Schande." vom 07.03.2004

Einen gutgeziemten Gruß!

Kennen Sie Bedienungsanleitungen von Geräten und Computern? Na gute
Nacht, wird manch einer sagen und muffig abwinken. Es geht auch
anders! Dass es geradezu vorbildlich anders geht beweist das
Bedienbüchlein zu meinem neuen Notebook - Computer, welchen ich, ich
berichtete es Ihnen, vor mehreren Wochen in einem Preisausschreiben
gewonnen hatte. Alleine dieses Bedienbüchlein hätte einen ersten Preis für
Fach- oder Sachliteratur verdient, falls es so etwas gibt. Natürlich sind auch
die erstaunenswerten technischen Fähigkeiten des Notebooks in höchsten
Tönen zu belobigen, vor allem wirkt es auf mich auch heute noch, nach
über 3 Wochen, wie ein Wunder aus einer fernen Welt, wie man auf solch
engem Raum so viele Möglichkeiten unterbringen kann, von denen mein
alter großer Computer selbst in seinen kühnsten Träumen nie zu träumen
gewagt hätte. Fernseh-DVD-Aufnahmen in Echtzeit und dabei zugleich in
einem unterteilten Fenster noch in Word-Texte schreiben, bei denen man
sich vor lauter Faszination zwar dauernd vertippt, aber mir bleibt die
Spucke weg. Wenn man wollte, könnte man zusätzlich zugleich auch noch
Daten ins Internet übertragen und in einem weiteren Teilfenster Fotos
verschönern, sofern man über 4 Hände verfügen würde. Die ersten Tage
hatte ich etwas Angst vor dem neuen oder eigentlich mehr Angst davor,
dass ich es nicht auf Anhieb begreife und vor mir selbst eine Blöße
eingestehen müsste, wer macht das schon gerne, aber mit dem goldwerten
Bedienbüchlein ist jeder Anflug solcher Angst restlos unbegründet.
Und noch etwas. Was man anhand der Beschreibungen an dem Gerät auch
nachvollzieht und in Gang bringen will, es funktioniert generell auf Anhieb
ohne Rückversicherungen und ohne Mätzchen.

Ansonsten, ich berichtete Ihnen vor kurzem über meine neue
"Zwangsarbeitsstelle". An das Fahren des Arbeitspritschenwagens habe ich
mich mittlerweile gut gewöhnt, weil wir damit viel unterwegs sind.
Natürlich würde ich trotz allem lieber zu Hause bleiben können und tun
was mir passt, aber es geht nun mal nicht. Ohne Übertreibung kann ich
sicherlich sagen, dass ich von den möglichen Übeln zum Glück das kleinst
Mögliche bekommen habe. Mein Glück war wohl das Eingeständnis vor
allen, dass ich einen Führerschein besitze. Den hatten sicher auch viele der
anderen dort, aber weil eigentlich alle eine unkooperative Haltung der
Sache gegenüber hatten, wollte keiner ein Zugeständnis oder eine
Bewegung in die Richtung der anderen Seite machen. Zum Glück schoss es
mir dabei durch den Kopf: lieber Autofahren, anstatt irgendwo Dreck fegen
und dieser Gedanke erwies sich als goldrichtig. Wenn ich nun nach ein
paar Wochen besehe, was die anderen Leidensgenossen für miese Jobs aufs
Auge gedrückt bekommen haben, und was die teils inzwischen alles schon
für ihre 3 Euro die Stunde durchmachen mussten. Zum Beispiel
Friedhofsumbettungen, da könnte ich Ihnen Dinge erzählen, ich lasse es
lieber. Einige davon haben auch schon das Handtuch geworfen. Sind
einfach nicht mehr gekommen. Dafür gibt es für die jetzt auch erst einmal
einen Monat keine Knete und wenn sie auf die Aufforderung, wieder zu
erscheinen oder ein gültiges Attest eines Arztes vorzuweisen nicht erfüllen,
dann gibt es 2 oder noch mehr Monate gar nichts mehr. Dann ist Betteln
angesagt. Oft wird dann noch die Wohnung kontrolliert, und ein
angeblicher Sachverständiger vom Sozialamt bewertet, ob nicht vielleicht
die vom Sozialamt bezahlte Wohnung zu groß oder zu schön ist. Da
wurden schon in jüngster Zeit einige zwangsumgesiedelt und landeten in
den letzten Siffkammern. Manche wurden beispielsweise in die Jahnstrasse
nach Westkornheim verbracht, so bezeichne ich den nördlichen Nachbarort
spaßeshalber, eigentlich heißt er Kornwestheim. Dazu muss man wissen,
diese Straße liegt fest neben einem riesigen Rangierbahnhof, da wird man
wahnsinnig. Rund um die Uhr scheppert es, als schlage man mit
Eisenschienen aufeinander. Normale Bewohner gibt es dort schon lange
nicht mehr, fast nur noch Zwangszugewiesene. Da ich doch sehr an meiner
kleinen Wohnung hänge, will ich derartiges schon gar nicht riskieren. So
wie es jetzt läuft, habe ich keine wirklichen finanziellen Probleme. Gut,
leisten kann ich mir auch nichts, aber das was ich habe, ist gesichert, am
Wohnen, Essen und Trinken bleibe ich mühelos, erfrieren brauch ich auch
nicht, und all das kann heute beileibe nicht jeder von sich behaupten. Aber
doch, sogar meinen Motorroller kann ich mir noch gut leisten, das war
nicht immer so und wenn es so weiter läuft, dann ist spätestens in einem
Jahr ein winziges, billiges, gebrauchtes Auto drin, vielleicht ein Suzuki -
Alto. Kriegt man mit etwas Glück schon für 1200 Euro in gut erhaltenem
Gebrauchtzustand. Einen neuen Computer brauche ich in den nächsten 10
Jahren sicher nicht, dank Gewinn. Eine neue Frau würde mir wirklich noch
fehlen, aber das ist ja wieder eine ganz andere Geschichte. Man kann auch
nicht behaupten, wie es manche tun, das hätte ja nichts mit Geld zu tun.
Also die Frau, die nicht irgendwie doch, und sei es im Verborgenen, von
einem gesicherten Einkommen oder einem beruhigenden, vorhandenem
Kapital fasziniert ist, die muss man mir erst noch zeigen. Ich will nicht
behaupten, dass es die gar nicht gibt, aber mir ist noch keine begegnet,
andererseits sind mir schon einige wegen des Nichtvorhandenseins
entsprechender Finanzmittel abhanden gekommen.

Wie ein jeder weiß, im Leben geht so manches schief, kerzengerade
Biographien verunsichern mich generell und selten sind sie noch dazu.
Man versucht vieles, da kann gewiss nicht alles gelingen. Ich halte mich
dabei stets an den alten Grundsatz: Hinzufallen ist keine Schande, nur
liegen zu bleiben, das ist eine Schande. In dieser Tradition sehe ich mich
als unermüdliches Stehaufmännchen. Nie war ich der Mensch, der von sich
sagte, ich suche den Idealberuf und den möchte ich dann ein Leben lang
ausfüllen, das wäre mir zu langweilig. Ein und denselben Beruf würde ich
grundsätzlich nie länger als 5 Jahre ausüben wollen. Was hat man im
Leben alles durchgemacht? Schule, Beruf, Krankheit, Arbeitslosigkeit,
wieder Beruf, Aufstieg, noch mehr Aufstieg, dann drastische Krankheit mit
nahezu jahrelanger (Verzeihung) Verblödung als Folge, endlose Reha-
Therapien ohne Ende, sozialer Verfall, weil beruflich durch diese letzte
große Krankheit von heute auf morgen ohne jedes Einkommen, dann auf
Anraten mehrjähriger Wechsel ins Ausland, und so weiter und so weiter.
Jetzt bin ich seit, ich weiß nicht genau, vielleicht wieder über einem Jahr
oder fast zwei Jahren wieder in Deutschland. Gesundheitlich bescheinigt
man mir, dass ich ausgeheilt bin, sogar die Spätfolgen im Kopf sind restlos
beseitigt, die Birne arbeitet wieder wie in besten Tagen, wer hätte das je
gedacht? Da haben die Spezialisten in Vaduz ganze Arbeit geleistet. Und
wirtschaftlich wird das auch wieder, davon bin ich überzeugt. Ich bleibe
nicht am Boden liegen und wenn ich mich noch so winden muss, um
wieder hoch zu kommen. Diese Kraft hat weiß Gott nicht jeder und dafür
möchte ich Gott danken, dass ich sie noch habe. Man wird es sich nicht
immer aussuchen können, man wird nicht gefragt. Wenn man lange von
einer Krankheit gehemmt wird und mehr nur im Nebel das eigene Leben
wie eine flaue Inszenierung an einem vorbei zieht, dann überkommt einen
ein Gefühl, was so ähnlich ist, als wären einem die Hände auf dem Rücken
zusammengebunden, oder als wäre man in einem Zementblock zur
Unbeweglichkeit verdammt eingegossen. Ist man aber da erst mal durch,
ich glaube, dann hat man trotz des Verlustes an manueller Kraft soviel
innere Energie gespeichert, oder die Energie keimt wie in einem neuen
Frühling wieder aus, dass man Zuversicht erhält, alles wieder zu schaffen.
Ich will Sie da aber jetzt nicht mit meiner Krankengeschichte langweilen,
diese Gedanken überkamen mich nur heute und so wollte ich das los
werden.

Mehr Fernsehprogramme als 4 bekomme ich nicht, weil ich die
Kabelanschlussgebühren nie bezahlt habe. Ich zahle nur die GEZ - Gebühr.
Als ich hier einzog, sollte man auf einem Extrabogen den Vertrag für eine
Kabelfernseh-Anschlussdose im Zimmer unterschreiben, die schon da war.
Das sollte aber pro Monat 21 Euro extra kosten. Das habe ich nicht
unterschrieben. Dann wurde mir gesagt, das müsse jeder Wohnungsmieter
aber unterschreiben, weil die Dose ja schon da wäre. So habe ich mich
widersetzt und mit dem Vermieter persönlich gesprochen. Er sagte, dass
ihm persönlich das egal sei, er muss das Ding beilegen, weil in jeder
Wohnung schon so ein Anschluss ist. Er sehe sich aber nicht als Eintreiber
der Kabelgesellschaft und solange er mein Mietgeld immer pünktlich erhält
und ich mich im Haus an die Hausordnung halte, kämen wir schon klar,
auch ohne Kabelfernsehbenutzungsentgelt. Als ich dann paar Monate hier
wohnte, kam ein junger Spund, um meinen Kabelanschluss zu sperren.
Diese Burschen haben dabei einen hinterlistigen Auftrag, sie sollen
insgeheim möglichst gleich die ganze Antennensteckerdose defekt machen,
damit der ehemalige Kunde ohne Kabelanschluss gar nicht mehr fernsehen
kann. Das ist jedoch unzulässig, weil hier im Haus noch aus früher Zeit
eine richtig gute steinalte Antennenanlage mit Antennenverstärker und so
was ist, die noch funktioniert. Damit kann man 4, manchmal auch 5
Programme sehen. Man braucht nur den Fernseher normal an diese in jeder
Wohnung vorhandenen Antennendose zu stecken. Dann kriegt man ARD,
ZDF, SWR und noch ein anderes Regionalprogramm sowie zuweilen
schlecht mit etwas Gerausche RTL, das war's dann aber auch. Bei schönem
Wetter krieg ich mit einer Fenster-Klemmantenne auch noch Fernseh
Basel-Zürich von den Schweizern. Da hat der Drecksack einfach das Kabel
hinten in der Antennendose durchgezwickt und alles war weg. Wie ich
dann erfahren habe, hätte der eigentlich irgendwo eine Sperre einbauen
müssen, dass nur die Leistungen weg gewesen wären, die wirklich über die
Kabelgesellschaft angeliefert werden. Mein Hauseigentümer war sehr
sauer, weil der Kabelbursche schließlich sein Eigentum mit dem
Abzwicken beschädigt hat. Er hat auch eine ganz andere Macht, als ich
kleiner Zwerg und so hat er der Kabelgesellschaft tüchtig eingeheizt, sogar
mit Anwalt. Dann wurde eine Fachfirma aus der Gutbrodstraße beauftragt
das zu reparieren und die Rechnung an die Kabelgesellschaft zu schicken.
Nach wenigen Tagen konnte ich dann die besagten 4 bis 5 Programme
auch ohne Kabelgebühr sehen. Die Rache des Hauseigentümers folgt und
das freut mich insgeheim, er will im Sommer auf dem Dach eine große
Satellitenanlage einbauen lassen und dann den Vertrag gleich fürs ganze
Haus mit den Kabelräubern kündigen. Was mich betrifft, so habe ich kein
Geld um jeden Monat 21 Euro für die fetten Bäuche der Kabelbetreiber
abzudrücken. Als die zuerst gedroht hatten, habe ich das beim Sozialbüro
vorgebracht und die haben gesagt, der Kabelbetreiber sollte sich mit denen
einmal in Verbindung setzen und die könnten niemanden zwingen,
Kabelfernsehen zu konsumieren. Ich glaube, die haben sich aber gar nicht
bei denen gemeldet, das wussten die sicher auch schon, aber man versucht
es halt auf diese Einschüchterungstour.

Heute morgen habe ich schon eine zweistündige Schnellwanderung durch
den Kräherwald hinter mir, das hat mir sehr gut getan. Das Wetter ist zwar
nicht einladend dafür, aber es ist etwas herrliches, wenn in Totenstille sich
frische Luft mit einer leicht nebligen Feuchte zu einer Masse an Frische
verbindet und man beim schnellen Wandern das tief einatmen kann. Man
blüht richtig auf.

Jemand schickt mir jetzt schon eine Einladung für ein Reha-Therapie-
Gruppenfest im Juni am Max-Eyth-See, der liegt oben in der
Neckarschleife bei Freiberg / Hofen oberhalb des Stadtteils Münster. Weiß
ich, was im Juni ist? Reizen würde mich der Besuch schon, alleine schon,
weil in dieser Rehagruppe auch eine nette Dame aus Ostfildern-
Scharnhausen war. Die war so herrlich unkompliziert, wie man es bei
Frauen eher selten findet. Wenn ich wüsste, dass die teilnimmt, dann würde
ich alles daran setzen auch teilzunehmen. Aber man weiß es nicht.
Ansonsten sind mir Festivitäten eher ein Gräuel, besonders wenn es in
diese obligatorischen Sommer-Grillfeste und dergleichen ausartet. 

Ginge das Leben so, wie die Welt rund ist, dann könnte eigentlich nichts
mehr schief gehen.

Ihr

Egbert Lappenkeuler


 


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email "Ortsbilder." vom 13.03.2004

Einen fröhlichen Gruß!

Eine Überlegung kam mir spontan in den Sinn. Was haben ein kleines Dorf
in der Eifel und Stuttgart gemeinsam? Zunächst erntet man vielleicht
Kopfschütteln und die pauschale Antwort: Gar nichts. Glaube ich nicht,
sage ich da. Deshalb wäre es interessant, einmal eine Liste anzufertigen, in
der man alle Gemeinsamkeiten aufschreibt. Keine Terminarbeit, die bis
zum Tage Ultimo fertig sein muss, solch eine Liste wäre ein offenes
Projekt fortdauernder Natur. Bezüglich der Größenverhältnisse wird man
sicherlich keine Gemeinsamkeiten vorfinden. Wandere ich jedoch an einem
Sonntagmorgen um 8 Uhr einmal durch bestimmte Vorortstraßen von
Stuttgart, so wird man dort mehr Gemeinsamkeiten als Gegensätze mit
einer ähnlichen Wanderung in einem Eifeldorf entdecken, als viele
vermuten würden. Das ist zumindest meine Überzeugung. Nicht dass ich
mir zutraue, etwas genaues über Eifeldörfer zu erzählen, ich war erst ein
einziges Mal wirklich richtig in einem Eifelort und bin später noch
vielleicht einige mal bei verschiedenen Autofahrten durchgekommen. Viel
habe ich davon nicht mitbekommen und teilweise war das noch zu der Zeit,
als ich größere Gesundheitsprobleme hatte, die meine
Wahrnehmungsfähigkeit stark beeinträchtigten. Ich weiß heute noch nicht
einmal mehr genau, weshalb wir damals überhaupt öfters durch die Eifel
gefahren sind, entsinne mich nur noch im Nebel an eine Klinik irgendwo
im Wald. Ich glaube, die hatten wir für einige Tage besucht. Bei der einen
Fahrt hatte sich der Fahrer noch einige Male verfahren, an diese Tatsache
erinnere ich mich noch am besten. Er fluchte sehr über eine fehlende, 
falsche oder schlechte Beschilderung. Das muss aber schon viele Jahre her
sein. Eigentlich ist es schade, wenn man schon einmal in einer Gegend ist,
dann sollte man sich auch die Zeit nehmen, und die Orte und die
Landschaft genauer ansehen. Spätestens wenn man wieder zurück ist,
bereut man die versäumten Möglichkeiten. Diese Einstellung wurde mir
früher, als ich noch ein Auto hatte, schon öfters zum Verhängnis. Strecken,
über die Kollegen ein paar Stunden gefahren sind, brauchten bei mir zwei
Tage. Wenn ich dann einmal in einen Ort gelangte, an dem ich zuvor noch
nie war, so habe ich dort angehalten, mir den Ortskern angesehen, in einer
Metzgerei einige Stücke Wurst und in der Bäckerei Brot und Brötchen
gekauft. Glauben Sie mir, jeder Ort hat seinen eigenen Geschmack! Oft
sind es nur Nuancen, aber die gleiche Wurstsorte schmeckt von der
Metzgerei in Stuttgart-Fellbach mit Sicherheit völlig anders, als in einem
Eifeldorf X und wenn Sie diese Wurst anstatt im Eifeldorf X bei einem
Metzger nur einige Kilometer entfernt im Dorf Y kaufen, haben Sie schon
deutliche Unterschiede. So verband ich früher in meinem Gedächtnis mit
unterschiedlichen Orten vor allem unterschiedliche Geschmäcker bei den
Wurstsorten. Dort wo andere sich bestimmte Ortsbilder einprägen,
vielleicht einen markanten Kirchturm oder einen Dorfbrunnen, dort prägte
sich bei mir der Geschmack von feiner Leberwurst oder Fleischwurst,
gekochtem Schinken, diversen Hausmacherwürsten, Zungenwurst und
ähnlichem ein. Nicht dass ich ein übermäßiger Wurstesser bin, eher nicht,
aber nichts prägt die Geschmacksmarke eines Ortes so intensiv, wie die
vom leibhaftigen örtlichen Metzger hergestellten Würste. Leider gibt es
heute immer mehr Orte, die gar keine örtliche Metzgerei oder Bäckerei
mehr haben, das ist sehr bedauerlich. Wo entweder gar nichts mehr
existiert oder nur noch eine reine Verkaufsfiliale, die von auswärts mit
Würsten beliefert wird, teils sogar mit Fabrikprodukten. Diese Entwicklung
trägt dazu bei, dass diese Orte viel von ihrer ursprünglichen Identität
verlieren. Gleichschaltung überall. Leider kann man Geschmäcker nicht
auf einem Foto, einem Video oder einem Tonband speichern. Mein Kopf
hatte gewiss mehrere tausend Ortsgeschmacksbilder verinnerlicht, aber die
große Krankheit hatte mir einen gewaltigen Strich durch die Rechnung
gemacht. Die meisten Geschmackserinnerungen sind weg, einfach
gelöscht. Aber die Fähigkeit ist mir geblieben. Wenn ich heute neue
Geschmacksproben nehme, so bleiben die Unterschiede wie früher
gespeichert, auch jahrelange Zeiten. Nur die alten Werte aus der Zeit vor
der Krankheit sind sozusagen gelöscht. Wenn wir heute mit dem
Arbeitspritschenwagen unterwegs sind, was ja nur hier im näheren Raum
der Fall ist, dann lasse ich es mir nicht nehmen, unsere Arbeitseinsätze
dazu zu nutzen, um in verschiedenen Metzgereien und Bäckereien wieder
nach alter Manier Würste, Brot und Brötchen zu kaufen. Ich kaufe dabei
nie große Mengen. Das könnte ich auch gar nicht, weil derartige Dinge in
einer echten Metzgerei und Bäckerei heute ein Preisniveau erreicht haben,
welches meinem minimalen Einkommen nicht zuträglich ist, aber zum
Probieren reicht es. Ich gebe bei diesen Probeeinkäufen selten mehr als 5
bis 7 Euro aus. Von den so gekauften Wurst- und Backwarenproben zehre
ich dann meist 4 Tage. Interessant ist dabei auch, die unterschiedliche
Verfallsentwicklung der Produkte innerhalb weniger Tage. Besonders
Knoblauch-Fleischwürste verändern ihren Geschmack oft radikal. Dabei ist
auffällig, dass häufig die Knoblauch-Fleischwürste, die am Kauftag am
besten schmeckten, spätestens ab drittem Tag einen ekelhaften
Beigeschmack bekommen, der geradezu an den penetranten Gestank von
Katzenpisse erinnert. Im Vordergrund stehen jedoch nicht solche
Betrachtungen, sondern die ortstypischen Geschmacksausbildungen.
Doch zurück zur von mir vorgeschlagenen Liste der Gemeinsamkeiten von
Eifeldörfern und Stuttgart. Nun ist Stuttgart beileibe nicht Stuttgart,
während ein bestimmtes Eifeldorf mit Sicherheit in sich überall einheitlich
ist. Das ergibt sich wieder aus der Größe, vornehmlich jedenfalls. Gehen
Sie mal nach Stammheim oder von mir aus mal nach Wangen oder Bad
Cannstatt, größer können Unterschiede kaum sein, und das obwohl alles
Stuttgart zugehörig ist. Oder noch besser nach Burgholzhof, ein ländliches
Minidorf mitten in der Stadt. Wo gibt es so etwas sonst noch?
Im Süden von Burgholzhof hat man das berühmte Robert-Bosch-
Krankenhaus. Dort hatten wir letzte Woche zu arbeiten, in endlosen
Kellergängen mussten einige dicke Metallrohre neu weiß gestrichen
werden. Die Vielfalt würde nun vermutlich dazu führen, dass man vieles,
was man in einem Eifeldorf entdeckt, mit Sicherheit so oder ähnlich auch
irgendwo in Stuttgart vorfindet, jedoch umgekehrt würde das gewiss beim
Gros der Dinge, die man in Stuttgart findet längst nicht auf jedes Eifeldorf
zutreffen. Genau deshalb wäre aber eine solche Liste besonders interessant,
um die (wenigen oder vielleicht gar nicht so wenigen) Gemeinsamkeiten zu
entdecken. Man könnte natürlich damit beginnen, zu erforschen, ob
Menschen, die früher in Eifeldörfern gewohnt haben, heute in Stuttgart
leben und umgekehrt. Weiterhin, ob sich Linien von Vorfahren
möglicherweise entsprechend verlagert haben. Es wäre dabei sicherlich
wahrscheinlicher, dass vereinzelt Leute oder deren Vorfahren die heute in
Stuttgart leben irgendwann mal in einem Eifeldorf gelebt haben, als
umgekehrt. Ein Stuttgarter fällt unter einigen hundert Eifelanern sicher
eher auf, als ein Eifeler unter einigen hunderttausend Stuttgartern. Solche
Städte bestehen zu 40 % ohnehin aus Gemischleuten, deren Vorfahren und
sie selbst nie Wurzeln in dieser Stadt hatten. Nun liegt die Eifel bekanntlich
absolut gar nicht im Einzugsbereich von Stuttgart, dazwischen liegen
mindestens über 300 km, trotzdem ist diese Betrachtung hochinteressant.
In das Schema passe ich ja auch, meine Wurzeln sind nicht in Stuttgart,
obwohl ich mich heute zu den Stuttgartern zähle. Zu den freiwillig
eingefleischten, wenn man so will und das, obwohl ich so gut wie kein
schwäbisch schwätze. Von manchen wird man da schon von unten nach
oben schräg angesehen, wenn man beispielsweise in der Metzgerei
auftaucht und seine Würste nicht in schwäbisch verlangt. Manche grinsen 
fast mitleidig, och so ein armer Kerl, schwätzt noch nicht einmal
einigermaßen schwäbisch, bedauernswert. Im Großenganzen ist Stuttgart
aber sehr tolerant und weitherzig, man duldet solche und man duldet sie
gerne. Ein paar Braunbären gibt's überall, die ihr notorisches
Hassgebrumm loswerden wollen, oftmals sind die aber im Inneren ihres
Herzens gar nicht so feindselig, wie sie nach außen vorgeben. Einen
Warnhinweis gebe ich Ihnen mit Humor, der aber durchaus auch ernst
gemeint ist: Greifen Sie einem Schwaben nur nie an sein Portemonnaie,
dann haben Sie einen erbitterten Feind fürs Leben. Werden Sie dann nur als
Hallodri oder Diebsgesindel bezeichnet, dann hat er es Ihnen nicht allzu
übel genommen, meist kommt da mehr. Das meine ich auch mehr indirekt,
wenn man versucht, diesen Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen und
sie das bemerken. Deshalb hat, wie neulich in einer Regionalzeitung zu
lesen stand, die Computerkriminalität mit Dialern und dergleichen, bislang
auch hier im Lande die wenigsten Opfer zu beklagen, jedenfalls im
Vergleich mit anderen Regionen. Hierbei kommt mir die Idee, falls wir
wirklich die von mir vorgeschlagene Liste anfertigen sollten, dann könnte
man eine gesonderte Rubrik anhängen, die aufzeigt, welche vermeintlichen
Besonderheiten die Bevölkerung an beiden Orten prägt. Ich bin mir gewiss,
dass diese Besonderheiten sich immer mehr vermischen, so dass am
Schluss die Erkenntnis stehen wird, dass die Unterschiede von der
persönlich - menschlichen Seite her von Jahr zu Jahr geringer werden. Die
Vorgaben unserer heutigen Gesellschaft führen ja sogar schon dazu, das
länderübergreifende und gar kontinentübergreifende Unterschiede sich
mehr und mehr vermischen und damit in einem Einheitsbrei unterzugehen
drohen. Diese Entwicklung sehe ich mit größter Sorge. Solange diese
Vermischungen sich in ihrer Ausgangsbasis aus Einzelkomponenten
zusammensetzen, die für sich genommen sehr ähnliche kulturelle Wurzeln
haben, finde ich das völlig in Ordnung und begrüßenswert. Die
Vermischung von westeuropäischen Kulturen, die beispielsweise aus den
Einzelkulturen Frankreichs, Englands, Deutschlands, Belgien, Holland,
Luxemburg, Österreich, Schweiz, Italien und den skandinavischen Ländern
bestehen, deren wahre Wurzeln alle ähnlich gelagert sind, ist absolut
gutzuheißen. Schwierig wird es dann, wenn Kulturen dazu stoßen, die in
vielen Dingen mit den vorgenannten nun so gut wie gar nichts gemeinsam
haben. Ich finde, diese Kulturen sollten getrennt bleiben und sich unter
ihres Gleichen mischen, aber nicht darüber hinaus. Damit meine ich nicht,
dass es keine Einzelfälle geben könnte, wo sich Privatleute aus
verschiedenen Kulturen partnerschaftlich oder freundschaftlich
zusammenfinden, sondern ich beziehe das nur auf die Vermischung ganzer
Völker. Man holt sich mit solcher Vermischung grundsätzlich erstens die
Probleme dieser Leute mit ins Land und zweitens schafft man durch dieses
dann ständige Aufeinanderprallen derart unterschiedlicher
Weltanschauungen und Entwicklungsständen eine geballte Ladung an
neuem Konfliktstoff und Problemen, die es ohne diese Vermischung nie
gegeben hätte. Das kann einfach nicht gut gehen. Und den Beweis dafür
sehen wir schon heute fast täglich in den Nachrichtensendungen. Hier wäre
es ein Segen, wenn man einfach alle Verkehrsmöglichkeiten  und
Verbindungen in solche Länder und Regionen abschaffen, ja regelrecht
kappen könnte, denn erst diese ermöglichen diese Entwicklung. Von daher
war die Welt glücklicher, als sie in den Köpfen vieler noch eine kleine
Scheibe war, an deren Horizont man in die Hölle purzelte. Natürlich sind
das alles ganz persönliche Ansichten, die manch einer dumm und
rückständig finden wird, aber man soll auf der anderen Seite nicht ständig
so tun, als könne man alles gleichwertig vermischen, was überhaupt nicht
zueinander passt, das ist noch dümmer. Ich finde auch, Europa muss sich
wieder mehr auf seine eigenen Probleme konzentrieren und nicht ständig
versuchen, die Probleme in fernen Gegenden Afghanistans, Afrikas oder
sonst wo zu lösen. Die Menschen dort kämen auch niemals nur im Ansatz
auf die Idee, uns bei der Lösung unserer Probleme zu helfen, weil das gar
nicht geht. Das gehört einfach nicht zusammen und wer da predigt, alle
Menschen sind gleich und haben die gleichen Rechte und so weiter, der hat
zwar absolut zu 100 % recht, aber das bedeutet keineswegs, dass weltweit
jeder für jeden verantwortlich ist. Wer nur die Häuser anderer flickt und
sein eigenes einstürzen lässt, der ist deshalb kein besserer Mensch und hat
im Resümee nichts besseres geleistet. Aber das zieht ja Kreise, die unseren
Denkapparat restlos sprengen würden. Ich entferne mich zu sehr von
unserem eigentlichen Anliegen.

Bei der "Zwangsarbeit" lebe ich mich ständig besser ein und würde es
geldlich hierfür etwas mehr geben, vielleicht wenigstens 10 oder 8 Euro die
Stunde, dann wollte ich es fast schon gar nicht mehr missen. Für 3 Euro die
Stunde befriedigt es einen nicht wirklich, auch wenn die Arbeit als solche
soweit o.k. ist. Ich fahre meistens nur, helfe dem Tschirdewan beim Aus-
und Einladen seiner Anstreicherutensilien, passe auf, wenn er auf Leitern
herumturnt, dass er nicht umkippt, gelegentlich helfe ich noch beim
Entrosten oder solchen Arbeiten, aber vorwiegend fahre ich. Beim
Entrosten nehmen wir es ohnehin nicht so genau, nur wenn Quatländer,
Bäuerle oder seltener Schmelzle gerade kontrollieren kommen. Wir sagen
uns, wozu sollen wir uns diese Mühe machen? Für 3 Euro die Stunde schon
gar nicht und wenn es neu überlackiert ist, sieht man den Rost darunter
ohnehin nicht mehr. Macht man ihn nicht richtig weg, dann tritt er sicher in
einem halben Jahr wieder hervor, aber wer weiß, wo wir dann sind. Der
freudige Schmelzle kam nämlich neulich mit Trauermine und verkündete,
dass man ihm von Seiten der Landesverwaltung einen fetten Dämpfer
verpasst habe. Der Schmelzle, der letztendlich ja unser Vorzeigeteam
zusammengestellt hatte, hegte die Hoffnung, uns schließlich nach vielleicht
drei Monaten fest in den Dienst der Stadt übernehmen zu können, das hätte
er gerne getan, aber die Landesverwaltung sagt dazu nein. Es gibt
Grundsätze die besagen, dass bei diesem System arbeitslose
Sozialhilfeempfänger rotieren müssen, also damit andere, die derzeit noch
"auf der faulen Haut liegen" auch mal in den Genuss dieser Arbeit
kommen, müssen wir nach größter Wahrscheinlichkeit nach drei Monaten
wieder das Feld räumen, können vielleicht sogar wieder zu Hause bleiben,
wogegen ich im Prinzip auch nicht unbedingt etwas hätte, trotz der schönen
Arbeit. Dem Schmelzle gefällt das gar nicht, weil er ja nicht weiß, ob er bei
der nächsten Zusammenstellung überhaupt wieder so ein Team bilden
kann, ob dort geeignete Leute enthalten sind, die gerade einen Anstreicher
und einen Fahrer hergeben. So sagen wir uns heute, warum sollen wir uns
bei der Arbeit überhaupt Mühe machen? Wir machen es so, dass man uns
nicht vorwerfen kann, nichts getan zu haben und wie es zugleich für uns
am einfachsten und am saubersten ist. Mit dem Entrosten das macht viel
Dreck und Mühe, aber wozu sollen wir diesen Dreck einfressen, wenn wir
in paar Monaten ohnehin nichts mehr damit zu tun haben - und dann noch
für 3 Euro die Stunde? Also fummeln wir es so hin, dass die Oberfläche
gut den neuen Lack ohne Verschmierungen aufnimmt, damit man unsere
Schluderei nicht gleich nach dem Anstrich sieht und damit ist der Käse für
uns gegessen. Wir sparen auf diese Weise oft 70 % unserer Arbeitszeit ein,
gehen dazwischen spazieren, lungern im Pritschenwagen herum, testen
gekaufte Würste und Brötchen. Mittlerweile haben wir auch ein
Kontrollsystem von Bäuerle und Quatländer erkannt, bei dem wir
vorhersagen können, zu welcher Zeit die mit Sicherheit nicht auftauchen.
Der Schmelzle kommt grundsätzlich nur nach Voranmeldung, das ist also
gar kein Problem. Bäuerle kommt grundsätzlich nur vor 10 Uhr morgens,
niemals danach. Quatländer kommt fast ausschließlich kurz vor Mittag,
weil er aus Erfahrung glaubt, dass seine Untertan dann besonders faul sind.
Gerade dann erledigen wir fast die ganze Arbeit und in den Zwischenzeiten
machen wir fast nichts. Neulich haben wir dazwischen mit dem
Pritschenwagen gleich die ganzen Großeinkäufe für Tschirdewan und mich
erledigt. Der hat sich in einem Möbelcenter eine neue Schrankwand
gekauft und die Möbelverkäufer haben vor dem Laden vielleicht blöd
geschaut, als da ein paar Gestalten (wir) diese großen Pakete davon auf
einen alten, orangen städtischen Pritschenwagen verladen haben. So was
hatten die wohl noch nie erlebt. Tschirdewan, der in etlichen komischen
Clubs und Vereinen Mitglied ist, hatte von dort neulich Frei-Verzehrbons
von einem Lokal im Stadtteil Luginsland übrig, das liegt hinter
Untertürkheim, dort wo die großen Daimler-Benz-Werke sind. Weil er die
Bons selbst niemals alle nutzen konnte, sind wir mit unserer orangen
Staatskarosse dorthin gefahren und haben uns die Bäuche vollgestopft. Der
Inhaber, ein Grieche, kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Ein
freundlicher Herr, der uns am Schluss noch zwei Paletten mit
tiefgefrorenen Restmenüs der Vortage mitgab, weil er die offiziell nicht
mehr verkaufen durfte. Kostenlos, versteht sich. Davon esse ich heute
noch. Das waren für jeden 6 komplette Menüs, unangetastet, die waren
vorbestellt, aber dann sind bei einer Gesellschaft weniger Gäste als
erwartet gekommen. So hatte der Grieche die direkt tiefgefroren. Schönes
Essen, gutes Essen, frisch wie gerade zubereitet. Nichts für Leute, die eine
Knoblauchallergie haben, aber ansonsten sehr vitaminreich. Für die
Verfütterung an Schweine wäre es zu schade gewesen, weil absolut frisch.
Wenn uns der Quatländer dort hätte mit dicken, vollgestopften Bäuchen in
der Arbeitszeit herauskommen sehen, der hätte garantiert seinen
schmierigen Cordhut aufgefressen und uns eine dreistündige Standpauke
gehalten. Der Quatländer ist doof, stockdoof. Aber wenn man ihn zu
nehmen weiß, kommt man einigermaßen mit ihm klar. Der Bäuerle und
besonders der Schmelzle die haben wesentlich mehr auf dem Kasten, als
dieser Quatländer. Quatländer, das ist so das typische Sinnbild von
jemandem, der nie etwas richtiges gelernt hat, aber dann in kommunalen
Diensten durch seine langjährige Zugehörigkeit und treues
Obrigkeitsnicken in eine gewisse Position (Truppführer) aufgestiegen ist.
Solche Leute zeigen es gerne ihren Untertan und wollen diese am liebsten
ständig wie die Fäden einer Marionette in ihrer Hand halten. Mit solchen
Charakteren hatte ich eigentlich immer schon so meine Probleme, aber hier
komme ich damit klar. Eigentlich sind seine Druckmittel auch begrenzt,
selbst dann, wenn er uns beim Nichtstun erwischen sollte. Sein Ego wurde
in letzter Woche ohnehin genügend von einem Mitarbeiter eines anderen
Teams bestärkt, welches er auch unter seiner Fuchtel hat. Die waren
mehrmals in der Woche stundenlang gar nicht an ihrem Arbeitsort und
anstatt dessen in ein Bordell gefahren und beim Quatländer aufgefallen. 
Denen hat er natürlich kräftig einen reingewürgt, das zog Kreise und die
brauchten ab sofort nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen. Die Sozialhilfe
wurde sicherlich auch gesperrt. Damit glänzt Quatländers Kontrollego für
die nächsten Wochen genug und jetzt kann man wirklich die Sau
rauslassen. In zwei, drei Wochen muss man dann wieder vorsichtiger sein,
weil er dann wieder schärfer wird. Aber solche ganz groben Entgleisungen
leisten wir uns ohnehin nicht. Wir brauchen oft neue Farben, Pinsel und
dergleichen. Dazu müssen wir häufig in ein städtisches Zentrallager in
einem Industriegebiet in Fellbach. Da bekomme ich immer die Krise. Die
Straßen dort sind so komisch gleich aussehend, dass ich manchmal eine
halbe Stunde in der gleichen Ecke herumkurven muss, um die richtige
Straße zu finden. Wenn Tschirdewan dann noch Tipps beisteuert, wie ich
fahren soll, dann dauert es noch länger, denn der Kerl hat absolut kein
bisschen Orientierungsvermögen. Der verläuft sich schon, wenn sie mit
dem nur zur nächsten Kreuzung gehen und er dann alleine wieder
zurückfinden soll. In dem Lager eine beeindruckende Atmosphäre. Riesige
Räume mit hohen Regalen, randvoll mit tausenden Lackeimern, Lackdosen
sortiert nach unterschiedlichen Lacksorten und Farben. Dann riesige
Kunststoffwannen mit tausenden unterschiedlicher Pinsel, Rollen, Quäste,
Haken, Abstreifgittern und was sonst noch alles. Weiter durch neue und
gebrauchte Alu-Leitern, Farbspritzgeräte mit und ohne Kompressor,
Schleifmaschinen, Bohrmaschinen; einfach Unmengen Zeug. Dieses ganze
riesige Reich wird, dank Personaleinsparung, von einer einsamen Person
verwaltet. Dem wächst das sichtlich alles über Kopf. Die erste Begrüßung
von dem lautet nicht etwa Guten Tag oder ähnlich, sondern zuerst kriegt
man gesagt "Früher waren wir hier zu 7 Leuten mit nur der Hälfte an
Bestand!" Erst danach folgt ein gezogenes "Tachle" Der hat sich auch
seinem Schicksal ergeben, fragt nur noch: was wollt Ihr? Dann schreibt er
das auf ein Blatt und zeigt flüchtig wo solche Artikel zu finden sind und
sagt: holt es euch selbst. Eigentlich darf er das nur persönlich ausgeben.
Auf diese Weise werden aus 5 Dosen Weißlack gerne schon mal 6 oder 7,
aus 10 Pinseln 15 und so weiter. Nur wenn es die Leute übertreiben, dann
kann es passieren, dass er denen beim Rausgehen eine Dose Lack ins
Kreuz wirft. Neulich soll einer anstatt 2 Dosen Lack, die er holen sollte,
gleich eine ganze Kiste mit 24 Dosen mitgenommen haben. Die Leute
haben einfach kein Maß mehr und müssen gleich alles übertreiben. Na
egal, ich habe mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit nur ein paar
Restedosen mit weißem und blauem Lack mitgenommen. Die wären, weil
zur Hälfte aufgebraucht und angebrochen, ohnehin vertrocknet. Da sagt
keiner was und bevor die weggeworfen werden, da duldet man eher, dass
einer sie privat mitnimmt. Ich habe dann die Heizkörper in meiner
Wohnung mit dem Weiß neu gestrichen, das war aber ein Fehler, weil es
kein Heizkörperlack war. Ich dachte, dies sei kein Problem, weil so ein
normaler Heizkörper kann ja niemals über 100 Grad heiß werden, weil es
ja Warmwasser ist, was innen fließt. So war ich im Glauben, diese
vielleicht 70 Grad hält jeder normale Lack auch aus, aber das ist ein
Irrglaube. Der wird innerhalb von wenigen Tagen gelbbräunlich und stinkt,
geht aber nicht ganz kaputt. Dem Tschirdewan habe ich es erst nach
vollendeter Lackierung erzählt und der hat vor Lachen fast am Boden
gelegen über einen solchen Anfängerfehler. Dann hat er aber ein paar gute
Tipps zum Entfernen dieses Fehlanstrichs beigetragen, die auch gut
klappten. Beim nächsten Besuch im Lager muss ich mal nachsehen, ob dort
keine Reste echten Heizkörperlacks herumkursieren. In der nächsten
Woche sollen wir einige sogenannte Ballfangzäune am Fritz-Walter-Weg
neu lackieren, also die Pfeiler davon. In einer Sporthalle hatten wir neulich
auch schon einige Lackschäden an den Füssen des Sitzgestühls
ausgebessert. Wir kommen viel herum. Der Schmelzle hat gesagt, wenn
wir im Mai noch dabei sind, dann liegt ein größeres Projekt am Killesberg
an. Freianlagen mit Stützpfählen müssen neu lackiert werden und
Absperrzäune am dortigen Höhenfreibad. Das ist bei schönem Maiwetter
dort draußen eine dankbare Aufgabe, aber wer weiß, ob wir beide dann
noch aktiv sind. In der nächsten Woche brauche ich nur zwei Tage zu
arbeiten, weil ich zu einer Nachuntersuchung zu einem speziellen
Klinikarzt nach Ludwigsburg ins dortige Kreiskrankenhaus muss. Sie
wissen ja, wie das heute ist, es herrschen die Fachabteilungen vor und den
meisten Krankenhäusern werden einzelne Fachabteilungen zugewiesen.
Die Zeit der großen Universalkrankenhäuser, wo sie fast alle
Fachabteilungen unter einem Dach vorfanden, ist vorbei. Deshalb muss ich
extra nach Ludwigsburg. Dahin kann ich auch schlecht mit dem
Motorroller fahren, weil ich eine Testflüssigkeit gespritzt bekomme und
die macht einen anschließend etwas benommen. Es ist nicht so wie
betrunken, aber man wird leicht dämmrig davon, so ähnlich, als ob man
übermüdet sei. Auch sieht man alles wie in weißen Schleiern danach, so als
habe man ein Bild überbelichtet. Das Taxi ist zu teuer, also ist Bahnfahren
angesagt, was aber in diesem Zustand auch kein Vergnügen ist. So denke
ich, reicht es für heute. Die Sache mit der Vergleichsliste Eifeldörfer -
Stuttgart werde ich mir noch etwas präziser ausmalen und Ihnen bei Bedarf
vielleicht einige Fragen zukommen lassen, damit ich etwas mehr über die
Eifeldörfer erfahre. Einige Dinge habe ich schon aus dem Internet
entnommen und schon mal auf ein Blatt geschrieben, aber noch
ungeordnet, mehr wild durcheinander. Spezielle Fragen muss ich mir noch
ausdenken. Schade ist, dass man keinem wirklich vermitteln kann, wie
Wurst schmeckt, wenn derjenige sie nicht selbst verkosten kann. Sonst
wäre dies eine meiner ersten Fragen an gewesen, wie schmeckt die Wurst
von den Metzgern in der Eifel? Mehr statistischer Natur wären Fragen im
Stile von wie viele Einwohner haben die unterschiedlichen Eifeldörfer, wie
viele Arbeitsplätze gibt es dort direkt vor Ort, wie viele Arbeitgeber gibt es
dort. Welche Berufsgruppen findet man in Eifeldörfern besonders häufig,
wie hoch ist die Arbeitslosenrate u.s.w. Welche Freizeitmöglichkeiten
bietet ein durchschnittliches Eifeldorf (Sportstätten, Kulturstätten,
Wandermöglichkeiten, Darbietungen aller Art, Verkehrsmöglichkeiten,
Besichtigungsmöglichkeiten u.s.w.). Welche Produkte sind typisch für die
verschiedenen Eifeldörfer, sowohl in landwirtschaftlichem Sinne als wie
auch industriell betrachtet? Aber zuerst muss ich ein vernünftiges Konzept
entwickeln, wie und wo ich das dann in dieser Liste unterbringe.
Ich werde Ihnen einige Fragen vielleicht innerhalb der nächsten Wochen
zuschicken, aber auch weitere Informationen, wie es mit meinem tollen Job
bei der Stadt weiter geht. Im Moment ist ja noch alles drin, vom baldigen
Ende bis hin zur Daueranstellung. Vielleicht übernehme ich eines Tages
noch Quatländers Posten, alleine vorstellen kann ich es mir nicht. Jetzt
zuerst werde ich mir noch eine tiefgekühlte Mahlzeit von dem
Griechen auftauen, im Backrohr erhitzen und genüsslich verzehren.


Alles hat seine Zeit, die schönste Zeit ist die, die man für sich selber hat.

Ihr

Egbert Lappenkeuler